Karl Reisenbichler

Karl Reisenbichler (* 2. März 1885 in Attersee, Oberösterreich; † 21. Dezember 1962 in der Stadt Salzburg) war Maler und Radierer.
Leben
Reisenbichler begann in Wien nach der Schulausbildung mit dem Musikstudium und sattelte bald auf das Kunststudium, Malerei und Grafik um. Nach vielen Studienreisen nach Island, Schweden, der Schweiz, Italien und Deutschland wurde Karl Reisenbichler um 1939 Sachbearbeiter für bildende Kunst im Gaukulturamt (für den damaligen Reichsgau Salzburg, später oberster Kunstfunktionär des Reichsgaus. In Salzburg wohnte der Künstler in der Vierthalerstraße Nr. 4. Nach Kriegsende zog sich der politisch gebrochene Künstler verarmt nach Großgmain zurück.
Sein letzter künstlerischer Auftrag war 1954 ein Sgraffito an der Außenseite der Volksschule Großgmain, mit der Darstellung des Bauernkalenders. Diese Aufgabe konnte der schwerkranke Maler nur durch äußerste Anstrengung erfüllen. Das Weitergeben von kulturellen Werten blieb bis zuletzt sein Anliegen.
Reisenbichler verstarb völlig verarmt am 21. Dezember 1962 im Landeskrankenhaus Salzburg. Er liegt am Friedhof von Großgmain begraben.
Ehrung
In Salzburg-Aigen erinnert die Karl-Reisenbichler-Straße an den Künstler der Zwischenkriegszeit.
Werke
Bürgerstuben, Bürgerhäuser, Bürgerstolz
In der Bürgerstube des Salzburger Sternbräus spiegelt sich die Geschichte der Bürgerkultur dieser Stadt. Wer den großangelegten Bilderzyklus des Malers Karl Reisenbichler um 1924 betrachtet, kann die Geschichte des Erzbistums Salzburg wie in einem aufgeschlagenen Bilderbuch ablesen. In der wirtschaftlich sehr schlechten Zwischenkriegszeit erhielt der Maler Karl Reisenbichler um 1924 den Auftrag, "einen wandbedeckenden Ölbilderzyklus" für den neugebauten "Bürgersaal" im Sternbräu zu gestalten. "Für Kost und Quartier" schuf er acht Historienbilder über die Bauernaufstände, die Salzburger Dult, den Zug der Kaufleute über den Radstädter Tauern, und die Verbrennung einer Hexe auf dem Kapuzinerberg.
Großes Staunen erwecken heute noch seine Bilder von der Belagerung der Festung durch die aufständischen Bauern um 1525 mit dem Freiherrn Georg von Frundsberg 1526, wie auch die Darstellung der alten Salzburger Dult am Platzl und vor dem Salzburger Dom. Frauen, Mütter und Kinder beeinflussen auf ihre Weise die großzügige Szenerie inmitten der Hast des Alltages in der nahen Getreidegasse. Einige markante Erzbischöfe, "Leonhard von Keutschach mit dem Rübenwappen 1495–1519", die "'lucht des Wolf Dietrich von Raitenau 1587–1612", und das stirnseitige Gemälde mit der Verbrennung einer Hexe auf dem Scheiterhaufen auf dem Kapuzinerberg ergänzen die am Originalplatz erhaltene Sammlung.
Bräustuben, Bürgerstuben in altehrwürdigen Gasthöfen mit Dienern, Knechten sowie Umspannmöglichkeiten für Pferd und Wagen waren einst die Raststätten der Reisenden, in denen die kulinarischen Genüsse nie zu kurz kamen. Das Sternbräu mit seiner jahrhundertealten Braugeschichtstradition, das vermutlich schon im 13. Jahrhundert in der "Trabgasse" (Getreidegasse) an dieser Stelle bestand, ist auch heute noch eine Art Schlupfwinkel, eine Oase für Einheimische und Gäste aus aller Welt geblieben.
Die 1926 für den Platzlkeller entstandenen Salzburger Wandbilder Reisenbichlers befinden sich nun zusammengeschnitten in den Stuben des Sternbräus, Eingang Griesgasse. Während des Ersten Weltkrieges war Reisenbichler als Kriegsfreiwilliger in Russland, ab 1916 Kriegsmaler beim Salzburger Hausregiment Erzherzog Rainer Nr. 59. Einige Kriegs- und Todesallegoriebilder, über die Verwüstungen des Krieges, das Elend der Krüppel und die Präsenz des Todes, die ihn in den Bann schlugen, befinden sich im Rainer-Regiments-Museum auf der Festung Hohensalzburg.
Notgeldentwürfe
Nach den schwierigen Nachkriegsjahren (Erster Weltkrieg), durch die Einbrüche für das Kunstinteresse, denen bittere Not, Elend und Arbeitslosigkeit vorausgingen, hielt sich der Maler mit Entwürfen für Künstlerpostkarten, Exlibris, Radierungen, und später Tusch-Zeichnungen der "Salzburger Mappen" über Wasser. Eine gute Einnahmequelle für Reisenbichler waren die Entwürfe für das Notgeld. Die Marktgemeinde St. Wolfgang leistete sich diesen Künstler der "Neukunstgruppe" und des "Wassermann" für die Raritäten der Österreichischen Währungsgeschichte um 1920, die kurz nach der Auflage ein begehrtes Sammelobjekt waren: 10, 20, 50 Heller, Vorder- und Rückseite nach Original-Radierungen des Malers Karl Reisenbichler, aus dem Faistauerkreis, hergestellt im Druckhaus Kiesel Salzburg am 15. August 1920. Weder vor noch nach der Notgeldperiode hat es bildlich so schöne Geldscheine gegeben wie gerade zu dieser Zeit. Durch seine Geburt am Attersee fühlte sich Karl Reisenbichler dem Salzkammergut in einer besonderen Weise verbunden. Seine Heimatkunst, Darstellungen der bäuerlichen Bevölkerung, Landschaftsmalerei, der Tracht und volkskundlichen Themen blieb er durch kräftige Farbgebung ein Leben lang treu.
Sgraffito-Technik − "Neue Sachlichkeit"
Ab 1927 wendet sich der Akademische Maler Karl Reisenbichler der Sgraffito-Technik, der "Neuen Sachlichkeit", vor allem der haltbaren Mehrfarbentechnik und der Entwicklung neuer Ausdrucksformen des Neosgraffito für Ornamentik und Architektur-Design am Bau, zu. Der Maler wagte den Schritt zur plastischen Wirkung durch die Mehrfarbigkeit und der Beständigkeit der Außenmalereien. Durch Übereinanderlegen von mehreren feuchten Farbputzschichten erzielte er große Unterschiede zur herkömmlichen Bearbeitungsweise. Durch Kratzen und Bürsten, durch teilweises Stehenlassen der höheren Farbschicht kam die Bildgestaltung freskoartiger Technik nahe.
Sgraffito von Karl Reisenbichler am Textilhaus Thalhammer
- Hauptartikel Sgraffito am Thalhammer-Haus von Karl Reisenbichler
Kaffeehaus Lohr
Im Oktober 1927 wurde Reisenbichler vom Besitzer des Cafés Lohr - Ecke Linzer Gasse - Dreifaltigkeitsgasse, an der Stelle der alten Andräkirche - beauftragt, eine dem Stadtbild angepasste Fassade zu entwerfen. Heute befindet sich das ca 150 cm hohe, an die zwölf Meter lange, mit sechs Spielkartenbildern ausgeführte Zwölffarben-Sgraffito an der Außenfassade des Schuhhauses Denkstein. Diese für diese Zeit neue Technik der Tiefenwirkung und der feinen Musterung durch zwölf übereinander gelegten Farbschichten wäre bei der üblichen Kratztechnik nie möglich gewesen. Die einzelnen Spielkarten sind im Obergeschoss des Denksteingebäudes zu sehen, die Fensterreihe lässt dem Spruchband genügend Platz.
Wieder liegt dieser Idee ein selbstverfasstes Gedicht des Künstlers über die Sinnhaftigkeit des Kartenspieles zugrunde:
Inschrift Dreifaltigkeitsgasse 2:
- Das Leben gleicht dem Kartenspiele, bewegt und unberechenbar. Pik-Dame
- Geleitet uns des Schicksals Wille, durchs Leben oft ganz wunderbar. (Treff VII )
- Das Schicksal mischt und teilt die Karten und Jedermann erhält sein Spiel.
- Auf seines Lebens Wanderfahrten, kommt jeder einmal ans Ziel. (VIII Herz)
- Der eine spielt sein Spiel verwegen, der andere spielt es mit Bedacht. Pik-Reiter
- Dem Einen eilt das Glück entgegen, den Anderen stürzt es über Nacht. Herz-As
- Der Eine kann die Zeit erwarten und spielt im letzten Augenblick. (Herz Dame und Herz-Bub zugeordnet)
Inschrift Linzer Gasse:
- Der Andere prahlt mit seinen Karten, und zwingt doch niemals so das Glück
- Gar mancher glaubt was er gewonnen, das ist von ewigem Bestand
- Und morgen ist in nichts zerronnen, was er noch heut als Glück empfand,
- So schreiten wir ins unbekannte, Der eine arm der andere reich.
- Am End der große Abgesandte, Der macht uns alle gleich.
- Schellen und darunter die Signatur: K. REISENBICHLER 1927
Weitere Sgraffiti

Weitere Großaufträge
1928 folgte der Auftrag für das Ankerhaus am Waagplatz mit genauen Vorgaben. "Aussaht und Ernte" (ca 7 x 9 m) Ein Spruchband: "Der Anker- Allgemeine Versicherungs – Aktiengesellschaft" in blauer Farbe. Signatur: Karl Reisenbichler unter Mitarbeit der Gehilfen R. Brandstätter, Albin Müller-Rundegg, F. Pichler; auch heute noch im Originalzustand zu besichtigen.
Diese Großaufträge, die der Stolz der Salzburger Bürgerschaft waren, brachten nicht nur künstlerischen Erfolg, nein, auch viel Kritik aus der Salzburger Künstlerszene.
1929 erfolgte eine Wappendarstellung auf dem Erker der Kaiser-Karl-Straße 4.
Am Erker der Bäckerei Bacher, Willibald-Hauthaler-Straße 12, befindet sich seit 1931 ein Sgraffito des Karl Reisenbichler, das den Werdegang des Brotes zeigt.
Von März bis April 1932 entstand am Platzl Nr. 5 ein Riesen-Sgraffito Reisenbichlers mit der "Geschichte der Deutschen", das dem Künstler den Vorwurf "wimmelndes Bilderbuch" von Georg Jung eintrug. Auch dieser finanziell völlig unabhängige Salzburger Maler befasste sich mit der Fresko- und Sgraffitotechnik und farbtheoretischen Spekulationen.
Mit sehr großem Aufwand, Können und Genauigkeit wurde 1933 der naturgetreuen Darstellung des Verlagshauses Kiesel, welches die einzelnen Berufsabläufe schildert, gelebt. Des Verlagsleiters Hans Glaser senior, porträthafter Darstellungen der Chefredakteure, des Wegs des Satzes und des Druckes wird in besonderer Weise gedacht. Beim Umbau zum Magistratsgebäude wurde das Neo-Sgraffito in fünf Platten zerlegt abgetragen. Im Neubau der HTL an der Itzlinger Hauptstraße ist es gelagert.
Im Salzburg Museum liegen seit 1939 zwei große Sgraffito-Entwürfe in Rotbraun, Grau und Weiß, für die Offiziersbauten in der Reichenhaller Straße 17–19, signiert mit K. Reisenbichler, auf. Als Spruchband: Was durch die Reichenhallerstraße kommt und geht. Ausgeführt wurde nur das Neosgraffito auf dem Hause Reichenhallerstraße 19, signiert Karl Reisenbichler 1940, Mitarbeiter: L. Stemeseder. Das großzügig ausgeführte Sgraffito ist eine Fundgrube heimatlichen Brauchtums. Bäuerinnen in Salzburger Dirndltracht mit dem großen schwarzseidenen Kopftuch, Marktfieranten, Handwerker und Fuhrleute bringen volle Wagenladungen Lebensmittel zur Stadt. Kraut, "Milchpitschen" auf zweirädrigen Handkarren, Leiterwagerl von großen Bernhardinern gezogen, Schweinehirten, Kühe und Pferde ziehen hier durch die Reichenhaller Straße Richtung Stadt.
Viele Sgraffiti, Fresken, Malereien, Radierungen, Tuschzeichnungen, Grafiken und Studien zu Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" auf dem Domplatz haben sich im Land Salzburg, Wien, Mitterberghütten, Innsbruck, Bischofshofen, Mondsee bis in das Ruhrgebiet erhalten. Zahlreiche Auszeichnungen wie auch Publikumsproteste waren damit verbunden.
Wandmalereien aus den 1930er-Jahren
Landeskonservator Ronald Gobiet war im Jänner 2011 über einen Fund entsetzt. Auf dem Gelände der Höheren Technischen Bundeslehranstalt Salzburg fand er Wandmalereien von Reisenbichler im Freien gelagert, bereits mit Rissen, hohlen Stellen und sich ablösende Teilen. Diese Wandmalerei war ursprünglich für das Druckhaus Kiesel vorgesehen gewesen. Vor dessen Umbau 1984/85 wurde sie von der Wand abgenommen und auf Platten übertragen. Seither lagerten diese Platten in der HTL. Nun werden rund 100.000 Euro für die Restaurierung notwendig.
Dargestellt wird auf der Wandmalerei auf einigen Metern Länge die Produktion des "Salzburger Volksblatts". Datiert wurde sie mit 1933[1].
Bilder von Werken des Künstlers
Bilder von Werken des Künstlers – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im Salzburgwiki
Verfasser
Dieser Artikel wurde von Adele Sungler verfasst und als Word-Dokument an das Salzburgwiki gesandt.
Quellen
- Haslinger, Adolf, Mittermayr, Peter (Hrsg.): Salzburger Kulturlexikon, Residenz Verlag, Salzburg-Wien-Frankfurt/Main 2001, ISBN 3-7017-1129-1
- Haller, Christian: Das Neosgraffito Karl Reisenbichler unter dem Aspekt seiner Erd- und Volksverbundenheit, Dissertation 1991.
- Klehr, Rudolph: Die Linzer Gasse
- Klehr, Rudolph: Die Getreidegasse
- Fuhrmann, Franz: Die Faistauerfresken
- Kunsthandlung Matern hat den ganzen Nachlaß Reisenbichlers aufgekauft.
- Svoboda, Christa, Der Salzburger Kunstverein 1844–1922 (phil. Diss. Salzburg 1977), S. 11, 124.
- Barth, Friedrich, St Wolfgang im Salzkammergut. Ein Heimatbuch. Selbstverlag der Marktgemeinde St. Wolfgang, 1975.
- Merkle, Lexikon
- Lebenswerke Leonhard Stemeseder 1911–1998
- Mappe mit zehn Bleistiftzeichnungen in der Hauptbibliothek der Universität Salzburg
- Notgeldscheine für St. Wolfgang und Mondsee
- Die Österreichische Malerei der Zwischenkriegszeit OE. NB
- Fuchs, Christian M.: Das Mozart Wörterbuch: Von Amadé bis Zungenspiel
Einzelnachweise
- ↑ "Salzburger Nachrichten", 12. Jänner 2011