Hagenauer - der Wiener Zweig

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Dieser Artikel behandelt den Wiener Zweig der Familie Hagenauer.

Einleitung

Burg Radeck

Die napoleonischen Kriege und die zwischen 1803 und 1816 durch den viermaligen Regierungswechsel einschneidendsten Umwälzungen Salzburgs, hatten sowohl das ehemalige Fürsterzbistum als auch die Hagenauer in eine tiefe Krise gestürzt. Salzburg war nun keine eigenständige Provinz im Kaisertum Österreich geworden, sondern als Salzachkreis lediglich fünfter Kreis des Erzherzogtums Österreich ob der Enns, mit dem Verwaltungssitz in Linz. Dies führte nach dem Verlust der jahrhundertelangen Machtposition des Landes im süddeutschen Raum zu einer Krise, die sich in den massiven wirtschaftlichen Einbußen und dem drastischen Bevölkerungsrückgang im gesamten Salzachkreis zeigte. Die Handelsgeschäfte der Hagenauer gingen schleppend, die männlichen Nachfolger zur Übernahme der Handelshäuser fehlten, und die einst in einflussreichen Positionen des Erzstiftes sitzenden Verwandten waren nicht mehr vorhanden. Obwohl die Hagenauer in Salzburg unter anderem noch auf Schloss Mönchstein, dem alten Gurkerhof oder auf der seit den Napoleonischen Kriegen beschädigten Burg Radeck (auch Schloss Radeck genannt) saßen, übersiedelte die nächste Generation der Hagenauer in die neue Hauptstadt (des Salzachkreises) Linz. Die Stadt Salzburg war "zu einem Betteldorf mit leeren Palästen herabgesunken". Um 1816 waren die meisten Hagenauer in Salzburg bereits ohne männliche Nachkommen gestorben oder, wie das Gros der einflussreichen und bedeutenden Salzburger Familien, von dort weggezogen.

Linz, die neue Hauptstadt des Salzachkreises

Im Jahr 1812 hatte Johann Wolfgang Hagenauer (Johannes Wolfgangus), Sohn des hochfürstlichen Kammerdieners und Hof-Architekten Wolfgang Hagenauer, in der Wallfahrtsbasilika Maria Plain bei Salzburg Theresia Leopoldine Enck von der Burg (* 1792; † 1852), Tochter des wirklichen Hofkammerraths Franz Leopold Enck (Enk) von der Burg und der Josefa Theresia Strasser, geheiratet. 1816 übersiedelte das Paar nach Linz, wo Johann Wolfgang als Amts- und Kreis-Ingenieur und später als k. k. Wasserbau-Director tätig war. Im Jahr 1850 sollte er ohne Nachkommen sterben, worauf seine Frau Landschafts-Gemälde des letzten Salzburger Hofmalers, Andreas Nesselthaler, dem Salzburger Museum Carolino-Augusteum vermachte. Sein Cousin Franz de Paula II., Sohn des hochfürstlichen Baudirektors Johann Georg III. von Hagenauer, studierte in Salzburg Rechtswissenschaften, machte danach ausgedehnte Reisen in Oberitalien und sollte erst 1825 nach Linz übersiedeln. Franz de Paula hatte in Linz die Stelle eines k.k. "Statthalter-Concipient" und später die des k.k.  Registraturs-Direktors inne. 1823 heiratete er die Edle Barbara Schloßgängl von Edlenbach (Tochter eines Juristen und hochfürstlichen Hofrates), die wie die Frau seines Cousins Johann Wolfgang aus einer Adelsfamilie des höheren Salzburger Beamtenstandes stammte. Johann Wolfgang und Franz de Paula (II.) waren ja beide in der Landesverwaltung tätig, da wahrscheinlich die vorangegangenen unsicheren Krisenjsahre sie dazu bewegt hatten, sich für den beständigeren Staatsdienst zu entscheiden.

Im biedermeierlichen Linz bestand das gesellschaftliche Umfeld der beiden Cousins Johann Wolfgang und Franz de Paula von Hagenauer nun hauptsächlich aus hohen Beamten und deren Familien, Mitgliedern des Klerus (wie der Benediktiner Michael Leopold Enk von der Burg), sowie Künstlern. Zu den Beamtenfamilien gehörten unter anderem die Ritter von Spaun, die Enk von der Burg, die Schloßgängl von Edlenbach, die Steyrer von Riedenburg, die Grafen Chorinsky oder die Freiherrn von Vogelsang. Mit ihnen waren die Hagenauer meist nicht nur verwandt oder verschwägert, sondern oft auch beruflichen verbunden. Am stärksten aber verbanden diese Familien ihre starke Religiosität und die Frömmigkeit im Glauben sowie ihre Leidenschaft zur Kunst. Die Hagenauer-Cousins waren ja in ihrer Kindheit und Jugend in Passau und Salzburg in der beeindruckenden Welt von Kirchenfürsten, hohen Geistlichen und herausragenden Künstlern (Musikern, Bildhauern, Architekten und Malern) aufgewachsen. Nun waren auch in den Linzer Salons, bei Konzertabenden oder bei den sogenannten "Landpartien" dieser Familien häufig Künstler geladen. Einige dieser Künstler wurden von den Familien gefördert, mit manchen verband sie auch eine lebenslange Freundschaft. Der heute Bekannteste war sicherlich der Komponist Franz Schubert, den die später verwandten Freiherren von Spaun gefördert hatten. Aber auch die Maler Moritz von Schwind (der Trauzeuge bei einer Hagenauer-Hochzeit wurde) und Leopold Kupelwieser, die Schriftsteller Adalbert Stifter (der Hauslehrer der Hagenauer-Kinder wurde), Franz Grillparzer und Eduard von Bauernfeld, oder die Dichter Freiherr Ernst von Feuchtersleben sowie Franz von Schober (und einige mehr) gehörten zum engeren Kreis der Familien. Franz de Paula II. von Hagenauer hatte 1835 ein kleines Vermögen von seinem Vater geerbt, das sich aus dessen Erbe seines kinderlosen Schwagers in Passau, aus dem Gurkerhof in Salzburg, der Burg Radeck bei Salzburg und dem Haus in der Rotenturmstraße in der Wiener Innenstadt zusammen setzte. Seine Kinder Franz de Paula III. (1824 - 1885), Eugen (1825 - 1880), Julius (1826 - 1879) und Helena (*1835), wurden unter anderem von dem Schriftsteller und Maler Adalbert Stifter unterrichtet. Alle Brüder studierten später in Wien, wobei die beiden älteren wie ihr Vater Jurist wurden und der Jüngste Philosophie studierte. Vorerst blieben alle Brüder als Beamte in Linz, nur der älteste Sohn, Franz de Paula (III.), sowie dessen Neffe Arnold II. (Sohn des Julius) sollten später nach Wien übersiedeln.

Die jüngste Tochter des Franz (II.) von Hagenauer, Helena von Hagenauer, hatte 1852 Major Karl Elßler geheiratet. Karl war der Sohn von Johann Florian Elßler, der im damaligen Ungarn in der Glanzzeit von Eisenstadt im Dienste des Fürsten Esterházy stand, sowie Faktotum und Leib-Kopist von Joseph Haydn bis zu dessen Tod 1809 war. Die bekannten Geschwister von Major Karl Elßler waren Johann Elßler, Chordirektor an der Berliner Oper, sowie die damals berühmtesten Tänzerinnen des 19. Jahrhunderts, Therese und Franziska (Fanny) Elßler. Therese war in morganatischer Ehe mit Prinz Adalbert von Preußen als Freifrau von Barnim verheiratet (Sohn Adalbert Freiherr von Barnim). Die Schwester Fanny Elßler hatte aus einer Verbindung mit Leopold von Neapel-Sizilien, Prinz von Salerno und Sohn des Königs Ferdinand IV. von Neapel, einen Sohn Franz. Dieser Sohn wuchs in Eisenstadt auf und nahm sich 1873 das Leben. Aus einer Verbindung mit ihrem Jugendfreund Anton Stuhlmüller hatte Fanny Elßler auch eine Tochter namens Therese, die den Truchsess und Rittmeister Victor Weber Edler von Webenau heiraten sollte.

Die Hagenauer standen in Linz in regem Kontakt mit der Familie Spaun (Förderer Franz Schuberts). Im Jahr 1851 hatte Franz de Paula (III.) von Hagenauer die Edle Marie von Spaun, Tochter des Anton Ritter von Spaun und der Henriette Freiin von Vogelsang, in Traunkirchen geheiratet. Anton von Spaun war Landrat, ständischer Syndikus in Linz und Ritterstandsverordneter in Oberösterreich. Er legte den Grundstock für das oberösterreichische Landesmuseum Francisco-Carolinum 1833, sowie das Urkundenbuch des Landes Oberösterreich. Spauns reichhaltiges Betätigungsfeld galt der Erforschung der Mundart, des Volksliedes, der Trachten und der Tänze. Anton von Spaun hinterließ ein reiches kulturelles Erbe und wird als der Begründer der Volkskunde in Österreich gesehen. Nachdem die Hagenauer ihr Salzburger Landgut mit der Burg Radeck aufgegeben hatten, verbrachten sie ihre Sommermonate auf Schloss Klaus in Kirchdorf (Oberösterreich), wo sie auch eine Jagd hatten. 1852 wurde auf Schloss Klaus der älteste Sohn des Franz de Paula (III.) von Hagenauer und seiner Frau Marie geboren, der auf den Namen Simon (II.) Anton Franz Heinrich (nach seinem Großvater mütterlicherseits - Simon Thaddäus Ritter von Spaun) getauft wurde. 1848 hatten die Spaun in Traunkirchen am Traunsee (OÖ) das ehemalige Landrichterhaus erworben. Die Hagenauer verbrachten in den folgenden Jahrzehnten die Sommermonate ebenfalls am Traunsee in der Villa Spaun. Diese "Villa Spaun" befindet sich noch heute im Besitz der Nachkommen (Freiherren von Spaun und Freiherren von Cornaro) und wurde als Gedenkstätte für Franz Schubert und später auch Arnold Schoenberg bekannt.

Wien, Hauptstadt der k. u. k. Doppelmonarchie

Franz de Paula III. Baron von Hagenauer (1824 - 1885), Ritter des päpstlichen Piusordens

Vorerst blieb Franz (III.) als k.k. "Statthalterei-Rath" im Staatsdienst in Linz tätig, später sollte er in die Privatwirtschaft wechseln und nach Wien ziehen. Er wurde der Stifter des Wiener Zweiges der Hagenauer, der noch heute blüht. Um 1870 übersiedelte schließlich die Familie mit den drei Kindern Simon II. (*1852 in Kirchdorf; †1920 in Wien), Maria (* 1855 in Vöcklabruck; † 1937 in Wien) und Gertrud (* 1863 in Linz; †.... in Venedig) nach Wien in das Haus Wollzeile Nr. 3. In Wien wurden noch die Tochter Therese-Walburga (* 1873 in Wien; † 1956 in Wien) und der jüngste Sohn Franz de Paula IV. geboren, der allerdings mit fünf Monaten starb. Maria sollte später den Literarhistoriker und Pädagogen Karl Ferdinand Edler von Kummer heiraten, der unter anderem auch Erzherzogin Marie Valerie (jüngste Tochter des österreichisch-ungarischen Herrscherpaars Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth) von 1879 bis 1886 in Literaturgeschichte unterrichtete. Marias Schwester Gertrud heiratete den venezianischen N. H. (nobiluomo) Enrico Marzollo, Patrizier von Venedig. Das ursprünglich Bologneser Uradelsgeschlecht der Marzollo´s (Marzolo) scheint in den Urkunden bereits 1270 als "al Patriziato Veneto" (Patrizier von Venetien) auf, wo sie seither ansässig waren. Die Jüngste Theresa Walburga heiratete den vermögenden Weissrussen Wilhelm v. Bergmann, mit dem sie bis zur russischen Revolution und der Zwangsenteignung der Gutsbesitzer in St. Petersburg wohnte. Von St. Petersburg flohen sie nach München, wo allerdings der Mann in Spielcasinos den Großteil des restlichen Vermögens verlor.

Franz de P. (III.) war in Wien Direktor der Versicherungs-Gesellschaft "Assicurazioni Generali" geworden (1838 in Triest gegründet), die heute der größte Versicherungs-Konzern (Generali) Italiens ist. Beruflich reiste er oft nach Venedig und Triest, wobei er auch stets seine venezianischen sowie die Triester Verwandten besuchte. Auf etlichen seiner Reisen durften ihn seine Kinder begleiten. Die Sommermonate verbrachte er mit seiner Familie mit Jagen und Bergsteigen in Bad Ischl, wobei er dafür stets die Villa Felicitas angemietet hatte, die später als "Villa Schratt" (benannt nach der Schauspielerin Katharina Schratt) bekannt werden sollte. Franz (III.) von Hagenauer hatte drei grosse Leidenschaften, die Jagd, das Bergsteigen, sowie den katholischen Glauben. Für sein stetiges Engagement in der katholischen Kirche wurde er später in den Freiherrenstand erhoben. Im Jahr 1884 verlieh Papst Leo XIII. dem "Nobile Francesco de Hagenauer di Salisburgo" für seine Verdienste um die römisch-katholische Kirche, "als auch für die Verdienste seiner Vorfahren", die erbliche römische Baronie und ernannte ihn zum Kollar-Ritter des päpstlichen Piusordens. Als persönliches Geschenk des Papstes erhielt er eine Kreuz-Reliquie (Kreuzpartikel). Baron Franz de Paula III. starb im darauffolgenden Jahr (1885) auf seinem Jagdgut und wurde in Bad Ischl begraben.

Simon Baron von Hagenauer (1852-1920), Direktor der Riunione Adriatica di Sicurtà in Wien, Ritter des päpstlichen Gregoriusordens

Der 1852 geborene Simon (II.) Anton Franz Heinrich von Hagenauer übersiedelte 1870 mit seinen Eltern und Geschwistern von Linz nach Wien. Durch seine Passion des Jagens und Bergsteigens wurde Simon bereits mit 17 Jahren 1869 Mitglied des (1862 gegründeten) Oesterreichischen Alpenvereins. In der "Wiener Abendpost" (1. Sep. 1875) "schilderte Herr Simon von Hagenauer in sehr anziehender Weise den Fang eines jungen Steinadlers im Juli zu Hinterstodern an der oberösterreichisch-steiermärkischen Grenze". 1872 leistete Simon II. seine Präsenzdienstpflicht als Einjährig-Freiwilliger in dem k.u.k. niederösterreichischen Dragoner-Regiment "Friedrich August König von Sachsen" Nr. 3, bei den sogenannten 3er-Dragonern. Dort befreundete er sich mit dem ebenfalls in Offiziersausbildung stehenden Max Wladimir von Beck. Der spätere österreichische k.k. Ministerpräsident (1906 - 1908) Max Wladimir Freiherr von Beck war nicht nur ebenso streng katholisch wie Baron Simon II., sondern mit ihm auch über die Triester Linie der Hagenauer (seine Mutter war Ersilia Caecilia Baronin von Beck, née von Hagenauer) verwandt. Nach der Militärzeit begann Simon II. Rechtswissenschaften zu studieren.


Baron Simon von Hagenauer mit Baronin Amélie von Hagenauer, Wien 1879

Nach Beendigung des Jusstudiums hatte er 1878 die ebenfalls aus streng katholischem und sehr wohlhabendem Haus stammende Französin Amélie (Tochter des August Thomas und der Mathilde Rebattu) im Wiener Stephansdom geheiratet. Amélies Vater (aus einer seit den napoleonischen Kriegen in Mailand lebenden Familie französischer Herkunft) war um 1835 noch sehr jung nach Wien gekommen und in das Bankhaus Arnstein & Eskeles eingetreten. Später gründete er ein eigenes Bankhaus, das jedoch den Börsenkrach von 1873, wie die meisten Banken in Wien, nicht überlebt hatte. Schließlich wurde er (auf Grund seiner Freundschaft mit Heinrich Freiherr von Pereira-Arnstein und Freiherr von Eskeles) Direktor der Staats- und Südbahn, wo er 1874 auch die "Compagnie Internationale des Wagons-Lits" (eigene Luxuszüge wie z. B. den Orient-Express) einführte. In Wien wurden seine zwei Kinder geboren, Alfred (später mit Baronesse Marie von Pitha vermählt, Tochter des Freiherrn Franz von Pitha und Emilia Barter) und Amélie (später mit Baron Simon von Hagenauer vermählt). Amélie wurde im Wiener Stephansdom getauft, wobei die musikbegeisterte Mäzenin Wilhemina Freiin von Brentano-Cimaroli (spätere Freifrau von Eskeles) ihre Taufpatin war. Amélies Vater Auguste (aus einer ursprünglich Dijon´er Familie stammend), unter dessen Vorfahren sich auch der französische Komponist Jean-Philippe Rameau (* 1683 Dijon; † 1764 Paris) befand, spielte ausgezeichnet Klavier und Violine und war mit einer großen Anzahl von Musikern wie Francesco Pollini, Gaetano Donizetti, Giovani Fadolini, Franz Liszt, Jacques Offenbach und anderen sehr eng befreundet, von denen er manchen ein Mäzen war. Viele dieser Musiker hatten französische oder italienische Wurzeln. Von diesen Freundschaften zeugt eine Sammlung signierter Lithographien vieler Komponisten und Opernsänger, sehr frühen Fotografien (ab 1840) und erhaltenen Briefen, wobei etliche dieser Musiker auch die als "legendäre Schönheit" bezeichnete Tochter Amélie verehrt haben sollen. Aus späterer Zeit haben sich fünf großformatige Ölportraits des mit der Familie befreundeten Malers Ernst Lafite (ebenfalls französischer Abstammung) erhalten, die Simon (II.) Baron von Hagenauer und seine Frau Amélie (geborene Thomas), ihren Bruder Alfred Thomas (mit Baronesse von Pitha verehelicht) sowie ihre Eltern August und Mathilde Thomas (geborene Rebattu) zeigen. Die Leidenschaft zur Musik, bildenden Kunst und Jagd verband die beiden Familien Hagenauer und Thomas ebenso wie deren starker Katholizismus.


Amélie Baronin von Hagenauer, Audienz bei Papst Leo XIII. 1888

Simon (II.) Anton Franz Heinrich Baron von Hagenauer hatte von seinem Vater Franz de Paula (III.) drei Leidenschaften übernommen, die Jagd, das Bergsteigen und die Religiosität im katholischen Glauben. Die Jagdleidenschaft führte Simon unter anderem auch nach Algerien und Tunesien zu einem französischen Verwandten, während er sich durch seine Religiosität bis an sein Lebensende stark in der katholischen Kirche engagieren sollte. Als römischer Baron nahm er oft an der jährlichen Audienz des Papstes für die Patrizier und Adeligen der Stadt Rom ("aristocrazia nera") teil. Seit 1887 war Simon II. Mitglied des katholischen "Bonifatius-Verein"s. Über viele Jahre hinweg übernahm er auch die persönlichen Überbringung der jährlichen Kollekte des "Peterspfennigs" an den Papst im Vatikan. Im Jahr 1889 wurde Baron von Hagenauer von Papst Leo XIII. "für den Eifer in der Verteidigung der katholischen Religion" zum Ritter des Gregorius-Ordens ernannt und ihm der Gregorius-Orden (Großkreuz) verliehen. Dieser päpstliche Ritterorden war eine der höchsten Auszeichnungen des Papstes an Laien. Viele von Simons Freunden und Bekannten waren katholische Publizisten, Politiker oder Sozialreformer. Der heute bekannteste davon war sein entfernter Cousin Karl Freiherr von Vogelsang, der geistige Begründer der "Christlichsozialen Bewegung". Ihn traf er bei den sogenannten "Enten-Abenden" in Wien, oder Vogelsang besuchte Hagenauer auf dessen Landsitz. Baron von Hagenauer war ebenso Mitglied eines kleinen exklusiven antimassonischen Kreises, in dem sich die führenden Mitglieder katholischer Laienorganisationen der österreichischen Monarchie befanden. In diesem Kreis arbeiteten der Dominikanerpater Paulus (Ritter von) Toggenburg und der Jesuitenpater Franz Xaver (Graf) Widmann, der Redacteur (katholischer Publikationen) Karl Koller, der Vizebürgermeister von Wien Dr. Josef Porzer, sowie folgende Mitglieder: Carl Graf Chorinsky, Nikolaus Moriz Graf Esterházy, Viktor Freiherr von Fuchs, Josef Alex. Freiherr von Helfert, Emerich Graf Hunyady, Friedrich Graf Schönborn, Johann Erbprinz von und zu Schwarzenberg, Ernst Graf Sylva-Tarouca, Koloman Graf Széchenyi, Wilhelm Graf Wolkenstein und Ferdinand Graf Zichy. Dieser antimassonische Kreis hatte es sich zum Ziel gemacht, die "Geschichte und Wirksamkeit der Freimaurerei" in der österreichischen Monarchie zu beleuchten. 1892 wurde Baron Simon Mitbegründer der "Österreichischen Leo-Gesellschaft", dessen Ziel die Förderung von Wissenschaft und Kunst auf katholischer Basis war. Schließlich wurde Hagenauer noch Vizepräsident des 1905 gegründeten "Österreichischen Pius-Vereins", dessen Hauptaufgabe die Stärkung der katholischen Presse war.


Amélie Baronin von Hagenauer mit ihren Kindern Baronesse Mathilde und Baron Simon, 1882

Beruflich hatte Baron Simon (II.) die Geschäfte seines Vaters übernommen, den Direktorenposten der 1831 in Triest gegründeten Versicherungs-Anstalt Riunione Adriatica di Sicurtà (heutige RAS Holding) in Wien, wo er ebenfalls im Bereich kirchlicher Versicherungs-Angelegenheiten tätig war. Er reiste beruflich öfters nach Triest und nach Görz (Gorizia), wohin er und seine Geschwister bereits früher den Vater (Franz d.P.III.) begleitet hatten. Dort besuchte Simon auch seine Triester Verwandten, mit denen sein Onkel, der Marinekommandant Admiral Freiherr von Spaun, privaten sowie beruflichen Kontakt pflegte. In Triest selbst hatte Admiral Hermann Freiherr von Spaun 1892 die 30 Jahre jüngere Emma Lobmeyr aus der Wiener Glas-Dynastie Lobmeyr geheiratet. Emma Lobmeyr (spätere Emma Freifrau von Spaun) pflegte in Wien mit einem Geparden an der Leine spazieren zu gehen, den ihr 1883 Hermann von Spaun aus Brasilien (1879 bis 1883 bereiste er mit Erzherzog Karl Stephan auf der "Saïda" Brasilien und Nordamerika) mitgebracht hatte. Dr. Simon (II.) Hagenauer unternahm viele Reisen mit der damals im Aufschwung befindlichen Eisen-Bahn. Sein Schwiegervater Auguste Thomas, Direktor der Staats- und Südbahn und der österreichischen "Compagnie Internationale des Wagons-Lits", hatte ihm hierfür häufig eigene Abteile sowie manchmal auch einen eigenen Waggon zur Verfügung gestellt. Die Reisen (oft mit Familie) führten in öfters nach Triest, Görz (Gorizia), Rom oder Paris, ebenso oft aber auch nach Venedig und München, wohin seine beiden Schwestern geheiratet hatten. Ein anderes beliebtes Ziel für Baron Hagenauer war immer wieder die Villa Spaun seiner Großeltern am Traunsee, wo er die Sommer seiner Jugend mit jagen, reiten und segeln verbracht hatte, wofür ihn seinerzeit sein bereits im Dienst der k.k. Marine stehenden Onkel Hermann (Freiherr von Spaun) begeistern konnte. Später besaß er auch Rennpferde. Simon stand auch in regem Kontakt mit dem Abt des Salzburger Stiftes St. Peter Willibald Hauthaler, der sich als Historiker und Regestenforscher sehr für die Familiengeschichte der Hagenauer interessierte und die Hagenauer auf Grund seiner Urkundenforschung einer Seitenlinie der Grafen von Plain zuordnete. Nachdem Simons Frau Amélie 1908 in Wien gestorben war, verbrachte Baron Hagenauer mit seinen Kindern die meisten Sommermonate im Schloss Pinkafeld in Ungarn (heute Burgenland). Dort kurierte er sich auch nach einem körperlichen Zusammenbruch wegen Überarbeitung aus, und blieb auf dem neu erbauten Schloss seines Jagdtgefährten und Freundes Graf Thurn und Taxis (Batthyány-Taxis) beinahe ein halbes Jahr. Baron Simon (II.) starb im Jahr 1920, doch mit seinem 1881 geborenen Sohn Simon (III.), sowie dessen Schwestern Mathilde (* 1880) und Sabine (* 1890), setzte sich die Wiener Linie fort.

Die Wiener Linie im 20. Jahrhundert

Arnold von Hagenauer (* Linz 1871; † Wien 1918)

Nach Wien war auch ein Cousin des Simon II. Baron von Hagenauer gezogen, der 1871 in Linz geborene Literatur-Kritiker und Schriftsteller Arnold von Hagenauer. Arnold wurde sehr früh Vollwaise und wuchs bei zwei Tanten auf. In Wien studierte er vorerst Veterinärmedizin, allerdings folgte er bald seinen literarischen Neigungen, die ihn bereits Mitte der 1890er Jahre in die Kreise des jungen Wien führten. Er wurde Redakteur des literarischen Teils der "Ostdeutschen Rundschau" und Mitarbeiter bei zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften, wobei er stets als "Arnold Hagenauer" publizierte. Seine starke und ursprüngliche Begabung der Schriftstellerei wurde von dem Wiener Dramatiker Ferdinand von Saar und dem vorübergehend auch in München wohnenden Schriftsteller Freiherrn Detlev von Liliencron gefördert. Arnold war ein Erzähler nach dem Vorbild Émile Zolas und Guy de Maupassants. Mit dem kleinen Gedichtbändchen "Illusionen" gab er 1895 sein literarisches Debüt, aber erst durch seinen im Jahr 1900 veröffentlichten Roman "Muspilli" wurde man auf ihn aufmerksam. Arnold blieb unverheiratet, reiste viel und verweilte auch öfters in Salzburg. Neben Buch-Kritiken schrieb er Essays und Romane, darunter auch einen "Salzburger Biedermeier-Roman". Dieser Salzburger Roman wurde erstmals 1919 als mehrteilige Romanbeilage "Leonhard und Rosa" im Salzburger Volksblatt veröffentlicht. Arnold starb bereits im Jahr 1918 nach einem Unfall in Grinzing (Wien) an Lungenentzündung.

Der 1881 bereits in Wien geborene Simon (III.) Franz August Baron von Hagenauer war in seiner Jugend ein begeisterter Jäger, Bergsteiger, Segler und Reiter, und besaß in seiner Jugend ein Rennpferd. Nach Absolvierung des Franz-Joseph-Gymnasiums (heutiges Gymnasium Stubenbastei) und des Jus-Studiums in Wien wurde er wie sein Vater Jurist. Im Ersten Weltkrieg war Dr. Simon von Hagenauer Amtsleiter in der Bezirkshauptmannschaft des damals steirischen Bezirkes Windischgraz (heute okraj Slovenj Gradec in Slowenien). Der Bezirk Windischgraz wurde 1919, nach dem Vertrag von Saint-Germain, dem Königreich Jugoslawien zugewiesen. Danach war Dr. Hagenauer als Bezirkskommissär bei der Landeshauptmannschaft in Graz tätig. Zwischen 1921 und 1926 war der Verfassungsjurist Dr. Simon Hagenauer in der burgenländischen Landes-Hauptmannschaft mit der Ausarbeitung der Gesetze für das jüngst zur Republik Österreich hinzugekommene Bundesland Burgenland betraut worden. Burgenland, das ehemalige Deutsch-Westungarn, war durch den Vertrag von Trianon 1920 an Österreich gefallen. 1921/1922 wechselte Dr. Hagenauer in die Burgenländische Landeshauptmannschaft und wohnte vorerst in einer angemieteten Villa in Bad Sauerbrunn, wo sich der provisorische Sitz der burgenländischen Landesregierung befand. 1921 bis 1924 war er Bezirkshauptmann von Oberpullendorf. Das Burgenland kannte Simon ja bereits von früher, damals allerdings noch als West-Ungarn. Dort war er oft mit seinem Vater und seinen Schwestern bei Gesellschaften und Jagden bei Graf Batthyány-Taxis (Schloss Pinkafeld) geladen, der nicht nur ein enger Freund seines Vaters Simon (II.), sondern auch auch sein Pate war.

Simon III. Baron von Hagenauer (* Wien 1881; † Wien 1940)

Im Jahr 1924 heiratete Simon (III.) Baron von Hagenauer die ebenfalls aus sehr religiösem Haus stammende Steirerin Berta Aloisia Maria Ritter in Graz. Trauzeugen waren sein Grazer Freund Johann Alphons Baron de Quiqueran de Beaujeu, sowie der steiermärkische Landeshauptmann Dr. Anton Rintelen. Rintelen sollte sich später als oft dubiose und bis heute schwer zu beurteilende Person in der Politik der Ersten Republik entpuppen (Kontakte zur Heimwehrbewegung und Konspiration mit den Nationalsozialisten, 1935 von einem Militärgericht wegen Verwicklung in den Putschversuch gegen Bundeskanzler Engelbert Dollfuß verurteilt). Von 1925 bis 1938 war der inzwischen zum wirkl. Hofrat ernannte Dr. Simon Hagenauer Abteilungsleiter der Landeskultur- und Gewerbeabteilung am Amt der Burgenländischen Landesregierung. Im Jahr 1925 wurde in Wien das erste und einzige Kind der Barone Hagenauer geboren, Wolfgang Maria Simon Hugo Johannes, der bereits seit der dritten Generation der jeweils letzte männliche Nachkomme war. Wolfgang (VI.) wurde von Prof. Heinrich Peham Ritter von Bojernberg (Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe) entbunden. Heinrich von Peham wurde später durch die Heirat Wolfgangs mit ihm verwandt, Peham war der Großonkel seiner Frau Monika Zacherl (Großmutter geborene Peham). Pate von Wolfgang wurde sein Onkel Ludwig Freiherr von Cornaro, der über die Freiherren von Spaun verwandt war.

Anlässlich des Anschlusses Burgenlands an Österreich 1922 war unter den Verfassungs-Gesetzen Burgenlands, die von Dr. Simon Hagenauer mit ausgearbeitet wurden, das Adelsaufhebungsgesetz jedoch nicht aufgezählt worden. Man wollte aus realpolitischen Gründen die burgenländischen Adeligen pro-österreichisch stimmen. Im Jahr 1929 war auch die päpstliche Baronie der Hagenauer durch die Lateranverträge, die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Königreich Italien abgeschlossen wurden, als italienischer Adel anerkannt worden. In einem späteren Dekret des Königreichs Italien (König Viktor Emanuel III.) wurde rückwirkend der erbliche Freiherrnstand des "Nobile Francesco de Hagenauer di Salisburgo", mit Ausweitung auf alle Nachkommen beiderlei Geschlechtes mit dem "titolo di barone de Hagenauer", durch die königliche Consulta Araldica bestätigt. Somit war der Freiherrnstand des Hof- und Gerichtsadvokaten Dr. Simon (III.) de Hagenauer und seiner Frau Berta, sowie seiner Geschwister (Mathilde und Sabine), ein italienischer. Der Erstgeborene (Primogenitur) führte ebenso den päpstlichen Titel eines "barone romano". In dieser Zeit war Berta Baronin von Hagenauer als Leiterin des katholischen Frauenreferates und des Mutterschutzwerkes der Vaterländischen Front im Burgenland aktiv. Bereits ihre Mutter Aloisia Ritter (geborene Kalcher) war politisch und sozialkaritativ in Graz äußerst engagiert. Aloisia Ritter (katholischer Frauenbund) war von 1930 bis 1934 Mitglied des Grazer Gemeinderates und gilt als Pionierin der katholischen Frauenbewegung in der Steiermark (Ehrenbürgerin der Stadt Graz, Goldene Medaille für Verdienste um die Republik Österreich etc.). Berta Baronin von Hagenauer hatte intensive freundschaftliche Kontakte zu anderen politsch und sozial aktiven Frauen, wie zu Franziska Fürstin von Starhemberg (Fanny Starhemberg) oder Leopoldine Miklas (Frau des österreichischen Bundespräsidenten). 1930 übersiedelte die Familie nach Eisenstadt, nachdem dort das Gebäude der neuen Landesregierung fertiggestellt worden war. Sicherlich prägend war für den jungen Baron Wolfgang die freundschaftliche Beziehung seiner Eltern zu ehemaligen Ungarn (nun Burgenländer) jüdischer Herkunft, wie zum Weingroßhändler Sándor Wolf oder zum Weingroßhändler Igor Spitzer. Der von Wolf geführte Familienbetrieb, die Weingroßhandlung "Leopold Wolf & Söhne", war eine der größten Weingroßhandlungen der Donaumonarchie. Ab 1920 entwickelte Wolf eine Sammlerleidenschaft zur Geschichte des Burgenlandes und im Besonderen zur jüdischen Geschichte des Landes. 1926 gründete er das Burgenländische Landesmuseum, welches er im familieneigenen Leinnerhaus (Eisenstadt) untergebracht hatte. 1938 wurde Wolf von der Gestapo verhaftet, mußte auf sein Vermögen und seine Kunstsammlung verzichten und konnte über Triest nach Palästina fliehen. Auch Herr Spitzer, der mit einer Katholikin verheiratet war, wurde 1938 enteignet und versteckte sich bis Kriegsende in Wien, wobei er von den befreundeten Hagenauern unterstützt wurde. In der NS-Zeit sollte Baronin Berta von Hagenauer auch Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime werden.

1937 hatte man nach dem Erstarken der Nationalsozialisten in der österreichischen Regierung den Verfassungsjuristen Baron Simon III. Hagenauer, für den eine führende Stelle beim Obersten Gerichtshof (OGH) vorgesehen gewesen war, auf Grund seiner "religiösen Gesinnung" genötigt, seine Entlassung einzureichen. Da man ihm angedroht hatte, ihn ohne Pensionsanspruch in Zwangspensionierung zu schicken, reichte er 1938 seine Entlassung aus dem Staatsdienst ein. Er kehrte mit seiner Familie nach Wien zurück und erkrankte schwer. Sein Sohn Wolfgang hatte für ein Jahr das katholische Internat Marieninstitut in Graz besucht und war ab 1937 im (1553 gegründeten) Akademischen Gymnasium in Wien. Nach dem "Anschluss" und dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich 1938 waren alle ca. 1400 katholischen Privatschulen, Heime und Bildungsinstitute in Österreich geschlossen worden. Viele neue Mitschüler Wolfgangs stammten nun aus aufgelösten katholischen Gymnasien, wie dem Schottengymnasium, dem Kollegium Kalksburg oder dem Gymnasium "Theresianische Akademie", sowie aus dem Institut der Wiener Sängerknaben. Mit manchen seiner neuen Mitschüler (v. Brandis, v. Chavanne, v. Hanau-Hořovice, Kosak, Mucnjak, v. Klezl-Norberg, Vogl, etc.) sollte er bis zum Lebensende in freundschaftlicher Verbindung stehen. 1938 sollte sich auch im Akademischen Gymnasium bald vieles für den streng katholisch erzogenen Wolfgang und seine Mitschüler ändern. An Stelle des Morgengebetes und des damals üblichen Grußes "Grüß Gott", mußten die Schüler den eintretenden Lehrer mit dem "Hitlergruß" begrüßen, die Kreuze wurden in den Klassenzimmern abgehängt und alle verbliebenen jüdischen Mitschüler (immerhin 43 Prozent) wurden von der Schule verwiesen. Die Schulkapelle wurde geschlossen und der allgemeine Druck gegen Katholiken wurde auch für die Schüler immer spürbarer.

1940 verstarb jedoch Wolfgangs Vater, Simon Baron von Hagenauer, in Wien. So wurde der vierzehnjährige Wolfgang in die Schweiz auf das St. Gallener Internat "Institut auf dem Rosenberg" gesandt, um ihn dem Wunsch seines verstorbenen Vaters entsprechend der NS-Propaganda und dem Antikatholizismus zu entziehen. Mitten im Zweiten Weltkrieg besuchten Schüler aus 18 verschiedenen Nationen (wie Amerikaner, Engländer, Italiener, Russen, Dänen, Ungarn, Deutsche, Österreicher, Schweizer etc.) dieses internationale schweizer Internat. Die meisten seiner lebenslangen Freunde stammten aus dieser für Baron Wolfgang (VI.) stark prägenden Schweizer Zeit. Dort befreundete er sich auch mit den drei Brüdern Andréewitch, die Griechen russischer Abstammung waren, und von denen einer später seine Cousine in Wien heiraten sollte. Während eines Urlaubs im Dezember 1943 in Wien war Wolfgang Hagenauer auf Grund eines nach Berlin gesandten Spitzelberichtes, "Hagenauers politische Einstellung entspräche nicht nationalsozialistischen Intentionen und er verkehre in St. Gallen mit Juden", die Ausreise aus dem "Deutschen Reichsgebiet" verboten worden. Kurz darauf erhielt er die Einberufung zur Stellung. Nachdem somit seine Rückreise in das Schweizer Internat unmöglich geworden war, legte Wolfgang die Matura gezwungenermaßen auf "deutschem Boden" im Benediktinergymnasium der Benediktinerabtei Ettal (Garmisch-Partenkirchen, Bayern) ab.

Berta Baronin von Hagenauer (* Graz 1903; † Wien 1972)

Während der Abwesenheit ihres Sohnes Wolfgang (in der Schweiz, in Deutschland und Italien) hatte Baronin Hagenauer öfters Jüdinnen geholfen und auch in ihrer Wiener Wohnung versteckt. Ebenso hatte sie immer wieder als Bridge-Abende getarnte Treffen ehemaliger österreichischer Politiker (spätere Gründungsmitglieder der ÖVP) organisiert, die im Widerstand arbeiteten. Unter diesen befanden sich auch Lois Weinberger (später Vizebürgermeister von Wien), Leopold Figl (später Bundeskanzler) und Felix Hurdes (später Unterrichtsminister und Nationalratspräsident). Man plante dort den Widerstand gegen das NS-Regime und die Zukunft Österreichs nach Beendigung des Krieges. Die geheimen Treffen wurden aber von der Gestapo entdeckt und 1944 wurde die verwitwete Baronin Hagenauer als Mitglied des katholisch-konservativen Lagers in Wien wegen "Hochverrats" von der Gestapo verhaftet und inhaftiert. Sie überlebte die Gefangenschaft trotz Folter und erlittener Herzinfarkte, von denen sie sich nie mehr ganz erholen sollte. Nach einem Bombentreffer des Gefängnis-Gebäudes Anfang April 1945 wurde sie in den letzten Kriegstage aus der Haft entlassen und es gelang ihr mit Hilfe von Freunden in einem Spital aufgenommen zu werden. Dort wurde sie in den folgenden Monaten auf ihre in Gefangenschaft erlittenen Infarkte behandelt. Aus der Familie selbst war aber nicht nur Wolfgangs Mutter von den Nationalsozialisten verhaftet worden, sondern auch Wolfgangs Onkel Adolf Proksch. Dr. Adolf Proksch, Ehemann seiner Tante Sabine (geborene Baroness von Hagenauer), war als ehemaliger Finanzberater des Bundeskanzlers Kurt von Schuschnigg gleich nach dem Einmarsch der deutschen Truppen verhaftet und als "Hochverräter" mit dem ersten österreichischen "Prominenten-Transport" 1938 ins KZ Dachau gebracht worden. "Das Schicksal von Proksch war besonders tragisch-grotesk: Wegen der zufälligen Namensgleichheit mit dem "Reichstreuhänder der Arbeit", Proksch, wurde er 1945 gleich nach der Befreiung von den Amerikanern wieder eingesperrt." Ein weiteres Familienmitglied der Hagenauer, Ministerialrat Max Vladimir Freiherr von Allmayer-Beck, wurde im Februar 1940 als Mitglied des katholisch-konservativen Lagers von der Gestapo verhaftet (Erkennungsdienstliche Kartei der Gestapo Wien). Dem Sohn von Hersilie Freifrau von Beck, geborene von Hagenauer der italienischen Linie, warf man legitimistische Betätigung (Standpunkt der Unabsetzbarkeit des K.u.K. Herrscherhauses) vor.


Wolfgang Baron von Hagenauer (* Wien 1925; † Krems 2012) - Widerstandskämpfer in Italien

Im März 1944, gleich nach seiner Matura in Bayern, inskribierte Baron Wolfgang Medizin an der Universität in Wien. Er wurde danach sofort zur Wehrmacht nach Augsburg eingezogen. Nach einer kurzen Ausbildung zum Fliegerfunker in München wurde er nach Novi Ligure (Provinz Alessandria) in Norditalien verlegt. Dort entkam er mit Hilfe des italienischen Bauern Andrea Cerai, mit dem er sich angefreundet hatte, und der ihn zu den Partisanen brachte. Baron von Hagenauer schloss sich Widerstandskämpfern (Resistenza) der Brigata Val Lemme Capurro der IV. Division "Pinan-Cichero" (Divisione Garibaldi) an. Bei den italienischen Partisanen leistete er in den Bergen Liguriens (Nordwestitalien) bewaffneten Widerstand gegen das faschistische und das NS-Regime. Dort erhielt er den Decknamen "Partigiano Picin" (der Kleine), abgeleitet von dem italienischen Wort piccino - "der Kleine", obwohl oder weil er mit über 1,90 m Körperlänge der Größte war. Er kämpfte an der Seite einer christlich-demokratischen Widerstandsgruppe (Tessera Nr. 28, VI Zona Guardin) der Division Garibaldi, worunter sich auch Familienmitglieder berühmter italienischer Geschlechter wie der Grafen Spinola oder der Grafen Gramatica befanden. Mit ihnen sollte ihn später eine lebenslange Freundschaft verbinden. Die Wehrmachtsjustiz ging mit erbarmungsloser Härte gegen so genannte Fahnenflüchtige vor, wobei 22.750 zum Tode verurteilt wurden und man viele noch in den letzten Kriegstagen umgebracht hatte. Nach dem Ende des Krieges verbrachte Baron Wolfgang einige Zeit auf dem Castello di Tassarolo bei der Familie seines Freundes Marchese Paolo Spinola (der später Filmregisseur werden sollte). Danach wurde er als ehemaliger Partisane bei der U.S.Army beim Kommando der 88. Division (den sogenannten "blue devils") eingesetzt. Schließlich verbrachte er auf Grund einer schweren Hepatitis einige Zeit in einem Spital in Bozen, wobei sich sein Jugendfreund Graf von Brandis immer wieder um ihn kümmerte, da dessen Eltern im nur 25 km entfernten südtiroler Lana (südlich von Meran) Besitzungen hatten. 1946 kehrte Baron von Hagenauer mit einem Gefangentransport nach Graz zurück. Von dort reiste er mit Hilfe des mit der Familie befreundeten Grazer Politikers Dr. Alfons Gorbach (spätere österreichische Bundeskanzler 1961 - 1964) nach Wien, der mit Wolfgangs Onkel Dr. Adolph Proksch ebenfalls mit dem "Prominententransport" im KZ Dachau und KZ Flossenbürg inhaftiert gewesen war.

Die Wohnung von Baronin Hagenauer war seit 1944 durch ihre NS-Gefangenschaft und während ihres darauffolgenden mehrmonatigen Spitalaufenthaltes, bei dem sie sich von den Folgen der Folter in NS-Gefangenschaft auskurieren musste, für lange Zeit verwaist geblieben. Während ihres Spitalaufenthaltes (seit April 1945) war im Zuge der Befreiung Wiens die offenbar verlassene Wohnung von russischen Soldaten besetzt und dabei stark in Mitleidenschaft gezogen worden. 1946 hatte ihr deswegen Bundesminister Dr. Felix Hurdes, ein alter Freund und Mitstreiter aus der Zeit des Widerstands während der NS-Zeit, eine neue Wohnung im nunmehrigen britischen Sektor organisiert. Allerdings mussten bei der damals unter großen Schwierigkeiten durchgeführten Übersiedlung viele der bereits zerstörten Familienstücke (Ölgemälde, Mobiliar, Familienarchiv mit alten wertvollen Urkunden etc.) zurück gelassen werden, die später durch Diebstahl und Vandalismus (das Archiv wurde großteils eingeheizt) endgültig verloren gingen.

1946 begann der nach Wien zurückgekehrte Wolfgang (VI.) Rechts-Wissenschaften zu studieren und wurde 1951, wie alle vier Generationen zuvor, Jurist. Als 1955 tausende Flüchtlinge vor dem Ungarnaufstand aus Ungarn in die Freiheit nach Österreich flüchteten, organisierte er Sammlungen für ungarische Flüchtlingskinder. Auch chauffierte er etliche Flüchtlinge mit einem von seinem Cousin Dr. Proksch geborgten Diplomaten-Auto aus dem Auffanglager Eisenstadt nach Wien, wo er mit Freunden (u.a. Dr. Otto Hartig) die Unterbringung von Flüchtlingen in einem geistlichen Altersheim, sowie in seinem Freundes- und Bekanntenkreis organisiert hatte. 1957 heiratete er Monika Zacherl, die Tochter des Univ.-Profs. Dr. Hans Zacherl und der Berta Böhm (aus dem bayrischen Bankhaus Adolf Böhm). Monika Zacherl (*1935) stammte aus einer erzkatholischen und ehemals einer der vermögendsten Fabrikanten-Dynastien Österreichs. Sie wurde in Innsbruck geboren und verbrachte bis 1938/39 ihre ersten drei Jahre in Graz in der sogenannten Napoleon-Villa oder Napoleon-Schlöss´l (Herdergasse 3, Eigentümer war Louis Bonaparte, Bruder Napoleons I. - erster König Hollands). Später zog ihre Familie in das erworbene Maria-Theresia-Schlösschen in Wien (Döbling). Monikas Großvater, der streng katholisch gesinnte Johann Evangelist Zacherl, war einer der wenigen christlich sozial orientierten Unternehmer seiner Zeit gewesen. Er hatte ebenso stolz wie auch andere Millionäre um 1900 in Wien, z. B. Nikolaus Dumba]], Josef Lobmeyer, Josef Werndl oder Moritz Zweig, den ihm angebotenen Adelstitel abgelehnt. Johann Zacherl war auch einer der größten und wichtigsten Förderer der "österreichischen katholischen Leogesellschaft" gewesen, die wiederum Simon II. Baron von Hagenauer (Wolfgangs Großvater) 1892 mitbegründet hatte. In der Zeit des Nationalsozialismus erlitten die Familien Hagenauer und Zacherl auf Grund ihres katholischen Glaubens ähnliche Schicksale. Monikas Vater, Univ.-Prof. Dr. Hans Zacherl, war nach dem Einmarsch Deutscher Truppen in Österreich 1938 auf Grund seiner religiösen Überzeugung als Vorstand der Grazer Frauenklinik und als Universitäts-Professor seiner Ämter enthoben worden (wie auch Wolfgangs Vater Baron Simon III.). Univ.-Prof Dr. Hans Zacherl, später Dekan der Medizinischen Fakultät und Vorstand der Universitätsfrauen-Klinik in Wien, war Ritter (nobiluomo) des päpstlichen Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem. Dr. Wolfgang Hagenauer wurde schließlich Staatsbeamter in der Niederösterreichischen Landesregierung mit dem Titel eines wirklichen Hofrats. Unter anderem wurde er auch Mitbegründer des Alpenforums sowie Präsident der "Ornithologischen Gesellschaft Österreich"s. Er war, wie bereits sein Vater und sein Großvater zuvor, der jeweils letzte lebende männliche Hagenauer des Wiener Zweiges, setzte aber ebenfalls die Linie fort. Seine Söhne sandte er auf das Salzburger Internat Werkschulheim Felbertal, in die Heimat seiner Ahnen. Zahlreiche Nachkommen der Baroni de Hagenauer leben in Wien.

Quelle

  • alle Quellenangaben siehe Hauptartikel Hagenauer

Einzelnachweise