Josef Wessicken
Prof. Josef Wessicken, auch Joseph geschrieben (* 10. August 1837 in der Stadt Salzburg-Mülln; † 19. Oktober 1918 ebenda), war ein österreichischer Architekt des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Leben
Herkunft und Familie
Wessicken entstammte einer westfälischen Tischlerdynastie, die im 18. Jahrhundert in Linz (OÖ.)ansässig wurde und schließlich nach Salzburg übersiedelte. Seine Großeltern väterlicherseits waren Michael Wessicken und Rosina, geborene Leitner, seine Großeltern mütterlicherseits Joseph Gasteger und Anna, geborene Graßl.
Als Sohn des Joseph Heinrich Wessicken und der Anna, geborene Gasteger, in der Salzburger Vorstadt Mülln zur Welt gekommen und getauft, absolvierte er hier seine Schulzeit und begann daran anschließend eine Ausbildung zum Tischler im väterlichen Betrieb. Sein Vater war ein geachteter Schreinermeister, der sich durch seine Arbeiten für das Benediktinerstift St. Peter und im Schloss Anif einen hervorragenden Ruf geschaffen hatte und den Sohn mit seinen Werken im neogotischen Stil merklich beeinflusste.
Am 20. Dezember 1888 heiratete er die aus Wien stammende Rosa Bühlmayer im Salzburger Dom.
Ausbildung und Berufung zum Dombaumeister von Mainz
Nach dem Besuch des Polytechnikums und der Akademie in München studierte Wessicken an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei August Sicard von Sicardsburg. Ab 1860 war er im Wiener Atelier des Dombaumeisters Friedrich von Schmidt tätig. Drei Jahre später betraute ihn von Schmidt mit der Bauleitung des fürsterzbischöflich Liechtenstein´schen Schlosses Fischhorn in Bruck. Nachdem die Bauarbeiten durch den Ausbruch des Preußisch-Österreichischen Krieges 1866 unterbrochen werden mussten, vollendete er die Rekonstruktion des oberen Teiles des Turms der Franziskanerkirche in Salzburg und die Restaurierung der Pfarrkirche von Radstadt und der Kirche Nonnberg.
Von einem Studienaufenthalt in Italien dzurückgekehrt wurde er 1867 auf Empfehlung von Friedrich von Schmidt und Franz Josef Denzinger zum Dombaumeister von Mainz (heute Deutschland) berufen, um bei der Rettung der gefährdeten Ostteile des Domes mitzuwirken. Während dieser Zeit entstanden nach seinen Plänen mehrere Sakralbauten in der Umgebung von Mainz, darunter die St. Bartholomäus-Kirche in Nieder-Saulheim, Chor und Querhaus der Ortskirche St. Stephan in Mainz-Gonsenheim ("Gonsenheimer Rheinhessendom"), die Kapelle der Armen Schwestern vom hl. Franziskus am Stephansberg und das alte St. Vincenz- und St. Elisabeth-Krankenhaus auf dem Kästrich in Mainz. 1873 gab er sein Amt als Dombaumeister auf und kehrte nach Salzburg zurück.
Bereits 1866 bis 1867 wurde nach seinen Plänen der Franziskanerkirche Zu Unserer Lieben Frau in der Altstadt von Salzburg regotisiert und erhöht.
Wirken in Salzburg nach 1873
Im Land Salzburg vollendete er 1874 den neugotischen Bau von Schloss Fischhorn und übernahm die Planung der Doppelturmfassade der Dekanatskirche in St. Johann im Pongau nach dem Turmeinsturz. Von 1875 bis 1879 lehrte er als Fachvorstand an der k. k. Staatsgewerbeschule in der Landeshauptstadt. 1892 vollendete er die zwei Jahre zuvor begonnenen Arbeiten am Umbau des Schlosses Grubhof in Lofer. Ein Jahr darauf erfolgte die Fertigstellung des Generali-Hofes in der Salzburger Paris-Lodron-Straße.
Als Krönung seiner Arbeit gilt die von 1892 bis 1898 nach seinen Plänen errichtete St. Andrä-Kirche in der Salzburger Neustadt. Das ursprüngliche Erscheinungsbild der neugotischen Kirche ging jedoch im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg und im Zuge eines "Rückbaus" Anfang der 1970er-Jahre völlig verloren. Daneben entstanden in Salzburg die Villen Gessele, Schmederer, Wöss, Griesberger und seine eigene in der Arenbergstraße 23. Eine Vielzahl der von Wessicken geplanten Bauwerke wurden in Zusammenarbeit mit der Baufirma Ceconi errichtet, bei der er zeitweise auch fest angestellt war.
Miterbauer des "modernen" Gasteins

Ab 1879 zeichnete er, neben seinem Wirken in Salzburg, gemeinsam mit dem Baumeister Angelo Comini für die Errichtung mehrerer Profanbauten im Weltkurort Badgastein verantwortlich. Seinen ersten Auftrag erhielt er bereits drei Jahre zuvor mit der Errichtung der Villa Mühlberger, eines der wenigen Objekte im Gasteinertal, bei denen er nicht mit Comini, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit noch mit dem Salzburger Bauunternehmer Valentin Ceconi zusammenarbeitete.
Seine größten Auftraggeber in Gastein waren die Bad Gasteiner Hoteliers, insbesondere die Familie Straubinger, für die er 1884 den direkt am Gasteiner Wasserfall gelegenen Adaptierungsbau (heute Krisch-Haus) und das Hotel Austria, in dem sich heute die Gemeindeverwaltung und das Gasteiner Museum befinden, errichtete. Zudem nahm er 1887 die Umgestaltung der Hauptfassade und den Umbau des Bädertraktes des Grandhotels Straubinger vor und entwarf das ebenfalls zum Straubingerkomplex gehörige (spätere) Postamtsgebäude. Bemerkenswert ist hierbei besonders der Bau des Hotels Austria. Während andernorts Bauten mit extremer Hanglage noch direkt in die Felsen hineingebaut wurden, beließen Wessicken und Comini einen schmalen Zwischenraum zum Bergfelsen, wodurch Fenster (und Türen) auch noch in den untersten Bereichen des vielgeschossigen Baus eingefügt werden konnten.
Weiters wurden von Wessicken der Elisabethhof (heutiges Arcotel), das Hotel Weißmayr (vormals Provenchère), das Hotel Excelsior (vormals Haus Goldeck), die Villen Schider, Wassing und Lothringen-Quisisana, und die heute nicht mehr existierende Wandelbahn mit dem Kurkasino geplant. Viele seiner Salzburger und Gasteiner Villen tragen dabei als gemeinsamen Merkmal das charakteristische "Wessicken-Türmchen".
In seine letzte Schaffensperiode fällt der Wiederaufbau des ursprünglich von 1882 bis 1884 erbauten Jagdschlösschens des Grafen Rudolf von Czernin in Böckstein, das einem Brand zum Opfer gefallen war und in den Jahren von 1902 bis 1903 nach seinen Plänen wiedererrichtet wurde.
- "Dieses Jagdschlösschen des Grafen Czernin, das in die späten Schaffensjahre des ehemaligen Friedrich-von-Schmidt-Mitarbeiters fällt, zeigt in seiner Verbindung von "altdeutschen" und englischen Elementen (Mischung von Burg- und Landhauscharakter) nationalromantische Züge. Da es sich um einen Wiederaufbau nach einem Brand handelt, kann nicht genau gesagt werden, wieweit sich Wessicken an den Altbestand angepaßt hat."
- zitiert nach Friedrich Achleitner im ersten Band seiner "Österreichischen Architektur".
Ehrungen und Ableben
Im August 1876 er vom Minister für Cultus und Unterricht zum Fachvorstand und Hauptlehrer der baugewerblichen Abteilung der k. k. Staats-Gewerbeschule unter Verleihung des Professortitels ernannt.[1] Wessicken war Ehrenmitglied der "Wiener Bauhütte" und wurde 1902 für seine Leistungen mit dem Titel eines k.k. Oberbaurates ausgezeichnet.
Nach seinem Tod wurde er in der familieneigenen Arkadengruft am Salzburger Kommunalfriedhof beigesetzt.
Weitere Bauten von ihm
Weblink
Literatur und Quellen
- Laurenz Krisch: Der Salzburger Architekt Josef Wessicken und sein Wirken in Bad Gastein. In: Schriftenreihe des Gasteiner Museums. Selbstverlag des Gasteiner Museums. Bad Gastein 2004.
- derselbe, Der Salzburger Architekt Josef Wessicken und sein Wirken in Bad Gastein. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 144, 2004, S. 373-402.
- Günther Rohrer: Josef Wessiken (sic!) – Ein biographische Skizze zu seinem 150. Geburtstag. In: Salzburg Archiv 4, Seite 103-112. Salzburg 1987
- Haslinger, Adolf, Mittermayr, Peter (Hrsg.): Salzburger Kulturlexikon, Residenz Verlag, Salzburg-Wien-Frankfurt/Main 2001, ISBN 3-7017-1129-1
- Zaisberger, Friederika, Heinisch, Reinhard R. (Hg.): Leben über den Tod hinaus. Prominente im Salzburger Kommunalfriedhof. Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, 23. Ergänzungsband. Verlag der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg 2006
Einzelnachweis
- ↑ Quelle ANNO, Salzburger Zeitung, Ausgabe vom 21. August 1876, Seite 1