Cajetan Adlgasser

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Anton Cajetan Adlgasser (* getauft am 1. Oktober 1729 in Inzell-Niederachen, Oberbayern; † 21. Dezember 1777 in der Stadt Salzburg)[1] war ein in Salzburg lebender Organist, Cembalist und Komponist.

Leben

Adlgasser war der älteste Sohn des Lehrers, Organisten und Mesners Ulrich Adlgasser und dessen Ehefrau Maria Lederer. Nach einer ersten Schulbildung durch den Vater trat Adlgasser im Dezember 1744 mit 15 Jahren in die dritte Klasse (Grammatistae) dem an die Salzburger Benediktineruniversität angeschlossenen Benediktinergymnasium ein. Gleichzeitig wurde er zusammen mit seinem Bruder Joseph Adlgasser (* 1732; † 1762), dem späteren Stiftsorganisten von Laufen, in das fürsterzbischöfliche Kapellhaus aufgenommen. Den Unterricht im Kapellhaus bestritt der Hofkomponist Johann Ernst Eberlin. Nachweislich sang Adlgasser bis 1746 in insgesamt sieben Schuldramen der Benediktineruniversität Salzburg, für die Eberlin die Musik geschrieben hatte. Bereits am 19. Juni 1748 wurde unter der Leitung Adlgassers ein (heute verschollenes Stück) von den Schülern der Lateinschule aufgeführt. Am 4. Juli 1748 erhielt Adlgasser zu seinem Abschluss an der Lateinschule per fürsterzbischöflichem Dekret ein Ausmusterungskleid und ein Handgeld. Im Juni des darauf folgenden Jahres wurde Adlgasser zum Domorganisten berufen. Von 1749 datiert die erste überlieferte Komposition, die Kantate "Der Mensch, die Schwachheit und die Gnade".

Am 11. Dezember 1750 wurde er Salzburgischer Hoforganist des Fürsterzbischofs Graf Sigismund III. von Schrattenbach. Mit diesem Amt verband sich die Verpflichtung zur Komposition von Werken für den Dom und den Fürstenhof. 1760 wurde Adlgassse Klavierlehrer am Kapellhaus und Organist an der Dreifaltigkeitskirche. Er bekleidete diese Ämter bis zu seinem Ableben.

Auf Wunsch (und Kosten) seines Dienstherrn, des spendablen Fürsterzbischofs Schrattenbach, trat Adlgasser Ende Jänner 1764 eine einjährige Studienreise durch Italien an. Begleitet wurde er von seiner späteren Ehefrau, Maria Anna Fesemayr, die in Italien eine Gesangsausbildung absolvieren sollte. Die Reiseroute führte über Venedig, Padua, Trient, Mantua, Verona, Mailand, Bologna und Rom. Im Februar 1765 fand die Reise in Salzburg ihren Abschluss. Ein Ergebnis dieser Reise war in Adlgassers einziger Oper "La Ninetti" zu sehen, zu der Pietro Metastasio den Text lieferte und die am 6. April 1766 ihre Uraufführung in der Residenz in Salzburg erlebte.

Eine Ehrung mit einem Platz an der Hoftafel wurde Adlgasser 1770 zuteil. Diese Privileg wurde 1772 durch die jährliche Zahlung von 100 Gulden wieder abgelöst. Nachdem sein Dienstherr 1772 verstorben war, konnte er noch im selben Jahr seinen neuen Dienstherrn, den Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo, mit einer symphonischen Uraufführung begrüßen.

Bekannt ist Adlgasser auch durch das 1767 gemeinsam mit Wolfgang Amadé Mozart und Michael Haydn komponierte Werk "Die Schuldigkeit des ersten Gebots" (Erster Teil KV 35). Dieses geistliche Singspiel ist das früheste Bühnenwerk des damals elfjährigen Wolfgang Amadé Mozart. Der zweite Teil wurde von Michael Haydn, der dritte von Anton Cajetan Adlgasser komponiert. Leider ist nur der von Mozart komponierte Teil erhalten.

Familie

Adlgasser war seit 1752 verheiratet[2] mit Maria Josefa Katharina, geborene Eberlin (* 14. November 1730 in der Stadt Salzburg; † 14. Mai 1755 ebenda)[3], der Tochter des Salzburger Hofkapellmeisters Johann Ernst Eberlin, seit 1756 in zweiter Ehe[4] mit Barbara, geborene Schwab, der Tochter des Obersilberdieners Jakob Schwab. Bei beiden Eheschließungen waren Leopold Mozart und Joseph Meissner Trauzeugen.

Ableben

Ehemalige Familiengruft Adlgasser, jetzt Schenk zu Castel, Sebastiansfriedhof Nr. 63

Am 21. Dezember 1777 erlitt Adlgasser während des Spieles an der Hoforgel einen Schlaganfall, der ihn vor der voll besetzten Domkirche ereilte und dramatisch verlief, s.u. Er hatte aus Anlass des Thomastages (21. Dezember) abends zur Vesper gespielt. Wenig später verstarb er. Gemäß seiner hohen Stellung in der Hofmusik erhielt er ein nächtliches Begräbnis und wurde am 23. Dezember 1777 im Sebastiansfriedhof in der Familiengruft (Nr. 63) beigesetzt.[5]

Am 22. Dezember 1777 schickte Leopold Mozart an seine Frau und seinen Sohn, die gerade in Mannheim waren, einen Brief, in dem von Adlgassers Schlaganfall an der Hoforgel zu lesen ist:

[…] Nun kommt eine sehr traurige und ohnvermuthete Begebenheit. Ich gieng in die vesper, weil wir heut montags das Thomasfest in der Kirche halten. h: (= Herr) Adlgasser spielte die Orgel. Das Dixit gieng gut. als er nach dem ersten Psalmen abschlueg, so grief (= griff) er ganz abscheulich herum und konnte zu keinem Ende kommen. nach dem zweyten Psalmen giengs noch schlechter, so daß er das Pedal am Ende um einen Thon dieffer aushielt, mit der rechten und lincken hand so darein grieff als wenn ein Hund über die Orgl lief, alles glaubte er wäre besoffen. beÿm dritten Psalmen konnte er gar mit den fingern der linken hand nicht mehr spielen, sondern legte immer die zusammgebogne faust auf die Claves (= Tasten), ich konnte ihn lange nicht bereden von der Orgel zu gehen, und den h: Spizeder spielen zu lassen, da ich ihm unterdessen die linke hand herabnahm und h: Spizeder, so gut er konnte, zu dem, was der Adlgasser mit der rechten hand noch spielte, den Bass machte. Endlich brachten wir ihn, ja wir trugen ihn fast weg und setzten ihn auf die banck, wo die Posonisten blasen. Seine Frau war in den stühlen bey der Sacristey, sie kam hinauf, wie auch der Bader Braun, der unten war, ein Ministrant mit wasser, der Seelos vom Chor herauf. Er verdrähte die Augen wie ein besoffner Mensch, sprach man sollte ihn nur sitzen lassen, wurde erstaunlich blaß, und endlich erbrach er sich erstaunlich, aber nichts als wasser oder Wein, und NB gar keine trebern. da der bader ihm eben den Puls gegriffen hatte und nun das Erbrechen sahe, so gieng er davon und hielt es für einen starken Rausch, folglich wir alle auch, indem er sonst ganz deutlich reden konnte und beÿ dem Erbrechen schwitzte, wie es beÿ solchen übligkeiten vom Magen geschieht. Nun machten wir das Magnificat und blieben beÿm Rosenkranz, da wir nicht vorbeÿ konnten ohne durch das Gespeibe zu tretten, und alles um ihn herum war. unter dem Rosenkranz wurde er in die grosse Sacrÿsteÿ hinunter gebracht, und um ein tragsessl geschickt, der noch unter dem Rosenkranz ankam, und vor der Benediction ward er noch fortgetragen. Er war also schon weggebracht, wie ich und h: Spizeder vom Chor herunter kamen. ihr könnt euch das Specktacl leicht vorstellen, da beÿm Stundgebett die ganze Kirche voll der Leute war: da wir aus der Kirche giengen, kam fr: Hagenauerin und andere zu uns, alles sprach von dieser Historie, dann iedermann sahe aufs Chor hinauf, was davorgieng, man sahe den sessl in die Sacristeÿ kommen und wegtragen: und alles glaubte der Adlg: hätte sich im drunck übernohmen. […] Ich war nun im Nachhausgehen begriffen, als mir beÿm Markbrunnen die Adlg: Victorl weinend begegnete und in die Apotecke lief um Hirschhorrgeist zu hohlen, sagte mir, daß ihr Vatter die Augen nicht aufmacht und nur schnarchend daliegt. Nun war ich überzeugt, daß ihn der Schlag getroffen. Der Dr: Barisani kam um dreyviertl auf 5 uhr, dann vorher schlief er noch seinen Nachmittagschlaf. Man gebrauchte alle Mittl, frotieren, Zwicken, Reiben, Aderlassen, fisicatorien etc: er öffnete kein Aug mehr, rodelte immer fort, und starb um 3 Viertl auf 7 uhr. Heut war ich dort: du kannst dir die Lamentation und das weinen nicht vorstellen. die Adlgasserin ruft die ganze Welt um hilfe, sie ist mir schier um den hals gefahlen: Es war ganz erschrecklich. Morgen nachts den 23 wird er begraben, den 24 ten ist beÿ St: Sebastian der Gottesdienst. Nun was haben wir für Organisten? – – wer instruiert im Capellhaus? [...][6]

Werke

Kirchenmusik

  • acht Messen, drei Requien
  • sechs Tantum ergo
  • elf Marien- und vier Sakramentslitaneien
  • eine Vesper
  • 25 Offertorien, Motetten
  • 20 Marianische Antiphone
  • 45 deutsche geistliche Lieder

Musik zu Schuldramen, Oratorien ("Geistliche Singspiele"), Kantaten

  • Der Mensch, die Schwachheit, und die Gnade (Die von wirkender Gnade in der Liebe Gottes gestärkte menschliche Schwachheit), Kantate, 1750, Salzburg, Benediktinenstift Nonnberg
  • Christus am Ölberg, Oratorium, Karwoche 1755, Salzburg
  • Die wirkende Gnade Gottes (David in der Buße), Geistliches Singspiel, April 1756, Salzburg
  • Esther(?), Geistliches Singspiel(?), ca. 1760, Salzburg
  • Via viri in adolescentia (Dorotheus martyr), Schuldrama (Visitation), 22. Juni 1762, Salzburg, Universitätstheater
  • Israel et Albertus, Schuldrama (Finalkomödie), 31. August 1762, Salzburg, Universitätstheater
  • Ochus regnans (Paternae poena indulgentiae), Schuldrama (Visitation), Juni 1763, Salzburg, Universitätstheater
  • Bela Hungariae princeps, Schuldrama (Finalkomödie), 30. August 1763, Salzburg, Universitätstheater
  • Abraham und Isaak, Geistliches Singspiel, ca. 1765, Benediktinerstift Lambach
  • Anysis Aegypti rex, Schuldrama (Finalkomödie), 30. August 1765, Salzburg, Universitätstheater
  • Chalcis expugnata, Schuldrama (Finalkomödie) mit dem Singspiel Iphigenia mactata, 29. August 1766, Salzburg, Universitätstheater
  • Die Schuldigkeit des ersten Gebotes, 3. Teil, Geistliches Singspiel, 26. März(?) 1767, Salzburg, feb. Residenz, Rittersaal
  • Hannibal Capuanae urbis hospes, Schuldrama (Finalkomödie), 28. August 1767, Salzburg, Universitätstheater
  • Freund in der Not, Geistliches Singspiel, 21. Jänner 1768, Schärding
  • Der Kampf der Buße und Bekehrung, 1. Teil, Geistliches Singspiel, 2. April 1768, Salzburg, Residenz
  • Philemonis cum Baucide felicitas, 10. April 1768, Salzburg, Universität, Sacellum
  • Clementia Theodosii, Schuldrama (Finalkomödie), 30. August 1768, Salzburg, Universitätstheater
  • Kaiser Constantin I., 1. Teil, Geistliches Singspiel, 28. Februar 1768, Salzburg, Residenz, Weißer Saal (Marcus Sitticus-Saal)
  • Synorix et Camma, Schuldrama (Finalkomödie), 1. September 1769, Salzburg, Universitätstheater
  • Drei Beispiele wahrhafter Buße, 1. Teil (Die gereinigte Magdalena), Geistliches Singspiel, 3. April 1770, Salzburg, Residenz
  • Die menschliche Wanderschaft, 1. Teil (Der laue Christ), Geistliches Singspiel, März 1771, Salzburg, Residenz
  • Pietas in Deum, Schuldrama (Visitation), 8. Juli 1772, Salzburg, Universitätstheater
  • Pietas in hospitem, Schuldrama (Finalkomödie) mit dem Singspiel Die reichlich vergoltene Bewirtung, 2. September 1772, Salzburg, Universitätstheater
  • Oratorium de Passione Domini Nostri Jesu Christi, Karfreitag, 1773(?), Berchtesgaden

Oper

  • La Nitteti, Oper, 7. April 1766, Salzburg, Residenz, Hoftheater

Instrumentalwerke

  • zehn Sinfonien
  • vier Klavierkonzerte
  • zwei Klaviersonaten, fünf Sätze für Klavier
  • vier Orgelwerke
  • 103 Versetten. herausgegeben und bearbeitet von Josef Friedrich Doppelbauer. Publiziert bei Alfred Coppenrath, Altötting. ISMN 979-0-0071-2666-7

Theoriewerke, Briefe

  • Partitur Fundament von berühmten Auctoren, H. Cajetan Adelgasser und H. Michael Haydn
  • neun Briefe an Leopold Mozart, 1762–1771 (verloren)
  • drei Briefe an Giovanni Baptista Martini in Bologna, 1764

Quellen

  • Rainer, Werner: Anton Cajetan Adlgasser, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde (MGSLK), Bd. 105 (1965), S. 205-237.
  • Boberski, Heiner: Das Theater der Benediktiner an der Alten Universität Salzburg (1617-1778), Theatergeschichte Österreichs, Bd. 6,1, Wien 1978.
  • de Catanzaro, Christine D.; Rainer, Werner: Anton Cajetan Adlgasser (1729-1777): A Thematic Catalogue of His Works, Thematic Catalogues No. 22, Stuyvesant 1999.
  • Rainer, Werner: Anton Cajetan Adlgasser, in: Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), 2. Ausg., Personenteil Bd 1, Sp. 156-160.
  • Hintermaier, Ernst: Die Organisten am Salzburger Dom von den Anfängen bis zur Gegenwart, in: derselbe (Red.): Festschrift zur Weihe der neuen großen Orgel im Salzburger Dom. Salzburg 1988, S. 46.
  • Bernhard Paumgartner, Residenz Verlag Salzburg, 1966
  • Schuler, Heinz: Mozarts Salzburger Freunde und Bekannte. Biographien und Kommentare, Wilhelmshaven 1998. (Taschenbücher zur Musikwissenschaft, hg. von Richard Schaal, Nr. 119), ISBN 3-7959-0653-9
  • Valentin, Erich: Adlgasser, Anton Cajetan, in Blume, Friedrich (Hg): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Band 1. Kassel (Bärenreiter) 1951, Sp. 88.
  • Valentin, Erich: Eberlin, Johann Ernst, in Blume, Friedrich (Hg): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Band 3. Kassel (Bärenreiter) 1954, Sp. 1057ff.
  • Homepage der Stadt Salzburg: Musikalischer Spaziergang von Reinhard Medicus
  • Haslinger, Adolf, Mittermayr, Peter (Hrsg.): Salzburger Kulturlexikon, Residenz Verlag, Salzburg-Wien-Frankfurt/Main 2001, ISBN 3-7017-1129-1

Einzelnachweise