Nachkriegszeit


Unter Nachkriegszeit versteht man in Österreich die dem Zweiten Weltkrieg (und damit der NS-Zeit) folgende Zeit der Besetzung Österreichs durch die vier alliierten Hauptmächte des Zweiten Weltkriegs − Sowjetunion, Großbritannien, USA und Frankreich −, die im Jahr 1955 nach dem Abschluss des Staatsvertrages von Wien[1] endete.
Die Nachkriegszeit in Salzburg
Das Ende des Zweiten Weltkriegs und somit der Herrschaft der Nationalsozialisten erlebten die Salzburger zunächst als militärische Besetzung durch amerikanische Truppen sowie die Beschlagnahmung von rund 700 Wohnungen Häuser allein in der Stadt Salzburg. Zudem fehlte es in den ersten Jahren an allem, an Essen, an Kleidung, an Wohnraum, an Baumaterial, an Baumaschinen und vielem anderen. Freigelassene Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, aus ihrer Heimat vertriebene Volksdeutsche hausten in Baracken, Bombenruinen, Not- und Behelfsquartieren.
Im Sommer 1945 hängten die Amerikaner Bilder von den Greuel der Konzentrationslagern auf. Die Menschen reagierten mit staunendem Schweigen, Betroffenheit bis hin zum Nicht-wahr-haben-Wollen.
Begonnen hatte die Nachkriegszeit mit Oberst Hans Lepperdinger, der durch die kampflose Übergabe der Stadt Salzburg möglicherweise deren Zerstörung verhinderte. Möglicherweise deshalb, weil die kolportierte Information, dass 200 viermotorige Bomber zum Angriff auf Salzburg bereitstanden und die Amerikaner im letzten Augenblick durch den Radioaufruf des Kampfkommandaten Lepperdinger von der Bombardierung abgehalten werden konnten, in den Bereich der Legenden zu verweisen ist. Zum Zeitpunkt der Übergabe der Stadt an die Amerikaner befanden sich rund 80 000 Personen sowie rund 7 000 Verwundete in der Stadt.
Das Tagebuch des Josef Hummel gibt einen Einblick in die ungeregelte und grausame erste Zeit der Besetzung. Während die Bevölkerung kaum etwas zu essen hatte, beobachtete Hummel ein Abendessen der Kampfbesatzungsgruppe: ein 30 cm langes, schneeweißes, zweifingerdickes Butterbrot mit dickem Aufstrich, in der Menageschale Reisfleisch oder eine Menageschale mit Gemüse, dazu warmen Milchkaffee. Jeglicher Briefpost- und Bahnfrachtverkehr war eingestellt. Getreideknappheit führte zur Schließung der Brauereien, Kartoffelknappheit ließ sogar unappetitliche Restbestände in Kellern zu Kostbarkeit werden. Die Kaffeehäuser waren für die Bevölkerung nur wenige Stunden benutzbar, die restliche Zeit nur für die Amerikaner.
Nicht nur im Mai 1945 kam es zu einer Reihe von Gewalttaten, auch in den folgenden Monate gab es viele, von denen viele nie aufgeklärt werden konnten. In der Nacht vom 8. auf 9. Mai wurden der Werkmeister Friedrich L. und seine Gattin in einer Großwäscherei an der Augustinergasse ermordet. Ihre Leichen wurden erst Anfang Juli im Rauchabzug eines Dampfkessels gefunden. Am 10. Juli musste die Polizei im Lager Riedenburg einen angeblichen SS-Angehörigen tot bergen, der im Hof zusammengeschlagen wurde. Es gab zahlreiche politisch motivierte Selbstmorde. Im Schloss Leopoldskron tötete der Augenarzt Dr. Willy Reitsch, der Vater der bekannten Fliegerin Hanna Reitsch, seine sechsköpfige Familie (ausgenommen Hanna).
Insgesamt 2 444 Todesfälle gab es 1945 in der Stadt Salzburg, es war die zweithöchste Zahl (nach 1944) in den Kriegsjahren 1939 bis 1945.
1940 hatte die Stadt Salzburg 77 472 Einwohner, zu Kriegsende 98 530, zusätzlich waren im Juli 1945 in mehreren Flüchtlingslager über 66 000 Menschen untergebracht. Mitte Mai 1945 befanden sich rund 18 000 Soldaten der Deutschen Wehrmacht in der Kaserne Riedenburg. Bis März 1946 hatten die Amerikaner etwa 700 Wohnungen requiriert, etwa vier Prozent des damals verfügbaren Wohnraums. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 7 500 amerikanische Soldaten in der Stadt.
Bis Mitte der 1950er-Jahre stieg die Zahl der Wohnungssuchenden auf über 15 000 an. Barackenlager waren bis in die 1960er-Jahren eine typische Wohnform in der Stadt Salzburg. 1953 wohnten 10 668 Menschen in 1 308 Baracken, 1957 waren es immer noch 6 794 Personen in 666 Baracken.
Auch der von den Amerikanern ins Leben gerufenen Marshall Plan führte zu Neubauten und Firmengründungen in Salzburg.
Ereignisse in den Bezirken Salzburgs
Anfang Mai 1945 rückten die Amerikaner Anfang Mai 1945 vom Norden kommend in den [[Lungau] bis Tweng. Die Briten hatten bereits von Südwesten her kommend den restlichen Lungau besetzt. Die sich zurückziehenden Wehrmachtseinheiten mussten bis zur endgültigen Aufteilung unter den alliierten Mächten rund sechs Wochen im Lungau warten. Das waren rund 70 000 Soldaten und zwischen 12 000 und 15 000 Pferde der Kavallerie. Diese Anzahl von Menschen und Tieren war eine gewaltige wirtschaftliche Herausforderung in einer Zeit, in der die Versorgung nur notdürftigst funktioniert. Der Bezirk Lungau wurde deshalb zum Notstandsgebiet erklärt.[2]
Die ersten Tage nach Ende des Weltkriegs
5. Mai: Richard Hildmann wurde von den US-amerikanischen Besatzern wieder als Bürgermeister der Stadt Salzburg eingesetzt.
10. Mai: Das Gut Taxham in der Stadt Salzburg wurde von freigelassenen Russen, Polen und Serben geplündert; auch andere landwirtschaftliche Betriebe klagten über Plünderungen, vor allem im Norden der Stadt und der Umgebung, durch frühere, jetzt schwer bewaffnete Insassen des Flüchtlingslagers Hagenau, die Polizei war ohne eigene Bewaffnung machtlos.
11. Mai: Gründung der SPÖ Salzburg. Bei der ersten Konferenz der sozialistischen Vertrauenspersonen im Chiemseehof mit fünfzig Anwesenden konstituierte sich eine provisorische Landesparteivertretung, zu dessen Vorsitzenden Franz Peyerl gewählt wurde, zum Landesparteisekretär Franz Rauscher bestellt.
12. Mai: Die US-Militärregierung übetrug die Zivilgewalt im gesamten Stadtgebiet von Salzburg an Bürgermeister Richard Hildmann, behielt aber das volle Kontroll- und Weisungsrecht. Am Abend verkündeten Lautsprecher die Ausdehnung der Ausgeherlaubnis auf die Zeit von 06 bis 20 Uhr.
23. Mai: Adolf Schemel übernahm als Landeshauptmann die Führung der Landesregierung, die von ÖVP, SPÖ und KPÖ gebildet wurde.
Am 8. Juli wurde in Tirol mit der Verlegung der 42. US-Infanterie-Division (auch Rainbow Division genannt) nach Salzburg begonnen. Die Regenbogen-Division unter ihrem Kommandanten Generalmajor Harry J. Collins sollte hier die bisherigen Kampftruppen ablösen. Das Land Salzburg gehörte nun – nach der Einigung der vier Siegermächte in London – definitiv zur amerikanischen Besatzungszone.
Die Salzburger Festspiele 1945 (die Festspiele waren auch von den Nationalsozialisten sehr geschätzt worden) brachten bald wieder internationales Publikum in die Landeshauptstadt.
1955: Abzug der Amerikaner aus Salzburg
Am 15. Juli wurde mit einer Abschiedsparade im Camp Roeder und der Auflösung der Kommandostäbe die Besatzungszeit offiziell beendet. Generalleutnant William Howard Arnold erklärte, die Mission der USFA, die Unabhängigkeit Österreichs zu sichern, sei erfüllt. Empfänge im Hotel "Österreichischer Hof" und im Offiziersklub im Camp Roeder ergänzen die Feierlichkeiten. Am 3. Oktober 1955 wurde der Generalleutnant William Howard Arnold von Salzburg verabschiedet.[3]
Weitere Beiträge und Notizen zur Nachkriegszeit
Notizen
Im Schloss Tandalier in Radstadt hatte die Schwedenhilfe in Österreich ein Erholungsheim für vor allem Salzburger Kinder, aber auch Kinder aus Wien, eingerichtet gehabt.
Quellen
- Marx, Erich (Hrg.): Befreit und besetzt, Stadt Salzburg 1945–1955, erschienen in der Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg, 1996, Verlag Anton Pustet, ISBN 3-7025-0344-7
Einzelnachweise
- ↑ BGBl. Nr. 152/1955
- ↑ Quelle facebook, ein Bild, das ein riesiges Lager zwischen dem Mitterberg und Mörtelsdorf zeigt mit Text von Klaus Heitzmann.
- ↑ Quelle Bildbeschreibung des Salzburger Journalisten Hans Heinrich Welser
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