Österreichische Motorradgeschichte im fahrtraum Mattsee
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Österreichische Motorradgeschichte war der Titel der zweiten Sonderschau in den Ferdinand Porsche Erlebniswelten fahr(T)raum in der Flachgauer Marktgemeinde Mattsee, die vom 1. Oktober 2017 bis 28. Februar 2018 zu sehen war.
Die Erfolgsgeschichte der österreichischen Motorradmarken
Motorradmarken wie Laurin & Klement, Bock & Hollender, Austro Harlrette, Delta-Gnom oder HMW (Halleiner Motorenwerk) kamen und verschwanden wieder. Geblieben sind die Marken Puch, 1899 gegründet von Johann Puch und - Kronreif Trunkenpolz Mattighofen, Trunkenpolz – KTM, die bereits 1951 mit der Produktion eines Leichtmotorrades begonnen hatte.
1905 gewann der Österreicher Václav Vondřich bei der zweiten Motorradsportveranstaltung in Europa, in Frankreich, dem "Coupe Internationale", mit dem österreichischen Motorrad der Marke "Laurin & Klement". Ein Jahr später gewann beim dritten "Coupe Internationale", der in Patzau in k. u. k. Böhmen stattfand, wieder ein Österreicher: Eduard Nikodem auf Puch.
In den 1920er-Jahren war das Puch Modell 220 der Verkaufsschlager – 12 000 Stück wurden in drei Jahren verkauft. Mit der "KTM Moser" war 1953 auf der Wiener Frühjahrsmesse die Geburtsstunde der Erfolgsgeschichte des Mattighofener Motorenwerks. Der Techniker Hans Trunkenpolz und der Marketing-Experte Ernst Kronreif bewiesen mit Aktionen wie einer Vergleichsfahrt zwischen dem Arlberg-Express und KTM-Kleinmotorrädern auf der Strecke von Paris nach Wien die Schnelligkeit und Zuverlässigkeit von KTM.
Schon seit 1949 produzierte das Halleiner Motorenwerk (HMW) Fahrräder mit Hilfsmotoren und Mopeds. In Wien brachten die Lohnerwerke ebenso wie KTM in den 1950er-Jahren Motorroller auf den Markt.
Nachdem das "Motorrad des kleinen Mannes" und Fahrräder Anfang der 1960er Jahre vom erschwinglichen Automobil abgelöst wurden, erlebten die österreichischen Motorradmarken einen Einbruch und kämpften ums Überleben. Mit dem ersten Motocross-Weltmeistertitel von KTM im Jahr 1974 durch den Russen Gennadij Moiseev begann dann der neuerliche Aufstieg der Innviertler Motorenmarke, die später zu Siegen bei der härtesten Rallye der Welt, der Rallye Paris-Dakar, führte.
Max Reisch und seine Sahara Puch
Prof. Dr. Max Reisch (* 2. Oktober 1912 in Kufstein; † 18. Jänner 1985 ebenda) war ein österreichischer Reiseschriftsteller, Geograf, Journalist und Orientfachmann. Sein Bruder Hans Friedrich war der Gründer der "SPAR Österreich AG".
Die Sahara-Reise 1932
Schon sein Vater Hans August war 1905 und 1906 mit einem Motorrad der Marke "Puch Type B" in Oberitalien auf Reisen gegangen und berichtete darüber in einer deutschen Motorradzeitung.
Anfang der 1930er Jahre studierte Max Reisch in Wien. So kam es, dass er im Sommer 1932 in den Monaten der größten Hitze Nordafrika bereiste. Zusammen mit dem Münchner Alfred Schricker fuhr er auf einer Puch 250 cm³, Baujahr 1929, von Wien über Spanien nach Nordafrika. Von Westen nach Osten, von Algier bis Tripolis führte diese Reise. Von Algier unternahmen die beiden einen Abstecher nach Süden tief in die Sahara. Bis Tripolis hatten die beiden bereits 3 000 km im Sattel der Puch verbracht. Von Tripolis ging es per Schiff nach Syracusa auf Sizilien in Italien und von dort am Landweg wieder nach Österreich zurück.
Das erste österreichische Motorrad in Afrika
Die beiden fuhren durch die weiten Ebenen mit Salzseen, über Sandböden, durch Flussläufe und Geröllfeldern. Wenn die Pferde der Araber aufgrund des Motorenlärms scheuten, gab es brenzlige Situationen; sie schliefen im Zelt, manchmal auch Hotels, deren Betten die Heimat von Wanzen war. In der größten Oase der Sahara, die sich über rund 20 Kilometer Länge erstreckte, fanden sie sogar eine Shell-Tankstelle. An einer Grenzstelle berechnete das Amtsorgan die Ausreisesteuer nach Größe und Umfang der Reifen am Motorrad. In Melilla, der spanischen Enklave an der nordafrikanischen Mittelmeerküste, nahm Reisch an einem Motorradrennen teil. Die lokale Zeitung berichtete über das Rennen, bei dem "Señor Puch (sprich Putsch) aus Austria" den zweiten Platz belegte. Den Namen Reisch hatte man sich nicht gemerkt, wohl aber Puch.
Reisch hatte mit seiner Reise 1932 bewiesen, dass man mit einem ganz normalen Puch 250 cm³ Motorrad, das seinerzeit drei Jahre alt war und gebraucht 650 Schilling kostete, ohne Probleme weite Reisen unternehmen konnte. Eben in die Sahara, bei +50° Hitze und mit 200 kg Beladung! Es war das erste österreichische Motorrad in Afrika gewesen.
Ausstellungsobjekte
Die Ausstellung wurde von Ingrid Weydemann MAS kuratiert, Texte und Bilder stammten von Peter Krackowizer aus dem Motorrad-Literatur- und Bildarchiv Prof. Dr. Helmut Krackowizer. Folgende Vehikel sind in der Ausstellung zu sehen:
lfd. Nr. | Baujahr | Type | Technische Daten | Anmerkung | Leihgeber |
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1 | 1954 | KTM Tourist | Zweitakt-Motor, 125 cm³, Einzylinder; 6,1 PS | mit Skiträger | Heinrich Schuberg |
2 | 1954 | KTM Tourist | Zweitakt-Motor, 125 cm³, Einzylinder; 6,1 PS | Sepp Maier | |
3 | 1958 | KTM Tarzan | Zweitakt-Motor, 125 cm³, Einzylinder; 7,5 PS | Gerhard Angerer | |
4 | 1959 | KTM Mirabell Roller | Zweitakt-Motor, 124 cm³, Einzylinder; 6,1 PS | Kriminalinspektor Hans Landauer fuhr mit so einem Modell von Wien zum Nordkap in Norwegen und zurück nach Griechenland, wo er die Meteora-Klöster und Athen besuchte. Nach elfeinhalb Tagen, 276 Fahrstunden und 10 837 Kilometern war er wieder in Wien zurück | Ernst Kronreif Sohn |
5 | 1959 | KTM Mustang | Zweitakt-Motor, 124 cm³, Einzylinder, 9 PS | es war die Maschine, mit der Erwin Lechner österreichischer Staatsmeister wurde | KTM Sportmotorcycle GmbH, Mattighofen |
6 | 1984 | KTM Motocross | 497,5 cm³ | Werksmaschine des Weltmeisters Heinz Kinigadner | KTM Sportmotorcycle GmbH, Mattighofen |
7 | 2008 | KTM FRR 125 GP | 6-Gang, 124,8 cm³, 55 PS | Werksrennmaschine | KTM Sportmotorcycle GmbH, Mattighofen |
8 | 2009 | KTM 690 Rally | 6-Gang, 654 cm³, 74 PS | Rallye Paris-Dakar-Werksmaschine für den Sieger Cyril Despres | KTM Sportmotorcycle GmbH, Mattighofen |
9 | 1908 | Puch 6/7 | Viertakt-Motor, 770 cm³, Zweizylinder; 7 PS | Schnüffelventil | wird nachgetragen |
10 | 1925 | Puch Austro Harlette | Zweitakt-Motor, 175 cm³, Einzylinder; 3 PS | Ferdinand Kranawetvogl | |
12 | 1928 | Puch Jap 500 | Viertakt-Motor, 4980 cm³, Einzylinder; 12 PS | Johann Unterleitner | |
13 | 1928 | "Sahara" Puch 250 | Zweitakt-Motor, 250 cm³, Einzylinder, 6 PS | 1932 fuhr damit Max Reisch durch Nordafrika, es war das erste österreichische Motorrad überhaupt in Afrika | Reisch-Museum Bozen, DI arch. Peter Reisch |
11 | 1936 | Puch 800 | Viertakt-Motor, 800 cm³, vier Zylinder; 20 PS | Hubert Riedlmeier | |
14 | 1938 | Puch Styriette | Zweitakt-Motor, 60 cm³, Einzylinder; 1,35 PS | Johann Unterleitner | |
15 | 1953 | Puch 250 SGS | Zweitakt-Motor, 250 cm³, Einzylinder; 16,5 PS | Sepp Maier | |
16 | 1956 | Puch 250 SGA | mit Elektroantrieb, Zweitakt-Motor, 250 cm³, Einzylinder; 14 PS | das Ausstellungsfahrzeug war mit Transportbeiwagen mit Werkzeug, beim ÖAMTC als "Gelber Engel" im Einsatz |
Josef Glechner |
17 | 1968 | Puch MS 50 Automatik | Zweitakt-Motor, 49 cm³, Einzylinder, 1,85 PS | umgangssprachlich "Postler-Moped", "Maurerbock" oder "Stangelpuch" (wegen des Mittelrohrs des Rahmen) genannt |
Hermann Rager |
18 | 1974 | Puch 175 MCS | Zweitakt-Motor, 169 cm³, Einzylinder; 21 PS | Walter Leitgeb wurde mit dieser Maschine 1969 Gelände-Europameister | Wolfgang Gassner |
19 | 1950 | HMW Fahrrad | Zweitakt-Motor, 38 cm³, Einzylinder, 1 PS | Damenfahrrad mit HMW Fuchs-Hilfsmotor | Sepp Maier |
20 | 1952 | HMW Foxinette | Zweitakt-Motor, 38 cm³, Einzylinder, 1 PS | es war dies das erste österreichische Moped nach dem dem Zweiten Weltkrieg | Johann Rath |
21 | 1954 | HMW 50 Z | Zweitakt-Motor, 50 cm³, Einzylinder, 2 PS | Johann Hackelsberger | |
22 | 1957 | HMW Wiesel | Zweitakt-Motor, 75 cm³, Einzylinder, 3,9 PS | davon wurden nur 394 Stück gebaut | Sepp Maier |
23 | 1957 | HMW Supersport | Zweitakt-Motor, 50 cm³, Einzylinder, 2,2 PS | Beiname "Schlurfrakete" | Herbert Schoßleitner |
24 | 1906 | Bock und Holender 7 | Viertakt-Motor SV, 813 cm³, Zweizylinder; 7 PS | wurde von 1904 bis 1911 in Wien gefertigt | Alfons Meier |
25 | 1906 | Laurin & Klement L70 | Viertakt-Motor SV, 502 cm³, Einzylinder; 3,5 PS | mit geflochtenem Korbbeiwagen; Motorräder dieser Marke gewannen 1905 und 1906 zahlreiche nationale und internationale Rennen | Franz Soriat |
26 | 1924 | Lanco A.50.0 | Viertakt-Motor SV, 500 cm³, Einzylinder; 18 PS | in Wien von der Erdberger Maschinenfabrik AG von 1924 bis 1926 gebaut |
Manfred Eiler, Vorarlberg |
27 | 1924 | Delta-Gnom | Viertakt-Motor SV, 500 cm³, Einzylinder; 18 PS | wurde von 1925 bis zum Zweiten Weltkrieg und dann nochmals um 1953 gebaut |
Manfred Eiler, Vorarlberg |
28 | 1927 | D.S.H. | Viertakt-Motor SV, 600 cm³, Einzylinder, 15 PS | D für Franz Döller, S für Franz Seidl und H für Ing. Huber, die gemeinsam von 1923 bis 1928, ein nochmaliger Versuch endete endgültig 1932, produziert wurde in Wien und Inzersdorf, es gab davon sehr erfolgreiche Rennmaschinentypen; Rupert Karner verunglückte mit so einer Maschine 1928 beim 350-cm³-Rennen um die Ungarische TT nahe Budapest tödlich |
Niki und Stefan Melnitzky, Wien |
29 | 1931 | Austria | Zweitakt-Motor, 350 cm³, Einzylinder, 12 PS | wurde von 1930 bis 1933 in Trautmannsdorf, NÖ., hergestellt; es gibt davon heute nur mehr zwei Exemplare in Österreich | Heinrich Schubert |
30 | 1950 | Lohner L98 - L98T | Zweitakt-Motor, Einzylinder, 2,25 PS | es war dies der erste österreichischer Motorroller! | Andreas Lohner |
31 | 1954 | Lohner L125 | 125 cm³, 6,1 PS | Andreas Lohner | |
32 | 1957 | Lohner Sissy III | Zweitakt-Motor, 60 cm³, Einzylinder,2.6 PS | es war dies das erste Lohner-Moped und das erste, das man auch zu zweit fahren konnte | Andreas Lohner |
Siehe auch
Bilderlink
Videolink
- www.rts-salzburg.at, abgerufen am 14. Oktober 2017
Weblink
- homepage fahr(T)raum fahrtraum.at/Veranstaltung
- www.maxreisch.at "die "Sahara-Puch" von 1932 - Ruf zu einer Ausstellung"
Quelle
- Quelle Peter Krackowizer Public Relations Presse Journalist, fahr(T)raum-Informationen und Archiv
Vorgänger |
Ausstellungen in den Ferdinand Porsche Erlebniswelten fahr(T)raum Mattsee 1. Oktober 2017 bis 28. Februar 2018 Österreichische Motorradgeschichte |
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