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| | Maria besuchte von [[1923]] bis [[1931]] die [[Volksschule Maishofen|Volksschule]] in [[Maishofen]]. Noch während des Pflichtschulbesuches half sie im Alter von neun Jahren wegen einer schweren Erkrankung der Pfarrersköchin monatelang im Pfarrhof aus. Das trug ihr die Bezeichnung ''Pfarrermälz'' ein. (''Mälz'' ist ein Pinzgauer Mundartbegriff und bedeutet Mädchen). Im Gegensatz zu heute, wo man geneigt wäre, diese Bezeichnung misszuverstehen, beinhaltete dieser Spitzname damals keine Doppeldeutigkeit. | | Maria besuchte von [[1923]] bis [[1931]] die [[Volksschule Maishofen|Volksschule]] in [[Maishofen]]. Noch während des Pflichtschulbesuches half sie im Alter von neun Jahren wegen einer schweren Erkrankung der Pfarrersköchin monatelang im Pfarrhof aus. Das trug ihr die Bezeichnung ''Pfarrermälz'' ein. (''Mälz'' ist ein Pinzgauer Mundartbegriff und bedeutet Mädchen). Im Gegensatz zu heute, wo man geneigt wäre, diese Bezeichnung misszuverstehen, beinhaltete dieser Spitzname damals keine Doppeldeutigkeit. |
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| − | Im darauf folgenden Jahr begann sie ab [[Maria Lichtmess]] – noch keine zehn Jahre alt – beim Stiegerbauern in Maishofen als „Teilzeit-Dienstbotin“ zu arbeiten. Nun redete man von ihr als ''Stieger-Mälz''. Ihre Aufgaben waren u. a. Stiegen kehren, womit sie oft schon vor Beginn des Schulunterrichtes beschäftigt war. Sie musste auch ''Kindsen'' (die Kinder der Bauernfamilie hüten) und für die große Personenanzahl in dieser bäuerlichen [[Mehrgenerationenfamilie]] samt [[Dienstboten]] das Geschirr abwaschen. Bei allen Pflichten, die sie schon im Alter von nicht einmal zehn Jahren hatte, war sie gegenüber anderen armen Kindern insofern privilegiert, als sie damals wegen der räumlichen Nähe noch zu Hause schlafen durfte, von der Bauernfamilie gut behandelt wurde und, von wenigen Ausnahmen abgesehen, täglich die Schule besuchen konnte. | + | Im darauf folgenden Jahr begann sie ab [[Maria Lichtmess]] – noch keine zehn Jahre alt – beim Stiegerbauern in Maishofen als "Teilzeit-Dienstbotin“ zu arbeiten. Nun redete man von ihr als ''Stieger-Mälz''. Ihre Aufgaben waren u. a. Stiegen kehren, womit sie oft schon vor Beginn des Schulunterrichtes beschäftigt war. Sie musste auch ''Kindsen'' (die Kinder der Bauernfamilie hüten) und für die große Personenanzahl in dieser bäuerlichen [[Mehrgenerationenfamilie]] samt [[Dienstboten]] das Geschirr abwaschen. Bei allen Pflichten, die sie schon im Alter von nicht einmal zehn Jahren hatte, war sie gegenüber anderen armen Kindern insofern privilegiert, als sie damals wegen der räumlichen Nähe noch zu Hause schlafen durfte, von der Bauernfamilie gut behandelt wurde und, von wenigen Ausnahmen abgesehen, täglich die Schule besuchen konnte. |
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| | Solche Ausnahmen fielen in die Zeit der Heu- und Getreideernte, während der Maria schon hin und wieder von der Schule zu Hause bleiben und die Rösser führen musste. Wenn man sich die Mächtigkeit eines [[Pinzgauer Noriker]]-Pferdegespannes vor Augen führt und weiß, wie Pferde stundenlang im Geschirr eingespannt in der Hitze fliegen- und bremsengeplagt ''springat werdn'' (scheuen) können, kann sich vorstellen, was diese Aufgabe für das schmächtige Mädchen bedeutet hat. Sie habe oft darum gebeten, anstatt die Rösser führen zu müssen Heu treten zu dürfen, bemerkte Maria Jakober im Gespräch mit der Autorin. Diese für ein Kind ebenfalls schwere Arbeit wäre ihr wesentlich leichter gefallen. | | Solche Ausnahmen fielen in die Zeit der Heu- und Getreideernte, während der Maria schon hin und wieder von der Schule zu Hause bleiben und die Rösser führen musste. Wenn man sich die Mächtigkeit eines [[Pinzgauer Noriker]]-Pferdegespannes vor Augen führt und weiß, wie Pferde stundenlang im Geschirr eingespannt in der Hitze fliegen- und bremsengeplagt ''springat werdn'' (scheuen) können, kann sich vorstellen, was diese Aufgabe für das schmächtige Mädchen bedeutet hat. Sie habe oft darum gebeten, anstatt die Rösser führen zu müssen Heu treten zu dürfen, bemerkte Maria Jakober im Gespräch mit der Autorin. Diese für ein Kind ebenfalls schwere Arbeit wäre ihr wesentlich leichter gefallen. |
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| | ==Familiengründung== | | ==Familiengründung== |
| − | [[1940]] heiratete Maria, zog mit ihrem Mann, der ebenfalls ein einfacher Arbeiter war, zusammen in eine eigene Wohnung und bekam im Juli des Jahres ihr erstes Kind, eine Tochter. Nachfolgend half sie etwa ein Jahr in einer Gastwirtschaft am [[Pass Thurn]] bei [[Mittersill]] im [[Oberpinzgau]] aus. Sie überlegte damals schon einige Zeit, wie sie der am eigenen Leib erfahrenen Armut und der rundherum spürbaren Not auf Dauer entkommen und damit in Zukunft vermeiden könnte, dass sie ihre Kinder „ausstiften“, d. h. in fremde Hände geben muss. Zuerst hatte sie die Idee, Krankenschwester zu werden. Später entschied sie sich zum Beruf der Hebamme. Um in die Ausbildung hinein zu kommen, benötigte sie die Unterstützung eines örtlichen NS-Funktionärs, der zufällig bei der Maishofener Dampfsäge gleichzeitig Arbeitgeber ihres Mannes war, und bekam diese auch. Dazu ist anzumerken, dass Kandidatinnen für die Aufnahme in einen Hebammenlehrgang in der NS-Zeit eine positive politische Beurteilung vorzuweisen hatten. Sie benötigten daher neben dem amtsärztlichen Zeugnis ein politisches Führungszeugnis und Unbedenklichkeitszeugnisse der NSDAP-Dienststellen. Da sie für den Beginn des nächsten Lehrganges aber schon zu spät dran war, arbeitete sie noch ein Jahr als ''Tagwerkerin'' (Taglöhnerin), u.a. beim ''Goribauer'', ebenfalls in Maishofen. | + | [[1940]] heiratete Maria, zog mit ihrem Mann, der ebenfalls ein einfacher Arbeiter war, zusammen in eine eigene Wohnung und bekam im Juli des Jahres ihr erstes Kind, eine Tochter. Nachfolgend half sie etwa ein Jahr in einer Gastwirtschaft am [[Pass Thurn]] bei [[Mittersill]] im [[Oberpinzgau]] aus. Sie überlegte damals schon einige Zeit, wie sie der am eigenen Leib erfahrenen Armut und der rundherum spürbaren Not auf Dauer entkommen und damit in Zukunft vermeiden könnte, dass sie ihre Kinder "ausstiften“, d. h. in fremde Hände geben muss. Zuerst hatte sie die Idee, Krankenschwester zu werden. Später entschied sie sich zum Beruf der Hebamme. Um in die Ausbildung hinein zu kommen, benötigte sie die Unterstützung eines örtlichen NS-Funktionärs, der zufällig bei der Maishofener Dampfsäge gleichzeitig Arbeitgeber ihres Mannes war, und bekam diese auch. Dazu ist anzumerken, dass Kandidatinnen für die Aufnahme in einen Hebammenlehrgang in der NS-Zeit eine positive politische Beurteilung vorzuweisen hatten. Sie benötigten daher neben dem amtsärztlichen Zeugnis ein politisches Führungszeugnis und Unbedenklichkeitszeugnisse der NSDAP-Dienststellen. Da sie für den Beginn des nächsten Lehrganges aber schon zu spät dran war, arbeitete sie noch ein Jahr als ''Tagwerkerin'' (Taglöhnerin), u.a. beim ''Goribauer'', ebenfalls in Maishofen. |
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| | ==Berufsausbildung im zweiten Bildungsweg== | | ==Berufsausbildung im zweiten Bildungsweg== |
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| | Im März [[1944]] hatte sie erst die Abschlussprüfung absolviert und schon im April des Jahres stand ihr ihre erste Hausgeburt bevor. Noch ohne Niederlassungsbewilligung und ohne ausreichendes Arbeitsgerät wurde sie eines Tages mittels der sog. Hebammenglocke – eine Hausglocke vor dem Hauseingang der Hebammendienstwohnung – von einem Maishofener Bauern heraus geläutet. Er wollte sie zur Entbindung einer seiner Mägde abholen. Da die Magd nicht versichert war, war ihr eine Geburt im Krankenhaus nicht möglich. Frau Jakober teilte ihm mit, dass sie noch keine Niederlassungsbewilligung habe und daher noch nicht als Hebamme arbeiten dürfe. | | Im März [[1944]] hatte sie erst die Abschlussprüfung absolviert und schon im April des Jahres stand ihr ihre erste Hausgeburt bevor. Noch ohne Niederlassungsbewilligung und ohne ausreichendes Arbeitsgerät wurde sie eines Tages mittels der sog. Hebammenglocke – eine Hausglocke vor dem Hauseingang der Hebammendienstwohnung – von einem Maishofener Bauern heraus geläutet. Er wollte sie zur Entbindung einer seiner Mägde abholen. Da die Magd nicht versichert war, war ihr eine Geburt im Krankenhaus nicht möglich. Frau Jakober teilte ihm mit, dass sie noch keine Niederlassungsbewilligung habe und daher noch nicht als Hebamme arbeiten dürfe. |
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| − | Da sie der Bauer aber weiter bedrängte, informierte sie ihn, dass nur Dr. [[Josef Zillner]], damals Amtsarzt und Leiter des staatlichen Gesundheitsamtes in Zell am See, die Möglichkeit habe, ihr die ausnahmsweise Erlaubnis zum Praktizieren zu erteilen. Der Bauer fuhr umgehend mit seinem Ross nach [[Zell am See]], kam einige Zeit später retour und sagte: ''„Magst scho geh, da Zillner hat`s dalabt!“'' | + | Da sie der Bauer aber weiter bedrängte, informierte sie ihn, dass nur Dr. [[Josef Zillner]], damals Amtsarzt und Leiter des staatlichen Gesundheitsamtes in Zell am See, die Möglichkeit habe, ihr die ausnahmsweise Erlaubnis zum Praktizieren zu erteilen. Der Bauer fuhr umgehend mit seinem Ross nach [[Zell am See]], kam einige Zeit später retour und sagte: ''"Magst scho geh, da Zillner hat`s dalabt!“'' |
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| | Bei der Wöchnerin angekommen, musste die Hebamme feststellen, dass die anwesende Bäuerin vermutlich aus gutem Grund grantig und unwirsch war, und dass es weder eine Schüssel zum Händewaschen, noch Leintücher, noch eine entsprechende Lichtquelle, noch den nötigen Platz zum Arbeiten gab. Ihre Hände hat sie sich dann in einem ''Holzsechta'' beim Brunntrog gewaschen und die bitterarme [[Dienstboten|Magd]] in ihrer misslichen Lage von einem [[Ledige Kinder|ledigen Kind]], zu dem es keinen offiziellen Kindesvater gab, bei Petroleumlicht erfolgreich entbunden. | | Bei der Wöchnerin angekommen, musste die Hebamme feststellen, dass die anwesende Bäuerin vermutlich aus gutem Grund grantig und unwirsch war, und dass es weder eine Schüssel zum Händewaschen, noch Leintücher, noch eine entsprechende Lichtquelle, noch den nötigen Platz zum Arbeiten gab. Ihre Hände hat sie sich dann in einem ''Holzsechta'' beim Brunntrog gewaschen und die bitterarme [[Dienstboten|Magd]] in ihrer misslichen Lage von einem [[Ledige Kinder|ledigen Kind]], zu dem es keinen offiziellen Kindesvater gab, bei Petroleumlicht erfolgreich entbunden. |