Pfleggericht
Die Salzburger Erzbischöfe schufen ab dem 13. Jahrhundert zur besseren Verwaltung die Pfleggerichte (auch Pflegegerichte geschrieben) sowie einzelne wenige Landgerichte.
Allgemeines
Alle Menschen und Güter waren nicht nur dem Landesherrn, dem Erzbischof, sondern weiters ihrem örtlichen Grundherrn unterstellt. Die wichtigsten Burgen im Erzstift, auf großen steierischen und Kärntner Gütern waren auch Sitz eines Land- oder Pfleggerichts, manchmal auch eines erzbischöflichen Urbaramtes. Sofern ein eigener Landrichter bestellt war, unterstand dieser dem Pfleger, dem leitenden Beamten. Wenn der Sitz des landesfürstlichen Gerichtes auf einer Burg war, sprach man von einem Pfleggericht (z. B. Wartenfels oder Mittersill), sonst von einem Landgericht (z. B. Rauris). Der Pfleger war militärischer Befehlshaber. Er verwaltete den Sitz des Pfleggerichts als Mittelpunkt des Gerichtsbezirkes und sorgte für die öffentliche Sicherheit. Mit 'Erzstift' ist der weltliche Hoheitsbereich des Salzburger Fürsterzbischofs als deutscher Reichsfürst bezeichnet, mit Erzdiözese das wesentlich größere Gebiet des kirchlichen Hoheitsbereiches.[1]
Geschichte
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es in Salzburg 33 Pfleggerichte und vier (sechs) Landgerichte. und zwar
- 16 Pfleggerichte im Flachen Land (Salzburggau einschließlich des Rupertiwinkels)
- fünf Pfleggerichte im Pongau
- vier Landgerichte im Pongau (auch Pangau geschrieben),
- zwei Pfleggerichte im Lungau (ab 1790, vorher ein einziges)
- fünf Pfleggerichte im Pinzgau
- ein Pfleggericht Windisch Matrei (heute Osttirol)
- ein Pfleggericht Lengberg (heute Osttirol)
- ein Pfleggericht im Zillertal (heute Nordtirol)
- ein Pfleggericht Hopfgarten (heute Nordtirol)
Diese Verwaltungs- und Gerichtsorganisation wurde auch nach dem Anschluss an Österreich (1806 und 1816) beibehalten und nur nach und nach im Sinne einer Zusammenlegung zu größeren Einheiten geändert. So gingen die Pfleggerichte in die Bezirksgerichte über, wie sie im Wesentlichen noch heute bestehen. Zwischen 1850 und 1870 wurde die im Prinzip noch heute bestehende Organisation geschaffen, wonach es im Land Salzburg sechs Verwaltungsbezirke, aber eine größere Anzahl von Gerichtsbezirken (Sprengeln von Bezirksgerichten) gibt. Die Grenzen der Verwaltungsbezirke und der Gerichtsbezirke schneiden einander nie, allerdings ist der Gerichtsbezirk Salzburg größer als das Gebiet der Stadt Salzburg, indem er auch große Teile des Flachgaus umfasst. So kann gesagt werden, dass ein Verwaltungsbezirk einen oder mehrere Gerichtsbezirke, ein Gerichtsbezirk einen oder mehrere Sprengel von ehemaligen Pfleggerichten und Landgerichten umfasst. Seit langem geht die Politik des Justizministeriums dahin, Bezirksgerichte zusammenzulegen, damit es in der Regel nur ein Bezirksgericht pro Verwaltungsbezirk gibt; dieses Ziel war im Land Salzburg, mit Ausnahme des Flachgaus und des Pinzgaus, im Jahr 2005 erreicht.
Verwaltungsbezirke
Dementsprechend verteilen sich die ehemaligen Pfleg- und Landgerichte[2] auf die heutigen Gerichts- und Verwaltungsbezirke und die seit 1808-1816 nicht mehr zum Land Salzburg gehörenden Gebiete wie folgt:
Landeshauptstadt Salzburg und Bezirk Salzburg-Umgebung (Flachgau)
- Bezirksgericht Salzburg
- einschließlich des Pfleggerichtes Glanegg, früher Pfleggericht Grafengaden mit Sitz auf Schloss Glanegg (1350–1636), ab 1636 mit Sitz auf Schloss Hellbrunn, 1805 aufgelöst;
- einschließlich des Pfleggerichtes Neuhaus, früher Pfleggericht Radeck, ab 1508 mit Sitz auf Schloss Neuhaus, ab 1697 Sitz im Gemeindespital St. Anna in Gnigl
- Pfleggericht Neumarkt, früher Pfleggericht Alt- und Lichtenthann, ab 1850 Bezirksgericht Neumarkt
- Pfleggericht Straßwalchen (1803 zum Pfleggericht Neumarkt)
- Pfleggericht, ab 1850 Bezirksgericht Mattsee, 1923 aufgelöst
- Landgericht Weitwörth, bis 1816 Teil des Pfleggerichtes Laufen), mit Sitz auf Schloss Weitwörth (1821–1858), 1850 Bezirksgericht Weitwörth, ab 1858 Bezirksgericht Oberndorf mit Sitz in Oberndorf an der Salzach
- Pfleggericht Wartenfels (Thalgau), 1850 Bezirksgericht Thalgau
- Pfleggericht Hüttenstein mit Sitz in St. Gilgen, 1850 Bezirksgericht St. Gilgen, Ende 2002 aufgelöst,
Bezirk Hallein (Tennengau), auch Sprengel des Bezirksgerichts Hallein
- Pfleg- und Stadtgericht Hallein, ab 1850 Bezirksgericht Hallein
- Pfleggericht, ab 1850 Bezirksgericht Golling, 1923 aufgelöst
- Pfleggericht, ab 1850 Bezirksgericht Abtenau, Ende 2002 aufgelöst
Bezirk St. Johann im Pongau (Pongau), auch Sprengel des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau
- Pfleggericht, ab 1850 Bezirksgericht St. Johann im Pongau
- Pfleggericht Goldegg, von 1850 bis 1854 Bezirksgericht Goldegg
- Landgericht Wagrain, 1803 zum Pfleggericht St. Johann im Pongau
- Landgericht Großarl (bis 1811), von 1850 bis 1854 Bezirksgericht Großarl
- Landgericht, bis 1573 Pfleggericht, bis 1525 auf Burg Klammstein), ab 1850 Bezirksgericht Gastein, Ende 2002 aufgelöst
- Pfleg- und Stadtgericht, ab 1850 Bezirksgericht Radstadt, Ende 2004 aufgelöst
- Pfleggericht, ab 1850 Bezirksgericht Werfen, Ende 2002 aufgelöst
Bezirk Zell am See (Pinzgau) auch Sprengel des Bezirksgerichts Zell am See
- Pfleggericht Kaprun mit Sitz in Zell am See, ab 1850 Bezirksgericht Zell am See
- Pfleggericht, ab 1850 Bezirksgericht Mittersill, Ende 2004 aufgelöst
- Pfleggericht, ab 1850 Bezirksgericht Taxenbach, Ende 2002 aufgelöst
- Landgericht Rauris (1801 aufgelöst, zum Pfleggericht Taxenbach)
- Pfleggericht Saalfelden, früher Pfleggericht Lichtenberg, ab 1850 Bezirksgericht Saalfelden, 2017 aufgelöst
- Pfleggericht, ab 1850 Bezirksgericht Lofer, 1923 aufgelassen
Bezirk Tamsweg (Lungau), auch Sprengel des Bezirksgerichts Tamsweg
- Bezirksgericht Tamsweg, früher Pfleggericht Moosham, 1790 bis 1961 geteilt in die Pfleg- (bzw. später Bezirks-)Gerichte
- Tamsweg und
- St. Michael im Lungau, ab 1850 Bezirksgericht, 1961 aufgelassen
heutiges Bayern
- Pfleggericht Mühldorf 1803 bayerisches Landgericht, 1879 bayerisches Amtsgericht
- Pfleggericht Tittmoning 1810 bayerisches Landgericht, 1879 bayerisches Amtsgericht, 1931 zum Amtsgericht Laufen
- Pfleg-und Stadtgericht Laufen 1810 bayerisches Landgericht, bis 1816 mit Landgericht Weitwörth-Oberndorf [siehe oben], 1879 bayerisches Amtsgericht
- Pfleggericht Tettelham, seit 1697 mit Sitz in Waging am See, 1810 bayerisch, 1811 zum Landgericht Teisendorf
- einschließlich des Pfleggerichtes Halmberg, das 1530 zum Pfleggericht Tettelham kam
- Pfleggericht Teisendorf, früher Pfleggericht Raschenberg, 1810 bayerisches Landgericht Teisendorf, 1818 aufgelöst
- Pfleggericht Staufeneck, Plain und Glan, 1810 bayerisch, 1811 zum Landgericht Teisendorf
- einschließlich des Pfleggerichtes Plain, das 1594 mit dem Pfleggericht Staufeneck vereinigt wurde.
heutiges Nordtirol
- Pfleggericht Itter (Brixental) mit Sitz in Hopfgarten, ab 1816 tiroler Pfleggericht Hopfgarten, 1849 tiroler Bezirksgericht, 2002 aufgelöst
- Pfleggericht Kropfsberg (Zillertal), ab 1592 mit Sitz in Zell am Ziller, 1805 österreichisches Pfleggericht, 1809 bayerisch, ab 1817 tiroler Landgericht, 1849 tiroler Bezirksgericht
- einschließlich des Pfleggerichtes Fügen, das 1679 vom Pfleggericht Kropfsberg abgetrennt wurde, 1805 österreichisches Pfleg- und Landgericht, 1809 aufgehoben, ab 1817 tiroler Landgericht, 1848 tiroler Bezirksgericht, 1923 zum Bezirksgericht Zell am Ziller
heutiges Osttirol
- Pfleggericht Windisch-Matrei, 1809 bayerisch, 1810 französisch, 1813 tiroler Landgericht, 1849 tiroler Bezirksgericht Windischmatrei|Bezirksgericht]], 2002 aufgelassen)
- Pfleggericht Lengberg, 1808 bayerisch, 1810 französisch, 1812 aufgelassen
Literatur
- Kowanda, Jacqueline: Übersicht über die Veränderungen bei den Gerichtsbezirken/Bezirksgerichten und Katastralgemeinden im Land Salzburg ab 1850 (Stand: März 2007). In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 148, 2008, S. 237-294
Weblinks
- www.doris.at, OÖ. "SAGIS" mit historischen Landkarten: hier die Grenzen der einzelnen Pfleggerichtsbezirke
Quellen
- Zwink, Eberhard (Hrsg.), Autoren: Dopsch, Heinz; Heger, Norbert; Heinisch, Reinhard Rudolf; Schlegel, Richard; Schlegel, Walter; Wagner, Franz; Walterskirchen, Gerhard und Zaisberger, Friederike: 900 Jahre Festung Hohensalzburg, Landesfest 4. bis 12. Juni 1977, Schriftenreihe des Landespressebüros, Salzburg 1977
- Salzburgwiki-Beitrag Hintersee (Ort)
- Zaisberger, Friederike, Geschichte Salzburgs. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1998, ISBN 3-486-56351-3, und Verlag für Politik und Geschichte, Wien 1998, ISBN 3-7028-0354-8. S. 127.
- Zezi, Johann Bernard, Hochfürstlich-Salzburgischer Hof- und Staatsschematismus für das Jahr ... 1800. S. 47ff.
- Hübner, Lorenz, Beschreibung des Erzstiftes und Reichsfürstenthums Salzburg in Hinsicht auf Topographie und Statistik. Dritter Band. Die übrigen Gebirgsortschaften, und die ausländischen Herrschaften des Erzstiftes, nebst dessen Beschreibung im Allgemeinen. Salzburg 1796. S. 889.
- Die Bezirksgerichte im Bundesland Salzburg auf www.lg-salzburg.at/
- Hochfürstlich-Salzburgischer Hof- und Staats-Schematismus
Einzelnachweise
- ↑ siehe Kirchliche und weltliche Grundherrschaften
- ↑ Die Organisation war zur fürsterzbischöflichen Zeit im Einzelnen komplizierter, indem es mancherorts Pfleger oder Landrichter, mancherorts Pfleger und Landrichter, daneben Stadt- oder auch Bergrichter gab.
Landesgericht: Salzburg