Johann Lorenz Hagenauer
Johann Lorenz Hagenauer (* 10. August 1712 in Straß bei Ainring; † 9. April 1792 in der Stadt Salzburg) war Handelsherr und Spezereiwarenhändler in der Stadt Salzburg. Er stammte aus der Linie der Kaufleute der Hagenauer-Dynastie.
Leben
Lorenz Hagenauer (eigentlich Johann Lorenz von Hagenauer) wurde als Sohn von Josef Martin von Hagenauer (* 1678; † 1732) und dessen Ehefrau Martha, geborene Jäger von Kapellen in Tirol, geboren.
Sein Vater Josef Martin und sein Großvater Georg III
Lorenz´ Vater Josef Martin begann ein Studium an der Jesuiten-Universität in Innsbruck, das er abbrach, und diente anschließend eineinhalb Jahre in der bayrischen Armee. Schließlich kehrte er nach Salzburg zurück, heiratete Martha Jäger von Kapell (aus Tirol) und gründete ein Handelsgeschäft.
Georg III. (* 1649; † 1736), Josef Martins Vater und Großvater von Johann Lorenz, Rats- und Handelsherr in der Stadt Salzburg, besaß wie sein jüngerer Bruder, Rats- und Handelsherr Johann Hagenauer, Handelshäuser in Salzburg. Er hatte sich auf den Handel mit Tuchstoffen und Seide sowie Gewürzen spezialisiert, womit er sehr erfolgreich war. Am 24. August 1686 verlieh ihm der kaiserliche Hofpfalzgraf Ferdinand Wilhelm Metzger von Meggenburg, Palatin Kaiser Ferdinands III., den untitulierten Adelsstand und eine Wappenbesserung. In seiner Jugend war Georg III. gemeinsam mit seinem Bruder Johann vom elterlichen Hof weggezogen und mit ihm nach Salzburg gegangen. Beide wurden dort im Handel erfolgreich. 1673 erwarb Georg im Alter von 25 Jahren die Spezereiwarenhandlung von Johann Baptist Mayrhauser, leistete den Eid als Bürger, heiratete drei Jahre später Maria Anna Kaufmann (* 1650; † 1683) und hatte mit ihr einen Sohn. Seine Geschäfte liefen erfolgreich, sodass er zwischen 1713 und 1718 die Häuser Getreidegasse 7 und 9 (das Hagenauerhaus) kaufen konnte. Fünf Monate nach dem Tod seiner ersten Frau ehelichte Georg die ebenfalls verwitwete Maria Mayr (* 1654; † 1728). Dieser Ehe entsprangen vermutlich vier Kinder, darunter der zweite Sohn Georg Christoph (* 1685; † 1741). Für ihn erwarb er eine Spezereiwarenhandlung mit Weinausschank im Haus Getreidegasse 7. Im Haus Getreidegasse 9 war ebenerdig die Georg Hagenauerische Spezereiwarenhandlung untergebracht, die unter dem Titel einer Honig-, Wachs- und Fischschmalzhandlung geführt wurde.
Für seinen Erstgeborenen aus erster Ehe musste Georg wirtschaftliche Hilfe leisten. Josef Martin begann nach abgebrochenem Studium mit einem kleinen Handelsgeschäft in Salzburg, kam jedoch bald in finanzielle Schwierigkeiten. Sein Vater, der einen Großteil seiner Schulden übernahm, vermerkte in seinem Testament, dass er die Hälfte der von den Gläubigern geforderten Summe von 2.262 Gulden gezahlt hatte. Die väterliche Handlung hatte zusätzlich 6.438 Gulden Forderung an Josef Martin, es wurde ihm allerdings - wie auch von den anderen Gläubigern - die Hälfte der Summe erlassen. Zum Vergleich: die ursprüngliche Gesamtsumme der Schulden war beinahe doppelt so hoch wie der Preis für das Haus Getreidegasse 9. Josef Martin hatte dadurch Ansehen, Ehre, Kreditwürdigkeit und seinen Stand verloren. Als auch noch seine Frau plötzlich und früh im Jahr 1725 starb (sie wurde im Friedhof St. Peter begraben), verließ Josef Martin seine vier minderjährigen, halbverwaisten Kinder in Salzburg und floh in militärische Dienste. Er wurde Rechnungsoffizier in kaiserlichen Diensten und schließlich Dragoner in einem Kavallerie-Regiment des Heeres von Prinz Eugen. Dort blieb Josef Martin, obwohl die Familie stets versuchte, ihn zur Rückkehr nach Salzburg zu bewegen, bis er (laut Familienchronik) 1732 in Belgrad fiel.
Die Jugendjahre von Johann Lorenz
Josef Martin wurde also von seinem Vater Georg III. überlebt, der die Erziehung und Ausbildung des elternlosen Johann Lorenz und seiner beiden Schwestern Ursula (* 1711) und Maria Anna (* 1713) übernahm. Der jüngste Bruder Markus Anton (* 1715; † 1721) war mit sechs Jahren, noch vor dem Tod der gemeinsamen Mutter, gestorben.
Das Erbe seiner Familie
Johann Lorenz wurde als einziger männlicher Enkel Georgs III. besonders bevorzugt. Nach dem Tod des Großvaters erhielt er den 30fachen Betrag, der seinen beiden Schwestern zugedacht war. Neben dem inzwischen stark angewachsenen Handelsunternehmen erbte er auch die Häuser Getreidegasse 7 und 9, sowie das Landhaus im Nonntal. Gunda Barth schreibt in "Die Hagenauers" (Seite 312), dass Johann Lorenz nur das Recht geerbt hatte, das Haus Getreidegasse 9 (sicher einschließlich der Handlungskonzession) zum Einkaufspreis zu erwerben. Möglicherweise machte ihn das zu einem sorgfältigeren Kaufmann, denn er entwickelte in dem Gewerbe große Fähigkeiten. Er baute die internationalen Geschäfte des Handelshauses weiter aus und wurde mit dem Spezereiwarenhandel (Gewürzhandel) der drittreichste Handelsherr Salzburgs, der auch am Gesellschaftsleben der Stadt starken Anteil nahm. Mitglieder des Klerus, des Adels und des Großbürgertums (Großkaufleute und Handelsherren) verkehrten wie Künstler in seinem Haus.
Seine Familie
Am 10. November 1738 vermählte sich Johann Lorenz im Salzburger Dom[1] mit Maria Theresia Schuster (* 11. September 1717 in der Stadt Salzburg[2]; † 2. Februar 1800), der Tochter des vermögenden Ratsbürgers und Handelsmanns Martin Schuster. Der berufliche und soziale Hintergrund beider Familien war gleich, Besitz und Vermögen waren vorhanden, Liebe war nicht die wichtigste Voraussetzung, um eine Ehe zu schließen. Die Brautleute kannten sich seit Kindheit, und man darf dennoch annehmen, dass Liebe und Wertschätzung vorhanden waren und mit den Jahren zunahmen. Dem Paar wurden sechzehn Kinder geboren, von denen nur sechs den Vater überlebten.
Kinder:
- Maria Theresia Hagenauer (* 1740; † 1820), erbte nach dem Tod der Mutter die Spezereiwarenhandlung in Salzburg und führte sie mit ihrer Schwester Ursula weiter, die ihre Erbin wurde.
- Johann Nepomuk Anton Hagenauer (* 1741; † 1799), Ausbildung und Tätigkeit im Ausland, befand sich 1768 in Venedig bei Giovanni Wider, der vorher in Salzburg tätig gewesen war, 1775 heiratete er seine Stiefcousine Maria Anna Ranftl, Tochter des Franz Anton Ranftl, führte nach dem Tod des Vaters 1792 die Spezereiwarenhandlung in der Altstadt; Mozart bescheinigte ihm dafür wenig Fähigkeiten, "weil er sich auf seinen seligen bruder gänzlich verlassen konnte, das Faulenzen so ziemlich gewohnt war, muss nun recht daran, was ihm ein bischen sauer ankömmt"; er verfiel nach dem Tod seiner Frau im Jahr 1794 in tiefe Depression, woraufhin die Mutter die Leitung des Geschäfts übernahm.
- Ignaz Josef Hagenauer (* 1743; † 1780), wurde im Alter von 19 Jahren zur Ausbildung nach Venedig geschickt und schloss eine berufliche Bildungsreise durch Europa an, 1777 war er in Marseille, 1778 in Triest, er wurde der Hauptmitarbeiter seines Vaters in der Spezereiwarenhandlung in Salzburg, er blieb ledig und erkrankte bereits 1772 schwer.
- Johann Lorenz Hagenauer (* 1744; † 1763), Student und Novize im Benediktinerstift Admont, wo er vor der Profess starb.
- Kajetan Rupert Hagenauer (* 1746; † 1811), trat in das Stift St. Peter ein, nahm den Klosternamen Dominikus an, die Profess war im Jahr 1765, Primiz feierte er 1769, für welchen Anlass sein Jugendfreund Wolfgang Amadé Mozart die Dominikus-Messe schrieb. Nach Beendigung der theologischen Ausbildung durchlief Dominikus verschiedene Klosterämter (Stiftsbibliothekar, Küchenmeister, Spiritual für den Nonnberger Konvent) und wurde im Alter von vierzig Jahren im ersten Wahlgang zum Abt des Stiftes St. Peter gewählt. In dieser Funktion verjüngte er den Konvent, reformierte die Wirtschaftsbetriebe des Klosters und bilanzierte ausgeglichen. An der Benediktineruniversität stellte er als ständiger Assistent seine administrativen Führungskompetenzen zur Verfügung. Er ist in der Äbtegruft vor dem Hochaltar der Stiftskirche beigesetzt.
- Ignaz Joachim Hagenauer (* 1749; † 1824), knüpfte nach seiner Ausbildung in Venedig, Marseille und Triest erfolgreich als Großhändler an. 1785 heiratete er die aus Belgien stammende Elisabeth von Thys und wurde zum Begründer der Triester Linie der Locatelli-Hagenauer (mit Nachkommen in Triest und Cormòns, Friaul, damals Kaisertum Österreich, heute Italien).
- Maria Martha Hagenauer (* 1751; † 1770), schien früh schwer krank geworden zu sein. Leopold Mozart schrieb von einer Lungensucht und Abzehrung am Hals und dass sie "freylich schon immer so mager ausgesehen hat." Er starb im Alter von 19 Jahren.
- Maria Ursula Hagenauer (* 1753; † 1831), Zwillingsschwester von Petrus Lukas, Freundin von Nannerl Mozart, führte nach 1800 die elterliche Spezereiwarenhandlung in Salzburg fort.
- Petrus Lukas Hagenauer (* 1753; † 1761), starb im Alter von acht Jahren.
- Maria Franziska Hagenauer (* 1755; † 1836), heiratet 1787 Franz Pichler, Hofrichter der Benediktinerabtei Michaelbeuern, später Hofkammerprokurator, Hofkammerrat und 1807 wirklicher k.k. Regierungsrat; seine Frau erbt nach dem Tod der ältesten Schwester die Spezereiwarenhandlung in Salzburg, die sie 1831 an ihren Buchhalter Josef Schüler verkauft.
- Leopold Judas Thaddä Hagenauer (* 1761; † 1828), erhielt von seinem Vater die 1789 aus einer Konkursmasse ersteigerte Spezereiwarenhandlung des Franz Josef Paurnfeind auf dem Kranzlmarkt im sogenannten Hasenhaus, heiratet 1793 Maria Anna Popp, die Tochter eines Bräuers im Stein, führt nach dem Tod ihres Mannes das Geschäft fort und verkauft es 1826 an Johann Sallinger.
Lorenz Hagenauer war ein frommer Christ, der bis ins hohe Alter täglich den Gottesdienst hörte. Er galt als belesen und gebildet und war nicht nur als Handelsmann und Spezereiwarenhändler erfolgreich und rege, sondern auch als Förderer der Künste.
Seine Freundschaft mit Mozart, Haydn und anderen Künstlern
Ab 1747 war Lorenz Hagenauer Hausherr der Familie Mozart, die 26 Jahre in seinem, vom Großvater ererbten Haus Getreidegasse 9 wohnte. Im Lauf der Zeit befreundete er sich mit Leopold Mozart und unterstützte die Familie als Gönner und Förderer. Wolfgang Amadé Mozart und seine Schwester Nannerl wurden hier geboren. Die Familie Mozart blieb Zeit ihres Lebens der Familie Hagenauer in enger Freundschaft verbunden, wie der Briefwechsel zwischen Leopold Mozart und Lorenz Hagenauer verdeutlicht. Lorenz Hagenauer unterstützte die Familie während der ersten großen Reisen finanziell, beriet sie und versorgte sie mit internationalen Kontakten. Im Gegenzug lieferten Mozarts für Hagenauer Ware aus, besorgten Termine, holten geschäftliche Informationen ein und brachten Ware von ihren Reisen mit. Auch privat herrschte zwischen beiden Familien eine innige Beziehung. Die Kinder von Johann Lorenz erhielten von Leopold Mozart Musikunterricht und musizierten mit den Mozart-Kindern. Hagenauers Sohn Kajetan Rupert war ein guter Freund von Wolfgang Amadé Mozart.
Aber nicht nur Mozarts waren mit Johann Lorenz Hagenauer befreundet, sondern auch andere in Salzburg lebende Musiker wie Michael Haydn, der ebenfalls für Abt Dominikus komponierte. Die Musik spielte im Leben der Hagenauer eine sehr wichtige Rolle, Lorenz Hagenauer interessierte sich aber auch für andere Künste. So nahm er den Sohn seines Cousins Wolfgang III. aus Hagenau Wolfgang IV. bei sich im Haus auf und ermöglichte ihm (gemeinsam mit Fürsterzbischof Schrattenbach) eine Ausbildung zum Architekten. Ebenso unterstützte Johann Lorenz Wolfgangs Brüder Johann Baptist, den späteren Bildhauer und Direktor der Wiener Akademie, sowie den Architekten Johann Georg Hagenauer, der durch seine Arbeiten in Kärnten und in Passau zu Ruhm kommen sollte. Mit diesen drei Brüdern verband Lorenz Hagenauer und seine Familie mehr als nur eine familiäre Bindung, wovon Briefe, Bilder, Skulpturen und Tagebucheintragungen von Abt Dominikus zeugen. Besonders zu Wolfgang hatte Johann Lorenz eine innige Beziehung. Er wurde Taufpate aller seiner fünf Kinder und bedachte sie auch in seinem Testament. Johann Lorenz besaß neben einer Sammlung von Reliquien auch eine (teilweise geerbte, sowie von ihm erweiterte) Kunstsammlung von Stichen, Ölgemälden und Skulpturen. In der Sammlung befanden sich Heiligendarstellungen, aber auch Veduten und Portraits, wie ein zeitgenössisches Portrait von Paracelsus, Portraits der Familie Mozart und Johann Michael Haydns. Der Großteil dieser Sammlung ging bereits vor seinem Tod an seinen Sohn Ignaz Joachim nach Triest und an seinen Sohn Leopold, den Besitzer der Pauernfeindschen Handlung am Kranzlmarkt, und war in seinem Testament nicht mehr angeführt. Seine Bibliothek, die hauptsächlich aus wissenschaftlichen und wegen seines tiefen Glaubens auch aus theologischen Büchern bestand, war zu Lebzeiten bereits in den Besitz seines Sohnes Kajetanus Rupertus (Abt Dominikus) übergegangen.
Sein Begräbnis
Am 9. April 1792 starb Lorenz Hagenauer im achtzigsten Lebensjahr im Bürgerspital von St. Blasius in Salzburg. Er wurde am 11. April in einer der drei Hagenauer Familiengrüfte (Gruft XVI) neben der Gruft seines Großvaters auf dem Friedhof von St. Peter bestattet. Über 2 000 Menschen nahmen am Trauerzug teil und circa doppelt so viele Menschen säumten den Weg. Dass mehr als ein Drittel der damaligen Salzburger Bevölkerung (ca. 16 400) an seinem Begräbnis teilnahm, zeugt einerseits von der Beliebtheit und Popularität des verstorbenen Handelsherren, andererseits aber auch von der Spärlichkeit öffentlicher Ereignisse in jener Zeit. Seine Gemahlin Maria Theresia ließ ihm im darauf folgendem Jahr ein Epitaph aus weißem Marmor errichten.
Quellen
- Franz Martin: "Beiträge zur Salzburger Familiengeschichte. 51. Hagenauer." in Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Bd. 78. Salzburg, 1938. S. 148–156.
- Franz Martin: "Hundert Salzburger Familien", Verlag der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg 1946, S. 192 ff
- Gunda Barth: "Die Hagenauers. Ein Salzburger Bürgergeschlecht aus Ainring: Die Einbindung einer Handelsfamilie in Wirtschaft, Politik und Kultur Salzburgs im späten 17. und 18. Jahrhundert." In: Ainring Heimatbuch. Ainring, 1990.
- Gunda Barth-Scalmani: „Vater und Sohn Mozart und das (Salzburger) Bürgertum oder: Sobald ich den Credit verliere, ist auch meine Ehre hin. In: Gunda Barth-Scalmani, Brigitte Mazohl-Wallnig, Ernst Wangermann (Hg.), GENIE UND ALLTAG. Bürgerliche Stadtkultur zu Mozartzeit. Salzburg-Wien, 1994. S. 173-202.
- Gunda Barth-Scalmani: "Eine bürgerliche Familie der Frühen Neuzeit: Die Handelsfamilie Hagenauer in der fürsterzbischöflichen Haupt- und Residenzstadt Salzburg im 18. Jahrhundert.", 820ff. In: Barockberichte 44/45, 2006, S. 821-831.
- Rudolph Angermüller: "Maria Theresia Hagenauer", Salzburg Archiv, Bd. 32, Salzburg 2007
- Marianne Freifrau von Hauser: "Geschichte des Hauses Hagenauer", Privat-Archiv Wien