Erich Angerer
Hofrat Mag. iur. Erich Angerer (* 30. Jänner 1967 in Hallein) ist Stadtamtsdirektor der Stadtgemeinde Hallein.
Leben
Sohn des Halleiner Gemeindebediensteten Josef Angerer und dessen Ehefrau Marianne, einer Bäuerin und Hausfrau, trat Angerer im Jahr 1982 bei der Stadtgemeinde als Lehrling ein und war nach Abschluss der Lehre zunächst von 1985 bis 1991 als Kanzleikraft tätig. Von 1987 bis 1991 erwarb er die Matura am Abendgymnasium Salzburg. Von 1992 bis 2002 war er Leiter der Stadtbuchhaltung, 1994 legte er am WIFI die Bilanzbuchhalterprüfung ab. Von 1999 bis 2003 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg. 2003 bis 2004 arbeitete er als Referent in der Rechtsabteilung des Stadtgemeindeamtes, wurde 2004 zu deren Leiter und 2009 zum Stadtamtsleiter befördert.
Im Jänner 2016 wurde die von Erich Angerer initiierte Publikation vorgestellt, die die Entwicklung der Stadtgemeinde Hallein seit 1980 beleuchtet.[1]
Um 2020 kam er mit seiner Bewerbung um den Posten des Magistratsdirektors in der Landeshauptstadt[2] in die Schlagzeilen. Beim Hearing soll Angerer den Posten des Magistratsdirektors als eines seiner letzten noch offenen Karriereziele bezeichnet haben - neben Landesamtsdirektor und Bezirkshauptmann. Für letztere Stelle bewarb er sich 2020 im Flachgau, jedoch erfolglos.
Vor der überraschend von der SPÖ gewonnene Wahl 2019 war Stadtamtsdirektor Erich Angerer neben ÖVP-Bürgermeistern ein mächtiger Mann gewesen. SPÖ-Stadtchef Alexander Stangassinger kündigte bald nach Amtsantritt an, er wolle "das alte System durchbrechen". Zug um Zug kürzte er dem Stadtamtsdirektor die Kompetenzen: Er entzog ihm die Presse- und Personalagenden, zudem musste Angerer seine Nebentätigkeiten als Co-Geschäftsführer der Zinkenlifte und Konsulent der Parkgaragengesellschaft abgeben.[3] Im Sommer 2020 wurde sein Aufgabenbereich deutlich verkleinert und umfasste künftig die Museen, die Organisationsentwicklung und die Innere Revision.[4]
Angerer ist einer von nur noch sechs Gemeindebeamten in Salzburg. Beim restlichen Gemeindepersonal handelt es sich um Vertragsbedienstete.
Am 10. Mai 2021 wurde er bei vollen Bezügen dienstfrei gestellt, Gründe wurden keine bekannt gegeben. Nach seiner Dienstfreistellung wurde am Montag, den 17. Mai, bekannt, dass dem Vernehmen nach in dieser Woche eine einvernehmliche Lösung gefunden werden könnte. Um einer Abberufung zuvorzukommen, soll der Stadtamtsdirektor nun von sich aus angeboten haben, in die zweite Reihe zurückzutreten. Rechtlich gesehen stünden ihm damit weiterhin die vollen Bezüge und Zulagen zu. Wie die SN erfuhren, kam es zu einer einvernehmlichen Lösung. Der Amtsleiter soll einen Antrag auf Verwendungsänderung gestellt haben, dem die Gemeindevertreter am Donnerstagabend, 27. Mai zugestimmt haben. In der Stabsstelle Bürgermeister ist eine Planstelle für Organisationsentwicklung frei. Voraussetzung dafür wäre allerdings eine finanzielle Aufwertung des Postens, damit Angerer keine finanzielle Schlechterstellung droht. Die Gemeindeaufsicht müsste dieser Aufwertung zustimmen. Offiziell wollte Bürgermeister Stangassinger die Sache nicht kommentieren, da es sich um eine Personalangelegenheit handle. Die Gemeindevertretung habe eine Entscheidung getroffen, die aber noch nicht rechtskräftig sei.[5]
Mitte Juli 2021 wurde bekannt, dass Angerer kurz vor Ende des Fristenlaufs über seinen Anwalt Beschwerde gegen seinen einvernehmlichen Rückzug von der Spitze der Stadtsverwaltung einlegen ließ. Damit ist der Bescheid nicht rechtskräftig und die Causa wird - wie bei Personalangelegenheiten der öffentlichen Verwaltung üblich - das Landesverwaltungsgericht beschäftigen.[6]
Doch Ende August brachte der Halleiner Bürgermeister eine Disziplinaranzeige gegen den Stadtamtsdirektor ein. Es geht um brisante Daten, gespeichert auf dem Dienst-Laufwerk. Dem Vernehmen nach dürfte die EDV in der Zwischenzeit Diensthandy und Dienstcomputer des Stadtamtsdirektors untersucht haben. Dabei soll im Ordner "Lernen" auf einen Unterordner namens "40er Hits und Märsche" gefunden worden sein. Auf dem "dienstlichen Netzlaufwerk H" - so wird es im vertraulichen Amtsbericht beschrieben - soll sich ein elektronisches Archiv mit nationalsozialistischem und rechtsradikalem Liedgut befunden haben. Zumindest am 24. April sei dies noch bearbeitet worden. Von 13 einschlägigen Liedern ist die Rede, darunter soll sich das Horst-Wessel-Lied ebenso befinden wie das Titellied des NS-Propagandafilms "Hitlerjunge Quex".
Auf seinem Diensthandy soll auch eine pornografische Videodatei, erstellt 2016, gewesen sein. Und der Stadtamtsdirektor soll auch ein elektronisches Archiv mit personenbezogenen Daten über 99 Gemeindebedienstete angelegt haben. Die Rede ist im Amtsbericht von "Geheimakten" und "elektronischen Handakten". Der Beamte habe diese Daten über Jahre gespeichert und bis zu seiner Dienstfreistellung am 10. Mai 2021 neue Daten hinzugefügt. Die Dateien seien nicht in der offiziellen elektronischen Aktenevidenz enthalten gewesen. Weder die Betroffenen noch der Datenschutzbeauftragte seien informiert gewesen. Außerdem habe er einen zwölfseitigen Bericht über angebliche Dienstpflichtverletzungen des persönlichen Bürgermeister-Assistenten an einen Rechtsanwalt übermittelt, ohne den Bürgermeister oder den Betroffenen zu informieren. In Summe ist von mehreren Dienstpflichtverletzungen die Rede.
Eine weitere Kehrtwendung im Fall Erich Angerer. Bürgermeister Alexander Stangassinger informierte am Freitag, 17. September 2021, dass der ehemalige Stadtamtsdirektor auf Rechtsmittel gegen die von der Gemeindevertretung beschlossene Abberufung verzichte. Damit wird sein Gang vor das Landesverwaltungsgericht hinfällig. Damit sei die Entscheidung der Gemeindevertretung rechtswirksam. Zudem ersuchte der Anwalt die Stadtgemeinde, ihm mitzuteilen, wann und wo sein Mandant die neue Planstelle antreten solle und könne. Die Stadt hatte dem Amtsleiter angeboten, bei gleichen Bezügen auf eine freie Stelle für Organisationsentwicklung zu wechseln. Aus der Rückkehr ins Rathaus wird vorerst aber nichts, denn Angerer erhielt am Freitag laut eigener Aussage sowohl den (zu erwartenden) Suspendierungsbescheid als auch jenen über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Die Suspendierung bedeutet, dass er nur mehr zwei Drittel seines Gehalts bekommt. Der Suspendierte kündigt an, die Bescheide zu bekämpfen.[7]
Das Landesverwaltungsgericht hat in seinem über 40 Seiten ausgeführten Urteil vom 1. Februar 2022 die Beschwerde gegen die Suspendierung als unbegründet abgewiesen. Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig.[8]
Privat
Angerer ist verheiratet und Vater zweier Söhne.
Der Lions Club Hallein wählte Angerer für das Clubjahr 2013/2014 zu seinem Präsidenten.[9]
Ehrung
Am 30. Oktober 2020 wurde ihm der Berufstitel "Hofrat" verliehen.
Quellen
- Stadt Hallein: Stadtamtsdirektoren seit 1945 [1]
- www.sn.at, 11. Mai 2021, 15. Mai 2021 und 24. August 2021
Einzelnachweise
- ↑ Salzburger Woche, Ausgabe Tennengauer Nachrichten, 28. Jänner 2016
- ↑ Salzburger Nachrichten, 7. Mai 2021
- ↑ Salzburger Nachrichten, 29. November 2019
- ↑ Salzburger Nachrichten, 29. August 2020
- ↑ Quelle SN, 28. Mai 2021
- ↑ Salzburger Nachrichten, 14. Juli 2021
- ↑ www.sn.at, 17. September 2021
- ↑ www.sn.at, 2. Februar 2022
- ↑ www.sn.at
Vorgänger |
Stadtamtsdirektor von Hallein 2009–2021 |
Nachfolger
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