Kobler-Spängler-Briefe von 1792 bis 1842
In diesem Artikel werden die Kobler-Spängler-Briefe von 1792 bis 1842 aus einem Privatarchiv veröffentlicht.
Einleitung
Die Kobler-Spängler-Briefe bezeichnen eine umfangreiche Briefsammlung aus dem Besitz von Franz II. Xaver Gregor Spängler (* 1839; † 1912).
Über die Korrespondenz
Über seine Tochter Johanna Spängler (* 1882; † 1973), verheiratet mit dem Schuldirektor in Krems, Rupert Holzapfel (* 1868; † 1940), kam die Sammlung aus dem Nachlass von dessen Tochter Gertraud Holzapfel (* 1917; † 2001), verheiratet Saska in Krems, an Otto Holzapfel (* 1941) in Freiburg im Breisgau in Deutschland.
Die Briefe sind zum Teil übertragen, zum Teil zusammenfassend registriert; eine genauere Auswertung steht noch aus. Die ältesten Briefe stammen aus der Beziehung zwischen Franziska "Fanny" Kobler (* 1796; † 1886) und Franz Francesco Castelli (* 1796; † 1832). Deren Tochter Zäzilia Amalia Kobler wird 1821 geboren und heiratet 1846 Richard Franz Schlegel, stirbt aber bei der Geburt des ersten Kindes 1848. Diese Tochter, Franziska "Fanni" Schlegel (* 1848; † 1905), heiratet 1872 in der Stadt Salzburg den späteren Oberlandesgerichtsrat in Krems, den oben genannten Dr. Franz Xaver Spängler. Ein großer Teil des Briefwechsels spiegelt die besonders enge Beziehung zwischen Großmutter "Fanny" und Enkelkind "Fanni".[1]
1792
Fanny Kobler Franziska "Fanny" Kobler (* 1796; † 1886; Nr. 79) [Reste zerrissener Aktenstücke; nicht übertragen]: Salzburg 16. Jänner 1792: Franz Elixhauser als Hochzeiter, Franziska Hofmannin als Hochzeiterin XXX XXX [Abschrift der Zeit von dem auch im Original vorhandener Ehe-Vertrag von 1792], Februar 1830, Franziska Kobler geborene Hofmann, Seraphin Kobler, Franz Hofmann als Zeuge XXX XXX 1839 Papiersiegel; Salzburg am 13. Mai 1837: Seraphin Kobler Franziska Kobler. Salzburg am 3. Oktober 1837: Seraphin Kobler Franziska Kobler. Salzburg am 20. Februar 1841: Seraphin Kobler Franziska Kobler. – "Elixhausen" ist ein Ort bei Salzburg.
1821
Franz Castelli [Nr. 78[2]] an Fanny Kobler [Nr. 79]:
Brief vom 30. Jänner 1821 von Francesco Castelli an Fanny Kobler
[Peterwardein, 30. 1. 1821] No 3/ Liebe Fany. Gestern den 29.ten Januar (unwürdiger Tag meines Lebens) bin ich endlich in Peterwardein angekommen. Meine liebe, du kannst dir keinen Begriff machen wie traurig das verdammte Nest ist. In Neusatz wo man doch Menschen sieht, auf dem sich das Erträglichseyn der Festung stützt, sind lauter Juden, oder Kaufleute, bey denen das Intereße von allen Gesichtszügen hervorleuchtet; der 1.te Stock von allen Häusern, ist der Dachboden; ebene Erde, und 1.ter Stock zusammen, zählen zwey Fenster. In Peterwardein ist noch viel änger [enger] , alles was sich dem Auge darbringt, ruft mir zu "Dienst, Dienst["]. Bewaffnete, Arestanten oder Bürger die dem Straßenräuber ähnlich sehen, erregen Mittleid und scheinen mit Ihren ermatteten Blicke mir Trost zusprechen zu wollen, indem sie doch noch mehr leiden wie ich. Die Festungswerke sind sehr ausgedehnt, und alte Gräben mit stehendem verfaulten Wasser gefüllt; Ursache dessen hier auch die Luft peßtilenzialisch, und für meine Constitution (ich will sagen, Beschaffenheit des Körpers) höchst schädlich. Ich erwarte beynahe wollte ich sagen, mit Sehnsucht, die ohnehin unausbleibliche Krank[h]eit, um sie desto eher überstanden zu haben. Von meiner Reise werde ich dir nur das Merkwürdigste in kurzen Worten schreiben. In Wien ist nichts neues, und es regnet in einem fort. In Ofen und Pesth [Budapest, Anm.] bin ich drey Tage geblieben. Schön gebaut, groß, lebhaft und bevölkert sind die zwei Städte, was ich aber sonderbar finde, ist: daß in der Hauptstadt Ungarns, höchstens der zehnte Theil Ungarisch versteht; und das keine stehende Brücke über die Donau ist. Bey Theresianopel sind mir zweymal die Pferde durchgegangen, der Wagen wurde schändlich zusammen gerichtet; mir aber im Schutz Gottes, [ist, Anm.] nichts geschehen. Aus allen dem wirst du leicht einsehen, daß meine Lage nicht die beste ist, wenn sie noch dazu von deinem Stillschweigen verschlimmert wird, dann versichere ich dich Fany, ich würde es nicht aushalten können. Schreibe gleich, gleich, es fä[e]hlt dir nicht an Zeit, und Gelegenheit, aber deswegen kann ich dir auch nicht recht verzeihen, daß du nach Wien nicht geschrieben hast. Dem Herrn Doctor [Bayer, Anm.] bitte ich alles schön auszurichten. Lebe wohl. Meine Unruhe über die Entwicklung unserer Verhältnisse, wächst alle Tage immer mehr, es ist nothwendig auf das Ende los zu gehen. Thue es, ich bitte dich, und beruhige mich mit dem nächsten Brief./ Peterwardein den 30.ten Januar/ Dein Castelli
"Peterwardein": serbisch Petrovaradin, österreichische Grenzfestung; "Neusatz": serbisch Novi Sad am linken Donauufer, Peterwardein ist Vorstadt dazu;
"Theresianopel": Maria-Theresianopel, ungarisch Szabadka, serbisch Subotica, an der Strecke von Budapest nach Semlin; "Doctor": Dr. Bayer in Salzburg, siehe folgende Briefe. Zum Brief ist kein Umschlag erhalten, die zeitliche Einordnung ergibt sich aus der Briefzählung "No 3". Die schwungvolle Unterschrift "Castelli" ist etwas anders als in den folgenden Briefen (auch jeweils unterschiedlich unterschrieben und insgesamt mit gewissen Abweichungen in der Handschrift), doch die vier Briefe (drei von 1821 und einer von 1827) stammen sicherlich vom selben Castelli (siehe unten).
Brief vom 8. März 1821 von Francesco Castelli an Fanny Kobler
Franz Castelli an Fanny Kobler:
[Peterwardein, 8. 3. 1821] Liebe gute Fany/ Zwischen Hoffnung und Furcht war ich bis jetzt unentschlossen, ob ich dir oder dem Doctor [Bayer, Anm.] schreiben soll, um die Ursache deines Stillschweigens zu erfahren. Meine Fantasie beschäftigt sich immer mit verzweyflungsvollen Gedanken, die mich den ganzen Tag peinigen und martern. Wie sehnsuchtsvoll warte ich auf die Ankunft der Post, aber immer vergebens; wie kannst du mich so tief kränken, und mir einen ganzen Monathe deine Nachrichten berauben. Jede Ursache, die ich zu deiner Entschuldigung ausstudiere, ist für mich wie ein P[B]litzstrahl im Herzen, denn entweder bist du ja schon krank daß du die Feder nicht regieren kannst, oder deine Liebe zu mir, hat sich so weit erkältigt daß du sogar auf deine Pflichten vergißt. Diese beyde[n] für mich gleich entsetzliche[n] Bilder, mahlen [malen, Anm.] sich in vielerley Gestalten vor meiner Einbildungskraft, und verursachen mir sehr bittere Stunden. Meine theuerste Fany ich bitte dich wenn du mich je geliebt hast, schreibe, schreibe. Laße dir die paar Minuten nicht berei[u]hen, die du mir widmest, denn sie üben mir große Wohlthat aus. Vom Doctor weis ich auch noch nicht was seine Krankheit für ein Ende genommen hat[t]e. Das Schicksal hätte bey Gott kein böseres Spiel mit mir ausüben können, als mich in eine solche Lage zu versetzen. Ich, von der Menscheit verbannt, diejenige, die einst mein Leben versüßen soll außer Stand zu schreiben, und der einzige Grund von dem ich Trost abwarte entweder auf mich vergeßen, oder untunligst selbst diesem bösen Geschicke. Von nun an werde ich dir nicht wieder schreiben, bis ich nicht von dir was erfahren habe. Lebe wohl, und beglück mich bald mit einigen Zeilen. Deine Gegenliebe zu beSitzen, dich meiner Beständigkeit würdig zu wißen wird stets der große Lohn seyn, den ich für alle meine Schritte, und Bemühungen am liebsten abwarte, und wodurch ich nie aufhören werde zu seyn/ Peterwardein den 8ten März./ Dein getreuer C... -
[Briefumschlag:] "No. 5"/ Ovalstempel: "Peterwardein"/ "An Herrn Doctor von Bayer/ hochwohlgeboren zu Salzburg/ abzugeben in Johannes Spital".
St. Johanns-Spital in Salzburg, Vorstadt Mülln, seit 1695 Krankenhaus der Aufklärungszeit (vgl. Dopsch, 1996, S. 332 f.). - Rotes Siegellack: Helm und Waffen, kleines Wappenschild‚ bewaffneter Mann mit Palmwedel [?]. Daneben Stempel (sehr undeutlich): Salzburg 18 März 1821 [?]. Auf dem Umschlag "No. 5", der Brief selbst nicht nummeriert, aber die Zuordnung scheint mir sinnvoll (Größe, Faltung, Inhalt). Der Brief ist mit "C" und vier Punkten unterzeichnet.
Brief vom 29. April 1821 von Francesco Castelli an Fanny Kobler
Franz Castelli an Fanny Kobler:
[Peterwardein, 29. 4. 1821] Brief, grauer Umschlag bezeichnet "Nr. 9 – Peterwardein – An Herrn Doctor Bayer hochwohlgebohren zu Salzburg – abzugeben im Johannes Spital", postalischer Ovalstempel "Peterwardein", Siegel (ohne erkennbares Wappen). – "auch [?] Nr. 6." [! der Brief an Fanny lag wohl dem Brief an Dr. Bayer bei, der ihn weiterbeförderte?] Liebe, gute Fany. Seit der Zeit, daß ich in Peterwardein schmachte, habe ich schon fünf oder sechs mal das, für mich empfindsamste Beyspiel erlebt, daß bekannte Frauen stolz auf die gegebenen Beweiße ihrer Gefühle, in den Armen ihrer Männer, und unter ihren Liebkosungen, und immer zuerfreuende Freuden das Ziel ihrer Liebe glücklich erreicht, und nun wieder frisch, und gesund, das nehmliche was für uns Unglück war, mit tausend Freuden erwarten [sie erwartet von ihm ein uneheliches Kind, Anm.]. Bey solchem Anblick ist die Empöhrung meines Gemüths auf das höchste, und nie werde ich mich genug über das Schicksaal beklagen können, das mich mit dem peinigt, was einen anderen beglückt. Das unterstrichene im Anfang dieses, habe ich schon als nothwendig in meinem vorigen Brief anvertraut, und in Anwendung gebracht [Nummerierung des Briefes? Brief "Nr. 5" geht dem voran, Anm.], thue das nehmliche damit ich weis, ob du meine Nummern richtig erhaltest oder nicht. Vor kurzem erhielt ich einen Brief von meinem Vater, ich schrieb ihm wieder, ich machte jedoch von dir noch keine Erwähnung, denn der beste Wille mich auszuhelfen, könnte bey den bestehenden Verhältnißen nicht das mindeste verändern. Er soll alles erfahren, jedoch nur dann wenn alles den besten Erfolg zu erwarten hat. Der gegenwärtige Zustand meiner Gesundheit trotz der sehr häufigen Krank[h]eiten, die ich hersche [?], läßt mein [mich, Anm.] glauben daß Gott mich in seinem Schutz genommen hat, ob das durch mein Verdienst, oder deinetwegen bewirkt wird, ist mir unbewußt, ich fühle nur daß meine Beständigkeit zu dir, dieser Gnade würdig ist. Ich beschäftige mich Sogleich mit dem Gedanken wie du jetzt aussehen magst, und jede Vorstellung meiner Einbildung, verschaft mir Freude, und Schmerzt. Du warst ja manchmal so gut mir in der Wirklichkeit zu erscheinen, erscheine mir jetzt wenigstens im Traum, jedoch mit deiner wahren Gestalt daß ich dich sehen, bewundern, und mich in meinen Handlungen erkennen kann. Liebe Fany, unseren Glauben verspricht Vergeltung für alle Leiden, wenn das ist, so muß die Natur nun Freuden erschaffen, oder unsere Zusammenkunft beschleunigen, denn das erlittene ist größer als jede zu erwartende Freude. Jetzt habe ich zu viel zu thun, so bald ich einen Tag frey haben werde, werde ich nicht XXXgete für den Herrn Doctor etwas für seinen Stammbuch zu zeichnen, er möchte indeßen gedulden, und mich nicht meiner Nachläßigkeit beschuldigen. Deinen Eltern alles erdenkliche, und an die Familie Laschinki [Laschensky, Anm.] meine Empfehlungen, auch vergiß nicht die Therese, die ohne Zweifel von allem erkundigt seyn wird, recht herzlich zu grüßen, und trag ihr auf auch dir von meiner Seite tausend Pußeln [Busserln] zu geben. Die Streitigkeit wegen der Unterschrift ist nun zu Ende, die Parteyen mit friedlichen Gesinnungen beseelt, wollen sich mit Güte vertragen und durch mich den ersten Beweis der gütigen Uibereinkunft und Versöhnung geben – Den 29te April [1]821. Dein dich ewig getreuer Petergribier [? Peterwardeiner, Anm.]: Franz Castell[i]
Brief vom 10. Juni 1821 von Francesco Castelli an Fanny Kobler
Franz Castelli an Fanny Kobler:
[Peterwardein, 10. 6. 1821] Theuerste Fany/ Vor zwey Wochen mußte ich in der größten Eile nach Semlin um einen Grund aufzunehmen, und einer Schatzung [Steuerschätzung, Anm.] beizuwohnen; vor der Abreise war es mir nicht möglich deinen Brief zu beantworten, in Semlin ergab sich keine Gelegenheit, nun aber daß ich wieder zurück bin, erfülle ich meine erste Pflicht, dich von meiner Abreise, Aufenthalt, und Ankunft zu benachrichtigen. Obschon von Geschäften, und Aufträgen aller Art überhäuft, ließ ich doch diese Gelegenheit nicht unbenutzt, um nach Belgrad zu fahren. Der Uibergang von unserem ins türkische Land ist zwar, wie von einem schön möblirten Zimmer, in einem[n] Schweinstall, es bleibt doch deswegen diese Fahrt höchst intereßant, und der schandvolle Anblick ihrer Wildheit, gewährt uns das Bewuß[t]seyn einer beßeren Existenz. Ich wurde beym Wisir [Wesir, Anm.] aufgeführt, er war sehr galant, ließ mir sogleich einen Stuhl bringen, der gewiß zu schlecht für eine Küche wäre, wartete mich mit Caffé auf, jedoch ohne Zucker, und presentierte mir eine Pfeiffe; das Einzige was man bey ihnen schön heißen kann; ich schmauchte sie mit Gusto ganz aus, und bewunderte indeßen die Anwesenden seines Gefolge[s] , die sich um uns versammelt hatten. Wir gingen von ihm, in die Stadt um die Paläste zu betrachten. Trümmer, Brandstätte, Steinhaufen, und die aus der Erde noch hervorragende Knochen, erinnerten uns noch an die letzte Belagerung. Damit du einen Begriff von der Bauart der Türcken faßen kannst mag es hinlänglich seyn zu erinnern, daß im Hofe des Hauses des Gouverneurs Misthaufen verbrannt werden; daß die Fenster in seinem Appartement, mit Papier verpappt sind, und daß der Wisir in seinem Audienz Saal über die vermorschten Löcher des Fußbodens stolpern muß, auch haben in diesem Saal die Schwalben ihre Nester, und die Spinnen ihr Gewebe mit höchster Zulaßung aufgebaut.
Nun auf uns. Mein Schreiben No.10 wirst du empfangen haben, auch ich erhielt das deinige, du sprichst von banger Erwartung, ich von Furcht; nun wird aber (ich darf an die Gerechtigkeit Gottes nicht zweyfeln) alles das erwünschte, glückliche Ende erreicht haben. An Versöhnung darf ich noch nicht hoffen. Ich halte auch so bald nicht darum an; wie deine Schmerzen sich lindern werden, wird auch dein Herz jeden Zug des Haßes verlaßen. Ich bin in der größten Erwartung deiner Nachrichten. Deine Gefahr laßtet so schwer auf meiner Seele, daß [ich] jeden Sinn für das gesellschaftliche Leben verlohren habe. Gute Fany, tröste mich bald mit erfreuliche[n] Nachrichten, und laße die edle Rache deines Haßes mit Wohltahten [!] erfolgen. So bald es mir möglich ist werde ich dem Herrn Doctor [Bayer, Anm.] ein paar Zeile[n] schreiben, es ist aber nicht recht, daß er gerade auf mich wartet; er könnte mir wohl außer der Tour auch das Vergnügen verschaffen seine Nachrichten zu lesen. Wenn du es für schicklich glaubst, wiederhole bey deinen Eltern, statt meiner, meine Versprechungen. Ich halte es bey dir [für] unnötig. Empfehle mich bey der Familie Lasch[e]nsky, bey deinen Eltern und dem Doctor, und laße mich bey dir besonders empfohlen seyn, nicht wie ich es verdient habe, sondern wie ich durch die Vollziehung meines Versprechens [die Familie mit Kind später ernähren zu wollen, Anm.] es verdienen werde. Lebe wohl. Den 10.ten Juny 21. Peterwardein. Dein aufrichtigster Franz
"Semlin": Vorstadt von Belgrad; zuletzt 1789 von den Österreichern erobert ["letzte Belagerung"], aber weiterhin türkische Garnison. "Grund aufnehmen": Castelli ist (militär.) Landvermesser.
Briefumschlag, gesiegelt mit rotem Lack und ‚großem Wappenschild mit Helm vor Fahnen und Kanonen’, auf dem Schild (auch im Vergleich mit dem zweiten, gleichen Siegel) ein verschlungenes F und C [Franz Castelli]. Brief sehr undeutlich gestempelt: XXrg.: Salzburg 20. Jun. XX21 [1821]. Adresse: "No. 11" [private Briefzählung]/ "Peterwardein"/ undeutlicher Ovalstempel: "Peterwardein"/ "An Herrn Doctor von Bayer/ hoch und wohlgeboren zu/ Salzburg/ abzugeben in Johannes Spital".
Die Familie Laschensky (auch im vorstehenden Brief vom 29. April 1821) gehört zu den angesehenen Familien der Stadt Salzburg (vgl. Dopsch, 1996, S. 363). In dem Geburts- und Taufschein [Abschrift von 1939] von Zäzilia Amalia Kobler, geboren am 14. Mai 1821 in Salzburg (also gut fünf Wochen vor diesem Brief vom 10. Juni! Ist das das im Brief erwähnte "glückliche Ende"?), ist als Mutter eingetragen: "Franziska Kobler, des Franz Seraph. Kobler, Bierbrauers und der Franziska Hofmann, dessen Gattin, eheliche Tochter". Als Pate erscheint: "Cäcilia Laschensky, bürgl. Baumeistersgattin" [Tauftaler 1848 und Begleitzettel von Cäcilia Laschensky für "Franziska Schlögl", Münze in der Münzsammlung von Nr. 18 F. X. Spängler]. - Vater "nicht eingetragen" (siehe auch nächstfolgenden Brief von 1827); vgl. Partezettel für Cäcilia Laschensky, 84 Jahre alt, Salzburg 1877.
1822
Franz Castelli an Fanny Kobler (* 1796; † 1886; Nr. 79):
Brief vom 7. November 1822
Briefumschlag "Madmoiselle Mad.lle Françoise [Fanny] de Kobler, Salzburg" aus "Podvin", handschriftlich "von Brod", No. 22; Reste von rotem Lacksiegel, Ankunftsstempel Salzburg 07. 11. 1822. – Briefbogen, "No. 22":
Theuerste Fany. So eben komme ich von einer Hochzeit, meine Rolle war diesmahl wichtig, ich war Beystand jetzt stell[s]t du dich vor wie mir zu Muthe ist, die schöne Braut war dir sehr ähnlich wodurch meine Einbildungskraft XXX Luftschlößer gehabt hat. Wie glücklich würden wir beide wenn nur die Hälfte meiner eingebildeten Glückseligkeiten zur Erfüllung gebracht würden. XXX Es sind nun bald zwei Jahre daß wir getrennt leben und unsere Verhältniße haben sich nicht um das mindeste gebeßert XXX da ich täglich stummer bleibe. Im Monate Jänner künftigen Jahres wird die berühmte Lotterie über die Grein[?]schaft Ernsdorf gezogen. Diesmahl XXX , und nie wieder, da würden wohl alle Bedenklichkeiten ein Ende haben. Indeßen glücklich kann ich seyn, aber leider immer nur im Traum. Der Unfall meiner Amalia war ein wenig ungeschickt, der Dienstboth hätte wohl verdient XXX zu werden. Ich brauche dir nichts Einkünftlig zu XXX du sollst jetzt sorgen, ich später. Lebe wohl, grüße deine Aeltern. Brod den 4ten XXX 822. Dein dich ewig liebender Castelli. - "Amalia" Castelli/ Kobler ist über ein Jahr alt.
1826
Maria Anna Lürzer von Zehendthal [Nr. 75[3]] an Franz Xaver Spängler [Nr. 36]:
Brief vom 17. April 1826
[Hall in Tirol, 17. 4. 1826] [...abgerissene Briefteile] verhältnisse setzen, Sie [...] würde; den na[c]h disser berufung, welche [...das Weitere ist weggerisssen, Anm.] Ihnen beizt [?] und, aus zu führen, wen es eine Unnag [XX? das Weitere ist weggerisssen, Anm.] aus disser Handlung fortkomen zu könen. Sie könen nicht wohl anders als auf bessere Zeiten warten, alles zu nuzten. Indessen, walten aber, no[c]h immer die nehmlichen Verhältnisse ob, wie damals, als Sie um u[n]ssere Tony [Maria Anthonia Lürzer, Nr. 37; er heiratet sie im November 1826, Anm.] anhielten, Sie sind no[c]h immer in der Scheztnerischen [Gschnitzer, Anm.] Handlung, u[n]d weis Gott wie lange, es sich no[c]h hinaus zieht, bis ein Käufer, oder Pächter, zu disser Handlung vorkömmbt; u[n]d findet sich au[c]h disser, so wird es dissen villeicht sehr erwünscht seyn, wen Sie no[c]h in der Handlung bleiben, wenigstens, eine Zeit, und [...eine halbe Seite weggerissen, Anm.] waren, allein es erstens [?] sich hierbey [...] der Etablierung, auf eine art geschehen müße, wobey die Subhüflen [-hilfe, Unterstützung, Anm.] gesichert were; da aber um die Handlung [die] verhältnisse so schlecht stehen, wird es besser seyn, gegenwärtig nichts zu kaufen sondern, das gewisse, den ungewissen vorzuziehen; und wie Sie schon anfangs gewolt, als Spetitur in die Scheztnerischen Handlung zu heyrathen; wo Sie doch leben können, und nichts wagen dürfen von Ihren Vermögen; auf uns ist Ihre offenherzig sagen, würde sich die Tony, wenn das Ziel ihrer Wünsche noch gar so weit sich hinaus ziehen würde, sich gar zu sehr ab härmen, ich spreche ihr nach kräften Worte des trostes zu, führ ihr Muth einzuflössen. Sie ist au[c]h oft ganz getröstet; allein, es gibt hier so ville bösse oder villmehr unkluge Menschen, welche sich die undelikatesten bemerkungen erlauben ihr in das Gesicht zu sagen, und mein ganzes gebäude, welches ich mit Mühe erbaut, stürzt dann in einem Nu zusammen. sie weint dan ein par Stunden und nur mit Mühe kann ich sie dan beruhigen, weill sie alles erst tief fühlt, und sie wirklich oft gekränkt wird. Das beste ist, daß ein Gott über uns waltet, u[n]ssere Schi[c]ksale leitet, und alles zu u[n]sseren besten wendet; auf dissen wollen wir u[n]sser Vertrauen setzen. Uns alle in seinem göttlichen Schutze verlassen und bleibe ich stets die mit aller Liebe Sie auftente [?] Lürzer. Meinn Mann küst Sie herzlich mit mir
"An des Wohlgeborenen Herrn Franz Xaver Spangler in Salzburg"; vorpostalischer Stempel: XX Salzburg 18 Apr. XX. Ohne Absender; handschriftlich "1826 v Lurzer M. A Hall 17 April Empf[angen] 18 April Beantw[ortet] 3 May" [Maria Anna Lürzer, Hall in Tirol]. Reste von rotem Siegel. Anfang des Briefes auf einer halben Seite abgerissen; dadurch fehlt auch auf der zweiten Seite eine Hälfte. Vieles ist schwer zu lesen; die Anschrift ist mit anderer Hand und anderer Tinte. Im Brief sind einzelne Zusätze bzw. Verdeutlichungen mit anderer Hand und anderer Tinte darüber geschrieben (hier nicht besonders vermerkt). Praktisch durchgehend steht "ud" für ‘und’ und "ih" für ‘ich’, "noh" für ‘noch’ und ähnlich (hier nicht besonders vermerkt; ‘ch’ oft nur als ‘h’, ‘sch’ als ‘sh’ abgekürzt geschrieben). Bei einigen Lesungen bin ich mir weiterhin unsicher.
"Tony": Maria Anthonia (Antonia) Lürzer v. Zehendthal, * 1803, aus Hall in Tirol, heiratet am 14. November 1826, sieben Monate später, Franz Xaver Gregor Spängler, * 1793, der als Spediteur bei "Math. Gschnitzer" in Salzburg arbeitet ("Scheztnerische Handlung"). Im Trauungsregister von 1826 steht "Spediteur bei der Schastznerl. Handlung". Ab 1828 gibt es die Duregger-Handelsgesellschaft, in die später Carl Spängler einheiratet, woraus sich 1870 die Spängler-Bank entwickelt. Die Familie #Gschnitzer gehört zu den angesehenen Handelsfamilien in Salzburg; von 1847 bis 1850 ist Matthias Gschnitzer Bürgermeister (vgl. Dopsch, 1996, S. 641), von 1854 bis 1861 dann Alois Spängler.
Die Briefschreiberin ist die Schwiegermutter von Franz Xaver Spängler [Nr. 36], d. h. die Großmutter von Franz II. Xaver Gregor Spängler [Nr. 18], geb. 1839 (siehe folgenden Brief an die Mutter): Maria Anna Grassl [Nr. 75], geb. 1774 in Wien, gest. 1853 in Hall in Tirol; verh. 1796 in Salzburg mit Franz Lürzer von Zehendthal (* 1768; † 1830) [Nr. 74].
1827
Franz Castelli [Nr. 78] an Fanny Kobler [Nr. 79]: No 35
Brief ohne Datum [1827]
[Venedig, 1827] Liebe Fany. Daß ich dir so lange nicht schrieb, waren die Verhältniße in denen ich bis jetzt verwikelt war daran Schuld. Ich versuchte wie du weißt meinem Bruder eine Civil Anstellung zu verschaffen, es wäre mir sicher gelungen, aber der gute Mann anstatt sich die Kenntniße zu erwerben die ihm erforderlich waren, und durch Fleiß und Studium das einzuhohlen, was er vernachläßigt hatte, fing an ein liederliches Leben zu führen, auf meine Rechnung Schulden zu machen etc. etc. Die Sachen gingen zu weit, als daß ich nicht Einhalt zu thun trachten sollen, und beschloß ihn zu entfernen. Gesagt, gethan, er ist nun nach Petersburg [Peterwardein? Anm.] abgereist, die Expedition kostet mir freylich über 300 fl [Gulden] Münzen, ich hoffe aber daß diese für ihn die letzte Auslage seyn wird, und daß ich, wenn nicht bald, doch mit der Zeit die ungeheuren Lücken ausfüllen werde, die er auf eine sehr indiscrete Weise hinterlaßen hat. - Die Amalia hat von mir viel zu fordern, ich weis es, und werde mit nach, und nach meine Schuld abtragen; auch du bist meine Gläubnerin, und auch mit dir hoffe [ich] in Balde in Ordnung zu kommen, und zwar dadurch daß ich die Gelegenheit benutze in Brescia, wo ich um meinen Vater, und die Schwester zu besuchen, auf ein Paar Wochen auf Urlaub gehen möchte, von meinem guten Freunde, und zugleich guten Mahler ein Portrait machen laße, und dir zusende. Daß ich so lange damit warten laße, wirst du vergeben, ich denke wohl immer daran ohne es machen laßen zu können. Ich übersende dir 15 fl C.M. [? Kurant-, gängige Münze, Anm.] mehr kann ich nicht, weil selbst diese mir schwer fallen. Wir haben das Project fahren laßen, hier das Geld zu erlegen, daß dir von meinem dortigen Haus [Bank, Anm.] gezahlt wurde; der erste Versuch hat wohl fehlgeschlagen. Man sollte aber noch weiter fragen, vielleicht wäre auch dieses einzuleiten möglich. Ich erwarte recht bald Nachrichten von dir, und von der Amalia, so wie einige Erkundigungen über deine Familie die ich freylich grüßen laße. Addio Fanny/ Venedig den 19.ten N[ovem]ber [1]827./ Dein aufrichtiger Freund Castelli
Brief mit stark vergilbtem, grauen Umschlag, gefaltet, dreimal mit rotem Lack versiegelt: zwei verschiedene Siegel: österreichischer ‚Doppeladler mit Kaiserkrone’, Inhalt vom Wappenschild nicht erkennbar und Umschrift, und ‘Helm mit Fahnen-Hintergrund vor großem Wappenschild’ und verschlungenem F und C: mit kräftiger Tinte: "No 35 1.)"; mit anderer, blasser Tinte: "de Venice" und "A’ Mademoiselle Mad.lle Francese [?] de Kobler" "fl 20 x" [1 Gulden 20 Kreuzer?] und "Salzbourg." und "abzugeben beim höhlbräuer mit 15 fl. C. M." [Gulden, curante Münze] - "Petersburg": wohl das österreichische Peterwardein, Serbien (siehe oben). Adressiert ist der Brief von 1827 mit "abzugeben beim Höllbräuer" (mit dieser Lesung bin ich mir auch ziemlich sicher, obwohl die Schrift sehr verblaßt ist) an Franziska (Fanny) Kobler [Nr. 79], geb. 1796 in Salzburg (gest. dort 1886 als "vormals Besitzerin des Höllbräuhauses"). Das Gasthaus "Zur Hölle" (heute "Altstadthotel Radisson") in der Judengasse 15 steht auf dem Platz (und sinnigerweise als ‚Hölle‘ auf den Mauern?) der alten Synagoge, die nach dem Progrom von 1404 verlassen werden musste (vgl. Dopsch, 1996, S. 161, 189 f., 243; oder bereits 1349, vgl. S. 177). Die ‘Höllbräuin’ ist ebenfalls die Schreiberin weiterer Briefe in dieser Sammlung an ihre Enkelin Fanni Spängler.
Fanny Kobler bekommt ein Kind (Nr. 39, Zäzilia Amalia Kobler: in dem Brief "Amalia") mit (dem in der Geburtsurkunde nicht eingetragenen) Franz Castelli [Nr. 78] aus der Lombardei; sie ist, wie es heißt (so Trudl Widerin) "verlobt mit Francesco Castelli, * 17. Juli 1796, † 17. April 1832, aus Brescia; Oberlieutenant im Genie Korps, durch Briefe Anerkennung der Vaterschaft" [was sich in den Briefen hier bestätigt]. Der Briefschreiber nennt hier seine Vaterstadt Brescia. - Die Tochter Cäcilia Kobler (* 1821; † 1848) heiratet 1846 in Salzburg Richard Franz Schlegel [Nr. 38], und deren Tochter, Franziska Schlegel [Nr. 19], geb. 1. Juni 1848 in Salzburg, heiratet Franz II. Xaver Gregor Spängler [Nr. 18]. Zur Zeit dieses Briefes von Franz Castelli ist die Tochter 6 Jahre alt. Einer Notiz von Trudl Widerin entsprechend gehören die drei kleinen Portraits (zwei davon Abbildung unten, links, das dritte rechts), bezeichnet "Spitzer pinxit 1825" und "1827", wahrscheinlich hierher; eines davon, 1827, zeigt offenbar die blondbezopfte Zäcilia Amalia Kobler (* 1821; † 1848 = Abbildung unten rechts; Foto ganz rechts als erwachsene Frau). Die Miniaturmaler sind sozusagen Vorläufer der Porträtfotografen. Um 1840 ist der Wandel in diesem Gewerbe weitgehend abgeschlossen; man geht zum Fotografen (vgl. einen der folgenden Briefe).
1832
Fanny Kobler (* 1796; † 1886; Nr. 79): Buchseite herausgeschnitten, rosa Rückseite (Vorsatzblatt), jeweils durch einen Strich getrennt:
1832. den 20ten April starb mein unvergeßlicher Fo. Castelli/ 1837. den 17ten April starb meine brave, gute, gute Mutter./ 1841. den 30ten Jenner starb mein lieber, guter Vater./ 1842. den 14ten May starb mein guter Bruder./ 1848. den 14ten Juni starb meine liebe, gute, gute Maly [Amalie Kobler, Anm.] ./ Gott gebe das wir uns Jenseitz alle wiedersehen./ [Abstand und mit etwas anderer Schrift:] Die gute Betti Katzinger ist den 10ten August 1881[4] in Grein an der Donau gestorben.
Vgl. Partezettel für Betti Katzinger, 56 Jahre alt, 1881. Sie ist eine geborene Kobler, Fanny Kobler nennt sie an erster Stelle unter den "Legaten" in ihrem Testament von 1878; sie ist Fannys Cousine. Ein Bruder Wilhelm Kobler ist in Linz. Vgl. viele Briefe [bisher ungelesen]: "Betti" an "Mali" [Amalia Kobler, Fanny Koblers Tochter, welche einmal als Bettis Nichte, zumeist aber als deren Freundin und Herzensfreundin unterschreibt], Mali and Betti (1844 bis 1848); ein Brief Betti Katzinger an Fanny Kobler (1880).
1833
Brief an [Nr. 79] Franziska, Fanny Kobler von [Nr. 78] Francesco (Franz) Castelli, vgl. gemeinsame Tochter [Nr. 39] Cäcilia Amalia Kobler-Castelli (* 1821; † 1848). - [Briefbogen gefaltet, Siegel fehlt]
A Mademoisel Francoise Kobler. Ricapito presto Hóllbr[Höllbäurer, Anm.] a Salisburg. [undeutliche Stempel:] RES GEN[X] 28 / A SALZBURG 3 FEB 1XXX [1833]: [unsichere Lesung, vielfach "u" für v:] Sig/n Janni Stim/men [?] . Se tardai sino ad oggi a dos riscontro alla casa scea del 8 curente deue atribuisla al interessamento che senta il mio cuore a tante disauentura sucesse alle nostra Famiglie quali ni occupasso la mente che non so come prender la pena in mano per compicor il mio douare di repondere a si compassionati lettera – Sapia adunque che tutt ora presente sono anur alle siccro di quassto posso auer lasciato il pouero Capitano esenda parte de suoi effetti a Venezia presce il Genio, e parto a Brescia in casa de mio Genero sotto sugallo; e come dissi io non tengo presso di me il piu picolo degli efetti fasciati, per conseqenzo non so se il portafoglio che dica sia a do una parte o dal altra, mi fo pero Carico di n’ntraciati al momento opotune e se mi viesce ouerti di forme tosto la spedizione el suo addressa.
Con le sue lettera che erano presso di me esequi li suoi ordini; aurei molte cose a dira ma a che giono quando l’impotenzo mete in ridicola la speranza. – Mi tengo nel numero degli infelici dio mi Baccio allo figlio, e attendiamo un maglio avenia e con tutto stimo e amori sono – Brescia 06 Genajo 1833 – il Suo aff Gio Anto [anderer Brief: Giovanni Anto., Anm.] Castelli
Aus "Brescia am 6. Januar 1833:
Wenn sich bis heute die Begegnung in seinem Haus verzögert hat, am 8. dieses Monats ... verliere ich das Interesse mit allem Unglück, das unsere Familie verfolgt und meinen Geist belastet um, wie eine Strafe die Pflicht zu erfüllen, mitleidenswerten Briefen zu antworten. Ich weiß also, dass ich jetzt nur von der Vergangenheit ... von einer Seite die Zuneigung des Capitans in Venedig ... , auf der anderen Seite in Brescia in dem Haus, das mein Schwiegersohn unter ... und wie gesagt ... ich kann nicht in der Nähe von diesen kleinen, wunderbaren Zuneigungen, von deren Nachfolge ich nicht weiß, und nicht sein Portefeuille, wie die einen oder die anderen, mir macht in dem günstigen Moment die [Urkunde] ... und alle Formalitäten für die Spedition an seine Adressse. – Mit seinen Briefen, die mich verpflichtet haben, mich immer an seine Anweisungen zu halten ... und viele Worte sagen, aber die Unfähigkeit macht diese Hoffnung lächerlich. Ich halte mich an die Zahl der Unglücklichen, gib dem Sohn [!] einen Kuss und wir warten auf eine bessere Zukunft. Mit aller Achtung und Liebe bin ich ihr ...
Franceso Castelli ist bereits am 20. April 1832 verstorben; der "Kuss" soll wohl der Tochter Amalia Kobler gelten, zwölf Jahre alt. Den Brief, den offenbar ein Verwandter schreibt [vielleicht ein Bruder, vgl. Brief von 1827; der Vater schreibt auf Deutsch], kann ich auch wegen mangelnder Italienisch-Kenntnisse kaum entziffern; eine Kollegin hat ihn mir bruckstückhaft zu übersetzen versucht.
1840
Brief vom 7. November 1840 an Zäzilia Amalia Kobler
Brief (gefaltet, mit gebrochenem roten Lacksiegel= sechszackiger [jüd.] Stern mit [nicht erkennbaren] Buchstaben; keine Adresse angegeben [Umschlag fehlt?]) an [Nr. 39[5]] Cäcilia Amalia Kobler-Castelli (* 1821; † 1848):
An Fräulein Mally Kobler. – Festung Königstein den 7 Novbr. 1840. Werthestes Fräulein! Schon hatte ich die Hoffnung, daß Sie Wort halten und schreiben würden, fast aufgegeben, und war entschlossen, statt an Sie, an Ihr Fräulein Schwester [!] Fanni zu schreiben, um Sie zu verklagen- als ich von einer Landpartie zurückkommend, am 3 Novbr. höchstangenehm durch die Zeilen Ihrer Hand überrascht wurde. Aber wie lange sind di[e]se- schon am 28 Septbr geschriebenen Worte unterwegs gewesen!- Destomehr beeile ich mich, unverzüglich zu antworten, um Sie nicht längere Zeit in dem Argwohn zu lassen, daß wir so schnell vergessen könnten, als wir schnell liebgenommen. Das läßt kein ächter Sachse sich zu Schulden kommen!- Uiber unsere weitere Reise von Salzburg aus werden Sie ohne Zweifel einen ausführlichen Bericht von meiner Schwägerin erhalten, [w]ie Sie ja auch durch ein längeres Schreiben von d[e]n übrigen Reisegefährten begünstiget haben [sind] . Daß es uns aber nirgends wieder so wohl geworden ist, als in Salzburg, muß auch ich Ihnen bekennen. Im Bilde hängt das herrliche Salzburg über meinem Schreibepulte, und das Bild ist mir doppelt werth, weil es Salzburg von der Seite darstellt, die Ihr freundliches Wohnhaus zeigt. – Auch nicht der mindeste Unfall ist uns auf der Reise nach der Heimath zugestoßen, und im besten Wohlsein traf ich die Meinigen zu Hause an. Meine gute Frau sah sich für die lange Trennung reich entschädigt durch die Mittheilung all des Guten, das uns zu Theil geworden. Ihre Grüße giebt sie Ihnen freundlichst zurück.
Den Triumph der feinen Bratkunst müssen wir Ihnen schon lassen, wenigstens was die Salzburger Nudeln [Nockerln, Anm.] und den Kugelhupf betrifft. Denn, so viel ich weiß, sind alle Nachahmungen seither nur unglückliche Versuche gewesen.
Zum Schlusse noch eine Versicherung und eine angelegentliche Bitte.- Es gewährt mir ein besonderes Vergnügen, mir alle di[e] Personen öfter zu vergegenwärtigen, die ich in einem Hause kennen gelernt, in dem es mir so wohl gegangen, Ihren wüdigen Herrn Vater, wie er mir die Geschichte von dem verbo[r]genen Thaler erzählt, Ihren ernsten Herrn Bruder, der mit stiller Freundlichkeit doch lebhaften Antheil an unserer Freude zu nehmen schien, Ihre achtunggebietenes Fräulein Schwester Fanni, mit welcher nicht öfter und ausführlicher haben sprechen zu können, mir heute noch herzlich leid thut. Die freundliche Nanni, wir sie mir den Brief meiner Frau überreicht, die finstere Eisi, wenn sie den würzigen 1834er Rebensaft und das kräftige Märzbier auf den Tisch brachte, selbst die blonde Kati, die Ihnen einen kurzen Besuch machte, und endlich unseren diensteiligen Josef H Koburger der ohne mich zu fragen auf der Partie nach Berchtesgaden meinen Mantel beim Stegergasse umgenommen und meine Landkarte geXXXrichen ließ.- So bitte ich Sie denn auch, nicht nur alle, denen etwas daran gelegen sein könnte, meines freundlichen Andenkens zu versichern, sondern mir auch zu versprechen, daß Sie mir, insbesondere was di[e] ehrenwerthen Mitglieder Ihrer geXXdenen Familie betrifft, wenn auch nur eine kurze Nachricht geben, sobald Einem derselben irgend etwas von Bedeutung begegnet. Eine Verlobungskarte dürfen Sie mir nun gleich gar nicht schuldig bleiben, wenn Fanni oder Malli sich unter das Ehestandsjoch beugen sollten.- Und wie stehts mit Ihrer Reise nach Sachsen? – Ich meines Theils kenne keinen schöneren Reiseplan für di[e] Zukunft, als eine zweite Reise nach dem wunderreizenden Salzburg. Möchte ich, wenn der Himmel mir diese Freud[e] zu Theil werden läßt, Ihre Heimath wieder zu sehen, auch die Freud[e] haben, des Lebens und Glückes Ihrer ganzen Familie Zeuge zu sein, und nicht als ein ganz Fremder in Ihrem Hause empfangen werden! – Möge es Ihnen allen so wohl gehen, als es von ganzem Herzen wünscht Ihr dankbar Ergebenster Paul C. Reschig.
"Vater", "Bruder", "Schwester": Die Mutter ist [Nr. 79] Franziska Kobler (* 1796; † 1886), Amalia ist ihr uneheliches Kind. Es gibt einen Bruder der Mutter, [Nr. 79 a] N.N. Kobler († 1842), und einige Cousins und Cousinen: Betti Kobler, verh. Katzinger (* 1825; † 1881) [in Schärding und Grein], Wilhelm Kobler, Luise Kobler, Paul Kobler und Babette Kobler, verh. Weyrer. - "Fanni oder Malli": Die Mutter Fanny ist 44 Jahre alt, die Tochter 19; sie könnten einem Außenstehenden vielleicht als Schwestern vorkommen. Dem Porträt der (älteren) Höllbräuin nach war sie eine wunderschöne Frau. "Malli", die Briefempfängerin Amalia, heiratet 1846 Richard Franz Schlegel.
1841
17. Jänner, siehe: "Verlobung" Sept. 1871 [Theaterzettel u.ä.]
1842
W.[Wiener] Neustadt am 27 Aug. [1]842 [Brief von Rosa Hablin {siehe nachstehende Briefe vom 28. Juni 1844 und 20. Juni 1845 und öfter} an [Nr. 39] Cäcilia Amalia Kobler-Castelli, * 1821; † 1848]
Meine theure unvergeßliche Freundin! Kannst du mir denn verzeihen, meine innig geliebte Maly, daß ich Saumselige jetzt erst dem so heilig und feyerlich gegebenen Versprechen nachkomme- allein bevor du über mein Verbrechen den Stab brichst, gönne mir Verteidigung;- vor Allem glaube nicht, daß es Mangel an Freundschaft- Vergeßlichkeit sey, was mein Stillschweigen veranlaßte, diese Beschuldigung nämlich [...] (nicht weiter gelesen; sieben [!] eng beschriebene Blätter, markiert 1 bis 7, Schluss fehlt wohl, keine Unterschrift, auf unterschiedlichem Papier, zum Teil sehr schwer lesbar; am 28. Jänner, dann kurz danach am 31. Mai in Opeka [Kroatien], also offenbar über einen längeren Zeitraum geschrieben).
Einzelblatt ohne Angaben, Handschrift wohl der Cäcilia Amalia Kobler-Castelli, * 1821; † 1848: Fortsetzung. Unsere Familie war eben vom Tische aufgestanden, als sie, besonders die 3 Mädchen den alten Herrn von Blauenstein bestürmten, die Geschäfte seiner Jugend zu erzählen. [...] So lebten sie. - Dazu ein kurzer, offenbar ebenfalls literarischer Text "Die Trauer". Zu dieser Zeit wo ich mich [...]; vielleicht von der Schreiberin selbst?
Einzelnachweise
- ↑ Trotz unterschiedlicher Schreibweise in den Briefen vereinheitliche ich [O. H.] zu Großmutter "Fanny" [Kobler] und Enkelin "Fanni" [Schlegel-Spängler].
- ↑ "Nr. 78" bezieht sich auf die Kekulé-Sosa-Nummerierung in der Aufstellung des Stammbaums bei 'Geneanet oholzapfel' (de.geneanet.org).
- ↑ "Nr. 75" bezieht sich auf die Kekulé-Sosa-Nummerierung in der Aufstellung des Stammbaums bei 'Geneanet oholzapfel'.
- ↑ richtig: 9. August, siehe Partezettel
- ↑ "Nr. 39" bezieht sich auf die Kekulé-Sosa-Nummerierung in der Aufstellung des Stammbaums bei 'Geneanet oholzapfel'.
Quelle
Hauptartikel Kobler-Spängler-Briefe
Die Korrespondenz im Detail
1792–1842 · 1843 · 1844 · 1845–1848 · 1850–1859 · 1860–1869 · 1870 · 1871 · 1872 · 1873–1874 · 1875 · 1876 · 1877 · 1878–1879 · 1880 · 1881 · 1882 · 1883–1884 · 1885 · 1886 · 1887–1889 · 1890–1894 · 1896 · 1897–1899 · 1900–1938
Literatur: Stammbaum und Geschichte der Familie Spängler