Kobler-Spängler-Briefe von 1850 bis 1859

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Ein an "Fanny" Franziska Kobler adressiertes Kouvert.
Ausschnitt aus einem Brief vom 18. März 1858.
Kinderbild von Franziska Schlegel, signiert "Stief 1850".

In diesem Artikel werden die Kobler-Spängler-Briefe von 1850 bis 1859 aus einem Privatarchiv veröffentlicht.

Einleitung

Die Kobler-Spängler-Briefe bezeichnen eine umfangreiche Briefsammlung aus dem Besitz von Franz II. Xaver Gregor Spängler (* 1839; † 1912).

Über die Korrespondenz

Über seine Tochter Johanna Spängler (* 1882; † 1973), verheiratet mit dem Schuldirektor in Krems, Rupert Holzapfel (* 1868; † 1940), kam die Sammlung aus dem Nachlass von dessen Tochter Gertraud Holzapfel (* 1917; † 2001), verheiratet Saska in Krems, an Otto Holzapfel (* 1941) in Freiburg im Breisgau in Deutschland.

Die Briefe sind zum Teil übertragen, zum Teil zusammenfassend registriert; eine genauere Auswertung steht noch aus. Die ältesten Briefe stammen aus der Beziehung zwischen Franziska "Fanny" Kobler (* 1796; † 1886) und Franz Francesco Castelli (* 1796; † 1832). Deren Tochter Zäzilia Amalia Kobler wird 1821 geboren und heiratet 1846 Richard Franz Schlegel, stirbt aber bei der Geburt des ersten Kindes 1848. Diese Tochter, Franziska "Fanni" Schlegel (* 1848; † 1905), heiratet 1872 in der Stadt Salzburg den späteren Oberlandesgerichtsrat in Krems, den oben genannten Dr. Franz Xaver Spängler. Ein großer Teil des Briefwechsels spiegelt die besonders enge Beziehung zwischen Großmutter "Fanny" und Enkelkind "Fanni".[1]

1850/1851

1850/1851 Briefe [grün verschnürt, doch nicht alles übertragen] von Nr. 38 Richard Franz Schlegel (* 1811; † 1881), verheiratet seit 1846 mit [Nr. 39]] Amalia Kobler-Castelli (Zäzilia Amalia Kobler, * 1821; † 1848 gestorben kurz nach der Geburt der Tochter [Nr. 19] Fanni Schlegel, Franziska Schlegel), an [Nr. 79] Fanny Kobler (Franziska Kobler, * 1796; † 1886).


Brief vom 19. März 1850 aus Wien:

Wien am 19t März [1]850. Liebe theure Schwiegermutter! Nicht nur um meinem Anspruch nachzukommen, sondern weil es mir wirklich wohl thut, mich wenigstens im Geiste zu Dir[2] und zu meinem Kinde zu versetzen[3], schreibe ich Dir heute schon, wo ich gleichzeitig Dir wenigstens Einiges schreiben kann, was Dich interessieren wird. Ich denke mir, daß Du und unser liebes einziges Kleinod vollkommen gesund seyd, sonst würde ich gradezu davon laufen. Ich bin seit Montag hier, und schon hätte ich das liebe Wien mit allen seinen Schönheiten und Zuständen bis zum Uiberdruß[4] satt. So sehr mich das Spital [Krankenhaus der Universität Wien] freut, so viel Gelegenheiten es darbiethet an meiner weiteren Ausbildung arbeiten zu können, so viele interessante Fälle ich in den wenigen Tagen Gelegenheit hatte zu sehen, und so sehr ich endlich die Nothwendigkeit meines Unternehmens wünsche; grade so sehr habe ich schon gewünscht, wenn ich die ganze Geschichte hätte stehen lassen, freilich bloß aus dem Grunde, weil ich nicht bey Euch seyn kann […] (die Reise ist gut verlaufen, jetzt schlechtes Wetter, er hat eine Menge Salzburger getroffen; beim Erzherzog Karl [Hotel] im 3. Stock ein Zimmer für täglich "1 f 20 Kr Cor. Mz" [f/fl/fr = Florin = Gulden, Kr = Kreuzer "Kurantgeld", gängige Münze]; er findet am zweiten Tag "ein nettes Zimmer, rein und bequem im 2. Stock" mit Aussicht auf das Spital [Krankenhaus] für monatlich "10 fl CMz" [Kurantgeld, gängige Münze] … "besuchte ich meinen Freund Lorinser, er hat eine recht liebe Frau, 20 Jahre alt, und recht hübsch, sie haben ein Mädchen, das jetzt 9 Monate alt ist" [Minna Lorinser, Tochter von Dr. Lorinser, ist später eine Freundin aus der Schulzeit in Salzburg von Nr. 19 Fanni Schlegel] … Gruß von Dr. Zillners Schwiegermutter [in den Briefen oft genannt: Dr. Zillner, Eduard Zillner und Anna] … "Ich küsse Dir die Hand und bleibe Dein aufrichtiger und dankbarer Sohn Richard". Adresse: "Hr. Richard Schlegel, k.k. Kreiswundarzt in Wien, Alservorstadt, Bethhofengasse [!] No 330 im 2t Stock, Thür No 20."[5] (Brief auf 3 Seiten beschrieben, der halbe Brief ist mit dem dünnen Federstrich schwer lesbar; Foto oben der ersten Seite, obere Hälfte).


Brief vom 28. April 1850 aus Wien:

"Liebe Schwiegermutter!" Er dankt für Nachricht und bittet um Verzeihung, dass sein Brief [siehe oben] "so schlecht geschrieben" war; er war sehr in Eile und wird sich jetzt alle Mühe geben, deutlich zu schreiben.
… Er ist den ganzen Tag angestrengt, 6 bis 7 Uhr in der Abteilung für Frauenkrankheiten, 9 bis 10 Uhr in der chirurgischen Schule, 10 bis 12 Uhr in der "Todtenkammer", 12 bis 1 Uhr in der eigenen Wohnung, trinkt im Gasthaus einen schwarzen Kaffee, 3 bis 4 Uhr [nachmittags] wieder in der medizinischen Klinik, 4 bis 6 Uhr bei zwei Vorlesungen, studiert bis 8 Uhr in der Wohnung, Nachtmahl in einem nah gelegenen Gasthaus, zwischen 10 und 11 zu Bett. … samstags und sonntags "bloß 3 bis 4 Stunden im Spital und in der Todtenkammer".

Uiberdieß kostet das Alles ein schreckliches Geld, ich habe schon über 60 fr [Gulden] CMz für Kurse gezahlt. […] Und zu allen Uiberfluß muß man wegen den verfluchten Belagerungszustand eine Menge Laufereyen machen. […] ich werde grade so behandelt, wie ein Student, und da man die besonders im Auge hat, so brauche auch ich ein Sittlichkeitszeugniß. Ich muß Dich daher ersuchen, daß Du so gut bist, und zu Herrn Baron Handel [unterstrichen] gehst, und ihn ersuchst, daß er mir ein Moralitätszeugnis ausstellt, worin vorzüglich bemerkt ist: [ganzer Satz unterstrichen:] Daß ich mich während der Revolution in Salzburg befunden, und nach meinem aufhabenden Eide als k.k. Beamter an keinen politischen Umtrieben betheiligt habe. Dieses Zeugniß sey so gefällig, und schicke mir so bald als möglich; denn erst wenn ich dasselbe bey der hiesigen Militärbehörde vorgezeygt habe, erhalte ich die Bewilligung zum Hierbleiben. […] Lebe wohl, gib mein Dirndl 1000 Busseln, grüße die Theres [wohl die Hausangestellte in Salzburg; daneben ist mehrfach von Betty/Betti die Rede] und alle guten bekannten, und denke manchmal an Deinen geplagten Sohn Richard


Brief vom 27. Mai 1850 aus Wien:

"Liebe Schwiegermutter!" Er hofft auf Nachricht, fragt, ob sie krank ist oder sonst etwas geschehen ist.
Es gibt auf der Welt nichts Quälenderes als eine Ungewißheit. […] Lebe wohl und schreibe mir früher mit der nächsten Post. Ich küsse Dir die Hand und bleibe Dein aufrichtiger und dankbarer Sohn Richard


Brief vom 29. Mai 1850 aus Wien:

"Liebe gute Schwiegermutter!" Er beantwortet augenblicklich das erhaltene Schreiben. Die Schwiegermutter hat offenbar ein Problem mit dem Kutscher; er rät, der Hausknecht solle einen neuen Kutscher besorgen. "Aber beim ersten Mahl [!] ausfahren darfst Du auf keinen Fall mitfahren; das mußt Du mir versprechen." … Er dankt für
das überschickte Geld, weiß aber jetzt nicht, wie ich meine großen Schulden bei Dir abtragen kann, wenn das Sparkassenbüchel nicht springen soll. […] Die Betty lasse ich herzlich grüßen, und ihr sagen, daß mir ihr Brief viel Freude gemacht […] Gib meiner kleinen Maus zu ihren [!] Geburtstage tausend Küsse [Fanni Schlegel, * 1. Juni 1848], und sage ihr, daß ich das Geschenk selbst mitbringen werd[e]. Leb wohl, es küßt Dir die Hand Dein Richard


Brief vom 12. Juni 1850 aus Wien:

"Liebe gute Schwiegermutter!" Er schreibt "den letzten Brief" [vor der Reise nach Salzburg], freut sich dann die Wiener Mauern hinter sich zu haben, kann aber den Tag nicht genau bestimmmen,
das hängt auch mit davon ab, welches Schiff gerade den Weg macht, denn es geht unter den Schiffen auch ein kleines, mit welchem ich nicht fahren mag, weil bei der Nacht in der Kajütte beynahe kein Platz ist. […] und wenn ich nichts Geeignetes finde, so komme ich mit dem Eilwagen", ist dann aber um 4 Uhr früh in Salzburg. … "Lebe wohl, küsse mir mein Kind tausendmal, und bleibt Alle gesund, bis Euch sieht Euer aufrichtiger Richard


Gefalteter Bogen mit Poststempel "Frau Frau Fanni Kobler Bräuin und Gasthausbesitzerin Wohlgeboren in Salzburg".[6] Anschrift auf der Außenseite des gefalteten Briefes; Foto oben; Rundstempel links unleserlich, daneben [außerhalb des Fotos:] ein eckiger Stempel "Briefs.: No 28, 12 Jun, Exp: 2 A"; neben dem herausgerissenen Lacksiegel ein Stempel "Salzburg 14 Jun".


Brief "Sonntag" [ohne Datum, "weil ich keinen Kalender habe"; im Frühjahr 1851 wieder in Wien]:

Liebe theuere Schwiegermutter! So lange ich nicht wieder bei Dir und meinem lieben Engel bin, so lange heißt mein Leben kein Leben […] Es ist Sonntag, der zweyte schöne Tag, so lange ich hier bin […] Um meine Angelegenheiten hier ganz in Ordnung zu bringen und ohne Sorgen nach einigen Wochen zu Euch zurückkehren zu können, muß ich Dich nochmals plagen. Ich brauche nehmlich ein [unterstrichen:] Mittellosigkeitszeugniß, worin mit wenigen Worten vom [unterstrichen:] Domherr Wolf bestätigt wird, daß ich kein Vermögen besitze, und nur von meinem […] kleinen Gehalt [als Arzt] lebe. […] Ich erspare mir darauf 30 fr CMz, die ich als Schulgeld zahlen müßte." … Er läuft mit einem alten Hut herum, "es gibt keinen einzigen solchen Hut mehr in Wien, aber ich denke mir, daß mich hier Niemand kennt, und so geht es an." … Außer für ein Paar Stiefel hat er kein Geld für neue Kleider; das Doktorat kostet ihm so viel, dass vom Ersparten nichts übrig bleibt. … "In 4 Wochen hoffe ich doch bey Euch zu seyn. […] Die Theres u alle Bekannte grüße ich herzlich. Lebe wohl […] ich küsse Dir die Hand und bleibe Dein dankbarer Sohn Richard

Einem NB nach wohnt er wieder in der Beethovengasse Nr. 330; siehe oben.


Brief vom 4. April 1851 aus Wien:

"Liebe Schwiegermutter! Dein Brief hat mir mit jeder Zeile eine neue Überraschung bereitet […]" Er dankt herzlich für das Namenstagsgeschenk. Er hat Probleme: Weil ein Professor ihm das Praktikum nicht bestätigen will, kann er sich nicht zum [ersten] Rigorosum melden, das für Juli geplant ist; solange er keine Gewissheit hat, fehlt ihm die Lust zum Studieren.
Der junge Dr Spengler [!] kommt nach Salzburg zu Besuch, und wird Dir die Sache erzählen können. […] Was meine Geschwister anbelangt, so ist die Arfi noch als Gouvernante auf ihrem alten Platz, die Klara aber wieder beim Vinzenz [Vinzenz Schlegel, * 1807], der froh ist, daß er sie wieder hat. Gott befohlen, geht mich nichts an. - . […] Gott erhalte Euch nun gesund, küsse meine kleine Maus für mich, und nimm meinen herzlichen Dank für alle Deine Güte. Vielleicht klärt sich mein Himmel früher auf, als ich glaubte. Lebe wohl, grüsse die Theres und alle Bekannten Dein aufrichtiger Sohn Richard


Alle folgenden Briefe von 1851 sind auf kleineren Briefbögen mit "englischem" Prägestempel Löwe, Wappen und Einhorn [siehe Foto von einem Brief bei Richard Franz Schlegel.


Brief vom 13. April [1851] aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! Uiberzeugt von Deiner Theilnahme an allen dem was mich betrifft, schreibe ich Dir augenblicklich nach Empfang Deines Briefes. […] ich bin bei dem schlechten Wetter, unter Regen, Schnee und Wind so viel spazieren gegangen, wie noch nie in meinem Lerben, weil mich alles verdrossen hat […]" Der Professor hat nichts gegen ihn, und er kann sich die Unterschrift für das Praktikum abholen. "Ich war natürlich auch ganz freundlich, ging vergnügt fort […] die Herren sind sehr streng geworden […] ich hoffe aber doch, daß ich kein schlechtes Rigorosum machen werde. Jetzt sind Ferien, nach Ostern kann ich mich zum Rigorosum melden. […] Lebe wohl, küsse mir mein herziges Kind 1000 mal, grüße die Bekannten, und bleib gut Deinem aufrichtigen Sohn Richard


Brief vom 23. April 1851 aus Wien:

"Liebe Schwiegermutter! So eben habe ich Deinen Brief erhalten […]" Er hat die Taxe [Steuer] für das erste Rigorosum bezahlt; "10 bis 12 Stunden sitze ich täglich beim Buch, und lese mich fast blind […]"; die Professoren scheinen keine Rücksicht zu nehmen, sagt er. … "An den Osterfeiertagen ist der Bruder Josef auf Besuch hierher gekommen, es geht ihm gut […] So waren wir Sonntag 5 Geschwister beysammen […] Lebe wohl […] Dein dankschuldiger Sohn Richard" (der Brief ist ohne Datum, aber ein P. S. auf der Seite 4 ist datiert, mit u. a.: für Anfang Mai ist das Rigorosum geplant) … "Die lustig komische Polizeigeschichte mit Dr. Spengler [könnte auch ein "a" sein] u. s. w. gefällt mir nicht, es ist unter Uns gesagt, jedenfalls eine Gemeinheit dreinzuschlagen, und freue mich, daß ich nicht in Salzburg war.[7] - Grüße alle Bekannten, Theres, Monika u.s.w. Noch einige Dutzend Busseln meinem Kind! Lebe wohl u bleibt gesund. 23 t April [1]851. Richard"


Brief vom 2. Mai 1851 aus Wien:

"Liebe Schwiegermutter! […] Zu Hause bin ich den ganzen Tag, folglich trifft mich der Briefträger jedesmal an." Er erwartet das Rigorosum, jetzt geplant für den 13. oder 14. Mai; Semesterende war am 13. April.
Aus Uiberdruß bin ich gestern, weil der Tag schön war, ganz allein in Prater gegangen […]" Er erinnert sich schmerzlich an 4 Jahre vorher[8] … "Ich bin froh, daß ich Euch gesund weiß, ich bin es auch […] Meine kleine Maus soll auf mich nicht vergessen, am Ende kennt sie mich nicht mehr, wenn ich zu Hause komme. Küsse sie herzlich, und erzähle ihr etwas von mir. Lebe wohl, grüße die Theres und die Bekannten. Dein aufrichtiger Sohn Richard


Brief vom 7. Mai 1851 aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! Obschon ich weiß, daß ich gewiß dieser Tage wieder einen Brief von Dir erwarten kann, der mir Nachricht bringt, daß Ihr gesund seyd […]" schreibt er; am 13. ist die Prüfung, zwei Stunden nachmittags, "wo ich im Schwitzbad seyn werde […] Ich habe gearbeitet, so viel in meinen Kräften stand […] Wenn das Rigorosum vorüber ist, dann wäre freylich ein Höllbräubier [unterstrichen; vgl. Brief vom 19. Mai; Bier aus dem Höllbräu, das der Schwiegermutter gehört] angenehm, denn es ist gut gegangen […] Dann brauche ich auch wirklich Stärkung zu neuen Anstrengungen […] wenn ich bis im Juli des 2te Rigorosum machen will […] Ich bin körperlich genug gesund, geistig aber krank, denn ich habe unendliche Sehnsucht nach Euch […] Lebe wohl, küsse mir mein Kind herzlich und tausendmal, grüße die Theres und segne deinen studierenden Sohn Richard


Brief vom "Dienstag den 13 t um 11 Uhr!":

[Wien, ohne Monat und Jahr; erschlossen: 13. Mai 1851]:
Liebe Schwiegermutter! Während mir der Kopf so recht brummt […] 3 bis 4 Stunden nach dem Rigorosum; er wartet auf Nachricht bis 5 Uhr. Leb wohl, küsse mein herzigs Kind […] dein dankschuldiger Sohn Richard [und mit großer Schrift auf die letzte Seite:] So eben bin ich fertig, und habe mein [erstes] Rigorosum gut [doppelt unterstrichen] bestanden. 5 Uhr. in Eile. Richard


Brief vom 19. Mai 1851 aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! Deinen letzten Brief vom 14te habe ich Freytag erhalten, und ich wollte mit dem Schreiben warten, bis ich mich für das Bier würde bedanken können [hier fehlt leider der Gegenbrief von Fanny Kobler]. Da aber bis heute keine Nachricht an mich da ist, im Dampfschiffbureau auch nicht zu erfragen war, so muß mit der Sendung die Sache nicht so in Ordnung seyn, wie im vorigen Jahre […] – Also einiges über mein überstandenes Rigorosum. – Mir ist es im Allgemeinen recht gut gegangen, hätte aber beynahe alle Fassung verloren, als ich über einen Gegenstand beynahe gar nichts [doppelt unterstrichen] wußte, es war ein gleichgültiger Gegenstand, den ich kaum 1 mal gelesen hatte. Du kannst Dir keinen Begriff machen, wie lange so eine Viertelstunde dauert, wo man nichts weiß, und natürlich mit jeder neuen Frage in noch größere Verlegenheit kommt. Während ich also das erste Mal in meinem Leben eine so erbärmliche Rolle spielte, und wie ein Ertrinkender nach jedem Strohhalm nach doch einigermaßen gestandenen Antworten haschte, kam grade einer von den Professoren ins Zimmer, der Jeden bange macht; der hat mich angeschaut, wie die Kuh das Neuthor[9], denn er hat mich seit vorigen Jahr nicht mehr gesehen, obschon ich erst ja diese Ostern mit dem Frequentation bei ihm fertig wurde, ich hatte ihm auch zum Rigorosum nicht eingeladen, um jede Zwiesprache zu vermeiden. Dieses eigenthümliche mich Ansehen, das ich mehr grob als XX [für mich nicht lesbar] nennen möchte, hätte mir beynahe alle Fassung genommen, und ich machte mich auf das Schlimmste gefaßt, wurde auch ruhiger, weil ich seinen Gegenstand als eine der Wichtigsten sehr gut [doppelt unterstrichen] studiert hatte. Er war der nächste Examinator, und kam auch gleich mit einer Frage, der man es ansehen konnte, daß er mich zu werfen beabsichtigte. Ich wußte die Frage, beantwortete sie auch ganz gut, und dann kam Frage auf Frage bald von vorn, bald von hinten, bald aus der Mitte, ich lächelte fast zu jeder Frage, und dachte mir: Du kannst mich etc. Endlich trifft er doch eine Frage, die mich etwas genierte, und wie ich bei meiner üblen Gewohnheit, so schnell zu sprechen, auf einen Punkt kam, mit dem er nicht einverstanden war, in diesem Augenblick aber rief der Dekan, daß es genug ist. Die Sache war also abgethan. Dann hatte ich noch einen Examinator über Anatomie, der war zufällig auch gut gelaunt, was bei ihm öfter der Fall ist, das hatte aber nichts auf sich. Alle übrigen Professoren waren äußerst scharmant, sie haben gesehen, daß ich sehr viel studiert hatte, und waren vollkommen zufrieden.

Weil so viele zum Doktorat drängen, sind alle strenger; er hat "seit Oktober" als erster bestanden, die meisten müssen ein Jahr wiederholen. Er arbeitet wieder fleißig, um im Juli das zweite Rigorosum ablegen zu können. "Es gibt ungeheuer viel zu thun! […] Gestern hatten wir hier so heftigen Regen, daß dieser kleine Fluß, die Wien [unterstrichen] 4 Brücken zerstört hat". Er muss einen Umweg machen, um zu Lorinser [vgl. oben Brief vom 19. März 1850] zu kommen … "Ich freue mich sehr wieder auf einen Brief, nur um zu hören, daß Ihr gesund seyd. […] Die Todtenkammer besuche ich nur sehr selten. – Leb wohl, küsse mein herziges Kind und sage ihr, daß sie meiner nicht vergißt, grüße die Theres und alle Bekanten von deinem dankschuldigen Sohn Richard halber Doktor. NB Soeben habe ich mit aller Bestimmtheit erfahren, daß Graf Schandor ein Narr geworden ist, sein Arzt, Professor Oppolzer hat uns die Kunde mitgetheilt.[10]


Brief vom 3. Juni 1851 aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! Daß Du so lange ohne Nachricht bist, ist durchaus nicht meine Schuld […] Da müßt Du meinen letzten Brief nicht erhalten haben. Es hat sich gar Nichts zugetragen, ich bin Gott Lob gesund, und so wie früher vor meinem ersten Rigorosum sehr fleißig, um nun ja ganz gewiß mein 2tes Rigorosum noch bis July machen zu können […].

Er arbeitet täglich im Spital, studiert zu Hause, geht um 9 Uhr zum Nachtmahl, um 10:30 ins Bett. … das Kind braucht vielleicht neue Kleidung; er war am Sonntag in der Kirche "und Gott gebeten, daß er Euch gesund erhalten möge." … er braucht Geld für das [zweite] Rigorosum und für die Promotion 160 fr [Gulden], auch einen neuen Anzug, aber der ist in Salzburg "wohlfeiler. […] Küsse mein liebes Kind herzlich, und sage ihr, wie ich mich auf sie freue. Lebet wohl und bleibt gesund, die Betty grüße ich herzlich, und freue mich sehr daß sie bey Dir ist. Einen Gruß an die Theres und alle Bekannten von Deinem dankbaren Sohn Richard"


Brief vom 9. Juni 1851 aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! Ich danke für das Busserl vom Dirndl [die Tochter Fanni]! Daß Du meinen Brief auch nachträglich nicht erhalten hast, liegt einzig und allein an der Post" … Wieder geht es um Geld, um die Frage, ob die Schwiegermutter sein Silber und Gold in Geld wechseln soll; er bittet, dass sie ihm "200 fr CMz" [Gulden] schickt, "damit ich das nöthige Rigorosumgeld bey der Hand habe. […] Gruß an die Theres u. Bekannte. Lebe wohl Dein Sohn Richard


Brief vom 16. und 17. Juni 1851 aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! Ohngeachtet der großen Menge an Arbeit, wo ich oft die ganze Woche nicht weiß, was für ein Tag ist, war ich […] im Geiste bey Euch und mit Euch […] Ich habe Dich in meinem letzten Briefe gebeten, mir für mein Silber 200 fn C[M]z […] zu schicken […] Lorinser läßt dich herzlich grüßen; er war vorgestern bei seiner Familie […], die in der Nähe von Baden [bei Wien], in Kalksburg, den Sommer zubringt; mit der Eisenbahn ist er hingefahren; sie haben "ein herziges schwarzaugiges Mädchen etwas über 2 Jahre alt" Er [Lorinser] will gleichzetig das 2. Rigorosum machen und zieht sich im nächsten Monat von allen Geschäften zurück, um ungestört arbeiten zu können. Kalksburg[11] ist ein kleiner Ort im Grünen, "wenig von den vergnügungssüchtigen Wienern besucht oder bewohnt, es hat eine gebirgige Umgebung […] Lebt wohl, und bleibt gesund […] Ich bin jetzt auch um viel ruhiger, weil auch die gute Betti[12] bei Euch ist. Gib der kleinen Maus viele 1000 Busseln und grüße mir herzlich die Betti und die Theres. Lebe wohl. Dein dankschuldiger Sohn Richard"


Brief vom 23. Juni 1851 aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! Ich bestätige Dir den Empfang von 200 fr [Gulden], und danke dir herzlich für Deine Güte, daß Du mir das Geld aus Deiner Kasse geschickt hast […] Nun, ich will hoffen, daß wenn ich gesund bleibe, ich diese [unterstrichen] Schulden werde tilgen können […] Ich bin gestern wie bei Lorinser am Land gewesen […] Wir haben den ganzen Nachmittag sehr fleißig studiert, und mit dem [!] Tram um 9 Uhr bin ich wieder nach Wien gefahren. Der [!] Tram bestand aus 25 Wagons, und war gesteckt voll […]" … ein Doktor hat mit seinen Freunden sein Bier "ausgesoffen", das soll nicht unbestraft bleiben … seine "kleine Maus" soll die Großmutter nicht ärgern … wenn er wieder in Salzburg ist, will er "nach Gastein und ins Pinsgau [!]" fahren … "Bleibt Alle gesund, und denkt manchmal an Euren armen gekreuzigten und geplagten Teufel Richard


Brief vom 1. Juli 1851 aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! Nur mit wenigen Worten bestätige ich Dir den Empfang deines letzten Briefes, ich bin jetzt so in Anspruch genommen, daß mir kaum Zeit zu diesen wenigen Zeilen bleibt. […] Lebe wohl, küsse mein Kind 1000 mal, grüße die Betty […] und die Theres von Euern geplagten Richard


Brief vom 20. Juli 1851 aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! Mit Dank bestätige ich Dir den Empfang von 200 fr C[M]z. Unsere Briefe laufen jetzt langsamer, denn ich erhielt erst gestern Abends Deinen Brief, obschon derselbe am 14 ten von Salzburg abging […] … er macht sich Sorgen um das Gehör von Betty; er würde sie gerne untersuchen … nach dem 2. Rigorosum Ende des Monats kommt die "Promotion [unterstrichen], die wird nur an Samstägen abgehalten [siehe jedoch folgende Briefe], weil immer Mehrere zugleich promoviert werden" … Lorinser und er sind und bleiben in Kalksburg, gehen dann nach Wien für die nötigen Vorbereitungen zum Rigorosum … er will Stoff für ein Kleidchen für das Kind mitbringen, wenn ich auch jetzt ein ganz armer Teufel geworden bin. Ich werde sparen und thätig seyn, und Alles wieder einbringen … Familie Lorinser lässt grüßen … Lebe wohl und bleibt gesund, meine kleine Maus küsse herzlich […] Einen Gruß an die Theres u. die Bekannten. Euer aufrichtiger Richard


Brief vom 23. Juli 1851 aus Wien:

Liebe Schwiegermutter! So eben schlug es 12 Uhr Nachts, ich komme gerade vom Nachtmal [!], (das ist doch ein eigentliches Nachtmal) nachdem ich früher mit Lorinser bis 10 Uhr studiert habe. [...] Ich habe jetzt die ganze Geschichte schon bis über den Kopf satt […] Also Montag Rigorosum […] Donnerstag die Promotion, und, Juchheh!!! am anderen Tag […] schon am Dampfschiff […] und dieser Brief soll auf für alle [unterstrichen:] Zukunft der letzte seyn. […] Also gute Nacht, meinem Dirndl herzliche Küsse u.s.w. u.s.w. Dein dankschuldiger Richard


Brief vom 28. Juli 1851 aus Wien:

den 28 t[en] Juli [1851]. 3/4 10 Uhr früh. Liebe Schwiegermutter! Vivat, der letzte Brief!!! Mit meinem 2t[en] Rigorosum grade fertig, was sehr gut [doppelt unterstrichen] ausgefallen ist, eile ich zu Hause, um in aller Eile Dir zu schreiben, und find als den schönsten Lohn aller meiner Mühe Deinen Herzlichen Brief auf meinen Schreibtisch. Ich danke Dir für Deine Anerkennung. Du hast die Stunden schon berechnet, bis wann ich in Salzburg seyn kann, ich nur die Tage. Also Donnerstag [unterstrichen] früh hab ich die Promotion, und Freytag [dreifach unterstrichen] hoffe ich schon am Dampfschiff zu seyn. Ich habe noch sehr viel Besorg[ung]en. Lebe wohl küsse mein Kind, u. grüsse die Betti, Theres, etc. etc. Ich habe keine Zeit mehr Richard (Foto dieses Briefes bei Richard Franz Schlegel)

Hier angehängt: Brief aus Salzburg, 10. Mai 1875 [nach Mödling/Wien], an Fanni (Franziska Schlegel, verheiratet mit Franz Xaver Gregor Spängler):
Liebe Fanni! Du mußt Deine Schwiegermutter zu mir schicken, um einige Zeilen von mir zu erhalten, Du kennst ja die Schwerfälligkeit meiner Federn, sie sind ja von Stahl obschon ich glaube, daß [für] mich der Gänsekiel nicht viel beweglicher wäre. […] Daß es Euch gut geht, weiß ich u. freue mich, daß Ihr Euch in Wien so behaglich fühlt. Wir sind Gott Lob gesund, ich habe manchmal mit meiner Brust zu thun, die alte Lunge will nicht recht folgen. Die Mutter [in zweiter Ehe mit Katharina Arrigler, * 1831; † 1911] erholt sich, obschon sie das Bett noch nicht verlassen kann. Wir freuen uns Alle sehr auf Euch, um so mehr weil doch der Urlaub etwas ausgiebiger ist. Alle grüßen Euch herzlich […] Deinen Vater Richard


Brief ohne Datum:

Richard Franz Schlegel starb 1881

Lieber Franz! (an Franz Xaver Gregor Spängler) Nachdem ich mir die Ursache, warum ich so lange nicht zu meinem Gelde gelangen kann, laufend nicht erklären kann, so sey nicht böse, daß ich Dich um Aufklärung bitte: ich bin am Ende meines Lebens angelangt, das wirst Du aus den Briefen der Rosa u. meiner Frau Katharina Arrigler sehen, u. da möchte ich doch noch gern über mein Geld verfügen können. Sollte aber der amtliche Vorgang es noch nicht zulassen, daß ich zu meinem Geld gelangen kann, so sey doch so gut, mich mit diesem amtlichen Hinderniß bekannt zu machen u. mir doch die Summe mitzutheilen, um zu sehen, wie groß eigentlich meine Erbschaft ist[13], auf die ich wenn auch erst nach meinem Tod zu rechnen habe. Sey nicht böse, lieber Franz, aber ich bin in einer schauerlichen Lage, u. so wäre mir diese Mittheilung wenigstens einige Beruhigung gewesen. Uns freut es sehr, daß es Euch u. euren Kindern so gut geht u. gebt nur auf Eure Gesundheit Acht. An meiner schlechten Schrift ist auch meine Krankheit schuld, u. das Briefel kostet mich viel Anstrengung. Lebt wohl Euer tief leidender Vater Richard. Ich erwarte ganz gewiß eine Antwort!


Entwurf [?] ohne Datum:

Blatt zerschnitten, von einem Gesuch von Fanni Kobler (Franziska Kobler) an "Euer Gnaden" um Unterstützung für den "Bruder vom Schlegel"[14]:
Hochverehrter Herr! Im Vertrauen auf Ihre Güte, die Euer Gnaden ["Wohlgeboren" gestrichen] stets gegen mich bewahrten wage ich es, Sie mit einer Bitte zu belästigen. Es betrifft nehmlich die Unterstützung eines Gesuches vom Schlegel seinem Bruder. Ich kenne ihn persönlich, und wenn ich nicht die vollste Uiberzeugung hätte, daß derselbe sowohl hinsichtlich seiner Kenntnisse als auch seines gediegenen Charakters jeder Empfehlung [XX ein Wort gestrichen] würdig ist, so würde ich es nicht wagen, Euer Gnaden mit dieser Bitte zu belästigen, wo ich nun noch die Bemerkung beyfüge, daß Herr Präsident wirklich ein gutes Werk thun wenn Sie sich diesen verdienstvollen aber armen Menschen annehmen. Wie schmerzlich mich die Nachricht berührte, daß die gnädige Frau bedenklich krank sey, glaube ich nicht erst vorführen zu müssen, da es Euer Gnaden sicher [?] bekannt ist, mit welcher aufrichtigen Hochachtung ich die gnädige Frau verehre, und [XX ein Wort gestrichen] ich bitte recht sehr, einen Handkuß von mir ["aus" gestrichen] gütigst auszurichten. Da ich weiß, daß vielleicht ein Wort von Euer Gnaden hinreichend ist, für den armen Schlegel eine bessere Zukunft zu gründen, so wage ich es, meine Bitte um Ihre gütige Verwendung zu wiederhohlen [!], und indem ich mich bestens empfehle zeichne ich mich mit vieler [?] Hochachtung. Eurer Gnaden ergebenste Dienerin Fanni Kobler

1853

Briefe (rot verschnürt, durchgesehen, aber nicht vollständig gelesen) von Nr. 18 Franz II. Xaver Gregor Spängler (* 1839; † 1912) an seine Mutter Nr. 37 Antonia Spängler, geb. von Lürzer [so schreibt er selbst], von einer Reise bis nach Venedig zusammen mit Pater Albert Eder, dem späteren Salzburger Erzbischof: Münsing (bei Wolfratshausen, Nähe Starnberger See) 7. bis 10. August 1853, Brief mit Umschlag und gebrochenem Siegel; Franz Spängler schreibt an die Mutter: vorher in München, hier beim Bruder des P. Albert, Erlebnisse in München und Andechs usw. Beigelegt Brief an den Bruder Otto Spängler. - Augsburg 14. 8. 53, Brief mit gebrochenem Siegel, Stempel (Constanz 16. 8., Feldkirch 17. 8., Salzburg 19. 8.), an die Mutter Spängler, "Salzburg in Oberösterreich" [! auch auf anderen Umschlägen]; Nachschrift an "Frau Mutter und liebsten Otto" von Albert Eder, 16. 8., "Dein Bruder Franz ist immer allegro, ich bin sehr zufrieden mit ihm". - Von der Reise zeugen ein grünes Salzburger Schokoladenpapier mit gesammelten Blättern und gleiches, Blumen und Blätter in grauem Papier, markiert "Rheinfall" [Schaffhausen].

Stift Rheinau 17. August [18]53, Brief [Umschlag siehe unten] an die "Theuerste Mutter", jetzt im Benediktinerkloster, vorher in Konstanz, Schiffe aufgezählt. Einsiedeln 20. 8., Rhein, Schaffhausen; Nachschrift von Albert Eder; beigelegt an Otto "20. 7. 53" [muss 20. 8. heißen, demnach Umschlag zugeordnet]; Umschlag Franz Spängler an die Mutter in Salzburg, Siegel entfernt, keine Marke, unleserliche Stempel, aus Einsiedeln 20. 7. [muss 20. 8. heißen]; blasse Schrift. - Mailand 27. 8. 53 bis 29. 8. mit Umschlag, Siegel abgeschnitten, Marke entfernt; Franz an die Mutter und an Otto, Beischrift von Albert Eder; Franz erzählt von Einsiedeln, Rigi, Rütli usw.; Nachschrift von Albert Eder, dass nicht vor dem 20.9. zurück in Salzburg. - Venedig 5. 9. 53, beigelegt an Otto; zwei Blätter, ohne Umschlag; Nachschrift von Albert Eder; Regen in Venedig, die "zwei Pilgrime" nicht von der Sommerwärme geplagt; übermorgen endlich in Agordo.

Agordo (im italien. Bezirk Veneto) 10. 8. 53 [muss September heißen! im Brief wird u. a. von Venedig berichtet]; ohne Umschlag langer Brief von Albert Eder an "Verehrte Frau Mutter", Herrn Inspektor getroffen [Lürzer, der Bruder der Mutter Spängler] und gut aufgenommen. Zweiter ebenso langer Brief an Otto Spängler, richtig datiert Agordo 10. September 1853, Onkel Lürzer, Bergwerk; hierher gehört wohl die kleine Skizze [von wem? Lürzer?] der Agordo umgebenden Berge mit Angabe des dort geschürften Kupfer, Vitriol und Schwefel. Zettel von Albert Eder an Mutter Spängler und an Otto Spängler, datiert "10. August / September [?] 1853" [diese Korrrektur im September 1853, Fragezeichen hier von mir, stützt meine obigen Korrekturen].

1854

Münsing 8. Jänn[er 1854; Ecke abgebrannt]; Mein lieber Franz!... P. P. E. [Eder, der Bruder von P. A. E.], den Franz und P. A. E. [Albert Eder] im August 1853 besucht haben, dankt für einen Brief und erinnert an das Treffen in Münsing: Franz betrunken, große Mengen gegessen... und zeichnet ihre Runde zweimal. – Zusammen verschnürt mit den Briefen von 1953 und hiermit zusammengebunden die weiteren Briefe von 1876 und 1883/86/88.

1858

Briefe "1858 bis 1862 und 1870"[15] (grün verschnürt, doch nicht alles übertragen; die wichtigsten Inhalte werden referiert; Papierbogen mehrfach mit Prägestempel "superfin papier Bath" mit Krone) von Nr. 18 Franz Xaver Gregor Spängler (* 1839 in Salzburg; † 1912 in Krems an der Donau) an die Mutter und an den Bruder Otto Spängler (* 1841 in Salzburg; † 1919 in Salzburg) aus Graz (wo er Jura studiert) nach Salzburg[16]


Brief vom August 1858 von Franz II. Xaver Gregor Spängler an Antonia Spängler

Franz Spängler [Nr. 18[17]] an Antonia Spängler, geb. Lürzer von Zehendthal [Nr. 37]:
[München, ca. August 1858] Liebste Mutter! Sie werden verzeihen, dß [daß] ich kein Briefpapier nehme, um Ihnen zu schreiben, doch jetzt um 1/2 11 Abends, am 15. August, wo wir soeben von Starnberg mit dem letzten Bahnzug heimgekehrt sind, habe ich kein anderes bei der Hand, u. morgen möchte ich am Ende nicht mehr dazukommen / Wir befinden uns sehr wohl, sind fleißig auf den Füßen, sehen aber auch ziemlich viel. - Am Mittwoch, wo wir mit Duscher u. [den] Scheigersten uns herumtrieben, gingen wir in die Glyptothek, die Gewerbeausstellung, die Bavaria u. den Friedhof, am Donnerstag die Burg, u. Nachmittags fuhren wir nach Großhesellohe, u. Abends gingen wir ins Theater. - Am Freitag besuchten wir die Schatzkammer, die alte Pinakothek, die Aukirche, dann badeten wir, und gingen Abends in eine Vorstellung von Akrobaten, am Samstag Vormittags gingen Hubert u. Louis in die neue Pinakothek u. ich in die naturhistorischen Sammlungen/ das Münzkabinet u. die Bibliothek, Nachmittags alle mitsammen in die deutsche Kunst-Ausstellung, heute waren wir noch in mehreren Kirchen, u. Nachmittags am Starnbergersee. Morgen wollen wir noch einiges ansehen, wozu wir jetzt noch nicht gekommen sind; Nachmittags fahren wir nach Augsburg, u. am Dienstag nach Kaufbaiern [!] vielleicht noch bis Füssen. Photographirt sind wir schon, ich glaube dß ich gut getroffen bin, den als ich die Bilder abholte, gab mir die Frau des Photographen, die mich früher noch nicht gesehen hatte, dieselben mit den Worten: "da sind Ihre Portraits; die vom andern Herrn (denn ich war allein) müßen Sie sich selbst suchen." - Tarenczy [?] u. Warnersberger trafen wir ebenfalls hier in München; der leztere wohnt in einem Privathause. Auch die Obermüller Greiz [?] trafen [wir] gleich am ersten Abend beim Stachus, er logierte aber mit seinem Vater im Bamberger Hof, daher sah ich den Landgerichtsrat nicht mehr, weil er schon an anderen Morgen fortging. - Auch die Gschnizer [Gschnitzer] Marie als Frau von Harrer ist hier samt ihrem Gemal, Louis wollte sie besuchen, traf sie aber nicht. Der Abschied nach der Hochzeit soll besonders den Eltern sehr schwer gefallen sein besonders da die Harrerischen über Achental nach Tyrol, u. von da nach Zell gehen, ohne nach Salzburg zurückzukehren. - Hat man wegen der Entbind[un]g der Kaiserin schon geschloßen [be-?], wir haben noch nichts davon gehört, u. Zeitungen lesen wir weniger. - Wegen der Standeswahl [Berufs-] bin ich noch nicht im Reinen. Ampfer [?] u. Häferle [?] meinen ich sollte jedenfalls nach Wien gehen, denn Stipendium bekäme ich, wie auch Julius [Spängler] sagte, im ersten Jahre doch nicht, u. 1 od 2 Jahre Philosophie würden mir auch nicht schaden, wenn ich Geistlicher würde. Es hat das manches für sich, doch richten werde ich mich gerade noch nicht darauf.


Zweites Blatt:
Als ich neulich in den naturhistorischen Sammlungen auch die Todtenschädel ansah, und darunter auch einen von einem 19 jährigen Mädchen fand, da dachte mir wohl: "Alles ist eitel u. das Leben ist so schnell vorbei" etc. aber Nachmittags sah ich in der Gemälde-Ausstellung im Bild "Ein Mönch einer Trauung zuschauend", das auch nicht ohne Eindruck auf mich blieb. - So ist denn diese Frage noch nicht erledigt. Beten Sie fleißig für mich, dß es gut ausfallen möge. Wenn Sie Tante Therese sehen/ so grüßen Sie mir selbe schönstens. Vielleicht hält sie sich doch so lange auf, dß ich sie noch sehen kann. Ich denke halt bis Dienstag od. Mittwoch über 8 Tag (24. oder 25.) nach Salzburg zu kommen. - Indem ich Ihnen recht gute Unterhaltung wünsche, u. um Ihre fernere Liebe bitte, verbleibe ich mit Hochachtung Sie gesund u. glüklich wieder zu sehen Ihr dankbarer Sohn F X Spängler - Herzliche Grüße an Otto, Therese u. alle Bekannte, die Sie sehen, od. denen Sie schreiben. Wie steht es mit den Lürzerischen? Kommen sie? od[er] sind sie schon da? Grüßen Sie mir dieselben tausendmal.

"Duscher" siehe folgender Brief (aus Wien); "Großhesellohe": Stadtteil Großhesselohe im Süden von München (Isartal); "Gschnizer Marie"= Gschnitzer [mehrfach in den Briefen]: vgl. der Vater Franz Spängler [Nr. 36], geb. 1793 in Salzburg, gest. dort 1854, fängt als Spediteur in Salzburg bei Matthias Gschnitzer an. - Auch die Familie "Harrer" gehört zu den ‘großen’ Familien in Salzburg (vgl. Dopsch, 1996, S. 492, 641; Ignaz Harrer als Bürgermeister der Stadt von 1872-1875). Franz Xaver Spängler, Sohn [Nr. 18], geb. 1839, besucht die Schule in Salzburg und studiert dann in Graz (daher die ungefähre Datierung des Briefes etwa mit der Matura 1857/58, aber offenbar noch vor dem Beginn des Jura-Studiums im Oktober 1858). Eine "Gschnizer Clara" taucht auch im Tagebuch des Franz Spängler 1861 auf. - "Entbindung der Kaiserin": Erzherzog Rudolf von Habsburg wird am 21. Aug. 1858 geboren; das ist ein weiterer Hinweis auf die Datierung des Briefes von ca. August 1858. - "Julius", ein Cousin. "Otto" Spängler, Bruder, geb. 1841, verh. Duregger (aus der Bank-Linie in Salzburg); die "Lürzerischen": Familie der Mutter Lürzer von Zehendthal (Hall in Tirol). - Aus dem Besitz von Franz II. Xaver Gregor Spängler stammt eine "Vita S. Francisci Xaverii" von 1797, mit einem Prachteinband der Erzabtei St. Peter in Salzburg von 1806, die der Schüler erhielt: "In der I. Vorbereitungsklasse zu St. Peter. Aus der Rechtschreibung. Preis. Nob. Franz Xav. Spangler." Ein zweibändiges Wörterbuch Griechisch-Deutsch von 1854 (Val. Rost) enthält als Widmung einen Zettel für "Spängler Franc. 1. August 1855. Dr. Kottinger G. Director."


Brief vom 28. und 29. September 1858:

Briefbogen, dickeres Papier, eng gefaltet:
Graz am 28. Septemb. 1858. Abends 1/2 9. Uhr / Liebste theuerste Mutter! [Antonia Spängler (Antonia Lürzer von Zechenthal), * 1803; † 1882] Zum ersten Male ist es heute, d[a]ß ich aus der Fremde an Sie schreibe. Wir befinden uns Gottlob hier wohl, was ich auch von Ihnen hoffe. Nun eine kurze Reisebeschreibung. Kaum außerhalb Salzburg in der Nähe von Guggenthal blieb schon unser Wagen steken; endlich nach fast 1/2 stündigen Warten kamen wir wieder fort, u. dann ging es flott bis Ischl, wo wir um 1/2 7 Uhr frühstükten, dann nach Aussee, Mitterndorf (Mittag) Steinach [Stainach] , Lietzen [Liezen], Rottenmann (Abends) u. dann wieder die Nacht durch nach Leoben (Frühstük um 1/2 7) dann nach Bruck [an der Mur], u. von da fuhren wir nach 2 1/2 stündigem Aufenthalt nach Graz, wo wir am 27.ten September um 12 1/4 ankamen u. im Gasthause zum Florian abstiegen.[18] Graz ist eine recht hübsche Stadt, beiläufig in der Größe wie München, hat aber weniger Einwohner. (66 000) Ich ging noch am Montag Nachmittag zu Frau von Kurz, welche, wie Frau von Zeiringer schrieb ein Quartier zu vermiethen hat, das aber von der Universität 1/4 Stunde entfernt ist, was mir zwar nichts machen würde, aber für den Kurz gar nicht langt, ich müßte also jedenfalls allein hinaus ziehen. Übrigens hätte der Schulrath Kiegler von Graz für uns ein Zimmer ["gesucht" gestrichen] gefunden, das von der Zimmerfrau aus nur für 1 Bett eingerichtet wurde, u. dann 6 fl [Gulden] C M [kurante Münze] kostete; ich müßte also dann das 2te Bett selbst haben. Wenn wir also dieß Zimmer ["bekommen" gestrichen] nehmen, muß ich bitten, d[a]ß Sie mir das Bett schiken; ich schreibe Ihnen darüber noch Genaueres am Schluße des Briefes.

Heute war ich auch mit Lürzer Fritz u. Ernst[19] bei Frau v. Pichler, bei welcher wir sehr freundlich empfangen wurden u. eine ganze Stunde blieben; wir sind auf Donnerstag dort zu Mittag eingeladen. Doch von Absteigquartier oder "ganz dort wohnen" ist keine Rede, denn [sie] ist als alte Frau ganz genau an ihre Hausordnung gewohnt, die aber einem jungen Menschen nicht so ganz taugen würde, u. die sie d[e]ß halb doch nicht ändern möchte. [klein dazwischen geschrieben:] Und um es ja recht zu machen, so wendete sie sich dann wegen eines Quartiers an die Frau v. Zeiringer / So erfuhr ich wenigstens bei Zeiringer. Die Frau von Zeiringer selbst habe ich noch nicht getroffen, indem [sie] nach Untersteiermark zu einer Weinlese eingeladen ist, u. heute Abends zurükkommt, ich gehe also morgen zu ihr hin. Auch wegen eines Kostortes haben wir uns schon theilweise umgesehen, wir bekämen beim goldenen Stern (unweit unserer Wohnung) täglich 3 Speisen (sammt Brot) um 8 fl [Gulden] 45 Kr C M [Kreuzer] pr[o] Monat u[n]d z[wa]r 17 1/2 Kr täglich, od. 2 Speisen u. nur Sonntags 3 Speisen um 6 fl 45 Kr C M, also um 23 1/2 Kr C M täglich, wir werden übrigens morgen u. übermorgen uns noch in einigen andern Orten umsehen, u. dann erst wählen. Wegen einer Instruktion hat der Schulrath schon [klein darüber:] mit dem Gymnasial-Direktor gesprochen; ich hoffe eine gute [Nachricht] zu erhalten. / Fortsetzung morgen. /

29ter September 1858. Wegen des Quartiers wird es also seine Richtigkeit haben, d[a]ß wir bei Frau Rathausky in der Sporgasse logiren werden; ich benöthige also mein Bett, welches ich demnächst mir zu schiken ersuche, wahrscheinlich d[ur]ch Spängler u. Trauner[20], an das hiesige Speditionshaus Josef Fechtl, oder an ein anderes, wie es der Carl (Carl Spängler) am besten finden wird. Inzwischen erhalte ich ein Bett vom Admonter Hof, d[ur]ch die Gefälligkeit eines Pater Benedictiner von Admont den der Schulrath recht gut kennt. Frau von Zeiringer, Frau von Kurz, Frau von Pichler, Schulrath Kurz lassen sich ergebenst empfehlen Auch von mir bitte ich Otto, Therese, Duscher Carl, Kalhofer, alle Spänglerischen, die Lürzerischen, Sauterischen Fr v. Schrupp [?] kurz an alle Bekannte meine herzlichsten Grüße, Empfehlungen u Handküße. In der Hoffnung, d[a]ß Sie sich wohlbefinden verbleibe ich in Hochachtung, u. mit der Bitte mir ferners Ihre Liebe zu schenken Ihr dankbarster Sohn FXSpaengler [Nachschrift klein:] Kurz Wilhelm läßt empfehlen, u. bitten, seinen Schwestern Grüße auszurichten, u. ihnen zu sagen, d[a]ß es ihm gut gehe. [mehrfach verzierte Unterschriften:] "Spängler" / "Spangler"

Brief vom 3. April 1859.

Ein Bogen, Prägestempel "Bath": 3. April [18]59. Liebster Otto! So sehr mich Dein Brief freute, – mais j’avais déjà voulu depuis longtemps vous écrire en Français, – il me faut cependant, vous gronder, parceque vous avez été si négligént [!] à cause de la gazette stenographique. Vous ne m’avez écrit rien […] (Er beklagt sich, dass der Bruder für die stenografische Zeitschrift in Wien nichts geschrieben hat. Er hat letzthin einen Brief für die Mutter [in Salzburg] beigelegt und einen für Louis Zeller, hat aber inzwischen von diesem selbst Nachricht bekommen. Er schreibt, dass er sich "passablement dans le carneval" amusiert hat, berichtet, dass er die gesammelten Werke von Hauff bekommen hat und mit Interesse "Lichtenstein" [Roman von Hauff 1826] gelesen hat. Er dankt für Glückwünsche zum Geburtstag [10. April!] und für den zugeschickten "florin" [Gulden]. Ferienpläne hat er noch nicht, vielleicht will er einige Tage nach Wien und Anfang Mai nach Salzburg. Und er fährt nach zweieinhalb von vier Seiten auf Deutsch fort: "Doch nun zum Schlusse wieder Deutsch. Du schreibst mir […]" Er fragt u. a. nach der Tanzstunde und: "Alle Octavanes u. Septimanes [8. und 7. Abschlussklasse des Gymnasiums], die ich kenne, lasse ich herzlich grüßen; erinnert man sich noch meiner manchmal?" Grüße an verschiedene Personen, auch offenbar mit Spitznamen, "Gaggi", und [siehe andere Briefe] an "Kalhofer" und […] Weißt Du nichts von der Warnersberger Anna, wollte sagen Frau v Steiger? Wie schlagt [es] ihr an unter der Haube? Was macht Warnersberger Anton u. was wird er weiterhin machen? Sei so gut u beantworte mir diese Fragen so ziemlich genau; schreibe mir doch auch einmal französisch. Lebe nun recht wohl u. schreibe bald wieder Deinem Dich liebenden Bruder FXSpaengler. [in einem Oval:] Duscher Karl soll mir doch endlich einmal schreiben! Oder ist es [!] bös auf mich? und NB. [in Steno; vgl. Foto von der unteren Hälfte der letzten Seite]

1859

Brief vom 13. April 1859:

Ein Bogen, Prägestempel "Bath":
Graz 13. April 1859. Theuerste Mutter! Ich habe zwar von Ihnen noch keine Antwort auf mein leztes Schreiben erhalten, aber dennoch kann ich nicht umhin, an Sie wieder einen Brief zu schreiben, es fordert mich hierzu die Kindespflicht auf, denn es gilt ja zu Ihrem Geburtsfeste [16. April 1803] meine herzlichsten Glükwünsche dazubringen. Der liebe Gott möge Ihnen seinen reichsten Segen schenken, Ihnen stete Gesundheit, Glük u. Zufriedenheit verleihen, kurz alle Ihre Wünsche in vollstem Maße erfüllen. Sie d[ur]ch Eifer u. gute Aufführung zu erfreuen, u. so meinen innigsten Dank für alles mir erwiesene Gute werkthätig zu zeigen, soll mein stetes Bemühen sein. […] (Gott gebe die Gnade, weiterhin die mütterliche Liebe zu erfahren; er erzählt von einem Theaterstück, das er sich mehrmals ansehen wird; Grüße werden ausgerichtet. Er geht zum Frühstück und erwartet einen Brief.) Nachmittags 4 Uhr. (Leider kam kein Brief; es ist schönster Frühling. "Was machen alle Bekannten? Ist Alles wohl? Ich bitte meine herzlichsten Grüße allenthalben zu entrichten." Er plant für Ostern und für die "Charwoche", vielleicht in die "Kaiserstadt" [Wien], vielleicht dort bei "Tante Gutenberg", denn Duschers haben kaum Platz. Grüße an verschiedene Personen …) Nun leben Sie recht wohl! Ich lasse Otto herzlichst grüßen; ich werde ihm das nächste Mal wieder schreiben. Es küßt Ihnen unter Wiederhohlung der herzlichsten Glükwünsche die Hand Ihr dankbarer Sohn Franz / "Dem XXschen lasse ich zum Namenstag gratuliren."


Briefumschlag vom 29. April 1859.

Ein Bogen, gefaltet mit gebrochenem Lacksiegel, Siegelbild nicht erkennbar, Adresse, Stempel: "W[ien]" unleserlich und "Salz[burg] 30 / 4", mit kleinem Rest von einer Briefmarke links unten; siehe Foto:

Brief vom 29. April 1859:

An die wohlgeborne gnädige Frau Antonia Spaengler geb v. Lürzer zu Salzburg / Wien am 29. April 1859 / Liebste Mutter! Verzeihen Sie, d[a]ß ich Sie so lange auf einen Brief warten ließ, doch es war mir, ich darf es sagen, unmöglich. Doch werden Sie schon d[ur]ch Duscher Karl erfahren haben, d[a]ß ich mich ganz wohl befinde u. glüklich hier angekommen u. untergebracht bin. Als ich am Dienstag in der Charwoche Ihren Brief erhielt, war ich schon im sechsten Stadium der Langeweile, ich war daher ganz entzükt, als Ihre Erlaubniß darinnen enthalten war, d[a]ß ich nach Wien gehen durfte; 32 Stunden später war ich in Wien. Nebenbei bemerke ich, d[a]ß die Semmering-Bahn [1854 eröffnet] ein wahres Wunder der Baukunst ist, u d[a]ß ich am selben Tage binnen 12 Stunden nicht weniger als 8 Militär-Extra Züge mit Soldaten, Kanonen, Kugeln, Mörsern Gepäks- u Munitions- u. Kranken-Wägen [sah]. Schon längst werden auch die Gepäks-Wägen als Militär-Transportwägen benüzt. Am Südbahnhof erwartete mich schon Leithe Wilhelm; Dr. Fritz Leithe war bis Mittwoch in dieser Woche in Klosterneuburg, bei seinen Eltern. Nun von den Bekannten hier. Bei Duscher war ich sogleich am Gründonnerstag, u. war seitdem bis auf einen Tag täglich dort; sie befinden sich alle wohl bis auf die gnädige Frau, die etwas an Migräne leidet. Ihr Quartier ist sehr beschränkt, doch die Aussicht nicht übel. Friz ist in Geibing bei Passau [Geibing, Münzkirchen?] u. kommt heute Abends zurük. […]

Er fühlt sich freundlich aufgenommen und "heimisch", wie "einst in Salzburg"; er hat mehrmals die Familie Gutenberg besucht, von ihren Söhnen sind drei beim Militär: Karl in Mailand, Franz "(od[er]. Anton, wie er eigentl. heißt)" in Brescia, und Ludwig in Ankona. Wiktor, in Salzburg geboren, ist ins Theresianum gekommen. Emil kommt "in wenigen Tagen zum Regimente nach Krakow [!]"; Maria ist "ein sehr sauberes Mädchen geworden." … Er hat Sauter zweimal besucht, war einmal mit ihnen bei Gutenberg zusammen; gleichfalls war er bei Alberti, hat Anton Alberti getroffen; er war bei Prof. Genzl [?] … "die Österreicher sind in Piemont eingerükt.[21] Aller Orten ist hier ein kaiserl. Plakat angeschlagen, worin dieß bekannt gemacht u. die Völker zur Treue u. Ausdauer aufgefordert werden. Wird in Salzburg auch geschehen. Nun wieder zu meinem Wiener Aufenthalt." … Er war mit "Leithe Friz" in Klosterneuburg, wo sich alle Angehörigen getroffen haben; sie lassen sich "vielmals empfehlen". "Alle Bekannten von A bis Z lassen sich Ihnen empfehlen, Sie grüßen, Ihnen die Hand küssen etc. Salzburger habe ich in Unzahl getroffen: Fr. v Schider v. Fraing [?], Kaufm[ann]. Gschnizer, Steinhauser, Suppland [?] … Ich lasse Otto u. alle Bekannten herzlich grüßen. Um ihm zu schreiben, fehlt mir Zeit Raum u Ruhe. Leben Sie wohl! und vergeßen Sie auch jetzt über dem Waffengeklirr u. Kriegslärm nicht Ihren dankbaren Sohn Franz X. Spaengler / Die Duscherischen lassen sich Ihnen namentl. empfehlen u. Otto grüßen. Hr v Schmelzing v. Linz ist hier mit einer Deputation


Brief vom 8. Mai 1859:

Ein Bogen, Prägestempel "Bath…":
Graz 8 Mai 1859. Liebste Mutter! Erst vorgestern [gestrichen] am lezten Donnerstag Abends, am selben Tage, wo ich in der Frühe von Wien angekommen war, erhielt ich Ihren u. die andern Briefe, die daher schon den Stempel des Alters an sich trugen, od[er] mit andern Worten nichts Neues enthielten, und die darin geschriebenen Salzburger Neuigkeiten hatte ich grosentheils schon bei Duscher erfahren; ich freue mich daher, von Ihnen Briefe neuern Datums zu erhalten.

Er schreibt "Nachtragsberichte aus Wien", u. a. von der Familie Duscher, vom Besuch im Prater und in Schönbrunn, eine Einladung zum "Thee"; "nun zu den Gutenbergischen" … bei Prof. Fenzl, bei Alberti, Blachetka und Leithe, "im Caffehaus" mit Julius, in einer Ausstellung der Akademie der bildenden Künste, im Burgtheater. Schluss fehlt; vielleicht zusammen mit dem folgenden Brief vom gleichen Datum.


Ein Blatt:
Graz 8 Mai 1859. Liebster Otto / Nach Ried dir zu schreiben, war mir nicht möglich, denn ich kam nur mit grader Noth dazu der Mutter zu schreiben, u. auch den Brief an sie habe ich bei Leithe in der Rossau [Wien] angefangen, bei Duscher in der Alservorstadt vollendet u. am Weg ins Belvedere in den Wieden aufgegeben. Wie lustig es in Wien war, wie göttlich ich mich unterhielt […]

Er war täglich bei Duscher; "Wir sprechen sehr viel von Salzburg, u. auch von Dir, von ihrem Abschiede von Salzburg etc." Er trifft im Burgtheater in einer Loge "eine Scheigerische [Amélie Scheiger] bei der Erzherzogin Sophia Kammerfräulein" und besucht diese "am Montag nach dem weißen Sonntag (2 Mai)"; er trifft sie wieder in der "Burg" [Theater] und am Abend auf einem Hausball. Wieder in der "Burg" trinkt er bei ihr "Kaffee mit Hofrahm (wie ihn der Kaiser etc hat, köstlich, aber nicht übertrieben di[c]k)" … am letzten Tag ist er noch bei Duscher, und die begleiten ihn zum "Stephansplaz [!], wo ich mit schwerem Herzen in den Omnibus stieg, um 3/4 später von Wien zu scheiden. Und hiermit scheide ich auch von Dir u. bleibe übrigens dein Dich aufrichtig liebender Bruder Franz." [ein Blatt, Vor- und Rückseite; am Rand:] "Was ist es denn mit der stenographischen Zeitung vom Dezember?"


Brief vom Mai 1859:

Ein Blatt mit Prägestempel "Bath" und Siegellackrest, ohne Datum[22]; an die Mutter, ohne Anfang] Franz schreibt von Erlebnissen in Wien. Auf der Rückseite ist eine Abrechnung:
Die Rechnung umfaßt den ganzen April u. die ersten 9 Tage des Mai. Einnahmen: Monatsgeld f. April u Mai: 42 fl [Gulden] – Kr. / Instruktionsgeld f. März [Einnahmen aus Unterricht] 10 [oder 16] [fl] 55 [Kr.] / dito f April 7 [fl] 35 [Kr.] / [am Rand:] das andere noch nicht erhalten / Von Ihnen extra 6 [fl] 30 [Kr.] / Eine alte Hose u. Gilet verk[au]ft – 95 [Kr.] / Von Herrn Präfekten 2 [fl] 10 [Kr.] / Gewonnen bei Tarok in Wien – 19 [Kr.] / [Summe:] 82 [fl] 94 [Kr.][23] / / Ausgaben. Zimmergeld f. April u Mai 6 [fl] 30 / Rahm Kaffe etc – 80 [Kr.] / Schuster u. Schneider 1 [fl] 44 / Porto Stempel Masch [?] 1 [fl] 89 / 2 Paar Handschuhe 1 [fl] 72 / Wiener Reise 21 [fl] 66 / Theater – 96 [Kr.] / Ein Spazierstok 1 [fl] 5 / Einige Reparaturen etc – 82 [Kr.] / Sonstige Verpflegung 8 [fl] 84 [Kr.] / [Summe:] 45 [fl] 48 [Kr.] / Einnahmen 82 [fl] 94 [Kr.] / Ausgaben 45 [fl] 48 [Kr.] / [Summe:] 37 [fl] 46 [Kr.] öht. W. [?] / Noch etwas. Wenn Sie nicht bedeutende Vorräthe an Reis, Kaffe, Zuker etc. haben, so würden Sie gut thun selbst jetzt noch welchen zu kaufen, denn wenn Triest od[er] gar alle österr. Häfen von den Franzosen blokirt werden, dürften alle Colonialwaren sehr theuer werden. Wir kaufen uns übrigens keinen Kaffe vor; denn wenn wir alle 5 Wochen 1 Lb [Pfundzeichen] brauchen, ist die Sache nicht der Rede werth. Nun aber leben Sie wohl u. vergeßen Sie nicht Ihres Sie herzlichst liebenden Franz

Am Rand: Von allen Wierner u. Grazer Bekannten Grüße u. Empfehlungen. Ebenso von mir in Salzburg. Auch Herrn von Schmelzing v. Linz läßt sich empfehlen, ich traf ihn gleichfalls in Wien. – Abgerissenes Schnipsel beigelegt "Agordo den 2. Februar 1851" mit (leider nur) dem winzigen Rest einer Zeichnung.[24]


Brief vom 8. Mai 1859:

Unbekannte Schreiberinnen an Antonia Spängler [Nr. 37]:
Wien den 8ten Mai 1859. Theuerste Freundin! Ungemein freute mich Ihr liebes Schreiben, welches ich gestern den 7ten Mai erhielt, Karl schrieb mir daß der Brief beim Fellerer war, ich kann gar nicht begreifen indem ich noch nie der Fellerer geschrieben habe, wir überhaupt in gar keinen Briefwechsel mit Ihnen stehen, wie sie den Brief nicht dem Karl gleich hinschickte, daß ist schon das zweite Mahl, daß ich wegen ihr einen Brief so lange nicht bekome; bitte also wenn Sie mir wieder die Freude machen zu schreiben ja den Brief gleich dem Karl zu geben, was hätte Franz vor [für] eine Freude gehabt, wenn der Brief während seiner Anwesenheit gekomen wäre. Franz sieht prächtig aus, und es hat ihm Wien so gut gefallen, daß ihm der Abschied, recht schwer angekomen ist [/] wir sind recht viel mitsamen herumgegangen. Auch wir vermissen alle Ihre liebe Gesellschaft, sehr [,] ich kann mich nicht ganz der Hoffnung erwehren, Sie theure Freundin wenn einmahl beide Söhne in Wien sind, vielleicht doch auch herunter zu ziehen, wir fänden auch hier Spaziergänge die wohl mit Salzburg keinen Vergleich aushalten, im ganzen aber auch recht hübsch sind. Vergangenen Sontag waren wir alle mit Franz und meinem Bruder der mit der Deputation der Stände beim Kaiser war in Schönbrunn, und früher einmhl [einmal] im Prater haben uns recht gut unterhalten; Bis dato gefällt es mir ganz gut hier [/] wir haben eine sehr kleine Wohnung aber eine wunderschöne Aussicht, die wir wohl leider wieder verlieren denn wir haben von Micheli [Michaeli?: 29.9.] an eine Wohnung in der Stadt gemiethtet im 3ten Stok mit der Aussicht in einen Hof, um 600 f [Florin: Gulden] C.M. [Kurantgeld, gängige Münze] sie ist ganz in der Nähe der Universität sehr licht nd freundlich, und wir können 2 Zimer vermiethen, sie ist im MXXngeti schon Richtungsfeste.

Bei Lubitsch sind alle ganz wohlauf, sind aber seit Georgi [23.4.] ziemlich weit von uns weg[g]ezogen. Die Lebensmittel sind wohl theurer als in Salzburg aber nicht gar so bedeutend, nur sehr mühsam [/] man muß alles selbst kaufen, den die Leut gäben sich die Mühe nicht, die Toni und ich haben jeder einen braunen Marktkorb, wo wir alles zusamenschlagen. Das Pfund Rindschmalz 60 x [Kreuzer] bis 63 x Neugeld Schweinschmalz von der fast alles kocht auch wir 36 x Butter 60 bis 70 x Eyer 25 um 40 x Neugeld. Grünspeisen billiger als in Salzburg. Semel besser und im Geld gleich [/] Hausbrod theurer und schlechter Fleisch 26 x Neukreutzer nicht gut. Kertzen und Seifen billiger. Schuster billiger. Männer Schneider nicht viel theurer. Milch 1 Seitel 5 Neukreutzer 1 Seitel Obers 10 x sauer Ram 10 x letzterer sehr gut. 1 Klafter Eschenlenner [?] Mischling [?] ei[n]mahl zum Abschneiden 8 f 30 x C.M. und da brennen wir nebst dem Steinkohlen kostet der Centner 1 f 26 x Neugeld. Nun muß ich schließen denn der Raum fehlt. Mein Mann empfielt sich vielmahls und dankt vor [für] den Glükwunsch zu seinem Namenstag, [mit kleinerer Schrift und anderer Tinte, doch gleiche Handschrift:] er ist derjenige der Salzburg am meisten zu vermissen scheint. An Otto viele Grüsse von allen so wie an die Theres, und alle die sich unser erinnern auch wenn ich bitten darf an die Davidlin [?] sie soll gut auf das Preiserl [?] schauen mir ist noch immer leid um sie. Erfreuen Sie mich wieder mit ein paar Zeilen ich küsse Sie im Geiste und bin Ihre inigliebende Freundin Antonia Duscher [?] [sehr klein:] An die beiden FXXel [Franzel?] alles Schöne.


Andere Schrift?:
Verehrteste, gnädige Frau. Auch ich bin so frei, an Sie gnädige Frau einige Zeilen zu richten. Ich befinde mich hier recht wol und habe mich schon angewöhnt, obwohl ich sehr oft an Salzburg und seine lieben Bewohner denke! - Hr Franz ist auch wieder nach Graz zurück, er hat sich hier, wie es scheint sehr gut unterhalten, wir waren auch einmal zusammen in Schönbrunn. Er sieht sehr gut aus. Heute Sonntag wollten wir eine Parthie nach Don[n]er[s]bach [?] unternehmen, die jedoch des Regens wegen unterbleiben wird müssen. Die Aussicht unserer Zimmer ist herrlich, jedoch die Einsicht ist nicht großartig. Sehr freue ich mich in die Wohnung in die Stadt hinein. Gnädige Frau besuchen gewiß wieder fleißig die Mainandacht, ich bitte, gedenken Sie dabey auch öfters meyner. Hier ist Alles Krieg, Freiwillige sieht man auf allen Strassen sich im Rausche herumtummeln, man darf sich garnicht getrauen solchen in die Nähe zu kommen, denn sie haben sogar vorgestern einigen Frauen die Hüte vom Kopfe gerissen. Es ist gut, dß [daß] sie fortkommen. Im Prater waren wir schon 2 mal, er gefällt mir sehr gut. Ich hätte mich gerne noch länger mit Ihnen gnädige Frau unterhalten, allein der Raum fehlt. Indem ich Sie auch bitte mich nicht ganz zu vergessen, küsse ich Ihnen, gnädige Frau die Hände, und verbleibe Ihre dankbarste [!] Antonia Duscher [! Antonin ?].

Daneben: An Hr Otto, so auch an die beiden Franzl bitte ich mich ergebenst zu empfehlen; Theres grüsse ich 1000 mal! - [/]: zur Verdeutlichung hier Satztrennung eingefügt (auch andere Zusätze bei der Übertragung ebenfalls in eckigen Klammern). [?]: Bedeutung oder Lesung (hier bes. bei Familienamen) unsicher. Kürzelzeichen, z.B. Verdoppelung durch Strich über m und n, sind aufgelöst; aber z.B. "bekome" und "Zimer" trotzdem mit einem "m". - Vorpostalischer Brief, unbekannte Absenderin (doppelt mit Antonia Duscher unterschrieben?) an: "Der Wolgeborenen Frau Antonie Spängler in Salzburg. Durch Güte." Brief eng gefaltet, kleine Reste von rotem Siegellack. An: Maria Antonia (Antonia) Spängler [Nr. 37], geb. Lürzer, geb. 1803 (siehe unten, nächste Briefschreiberin); der im Brief genannte "Franz" ist der Sohn [Nr. 18] Franz II. Xaver Gregor Spängler, geb. 1839 (vgl. "...beide Söhne"), zur Zeit des Briefes also 20 Jahre alt. Er studiert in "Graz" und ist bzw. war offenbar zu Besuch in Wien bei der Briefschreiberin. Eine "Duscher Toni" taucht auch im Tagebuch des Franz Spängler 1860 auf. - "Neugeld": seit 1857 sind in Österreich 100 Kreuzer: 1 Gulden; Der Gulden [fl.] war zwischen 1857 und 1892 in Österreich die Silberwährung (1 Gulden = 100 Kreuzer). - "Krieg" im Frühjahr 1859 gegen Frankreich unter Napoleon III.


Brief vom 22. Mai 1859:

Ein Bogen, Prägestempel "Bath":
Graz le 22 Mai 1859. Mon très cher frère! Quoque nous ayons la guerre contre les Français je ne fais m’empécher de vous écrire en langue française. Avant tout j’ai encore à ajouter bien des choses de mon séjour à Vienne. Notre cousine Anne Sauter vous salue mille fois, et vous dit par moi, qu’elle se souvient encore très bien de votre galanterie; elle m’a demandé, si vous êtes encore si galant, ce que j’ai affirmé, et où j’ai ajouté encore, que vous [… ]

Er grüßt den Bruder auch von dessen "ancien collegue Louis Kaser"; im Prater traf er "Mademoiselle Tini Tichna l’ancienne amour de notre cousin François", auch Grüße von "Antoinette Duscher" [Tochter von "Madame Duscher"], die bedauert Salzburg verlassen zu haben. Er hat im Theater "Iphigénie en Tauris" gesehen und beschreibt das Stück sehr kurz. Er fragt nach Anne Warnersberger und nach "notre ami Kalhofer" und bestellt Grüße. In Graz wurden unter den Studenten 500 Gulden für die Ausstattung der Freiwilligen gesammelt, von denen "la plupart en sont filoux et vaurerien [vaurien]." An den Gouverneur schrieben sie eine "adresse" für "Sa Majesté impériale" mit folgendem Satz [auf Deutsch:] "Sind wir noch durch unsern Beruf zunächst angewiesen, dem Vaterlande mehr d[ur]ch die geistigen Werke des Friedens, als d[ur]ch Thaten des Krieges zu dienen, so werden wir doch, wenn der Ruf Eurer Majestät an uns gelangen sollte, mit dem Muthe, den das Bewußtsein einer gerechten u. heiligen Sache gibt, zu unsern Brüdern auf den Kampfplaz eilen, u. uns ihnen würdig erweisen." Mehr als 120 Studenten haben unterschrieben. Franz ist im zweiten Semester und nennt seine Studienthemen; er bittet um neue Blätter der Steno-Zeitung, erinnert, dass "Pater Fulgenie" Steno unterrichtet hat, und fragt nach einer "composition" von "Professeur Mayr" … "En ésperant, que ma lettre vous trouve en bonne santé je m’appelle avec amour votre fidèle frère François." Kurze Nachschrift in Steno; vier Seiten, durchgehend auf Französisch bis auf obiges Zitat.


Brief vom 28. Juni 1859:

Ein Blatt:
A mon très cher frère Otto Spaengler à Salzbourg. [wie die obigen Briefe und viele andere in diesem Bündel ein Bogen bzw. hier ein Blatt, 23 x 15 cm, doppelt gefaltet auf 15 x 6 cm, mit Resten von Siegellack am Rand] Graz le 28 Juni 1859. Mon très cher frère! (Er dankt für einen Brief, gratuliert zum Geburtstag [(Otto Spängler, geb. 4. Juli 1841 in Salzburg)], möchte ihm etwas zum Geburtstag schenken, sucht aber nach einer Gelegenheit bzw. hat nicht genug Geld.) [fortgesetzt nach Absatz:] le 29. Juin / Nous avons à présent ici une très grande quantité de soldats mais seulement de soldats italiens; il loge à Grace [in späteren französischen Briefen "Gracè" bzw. "Graz"] et dans les environs de la ville un bataillon ou en regiment Archiduc Sigismond, un bataillon du regiment Prince Michel et un bataillon du regiment Acroldi. Tous ces regiments devaient quitter l’Italie [nach der verlorenen Schlacht von Solferino], par ceque une grande partie en n’avait pas êté fidèle. On dit, qu’on en a fusilé plusieurs soldats à Nabresina [bei Triest], à Adelsberg [Postojna, Slowenien] et à Laibach [Ljubljana]; à Grace aussi deux ou trois en ont été fusilés. [ohne Absatz oder Abstand weiter:] L’éxamen de maturité a comencé ici samedi passé et sera demain fini. Pour la composition allemande ils avaient ce thème: «Quelles langues étrangères ont eu une influence singulière pour la langue et la littérature allemande?» Deux étudiants de la huitième classe du gymnase […] ("La St. Jean" ist [in Graz] kein Feiertag, sondern normaler Wochentag, "dans l’octave du St. Sacrement" ist keine Prozession, keine an "Fête-Dieu".) Si les soldats italiens ont la garde ils n’ont pas fusils excepté ceux, qui sont sentinelle. Par ceque nous avons à présent des soldats ici, la garde civique à cessé à être de garde. C’est ce quest [que est] très agréable aux citoyens. Si vous voyez peut être votre ancien compagnon Lechner, dites lui, que je le plainds, qu’il a été blessé, et que le salut qu’il m’a fait dire à son voyage à Grace, m’a été dit. (Grüße an Kalhofer, an "Charles Duscher" und an die anderen Schüler der 7. und 8. Klasse, die er kennt; gleichfalls an die jungen "Sattlers" und "Fenzls"; wie geht es "Ernestine Spaengler", Grüße an sie.) En ésperant que vous vous portez bien, et que vous m’écrirez bientôt / votre / toujours fidèle frère François. (mit Bleistift verziert: "M Spangler [!]")


Brief vom 27. Oktober 1859:

Ein Bogen, Prägestempel "Bath":
Graz 27/10 [18]59 / Liebster Otto! Leider haben mein letzter Brief u. der der Mutter sich umgangen, u. ich warte […] (…auf den nächsten Brief, und er schickt dann die "Quittung vom Stipendium" … "Nun erst einige Neuigkeiten." … Theodor Spängler[25] in Friesach ist "verliebt", Otto soll aber bei Spängler nichts sagen, es ist ungewiss, ob aus "der ganzen Geschichte etwas Ernstes wird"; bei anderen herrscht "Eifersucht" [unterstrichen]; ein Brief von "Duscher Karl", der schreibt, dass Kießling jetzt statt Philologie Medizin studiert. [Fortsetzung nächste Seite:] 30/10 59. (…für die geplante Schillerfeier in Graz war vorgesehen, die «Gloke» melodramatisch aufzuführen, aber es fand sich kein Klavierauszug, sie haben das Ganze aufgegeben; er fragt nach der Salzburger Schillerfeier, "bei der Prof. Weiss eine Rede halten wird." [Fortsetzung nächste Seite:] 31/10 59. (Er erinnert den Bruder an die stenographische Zeitung. "Angerer war fast 8 Tage hier, u. hat seine Prüf[un]g[26], wenn auch nicht mit besonderm Erfolge bestanden. Troll, der ebenfalls vor Angerer hier war u. sie mit Angerer machte, ist gefallen." … "An Euren Lesungen möchte ich sehr gerne Antheil nehmen. Grüße mir alle Mitglieder herzlich; sie sollen manchmal dabei auch meiner gedenken; wenn ihnen wieder einmal eine Räthsel-Auflös[un]gs commission zusammen tritt, schreib‘ es mir; dann werde ich auch etwas einschiken." ... Er fragt nach Vinzenz und ob sie mit ihm spazieren gehen. [Es folgenden zwei Zeilen in Steno] … "Sind in Salzburg auch Vertrauensmänner zur Berath[un]g über das Gemeindegesez [!] gewählt worden? Wer ist denn bei dieser Commission dabei?" … "Alle Bekannten laße ich herzlichst grüßen resp. ihnen die Hand küßen etc." … kannst [d]u am Schluße des Jahres auch meine Physikschriften verkaufen; sonst schenke ich sie dem Hubert. Nun lebe wohl, grüße mir die Therese u schreibe bald Deinem ewig treuen Bruder FXSpgr.) [folgt eine Zeile in Steno]


Brief vom 4. Dezember 1859:

Dito wie vorstehender Brief:
A mon chér [!] frère Otto Spengler [!] à Salzbourg [Lackrest mit Siegellteil "S"] Graz le 4 Dez. 1859 / Mon cher frère! Hier je reçus votre lettre, dont je vous remercie de tout mon coeur […] (Er ist Souffleur in einem kleinen Theater mit einem komischen Stück. Zu seinem Fest [Namenstag "Franz Xaver", 3. Dezember] bekommt er u. a. ein besticktes "portefeuille"; er selbst schenkt sich für "3 florins et cinquante Kreuzers" zwölf Bände der gesammelten Werke von Lord Byron. Theodor [Spängler; vgl. Brief vom 27. 10.] wird heiraten, aber Otto hätte es nicht gleich den "Spenglers" [!] erzählen sollen. [Fortsetzung:] Le 5 Dèz. [! déc.] Vous écrivités dans votre lettre […] (Er empfiehlt die Lektüre von Stifters «Studien», besonders das Gedicht «Die Feldblumen». Am 15. Januar wird ein Ball sein.) … Portez vous bien, repondez bientôt, et soyez persuadé, que je resterai toujours votre fidèle frère François

Quelle

Einzelnachweise

  1. Trotz unterschiedlicher Schreibweise in den Briefen vereinheitliche ich [O. H.] zu Großmutter "Fanny" [Kobler] und Enkelin "Fanni" [Schlegel-Spängler].
  2. Die Groß- oder Kleinschreibung von "d" ist nicht immer klar erkennbar.
  3. Von diesem "Kind" ist praktisch in jedem Brief die Rede. Es ist die 1848 geborene Fanni, Franziska Schlegel, die bei der Großmutter aufwächst, weil ihre Mutter Amalia (Zäzilia Amalia Kobler; ihrer Herkunft nach auch "Amalia Kobler-Castelli" genannt) kurz nach der Geburt des Kindes stirbt. Ein hübsches Portrait zeigt die 1850 zweijährige Fanni; vgl. Foto oben
  4. In diesen Briefen wird durchgehend "Ui" für "Ü" geschrieben.
  5. Die Beethovengasse liegt zwischen der Votivkirche und der heutigen Medizinischen Universität Wien.
  6. "…in der Anschrift auf dem Umschlag (G. H., G. H. – Geschätzter Herr, zweimal wiederholt, die förmlichste Begrüßung…" (Isaac Bashevis Singer, Das Landgut [1967], München: Hanser, 1981, S. 426; der Roman spielt in Polen nach 1863).
  7. Worauf er sich bezieht, geht aus diesem Brief nicht hervor; dazu wäre vielleicht ein Gegenbrief von Fanny Kobler heranzuziehen. Ein solcher hat sich leider nicht erhalten.
  8. Da war er offenbar mit Amalia (Zäzilia Amalia Kobler) im Prater, welche er 1846 in Salzburg heiratet, die aber 1848 bei der Geburt des ersten Kindes stirbt.
  9. Neutor; verbirgt sich dahinter eine Salzburger Redensart?
  10. Graf Moritz Sandór / Moriz Graf Sandór (* 1805), u. a. bekannt für seine wagemutigen Taten zu Pferd, Schwiegersohn von Metternich; Johann Oppolzer (* 1808; † 1871), seit 1850 Mediziner an der Universität Wien.
  11. Kalksburg ist bis 1938 eineselbständige Gemeinde im südlichen Wienerwald, heute im 23. Bezirk Liesing.
  12. Betti, manchmal Betty, ist die Cousine der Höllbräuin Fanny (Franziska Kobler) in Salzburg. Sie ist also, obwohl jünger, die Tante von Zäzilia Amalia Kobler (* 1821; † 1848), verheiratet 1846 mit Richard Franz Schlegel (* 1811; † 1881). Betti Kobler (* 1825; † 10. August 1881 in Grein an der Donau, Oberösterreich) ist verheiratet mit Leopold Katzinger (zeitweise in Schärding). Viele Briefe erwähnen sie; 1844 [siehe dort] schreibt sie mehrfach an Fannys Tochter "Mali", auch manchmal "Maly" (Zäzilia Amalia Kobler).
  13. Nach wem? Franziska Kobler stirbt 1886; das Todesjahr des älteren Bruder Vincenz kennen wir nicht.
  14. Vgl. oben Brief vom Sonntag ohne Datum wegen eines Mittellosigkeitszeugnisses, aber offenbar bzw. vielleicht handelt es sich um ein anderes Gesuch. Vom welchem Bruder die Rede ist, geht aus dem Schreiben nicht hervor. Richard Franz Schlegel hat zwar einen älteren Bruder Vincenz Schlegel, * 1807, von dem wir aber nur wissen, dass er 1846 "Feldwebel im löbl. kk Mineur Corps, Wien, Haupt Genie Amt" ist, also wahrscheinlich 1850 nicht in Salzburg lebt und kaum gemeint sein kann (?).
  15. Wie auch an anderen Stellen sind die einzelnen Sammlungen der Briefe nicht streng chronologisch geordnet. Sie wurden generell in der Reihenfolge belassen, wie sie bereits vorher gebündelt vorlagen. Das gilt besonders für undatierte Briefe; der undatierte Brief nach dem 8. Mai 1858 wurde allerdings hier neu zugeordnet. Auch der Brief von 1858, der dieser Teilsammlung die Bezeichnung gegeben hat, wurde an die erste Stelle gerückt (ebenso andere, die ihm folgen). Manche Briefe konnten jetzt nur flüchtig durchgesehen werden; hoffentlich ist nichts Wesentliches für "Salzburg" übersehen worden.
  16. Aus den folgenden Briefen geht u. a. hervor, wie sich "Franz", der 1858 die Schule in Salzburg mit der Matura abschließt, sich um seinen etwas über zwei Jahre jüngeren Bruder "Otto" (so schreiben sie sich selbst) kümmert (der Vater ist 1852 gestorben). Otto steht in den ersten Briefen noch vor der Matura; Gegenbriefe von ihm aus diesen Jahren sind leider nicht erhalten. Bemerkenswert ist m. E. das breite, allgemeine Bildungsinteresse, das den jungen Jura-Studenten Franz auszeichnet. Berührend, aber wohl zeittypisch, sind die Wünsche für Gesundheit, die Zeichen inniger Verbundenheit in Anrede und Grußformeln und die "Flut" der Grußwünsche an Verwandte und Bekannte. Gleiches gilt für die immer wieder auftauchende "Angst", von den Freunden in Salzburg "vergessen" zu werden, und der Wunsch, wenigstens brieflich am gesellschaftlichen Leben in Salzburg Anteil nehmen zu können (Graz scheint da weniger geboten zu haben). Auffallend ist die unterschiedliche Schreibung von "Spängler", "Spaengler", "Spangler" und "Spengler". Die französischen Texte (an sich schon bemerkenswert) sind in der Schreibung von Franz so belassen worden; an einzelnen Stellen wurde Auffälliges mit [!] markiert, aber durchaus nicht konsequent. Eine Beobachtung betrifft die Sparsamkeit von Franz, obwohl ein Vermögen vorhanden ist (vgl. z. B. Brief vom 5. April 1860); auch spätere Briefe sind voller Abrechnungen mit der Mutter und über Vermögensverhältnisse, die dann schon der Bruder Otto (Direktor der Salzburger Sparkasse) administriert.
  17. "Nr. 18" bezieht sich auf die Kekulé-Sosa-Nummerierung in der Aufstellung des Stammbaums bei 'Geneanet oholzapfel'.
  18. Demnach dauerte die Fahrt von vielleicht spätabends in Salzburg, zwei Nächte unterwegs mit Frühstück in Bad Ischl und in Leoben und der Ankunft mittags in Graz fast zwei Tage und zwei Nächte.
  19. Familie Lürzer von Zechenthal, aber nicht näher identifiziert
  20. offenbar ein Vorläufer vom Bankhaus Spängler u. Trauner; nach Gertrude Maier: Geschichte des Bankhauses Carl Spängler & Co, Diss. Wien 1973, S. XX, gab es "Spängler & Tauner" ab 1855 als Nachfolger der Duregger Handelsgesellschaft
  21. Vgl. die Vorgeschichte zur Schlacht von Solferino am 24. Juni 1859: Einmarsch der Österreicher am 29. April 1859 in das Piemont gegen die Interessen von Napoleon III. Dadurch kommt es zum Krieg gegen Frankreich.
  22. dem Inhalt nach hinter dem Brief vom 8. Mai 1859 eingeordnet
  23. Die Rechnung geht m. E. nicht auf; ob oben "10" oder "16" (schwer leserlich) eingesetzt wird, fehlen auf jeden Fall 7 fl. 50 Kr. (?)
  24. Vgl. die Reise nach Venedig mit Franz de Paula Albert Eder 1853, bei der sie auch in Agordo bei Franz Lürzer von Zechenthal waren.
  25. Theodor I. Eduard Maria Spängler (* 1824; † 1916), am 13. Februar 1860 verheiratet mit Theresia Zunzer (* 1838; † 1917).
  26. Auch in späteren Briefe verwendet Franz Xaver Gregor Spängler häufig Abkürzungen: u[nd]. / d[ur]ch usw.
Korrespondenz der Familien Kobler und Spängler