Pfleggericht Mattsee
Das Pfleg- und Landgericht Mattsee war bis 1850 eines der Salzburger Pfleggerichte, also Gerichts- und Verwaltungseinheit.
Aus der Besitz- und Strafrechtsgeschichte
Das Stift am Mattsee wurde schon im 8. Jahrhundert von dem bayerischen Herzog Tassilo III. errichtet und von diesem, danach auch von anderen Herrschern reich begütert.
Zu Anfang des 10. Jahrhunderts wurde das Kloster Mattsee vom Kaiser an die Herzöge in Bayern verschenkt. Im 11. Jahrhundert erwarb das Hochstift Passau die Landeshoheit über Mattsee. Es gab aber immer wieder Übergriffe seitens der benachbarten bayrischen Herrschaften, und so entschloss sich das Hochstift Passau, die aus seiner Sicht entlegene Herrschaft Mattsee zunächst an das Fürsterzbistum Salzburg zu verpfänden und durch salzburgische Beamte (Friederich Berghammer und nach ihm Conrad Kuchler) verwalten zu lassen, und schließlich im Jahr 1398, es an das Fürsterzbistum Salzburg zu verkaufen.
1398 erwarb das Fürsterzbistum Salzburg als letzte bedeutende Salzburger Gebietserweiterung die passauische Herrschaft Mattsee. Diese bestand nach verschiedenen Änderungen schließlich aus den Ämtern Mattsee, Lochen, Schleedorf, Obertrum, Seeham und Berndorf. Im Norden war Lochen vom Herzogtum Bayern umgeben. Untertanen und Grundbesitz des Gebiets von Lochen waren zwischen bayerischer und salzburgischer Herrschaft aufgeteilt. Und damit nicht genug: Einige der Bewohner Lochens standen direkt unter der Grundherrschaft des Stifts Mattsee, waren aber dem Erzstift Salzburg gegenüber wehrpflichtig.
Die unklaren Grenzverhältnisse wussten auch Räuberbanden für sich auszunutzen, gegen sie wurden sowohl von bayerischer als auch von Salzburger Seite Grenzstreifen ausgeschickt. Der Lochener Heimatforscher Herbert Handlechner berichtet auch von einem regelrechten Streit um die Leiche eines beim Wildern getöteten Friedburgers, die von beiden Seiten beansprucht wurde. Selbstmörder, die sich erhängt hatten, hingen oft mehrere Tage unter Bewachung, bis Zuständigkeit und Umstände geklärt waren.
Verpfändungen der Herrschaft an das Herzogtum Bayern gaben Anlass zu Streitigkeiten, die letztlich in den Jahren 1527 und 1530 durch Vergleich (Saalbuch von 1527 und Erläuterung von 1530) beigelegt wurden. Dabei wurde Salzburg die Landeshoheit zugestanden, jedoch mit Ausnahme der Halsgerichtsbarkeit und der Auslieferung der Malefiz-Verbrecher.[1]
In Durchführung der Regelung von 1527 und 1530 erfolgte die Auslieferung der Malefiz-Verbrecher mit umständlicher Feierlichkeit auf offenem See bei Niedertrum: der bayerische Beamte hatte dem mattseeischen Pfleger bis an den Sattelbogen des Pferdes in den See hinein entgegen zu reiten und die Akten zu übernehmen. Gleichzeitig wurde der Auszuliefernde von dem mattseeischen Amtmann auf einem eigenen Schiff dem bayerischen Amtmann noch auf dem See übergeben und erst danach an Land gebracht. Bei zugefrorenem See erfolgte die Auslieferung am Retten- oder Königsbichl. Wurde der Ausgelieferte hingerichtet, so war das Pfleggericht Mattsee davon schriftlich zu verständigen, anderenfalls war er dem Pfleggericht Mattsee wieder zurückzuliefern. Soweit die Theorie. Denn bei Unklarheiten verzögerte sich die Auslieferung, etwa weil sich die Braunauer Behördenvertreter nicht weit genug ins Wasser begeben wollten und die Salzburger Kollegen genau darauf pochten.
Salzburg kaufte sich von den Bayern zeitweilig die Halsgerichtsbarkeit zurück und versuchte mit Verträgen einen einheitlichen Vollzug sicherzustellen. Doch selbst nachdem 1779 das Innviertel zu Österreich gekommen war, blieben noch Kompetenzschwierigkeiten, die erst mit dem Aufgehen Salzburgs im österreichischen Kaiserreich 1816 endeten.
Gebietsumfang und Einteilung
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war das Pfleggericht in sechs Ämter eingeteilt:
- Amt Mattsee,
- Amt Schleedorf,
- Amt Obertrum,
- Amt Seeham,
- Amt Berndorf,
- Amt Lochen.
Jedes dieser Ämter war in Obmannschaften unterteilt: Das Amt Mattsee zerfiel in vier Obmannschaften − die erste, die zweite, die Hausstätter und die Fischer; das Amt Schleedorf in zwei, Obertrum in vier, Seeham in zwei, Berndorf in vier und Lochen ebenfalls in vier.
Das Pfleggericht umfasste insgesamt 17 Dörfer: Mattsee, Steffel, Schalkham, Schleedorf, Obertrum, Absmann, Müllbach, Lochen, Astätt, Thannberg, Petersham, Babenham, Kerchham, Unterweißau, Oberweißau, Berndorf und Seeham.
Bedienstetenstand
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren an Beamten vorhanden: Der Pfleger, ein Kasten- und Ungeldsinspektor, der Kastner, Ungelder und Gerichtsschreiber, ein untergeordneter Schreiber und sonstiges Gerichtspersonal.
Pfleger
Eine Liste der Pfleger findest du im Artikel Pfleger von Mattsee.
Kirchliche Einteilung
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gehörten die Geistlichen dieses Pfleggerichtes zu drei verschiedenen Diözesen: Der Passauer, der Salzburger und der Linzer:
- Zur Diözese Passau gehörte das Kollegialstift Mattsee mit den Pfarren Obertrum, Seeham, Schleedorf;
- zum salzburgischen Dekanat Köstendorf gehörte die Pfarre Berndorf;
- zum Linzer Dekanat Pischelsdorf gehörte die Pfarre Lochen.
Ende und Fortsetzung
Das Pfleggericht Mattsee bestand bis 1850 und wurde dann in ein Bezirksamt und weiter in das Bezirksgericht Mattsee übergeleitet, das bis 1923 bestand.[2]
Quellen
- Hübner, Lorenz: Beschreibung des Erzstiftes und Reichsfürstenthums Salzburg in Hinsicht auf Topographie und Statistik. Erster Band. Das Salzburgische flache Land. Salzburg, F. X. Obeer, 1796. S. 253 ff.
- Fundstelle in Kurioses über Grenzen hinweg, Ausgabe Mehr Salzburger Grenzfälle, in Schriftenreihe des Landesmedienzentrums, Sonderpublikation Nr. 249, erschienen im Dezember 2013, ISBN 978-3-85015-275-4
Einzelnachweise
- ↑ Ausführlich von Kleimayrn, Johann Franz Thaddäus von: Nachrichten von Iuvavia S. 314-317 u. S. 461-467, sowie Kreittmayr, Wiguläus Freiherr von, Grundriß des Allgemeinen, Deutsch- und Bayrischen Staatsrechtes S. 265; beides hier zitiert nach Hübner, aaO S. 260.
- ↑ Artikel Bezirksgericht Mattsee.