Der Stadt Salzburgs "braune" Straßennamen
Der Stadt Salzburgs "braune" Straßennamen warten auf eine heikle Entscheidung der Stadtpolitik.
Etliche Straßen und Plätze sind durch Personen aus der NS-Zeit belastet
Nach dem Dichter Karl Ginzkey ist der Ginzkeyplatz im Süden der Stadt Salzburg benannt. Hans Schmid, der Komponist des Rainermarsches, ist Namensgeber einer Straße in Maxglan. Zwei Beispiele von Straßennamen mit mehr oder weniger "brauner Vergangenheit". Doch die Liste ist lang: Otto Holzbauer, Helmut Muralter, Otto Pflanzl, Tobias Reiser d. Ä., Kuno Brandauer, Wilhelm Spazier, Franz Sauer - um nur einige zu nennen.
46 Straßen und Plätze sind in der Stadt Salzburg nach ehemaligen Mitgliedern der NSDAP benannt worden. Bei 37 konnten die Historiker eindeutig Mitgliedsnummer und Beitrittsdatum zur NSDAP eruieren - etwa bei Dirigent Herbert von Karajan und Bildhauer Josef Thorak. Drei Personen waren Parteianwärter, 15 weitere zwar keine Parteimitglieder, ihre Verstrickungen in das NS-System sind jedoch bekannt.
Doch wie die Stadt damit umgehen soll, ist seit Jahren eine politisch heikle und unbeantwortete Frage. 2018 wurde eine Entscheidung auf 2020 vertagt. Ein wissenschaftlicher Fachbeirat sollte bis dahin alle Biografien gründlich aufarbeiten. Man brauche zunächst eine "Gesamtansicht", um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, hieß es. Dann erst werde es eine Empfehlung geben, ob es zu Umbenennungen kommen müsse.
SPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Auinger sagte, der wissenschaftliche Fachbeirat sei immer noch an der Arbeit. Zwölf Sitzungen gab es bisher - 16 ausführliche Biografien von NS-belasteten Personen sind bereits auf der Homepage ersichtlich, weitere zehn sollen in den nächsten Wochen folgen. Im Herbst dürfte ein Amtsbericht in der Rohfassung auf dem Schreibtisch des Vizebürgermeisters landen, der bis Ende 2020 fertig sein soll. Dann werden alle 46 Namen aufgearbeitet vorliegen. Allerdings verzögerte sich der Bericht und lag erst Anfang Juni 2021 vor.
Darin werden die Personen in drei Kategorien eingeteilt:
- Kategorie eins bedeutet, dass das Ausmaß der NS-Verstrickung nicht so gravierend ist.
- Kategorie zwei, dass die NS-Belastung so hoch ist, dass der Straßenname mit einer Erläuterungstafel erklärt wird.
- Und bei Kategorie drei wäre die Verstrickung so gravierend, dass es einer Diskussion bedarf.
Die Stadtpolitik muss entscheiden, ob eine Umbenennung notwendig ist. Was einen Rattenschwanz an weiterem Aufwand nach sich zieht, weil damit Adressänderungen verbunden sind.
"Da wird es einige heftige Diskussionen geben, so ehrlich muss man sein. Daher müssen diese Dinge genau untermauert werden. Ich fürchte mich nicht davor. Der Beirat soll sich die Zeit nehmen, die er braucht", sagte Auinger. Die Diskussion wird schon allein deshalb heikel, weil sich auf der Liste prominente Namen befinden wie Herbert von Karajan.
Es sei unrealistisch zu sagen, wie viele der 46 Fälle wirklich kritisch seien. "Ich weiß aber mittlerweile, dass Josef Thorak sicher nicht der kritischste Fall ist, den wir haben", betonte Auinger. Dabei hatte die Bürgerliste wiederholt die Umbenennung der Josef-Thorak-Straße in Aigen gefordert - zuletzt mit einem Antrag im Gemeinderat im Juli 2018.
Historiker hatten 2018 von einem "problematischen Fall" bei Gustav Resatz gesprochen. Nach ihm ist seit 1971 die Resatzstraße in Aigen benannt. Resatz sei ein Nationalsozialist und Rassist aus Überzeugung gewesen, sagte ein Mitglied des Beirats 2018.
Wer entscheidet letztlich? Der Fachbeirat wird, wenn nötig, die Umbenennung einer Straße oder eines Platzes empfehlen. Beschließen kann das in letzter Konsequenz nur der Gemeinderat. Auinger meinte 2020, dass man sich an die Empfehlung des Beirats halten werde.
Projekt Straßentafeln
In der Stadt Salzburg gibt es 1 145 Straßen oder Plätze. 566 davon tragen Namen von Einzelpersonen. 2015 startete die Stadtgemeinde Salzburg, Erläuterungstafeln unter Straßennamensschildern anzubringen - als erstes war der Max-Reinhardt-Platz an der Reihe. 125 Tafeln mit Begleittexten wurden seither errichtet und montiert.
Das Projekt ist federführend beim Stadtarchiv angesiedelt. Begleitet wird es von einem wissenschaftlichen Fachbeirat, dem Ingrid Tröger-Gordon (Leiterin Kulturabteilung Stadt Salzburg), Peter Kramml (Leiter Stadtarchiv), Oskar Dohle (Landesarchiv), Ernst Hanisch (Universität Salzburg), Gert Kerschbaumer (NS-Experte), Alexander Pinwinkler (Universität Salzburg) sowie Sabine Veits-Falk und Thomas Weidenholzer (beide Historiker im Stadtarchiv) angehören.
Bisherige Änderungen
2014 hatte die Stadtgemeinde Salzburg dem früheren Leiter des Hauses der Natur, Eduard Paul Tratz, die Ehrenbürgerschaft aufgrund seiner NS-Vergangenheit aberkannt.
Für eine politische Diskussion sorgte zuletzt im Dezember 2019 die Verlängerung des Ehrengrabes für Hans Schmid - die grüne Bürgerliste war strikt dagegen.
Der Historikerbericht 2021
Der über 1 100 Seiten umfassende Historikerbericht zu den NS-belasteten Straßennamen in der Stadt Salzburg war 2021 nach drei Jahren fertig. In der höchsten Kategorie werden 13 - mitunter sehr prominente - Namen gelistet. Nun muss die Stadtpolitik das Thema behandeln.
13 Namen sind unter Kategorie drei gelistet:
- Gustav Resatz (Resatzstraße in Aigen),
- Kuno Brandauer (Kuno-Brandauer-Straße in der Riedenburg),
- Josef Thorak (Straße in Aigen),
- Heinrich Damisch (Heinrich-Damisch-Straße in Parsch),
- Herbert von Karajan (Platz in der Altstadt),
- Tobi Reiser d. Ä. (Tobi-Reiser-Straße in der Riedenburg),
- Ferdinand Porsche (Ferdinand-Porsche-Straße Nähe Hauptbahnhof Salzburg),
- Erich Landgrebe (Erich-Landgrebe-Straße in Leopoldskroner Moos),
- Franz Sauer (Franz-Sauer-Straße in Liefering),
- Karl Heinrich Waggerl (Karl-Heinrich-Waggerl-Straße in Maxglan-Riedenburg),
- Hans Sedlmayr (Hans-Sedlmayr-Weg in der Riedenburg über den Krauthügel),
- Hans Pfitzner (Hans-Pfitzner-Straße in Nonntal),
- Erich Schenk (Erich-Schenk-Straße in Leopoldskroner Moos).
Bei neun war sich der Fachbeirat einig und nahm sie einstimmig unter Kategorie drei auf, bei vier Namen (Karajan, Sedlmayr, Sauer, Waggerl) erfolgte die Zuordnung nicht einstimmig. Bei Karajan soll es "Spitz auf Knopf" gestanden sein, ihn überhaupt in Kategorie drei zu listen.
Um eine Straße zu benennen, braucht es immer einen Gemeinderatsbeschluss. In den 13 genannten Fällen erfolgten die Benennungen zwischen 1957 und 1991. Wobei elf der jetzt zur Debatte stehenden Straßennamen von der Stadtpolitik damals einstimmig beschlossen worden sind, auch mit Stimmen von Bürgerliste bzw. noch früher mit jener der KPÖ. Nicht einstimmig erfolgte der Beschluss zur Namensgebung nur bei Kuno Brandauer 1984 und Herbert von Karajan 1991 (jeweils gegen die Bürgerliste).
Die Straßen werden nicht umbenannt
Mehrheitlich gegen die Umbenennung von Straßen mit NS-belasteten Namenspaten hatte sich am Donnerstag, den 9. Dezember 2021, der Kulturausschuss des Salzburger Gemeinderats ausgesprochen. Es wird aber Erläuterungstafeln geben.
Die finale Abstimmung erfolgte zwar erst in der Sitzung des Gemeinderats am 15. Dezember, alles andere als eine Mehrheit für den nun beschlossenen Weg wäre nach der Entscheidung vom 9. Dezember eine Überraschung. Am Donnerstag blieben im Kulturausschuss sowohl die SPÖ, die bei fünf Straßen eine Umbenennung wollte, wie die grüne Bürgerliste, die bei allen 13 Straßen eine Umbenennung gefordert hatte, in der Minderheit. Sie wurden von ÖVP und FPÖ überstimmt. Alle anderen Fraktionen im Salzburger Gemeinderat haben im Ausschuss weder Sitz noch Stimmrecht.[1]
Weblinks
- www.sn.at, Die Krux im Umgang mit "braunen" Straßennamen in Salzburg, 5. Juni 2021
- pdf Der Schlussbericht "Nach NS-belasteten Personen benannte Straßen in der Stadt Salzburg"