Auguste Caroline Lammer
Auguste Caroline Lammer, geb. Hofbauer (* 28. Oktober 1885 in Wien; † 16. Jänner 1937 ebendort) ist bis heute die einzige Bankgründerin Österreichs.
Leben
Auguste Lammer wurde als zweite Tochter einer Eisenbahnerfamilie in Wien geboren und wuchs nach dem frühen Tod der Eltern bei den Großeltern in Braunau am Inn auf. Schulbesuch in Braunau und Simbach, Banklehre von 1900 bis 1906 bei der Dannerbank in Braunau, Bahnbedienstete in Attnang Puchheim, kurze Tätigkeit beim Österreichischen Verkehrsbüro in Berlin. 1909 Eheschließung mit dem um 27 Jahre älteren Witwer Max Leopold Ritter Lammer von Castell Rombaldo (* 1858, † 1939), geboren in Innsbruck, Tirol, als Sohn eines k.k. Gendarmerieoffiziers, Bahnhofvorstand in Attnang-Puchheim bis 1910. Max Leopold Lammer brachte seinen einzigen Sohn Max, geboren 1905 in Attnang, in die Ehe mit. Die Mutter, Therese Lammer, geb. Jud, war bei der Geburt von Max verstorben. 1909 Geburt des Sohnes Alfred in Linz.
1910 Gründung eines Reisebüros und einer Wechselstube in Zell am See. In Salzburg machte sie am 28. Mai 1912 ihre Führerscheinprüfung für die selbständige Lenkung eines Kraftwagens mit Explosionsmotor. Während des Ersten Weltkrieges ruhte das Geschäft. Max Lammer war einberufen für den Bau von Feldeisenbahnen in Russisch-Polen, wohin ihm die Mutter mit den Kindern folgte. 1918 Scheidung. Am 15. Juli 1920 gründete sie in Zell am See die Kommanditgesellschaft Bankhaus A. Lammer & Co zusammen mit Frank Whitehead aus der Industriellenfamilie Whitehead in Fiume (Rijeka), aus der auch die erste Frau von Georg Ritter von Trapp, die Schwester von Frank, Agathe Whitehead (* 1891, † 1922) stammte. Dabei brachte Lammer ein Kapital von 100.000.-- Kronen, Whitehead zwei Millionen Kronen (heute ca. € 150.000.--) ein. Lammer erhielt am 12. März 1921 den für den Betrieb einer Bank notwendigen Gewerbeschein von der Bezirkshauptmannschaft Zell am See ausgefertigt. Und am 25. März 1925 wurde ihr das "Heimatrecht" in der Marktgemeinde Zell am See verliehen.
Auguste Lammer hatte zuerst mit ihrer Bank schöne Erfolge, sie war eine angesehene Frau und hatte Kontakt mit hochstehenden Persönlichkeiten, u.a. mit dem Salzburger Landeshauptmann Franz Rehrl. Sie beteiligte sich am Bau der Großglockner Hochalpenstraße und an der Schmittenhöhebahn und wurde Kommerzialrätin.
Die Bekanntschaft mit dem Münchner Kunsthändler Hugo von Grundherr zu Altenthann und Weyerhaus leitete den Abstieg der bis dahin schillernden Bankfrau ein. Grundherr war der Eigentümer des Schlosses Mittersill, stürzte sich immer mehr in Schulden, die Lammer abdeckte unter Hereinnahme von Pfändern, wie der Bibliothek des Schlosses und vor allem eines Gemäldes von Leonardo da Vinci, das damals mit 600.000 Schilling (heute etwa 2,8 Mio Euro) von Lammer bewertet worden war. Als eine Bank, bei der Grundherr verschuldet war, die Versteigerung des Schlosses Mittersill erwirkte, erwarb es Frau Lammer und kam dadurch in noch größere finanzielle Schwierigkeiten, die zusätzlich durch die 1000-Mark-Sperre eskalierten. Da ein Ausgleich scheiterte, kam es zum Konkurs. Das "Leonardo-Bild" war in der schwierigen Zeit nicht verkäuflich und konnte daher die Bank nicht mehr retten.
Augustine Lammer wurde 1935 verhaftet und wegen Betruges, Untreue und anderem zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Sie wurde in der Frauenstrafanstalt Wiener Neudorf inhaftiert. Während der Haftzeit starb sie am 16. Jänner 1937 an Lungenbrand ("Lungengangrän") im Allgemeinen Krankenhaus in Wien. Das in einem Aufsatz aufgetauchte Gerücht, Auguste Lammer hätte Selbstmord verübt, entspricht nicht den Tatsachen. Ihr Grab am Wiener Zentralfriedhof existierte bis 1952. Max Leopold Ritter Lammer lebte nach der Scheidung im Ruhestand in Salzburg, Schrannengasse 6 und verstarb im Mai 1939 im Diakonissen-Krankenhaus in Salzburg (damals Imbergstraße 31). Seine Urne wurde am 25. Mai 1939 in Jauernig, Kreis Ost-Freiwaldau (damals Sudetenland, bis 1918 Österreichisch-Schlesien, heute Javornik in Tschechien) beigesetzt. Max, sein Sohn aus erster Ehe, Schauspieler, lebte mit seiner Ehefrau Johanna Müller in Berlin und dann in Freiburg im Breisgau, wo er 1966 starb. Alfred, der Sohn aus der Ehe von Auguste Lammer mit Max Leopold Lammer wurde am 28. November 1909 in Linz geboren. Er maturierte am Stiftsgymnasium Kremsmünster und studierte dann in München und Innsbruck Handelswissenschaft, war Mitglied der Heimwehr und dann des Freiwilligen Schutzkorps und kam 1934 nach London an das Österreichische Verkehrsbüro. Als Gegner des Nationalsozialismus blieb er nach dem "Anschluss" in London und arbeitete dort als Fotograf. Als solcher brachte er es nach dem Krieg zu hohem Ansehen, wie aus den Nachrufen im Oktober und November 2000 in den namhaftesten englischen Zeitungen hervorgeht. Während des Zweiten Weltkrieges war er als Navigator in einem Nachtjagtgeschwader in Nordafrika und zuletzt als Squadron-Leader (entspricht dem Rang eines Majors) in einer Radar-Navigatorschule der Royal Air Force im Einsatz. Er war in zweiter Ehe verheiratet mit Benedicta Gräfin von Wengersky, geb. 1931 in Kirchsteig, Gemeinde Kaumberg, NÖ. Der Ehe entstammten vier Kinder: Peter, Jane (†) Mary und Victoria. Alfred Lammer starb im Jahr 2000 im 91.Lebensjahr.
2013: Freudige Überraschung für Zell am See
[[Datei:DSC00487.JPG|thumb|Erinnerungstafel]
Die Sanierung des Kirchturmes der Stadtpfarrkirche St. Hippolyth in Zell am See ist seit Jahren das wichtigste Vorhaben der Stadtpfarre. Dr. Peter Lammer (ein Enkel von Auguste Lammer aus Abingdon bei Oxford, Mitbegründer des namhaften Softwareunternehmens SOPHOS) erklärte sich im Jahre 2012 bereit, einen sehr hohen Betrag hiefür zu stiften und damit alle noch erforderlichen restlichen finanziellen Mittel für die Sanierung zu übernehmen, um die Bürger der Stadt bzw. die Pfarrgemeinde zu entlasten. Er will damit einen Akt der Wiedergutmachung für finanzielle Schäden setzen, die der Konkurs der Bank seiner Großmutter im Jahre 1935 über viele Bürger von Zell am See gebracht hat. Am 15. August 2013 wurde der restaurierte Kirchturm im Rahmen einer großen Feier durch Pfarrer GR Mag. Christian Schreilechner eingeweiht. Zum Gedenken an Auguste Lammer ließ ihr Enkel in der Stadtpfarrkirche eine Gedenktafel zusammen mit einer sehr schönen Christus-Ikone (Anastasis (gr.) = Auferstehung) anbringen. Bürgermeister Ing. Hermann Kaufmann überreichte Dr. Peter Lammer das Silberne Ehrenzeichen der Stadt Zell am See. Zur Feier waren auch Benedicta, die Mutter von Peter Lammer, sowie die beiden Schwestern Mary und Victoria mit ihren Kindern angereist. Ebenso Thomas Whitehead (* 1953); Bauträgermanager in Nassau (Bahamas), der Enkel von Frank Whitehead, ehemals Schüler des Jesuitengymnasiums "Stella Matutina" in Feldkirch.
Quellen
- Gschwandtner, Martin: Auguste Caroline Lammer (1885-1937). Die bisher einzige Bankgründerin Österreichs. Ihre turbulente Geschichte in einer krisenhaften Zeit, 2 Auflage München, Ravensburg 2010
- Peter Lammer, Dr., Enkel von Auguste Lammer, Abingdon bei Oxford: Privatarchiv
