Johann Nepomuk Jessenwagner
Dr. Johann Nepomuk Jessenwanger (* 1780 in Aibling oder Rosenheim, Herzogtum Bayern; † Juli 1862 in der Stadtpfarre Salzburg-St. Andrä[1]) war von 1819 bis 1833 Bezirksarzt von Siegharting in Oberösterreich.
Leben
Schon Johann Nepomuk Jessenwangers Vater Dr. Nepomuk Jessenwanger war Landgerichtsarzt und zwar im königlich baierischen Markt Rosenheim. Seine Mutter Viktoria, geborene Geilhofer (Geilenhofer), stammte aus Ingolstadt.
1805 promovierte er auf der Universität Landshut im Herzogtum Bayern als Doktor der Medizin und Chirurgie, wie er anlässlich seiner Pensionierung nachwies. Im Matrikenbuch findet sich allerdings nur die Eintragung als "Canditat" des Studienjahres 1797-1798, dem Studien beginn.[2] Am 10. April 1806, als er 24 Jahre alt war und sein Studium gerade vollendet hatte, starb sein Vater, der Landgerichts-Physikus für das Landgericht Aibling, "ein sehr beliebter praktischer Arzt, an einem Nervenfieber".[3] Johann Jessenwanger sprang sofort ein oder hatte bereits eine Stellung als Physikats Praktikant im Landgericht Aibling. Es waren kriegerische Zeiten, so schloss er – freiwillig oder nicht – ein Praktikum im Hauptlazarett München an, dort hatte er auch "die Gebäranstalt frequentiert". Ab 1811 bis 1814 hatte er dann die Stelle als provisorischer Landgerichtsphysikus in "Simmbach" und Braunau inne.[4]
Im Jahr 1814 fand die Organisierung des Sanitätswesens der neuen baierischen Gebiete statt. Jessenwanger wurde als wirklicher Gerichtsarzt des k. bayer. Landgerichts Waizenkirchen mit einem Gehalt von 500f K.M. ernannt.[5]
Als 1816 die Gerichtsärzte aus dem vormaligen Unterdonau-Kreis in das österreichische Territorium eingegliedert wurden, wurde eine "Qualifications Tabelle der Gerichtsärzte" angelegt, die auch Bemerkungen des Landgerichts und des Kreisamtes Salzburg enthielt. Während das Landgerichts davon berichtete, dass er sich stets bemühte "die entschiedensten Beweise seiner tiefen Kenntniße von sich zu geben", stellte das Kreisamt hingegen fest, dass er "zwar vielen guten Willen zeigte, aber jedoch in selben als in seinen Berichten sehr seichte wissenschaftliche Kenntnisse verrieth."[6] Im Jahre 1818 wurde er nun bei der Organisierung nach der österreichischen Form zum k.k. Distriktsarzt in Siegharding befördert.
Am 10. Februar 1823 heiratete Johann Jessenwanger in Schärding 40-jährig das Fräulein Maria Lenter. Die Braut war 20 Jahre alt und die Tochter des quieszierten[7] k.k. Rentbeamten von Waizenkirchen und dessen Ehegattin Anna Maria, geborene Herrmann, Prokurators Tochter von Schärding.[8] Am 7. Juni 1827 bekamen sie die Tochter Maria Emilia, die mit 18 Wochen am 11. Oktober "an Brand" verstarb.[9] Eine weitere Tochter Maria Augusta Amalia wurde am 13. Juli 1830 geboren. Taufpatin war die Rentbeamtenstochter Amalia Sibilla, somit eine Schwester der Mutter.[10] Amalia Jessenwanger blieb unverheiratet und starb 42jährig am 27. Dezember 1872 im Haus Linzergasse 494 in der Stadt Salzburg an Lungenschwindsucht und wurde auf dem Friedhof St. Sebastian begraben. [11] Aus den Büchern erfahren wir auch die Adresse, an der die Familie lebte: Siegharding 1. Dabei handelt es sich laut Auskunft von Joseph Ruhland vom Heimatmuseum Kopfing um das Gebäude des Sighartinger Schlosses.
1820 wurde von der ob der ennsischen Landesregierung ein Dekret erlassen: "Das ob der ennsische Sanitätspersonale ist zur Verfassung medizinischer Topographien aufzufordern", um die Verfassung von Topographien zu fördern - wofür ein Vorzug bei Anstellung oder Beförderung gewährt werden sollte.[12] Vermutlich verfassten daraufhin viele Ärzte solche Texte, die leider Großteils nicht erhalten sind. Für Salzburg sind ein kurzer und ein sehr ausführlicher Text von Dr. Karl Maffei (* 1791; † 1850) erhalten. Im Innkreis haben sich der Text von Dr. Johann Jessenwanger und zwei zueinander ähnliche von Dr. Joseph Stähling (* 1776; † 1829) erhalten. Dieses Dekret enthielt auch eine Richtschnur zur Verfassung einer "Medicinisch-topographischen Skizze", die sich weitgehend mit dem Inhaltsverzeichnis von Jessenwagners Text deckt.
Der Bezirk den er zu betreuen hatte umfasste die Pfleggerichte Viechtenstein, Schärding und Obernberg. Im Jahr 1830 hatte dieses Gebiet mit 39 Pfarreien eine Einwohnerzahl von 54 943 Seelen.[13] Im Mai und Juni vollzog er in Anwesenheit eines k.k. Landgerichts-Beamten die Pockenimpfung. Im Jahr 1827 erhielt er für 805 nachgewiesene Impfungen den ersten Impfpreis, der auch mit einer finanziellen Prämie von 150 fl. verbunden war.[14] Neben ihm als Bezirksarzt gab es drei weitere graduierte Ärzte, Dr. Kickinger in Obernberg und Dr. Riedler in Schärding, die beide quiesziert waren, was bedeutete, dass sie in der baierischen Zeit als Landgerichtsärzte angestellt waren, danach aber keine staatliche Stelle mehr angetreten hatten. Dr. Haasbauer war ausübenden Arzt in Schärding.
1831 und 1832 kam es zu Choleraausbrüchen, die sich von Osten aus Galizien kommend nach Westen ausbreiteten. Bereits im Sommer 1831 bereitete man sich auf den Ernstfall vor und in dem entsprechenden Akt findet sich der Hinweis, dass das Kreisamt Ried "Jessenwanger hinsichtlich seiner Unzuverlässigkeit im Dienste sorgfältig zu überwachen" habe.[15] Der westlichste Cholerafall wurde im Dezember 1832 in Wels registriert.[16] Eine ganze Reihe von Maßnahmen wurden in Gang gesetzt, um für einen Ausbruch gerüstet zu sein. Für Dr. Jessenwanger, der beim Herannahen der Seuche fast 50 Jahre alt war, bedeutete diese eine große Belastung. Bei einer Dienstreise in Cholera Angelegenheiten erlitt er am rechten Fuße eine Prellung. Wegen dieser Verletzung und der Abnahme seiner Kräfte beantragte 1833 seine Pensionierung, die ihm gewährt wurde.
Irgendwann in den 1840er-Jahren kam er nach Salzburg, wo er – wie alle pensionierten Ärzte – weiter praktizierte.
Dr. Jessenwanger war trotz seines geprellten Beins ein langes Leben an der Seite seiner 20 Jahre jüngeren Gattin beschieden. Er verstarb am 8. Juli 1862 in der Stadt Salzburg in der Pfarre St. Andrä an der Hausnummer 494 an Altersschwäche. Bestattet wurde er wie viele seiner Kollegen (z.B. Hartenkeil, Susan, Aberle) auf dem Friedhof St. Sebastian.
Werk
- "Physisch-Medicinische Topographie für das Distrikts-Physikat", Siegharding 1821, OÖLA Archiv des Innkreisamtes Schachtel 149.
Einzelnachweise
- ↑ Sterbebuch der Pfarre St. Andrä [1]
- ↑ Matrikelbuch der Universität Ingolstadt-Landshut-München, München 1872, 112.
- ↑ Medizinisch chirurgische Zeitung, 2. Juni 1806, 320.
- ↑ SLA Gen Kr Kom B 26 I Nr 98
- ↑ SLA Linzer Akten I 184 Jessenwagner.
- ↑ SLA Gen Kr Kom B 26 I Nr 98
- ↑ quieszieren bedeutet jemanden in den Ruhestand versetzen, www.dwds.de
- ↑ data.matricula-online.eu
- ↑ Sigharting Taufbuch 03 (3); 1817-1875, Sigharting Sterbefälle-Duplikate 1827; 1827 und Sigharting Sterbebuch 03 (3); 1817-1866
- ↑ https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/oberoesterreich/sigharting/106%252F1830/?pg=3.
- ↑ Salzburg-St. Andrä, 1870–1882 Sterbefälle.
- ↑ ANNO, Landesgesetzblatt OÖ 1819–1995
- ↑ OÖLA Landesregierungsarchiv 1787–1849, Allgemeine Reihe Schachtel 153.
- ↑ "Medizinisch chirurgische Zeitung", 25. Juni 1829, 432.
- ↑ >OÖLA Landesregierungsarchiv 1787–1849, Allgemeine Reihe Schachtel 153.
- ↑ Anton Drasche: "Die epidemische Cholera", Wien 1860, 26.