Wüstenrot-Gruppe

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Teilansicht des Gebäudes mit dem Firmensitz der Wüstenrot-Gruppe.

Wüstenrot ist ein im Bereich des Bausparens und des Versicherungswesens tätiger österreichischer Finanzkonzern mit Hauptsitz in der Stadt Salzburg.

Einleitung

Die Bausparkasse Wüstenrot AG und die Wüstenrot-Versicherungs AG verfügen über Tochtergesellschaften in Kroatien und in der Slowakei. Die Bausparkasse ist darüber hinaus in Ungarn tätig. Mit der Gründung einer Digitalbank entwickelt sich Wüstenrot zu einem Allfinanzdienstleister.

Geschichte

Die Wiege der Bausparbewegung stand im England des 18. Jahrhunderts. Erst nach dem Ersten Weltkrieg, als das Wohnungselend unerträgliche Formen annahm, wurde der Bauspargedanke auf dem Kontinent aufgegriffen. Georg Kropp gründete 1921 in der kleinen württembergischen Gemeinde Wüstenrot die "Gemeinschaft der Freunde e.V. Wüstenrot bei Heilbronn". Die Idee war, mit der Einzahlung von Sparbeiträgen durch die Genossenschafter in einen gemeinsamen Topf Finanzierungsmittel für den Hausbau zu schaffen. Sobald genug Geld in der Kasse war, wurde zunächst per Losentscheid entschieden, welche Bausparer den Zuschlag zum Hausbau erhalten sollten. Später wurde das Zuteilungsverfahren auf ein finanzmathematisches Zeit-und-Geld-System umgestellt.

Als sich die Anfragen und Interessentenmeldungen aus Österreich häuften, wurde Dr. Siegfried Gmelin, ein enger Mitarbeiter von Georg Kropp, nach Salzburg entsendet, um das Bausparen hier einzuführen. Am 30. November 1925 hielt er im alten Kurhaus seinen ersten Werbe-und Aufklärungsvortrag "Jeder Familie ein Eigenheim". Das war die Geburtsstunde des Bausparens in Österreich.

Wüstenrot war zunächst als Österreich-Abteilung der deutschen Bausparkasse tätig und ab 1930 (Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 12. Dezember 1929) als selbständige österreichische "Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot gemeinnützige registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung" mit Sitz in Salzburg. In diesem Jahr wurden bereits 1 000 Eigenheime finanziert, bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs waren es 5 000. Die Schrecknisse dieses fürchterlichen Krieges unterbrachen die erfolgreiche Entwicklung. Nach 1945 war es ein mühsamer Wiederbeginn aber bereits 1957 wurde das 10 000. von Wüstenrot mitfinanzierte Eigenheim fertiggestellt. Eine entscheidende Verbesserung der Finanzierungskraft wurde 1958 durch die Einführung der Steuerbegünstigung nach dem Einkommensteuergesetz auch für nicht Bauwillige erreicht.

Hofrat Oberbaurat Dipl.-Ing. Ludwig Hau unterstützte nach dem Zweiten Weltkrieg Dr. Siegfried Gmelin beim Aufbau der Bausparkasse Wüstenrot, deren Aufsichtsrat er bis 1962 angehörte.[1]

Die Umstellung der Förderung auf das Prämiensystem ab 1973 war der Beginn einer steilen Aufwärtsentwicklung der Bausparkassen in Österreich, die zu markanten Marktanteilen bei der Wohnbaufinanzierung führten. Die Möglichkeit Fixzinsdarlehen mit einer langen Laufzeit zu vergeben, machte das Bausparen besonders attraktiv. In den 1970er- und 1980er-Jahren konnte die aus haupt- und nebenberuflichen Mitarbeitern bestehende Vertriebsbasis der Bausparkasse Wüstenrot durch Partnerschaften mit den Mitgliedern des Verbands österreichischer Banken und Bankiers sowie mit der Post und der Postsparkasse erheblich verbreitert werden. Mit Beschluß der Generalversammlung vom 20.06.1997 wurde eine weitreichende strukturelle Umgestaltung der Bausparkasse vorgenommen. Aus der Genossenschaft wurde der bankgeschäftliche Teilbetrieb in die neu gegründete Bausparkasse Wüstenrot AG eingebracht. Dies ermöglichte es, wechselseitige Beteiligungen mit den wichtigsten Vertriebspartnern einzugehen. Die Genossenschaft wurde in Wüstenrot Wohnungswirtschaft reg.Gen.m.b.H. umbenannt und erhielt als neuen Tätigkeitsbereich wohnungswirtschaftliche und Kundenservice-Aufgaben sowie die Wahrnehmung der Beteiligungsrechte an den verschiedenen Unternehmen der Wüstenrot-Gruppe.

Bis ins Jahr 2020 entstanden in Österreich mehr als 500 000 Eigenheime mit Wüstenrot Bausparkassenfinanzierungen.

Die Zentrale der Bausparkasse Wüstenrot befand sich ursprünglich in der Auerspergstraße 7 und ist seit dem Jahr 1968 in der Alpenstraße 70.

Am 14. August 1975 fasste der Bausparkassen Vorstand den Beschluss, mit der Gründung einer Wüstenrot Lebensversicherungs-AG ein zweites wirtschaftliches Standbein zu schaffen. Voraussetzung für die Konzessionserteilung durch das Bundesministerium für Finanzen war die Zustimmung der damals noch bestehenden Versicherungs-Wiederaufbaukommission, die eine Bedarfsprüfung durchzuführen hatte. Mitglieder der Kommission waren Vertreter der Versicherungswirtschaft, die jeder Neugründung mit großen Vorbehalten gegenüberstanden. Mit Unterstützung der Bundesländer-Versicherung (heute UNIQA) konnte die Zustimmung erreicht werden. Mit dieser Versicherung verband Wüstenrot seit den 1930er-Jahren eine Zusammenarbeit im Bereich der Vermittlung von Kreditrestschuld Versicherungen. Die Gründungshauptversammlung fand am 10. November 1976 statt und die Betriebsaufnahme im April 1977. 55 % des Grundkapitals wurden von Wüstenrot übernommen und 45 % von der Bundesländer-Versicherung, die auch das versicherungstechnische Know-how einbrachte. Gründungsvorsitzender war Wüstenrot Generaldirektor Walter Aichinger, sein Stellvertreter Bundesländer Generaldirektor Dr. Herbert Cretnik. Der erste Vorstand bestand aus Dr. Franz Steiner (Wüstenrot, Vorsitzender) und Heinrich Wallner (Bundesländer). Mitarbeiter der ersten Stunde waren Prokurist Helmut Gaiswinkler (später Vorstand) und Versicherungsmathematiker Alois Schulner (später Direktor). Innerhalb weniger Jahre gelang es zur prämienstärksten Lebensversicherungsgesellschaft mit Sitz außerhalb Wiens zu werden.

1982 wurde die Sparte Unfallversicherung eingeführt, was eine Änderung des Firmenwortlauts auf Wüstenrot Versicherungs-AG zur Folge hatte. Mit der Übersiedlung in das mit dem Architekturpreis des Landes Salzburg ausgezeichnete neue zentrale Verwaltungsgebäude in Salzburg, Alpenstraße 61 im Jahr 1991 wurde die papierlose Vertragsverwaltung eingeführt. Sämtliche Vertragsunterlagen und die Korrespondenz sind seither am Arbeitsplatz auf Bildschirmen abrufbar. Bereits seit Betriebsaufnahme waren sämtliche wichtigen Vertragsdaten in den Landesdirektionen und Beratungsstellen in ganz Österreich elektronisch einsehbar und erfolgte die Unterlagenspeicherung auf Mikrorollfilm. Mitte der 1990er Jahre wurden Telearbeitsplätze für Mitarbeiter im Lungau eingerichtet. Wüstenrot war damit österreichweit führend. Mit der Übernahme und Fusion der altehrwürdigen Volksfürsorge Jupiter Allgemeine Versicherungs AG (VJV) mit Sitz in Wien, Stubenbastei 2 per 1. Jänner 2001 wurde Wüstenrot zum Kompositversicherer, der in der Sachversicherung alle Sparten von der Eigenheim- bis zur Kfz-Versicherung anbietet. Der aus mehreren 100 000 Papierakten bestehende und den gesamten 5. Stock des Gebäudekomplexes Zedlitzgasse-Stubenbastei-Wollzeile einnehmende Vertragsbestand der VJV wurde innerhalb weniger Monate gescannt, digitalisiert und in das Wüstenrot System übernommen. Bekannte Mieter in diesem Gebäudekomplex von Wüstenrot Wien sind das Kabarett Simpl und das Restaurant Plachutta Wollzeile.

In den 1990er-Jahren erfolgte gemeinsam mit der rechtlich nicht verbundenen deutschen Wüstenrot die Gründung von Bausparkassen- und Lebensversicherungsgesellschaften in Tschechien und in der Slowakei. Federführend bei den Unternehmensgründungen war Helmut Geier, Vorstandsmitglied der Bausparkasse Wüstenrot. In Tschechien besaß zunächst Wüstenrot Deutschland die Aktienmehrheit und in der Slowakei Wüstenrot Österreich. In der Zwischenzeit kam es zu einer Bereinigung, die zu jeweils 100 prozentigen Beteiligungen führten. In Kroatien ist die Bausparkasse seit 1998 tätig und die Versicherung seit 2013. In Ungarn besteht eine 13,63 prozentige Beteiligung an der Fundamenta-Lakaskassza Bausparkasse Zrt.

Von der internationalen Finanzkrise der Jahre 2008/09 blieb auch Wüstenrot nicht verschont. Staatliche Finanzhilfen mussten nicht in Anspruch genommen werden. Bei der Bausparkasse waren jedoch umfangreiche Kapitalmaßnahmen erforderlich, nachdem Verluste in dreistelliger Millionenhöhe durch den Ausfall ausländischer festverzinslicher Wertpapiere eingetreten waren: Die Bausparkasse Wüstenrot AG wurde neu gegründet und der gesamte Bausparbestand auf die neue Gesellschaft übertragen. Zur Kapitalisierung wurden die Anteile der Wüstenrot Wohnungswirtschaft an der Wüstenrot Versicherungs-AG in die neue Bausparkasse Wüstenrot eingebracht. Die alte Bausparkasse Wüstenrot AG heißt jetzt BWA Beteiligungs-und Verwaltungs-AG.

Die Wüstenrot Gruppe betreute im Jahr 2020 mit an die 2 400 Mitarbeiter-Innen mehr als 2,1 Millionen Kunden. Die Bilanzsummen belief sich auf € 11.510,8 Millionen.

Unternehmen (Stand 31.12.2020)

  • Wüstenrot Wohnungswirtschaft reg. Gen.m.b.H., Salzburg
  • BWA Beteiligungs-und Verwaltungs-AG, Salzburg
  • Bausparkasse Wüstenrot AG, Salzburg
  • Wüstenrot Versicherungs-AG, Salzburg
  • Wüstenrot Datenservice GmbH, Salzburg
  • Wüstenrot stavebna sporitelna a.s., Bratislava (Bausparkasse Slowakei)
  • Wüstenrot stambena stedionica d.d., Zagreb (Bausparkasse Kroatien)
  • Wüstenrot poist´ovna a.s., Bratislava (Kompositversicherung Slowakei)
  • Wüstenrot zivotno osiguranje d.d., Zagreb (Lebensversicherung Kroatien)

Die Wüstenrot Wohnungswirtschaft hält 77,21% an der BWA (12,63% UniCredit Bank Austria AG, Wien; 3,88% BAWAG PSK Bank AG, Wien; 2,60% Oberbank, Linz und 3,68% weitere acht Aktionäre). Die BWA hält 94,49% an der Bausparkasse Wüstenrot (5,51% Wüstenrot Wohnungswirtschaft). Die Bausparkasse Wüstenrot hält 97,1% an der Wüstenrot Versicherung (2,90% Wiener Städtische Versicherung AG, Wien) und jeweils 100% an den Bausparkassen in der Slowakei und in Kroatien, sowie 13,63% an der Bausparkasse Ungarn. Die Wüstenrot Versicherung hält jeweils 100% an den Versicherungen in der Slowakei und in Kroatien.

Nicht mehr bestehend das Wüstenrot Reiseservice.

Generaldirektoren

Bausparkasse

Versicherung

  • Dr. Franz Steiner, 1976 bis 1998
  • Helmut Geier, 1998 bis 2008

Sonstiges

In Salzburg-Gnigl gibt es eine Wüstenrotstraße.

Quellen

Einzelnachweis

  1. Quellen dieses Satzes siehe Salzburgwiki-Artikel Ludwig Hau