Graben

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Landschaftsstrukturierende Gräben zwischen den Taxenbacher Sonnseitbergen
Ein Graben durchschneidet das Hofgelände eines Bauernhofes am Erlberg in Thumersbach zwischen Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude

Unter der Bezeichnung Graben werden hier − in Abgrenzung zu künstlichen, von Menschen geschaffenen Gräben − natürlich entstandene Geländeeinschnitte im Bergland beschrieben.

Einführung und Überblick

Gräben entstehen durch aushöhlende Einwirkungen. In der Natur ist es die erodierende Kraft des Wassers, die in mehr oder weniger abfallendem Gelände im Laufe der Zeit Gräben entstehen lässt. Natürlich entstandene Gräben kommen daher vor allem im Bergland vor. In die Haupttäler münden nur wenige Seitentäler, aber zahllose kleinere und größere Gräben durchfurchen die Talhänge.

In der deutschen Sprache als Gräben bezeichnete Eintiefungen können aber auch durch Erdbewegungen (Erdbeben, Erdplattenverschiebungen) entstehen. Erdgeschichtlich entstanden weltweit so bedeutende geologische Gräben wie der Ostafrikanische Graben oder der Jordan-Graben. In Kulturlandschaften finden sich zahlreiche vom Menschen geschaffene Gräben, die meist der Be- oder Entwässerung dienen. Geschichtlich gesehen dienten künstlich geschaffene Gräben aber auch als Barriere zwecks Abgrenzung oder zur Verteidigung vor Angreifern (Stadt-Graben, Burg-Graben, Schützen-Graben).

Für alle diese von der Entstehungsgeschichte und von der Dimension höchst unterschiedlichen Gelände-Einschnitte besteht in der deutschen Sprache nur ein Begriff, nämlich Graben, während im Englischen Gräben im Sportbereich als ditch, im militärischen Bereich als trench, ein Burg-Graben als moat und im geologischen Bereich Gräben als graben bzw. als rift bezeichnet werden.

Wortherkunft und -bedeutung

Graben (im Sinne einer Tätigkeit) kommt bereits im Althochdeutschen als graban vor, im Altkirchenslawischen als greti in der Bedeutung von rudern, graben, im Lettischen als grebt, in der Bedeutung von ausschaben, aushöhlen.

Der Duden kennt ausschließlich vom Menschen geschaffene Gräben. Im Bedeutungswörterbuch steht unter dem Stichwort "Graben": ..in die Erde gegrabene Vertiefung von einiger Länge und verhältnismäßig geringer Breite: ein tiefer, langer, breiter Graben; Gräben [zur Bewässerung] anlegen; einen Graben ziehen, damit das Wasser abfließen kann: in einen Graben fallen, stürzen..

Im Salzburgwiki gibt es keine Kategorie für Graben. Dort beschriebene Gräben werden unter der Kategorie Tal eingeordnet.

In der deutschsprachigen Wikipedia finden sich neun unterschiedliche Artikel zum Thema "Graben":

  • Burggraben, ein Annäherungshindernis bei mittelalterlichen Befestigungsanlagen
  • Schützengraben, eine Form der Befestigung im Felde, meist in Form eines simplen Grabens
  • Stadtgraben, ein Annäherungshindernis bei mittelalterlichen Städten
  • Wassergraben, ein künstlich angelegtes oder ausgebautes Gewässer zur Be- oder Entwässerung
  • Entwässerungsgraben, entlang einer Straße
  • Aufgrabung, bei der unterirdischen Leitungsverlegung
  • Ausgrabung, archäologische Feldforschung
  • Graben (Geologie), eine durch tektonische Kräfte verursachte Einsenkung der Erdoberfläche
  • Tiefseerinne, Tiefseegraben, eine submarine Talform

Dennoch sind Gräben im Sinne des Artikelstichwortes real existent. Sie unterscheiden sich von Tälern und von Schluchten, aber manche Gräben weisen in ihrem Verlauf schlucht- oder talartige Abschnitte auf.

Gräben sind namenlos oder führen Eigennamen, die auch kartografisch berücksichtigt werden. Gräben bringen für die anwohnenden Menschen wirtschaftlichen Nutzen, aber auch Gefahren mit sich. Gräben waren Anlass für Hof-, Orts-, See- und Straßenbezeichnungen. In Uttendorf findet sich im Ortsteil Tobersbach ein Grabenweg. Eine Abwechslung im Einerlei der beliebigen Amsel- und Birkenwege. Darüber hinaus finden sich im Salzburgwiki noch folgende Beispiele:

Im Fall namenloser Gräben wurde und wird im näheren Umfeld eine mündliche, in der Regel nicht niedergeschriebene Bezeichnung nach anrainenden Höfen oder größeren Gebäuden geschaffen und verwendet. So wird der eigentlich namenlose Graben neben dem Sporthotel Alpenblick im Ortsteil Schüttdorf in Zell am See von der Wildbach- und Lawinenverbauung der Einfachheit halber Alpenblickgraben genannt und die dort im Jahr 2014 fertig gestellte Sperre wird demgemäß als Alpenblickgraben-Sperre bezeichnet. Es ist anzunehmen, dass dieser Graben früher Tischlerhäuslgraben genannt wurde, so wie heute noch die dortige Bushaltestelle und die Haltestelle der Salzburger Lokalbahn Tischlerhäusl heißt, da hier längst vor dem Hotelbau ein Wirtshaus namens Tischlerhäusl stand.

Kurioser Weise finden sich auch Gräben, die vor Ort unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt sind. Ein Beispiel für Letzteres ist der Graben zwischen Kleinem und Großem Sonnberg, ein Geländeeinschnitt zwischen zwei zu den Taxenbacher Sonnseitbergen gehörende Südabhängen an der orografisch linken Seite des Unterpinzgauer Salzachtales im Gemeindegebiet von Taxenbach. Beim Grainsbergbauern an der orografisch rechten Grabenseite wird der Graben nach dem auf der gegenüber liegenden östlichen Grabenseite befindlichen Brandstätthof als Brandstättgraben bezeichnet. Beim Brandstättbauern wird derselbe Graben aber Grainsberggraben genannt, weil auf der vom Brandstättbauern aus gesehen gegenüber liegenden westlichen Grabenseite der Grainsberghof steht. Eine einfache aber sinnvolle Logik: man bezeichnet den Graben, der keinen Namen hat und den es zu queren gilt, nach dem Ziel des eigenen Weges.

Gräben inner Gebirg

Die alpine Landschaft wird wesentlich durch namentlich bekannte Täler und Berggipfel geprägt. Die Abhänge der Haupt- und Seitentäler werden aber von unzähligen Gräben, die durch die erodierende Wirkung des Wassers in Form von Wildbächen entstanden sind, durchfurcht. Die Mehrzahl der Gräben sind weg- und namenlos. Dennoch finden sich in den Bezirken inner Gebirg gar nicht so wenige Gräben, die offiziell benannt sind. Hier einige Beispiele, die bereits im Salzburgwiki beschrieben wurden:

Auch das Schmittental gilt in der Bevökerung eigentlich als Schmittengraben.

Wildbachverbauung

Die mit Nr. 1 benannte erste einer Reihe von Sperren an der Nikolaus-Gassner-Promenade zwischen Zell am See und Schüttdorf

Es sind zahlenmäßig überwiegend die im Vergleich zu Tälern kleineren und kürzeren Gräben wie der Alpenblickgraben und im geringeren Ausmaß die im Vergleich zu den Gräben größeren und längeren Täler, wie das Mühlbachtal (Hohe Tauern) in Niedernsill, in denen mit Bauwerken der Wildbachverbauung für Sicherheit vor gewaltsamen Naturereignissen wie Muren gesorgt werden muss.

Ein beredtes Beispiel für solch bedrohliche Gräben im Bereich von Siedlungsgebieten findet sich oberhalb des Westufers des Zeller Sees. Von motorisierten Verkehrsteilnehmern auf der B 311, Passagieren in den Zügen auf der Westbahntrasse und Promenierenden auf der Seeuferpromenade meist unbemerkt, erstreckt sich zwischen dem Zeller Ortsteil Schüttdorf und dem Hauptort Zell am See der steile Abhang des Ausläufers der Schmittenhöhe, der auf kurzer Strecke von vielen Gräben durchfurcht ist, die zum Schutz der darunter befindlichen Häuser und Verkehrswege in den letzten Jahrzehnten massiv verbaut werden mussten.

Gräben als Hort für Vegetation und Tierwelt

Gräben bieten Pflanzen und Tieren durch Feuchtigkeit, schattige Lagen und durch die durch Unwegsamkeit gegebene Ungestörtheit eigene Entwicklungs- und Lebensräume, die von denen ihrer Umgebung abweichen und sind daher wichtige Bausteine zum Erhalt des Artenreichtums in der Tier- und Pflanzenwelt.

Gräben als geologische "Fenster"

Wasser- und Geschiebegewalt legte im Brandstätt- bzw. Grainsberggraben den Fels frei
Brandstätt-, bzw. Grainsberggraben: Riesiger Findling aus Gneis inmitten der Schieferzone

Unwetter bringen es mit sich, dass die wasserführenden Gräben nach Plaiken- und Murenabgängen große Geschiebemengen an Erde, Holz und Gestein transportieren. Die erodierende Wirkung des Geschiebes legt einerseits das Gestein der Grabenhänge und auch des Bachbettes frei, sodass die Gesteinsstrukturen und -schichtungen zu sehen sind, und bringt andererseits riesige Findlinge an das Tageslicht, Überbleibsel der Eiszeit aus Gneis inmitten der Schiefer der Grauwackenzone.

Gräben als Wirtschaftsfaktor

Gräben wurden seit langer Zeit und werden teilweise auch heute noch zur Holzbringung genutzt. Früher standen auch die bäuerlichen Gmachlmühlen in Gräben wie dem Grieser Graben. In Gräben fanden sich auch bereits in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts kleine privat betriebene Elektrizitätswerke und auch kleinere Bauernsägen wurden in dafür vom Gelände her geeigneten Gräben wie im Taxenbacher Trattenbachgraben errichtet und betrieben. Auch die Almwirtschaft stand und steht im Bezug zu Gräben, deren Wasserläufe teilweise im Almbereich entspringen und somit Almen entwässern und als Wasserquelle für die Almleute und als Tränke für deren Vieh diente und dient.

Bemerkenswert ist, dass die früher inner Gebirg zur Körperreinigung üblichen Badstuben, die später aus moralischen Gründen in Verruf gerieten und verboten wurden, wie die Gmachlmühlen im Bereich von Gräben, also in Wassernähe errichtet und genutzt wurden.

Grabenhäusl

Wenngleich Gräben in der Regel nicht besiedelbar sind, so gibt es doch einzelne Häuser, die an Grabenhängen, an Grabenausgängen oder auf dem darunter befindlichen Schuttkegel errichtet wurden. An den Grabenhängen und im Grabenausgangsbereich waren es meist die Behausungen wenig wohlhabender Leute wie Bergleute – siehe (Bergmannssölde) - und zählen deren Behausungen daher ursprünglich zu den Armeleuthäusln, auch wenn einige davon heute gut ausgebaut sind und in den vergangenen Jahrzehnten auch stattliche Wohnhäuser und sogar Berherbergungsbetriebe in den Gefahrenzonenbereich unterhalb von Gräben hinein gebaut wurden.

Die "Grabenhäusl" sind es, die am meisten und zuerst von Naturkatastrophen wie dem Hochwasser vom Juni 2013 bedroht sind. Beispiele im Jahr 2013 gab es in Hüttau (Hotelpersonalhaus), in Högmoos und im Schmiedbachgraben mitten im Taxenbacher Ortszentrum (Wohnhäuser).

Der erwähnte Schmiedbach hat immer wieder große Schäden im Bereich des Schmiedbachgrabens angerichtet. So berichtet Josef Lahnsteiner u. a., dass dieser 1786 infolge großer Plaikenabgänge im Grabenbereich gewaltige Holzmengen mit sich führte, in deren Gefolge acht Mühlen, drei Badstuben, die Schmiede, die Brücke und die neu errichtete Taxenbacher Schießstätte weggerissen wurden.

Grabenputz und Habergeiß – Gräben als Teil der "Anderswelt"

Potrait der Goldegger Habergeiß

Mehr als Täler zählen Gräben im Bergland zur alltäglichen Herausforderung. Auf dem Talboden oder an den Abhängen über dem Talboden lebt man, aber die Gräben müssen bei der Bewirtschaftung der Wiesen und Felder gefahrlos gequert, die Kinder müssen vor dem Absturz, das Weidevieh vor dem Versteigen und "Abkugeln" – wie das Abstürzen im Volksmund heißt - bewahrt werden. Bei Hochwettern droht die Gefahr von Plaiken und Muren und nachfolgenden Verklausungen, die ihrerseits Bachausbrüche mit Überflutungen verursachen können.

Um die während der landwirtschaftlichen Arbeit oft unbeaufsichtigten Kinder im Hofnähe zu hüten und vor unvorsichtigem Verhalten im Nahbereich gefährlicher Gräben zu bewahren, warnte man sie einst vor dem Grabenputz und der Habergeiß − grausliche Schreckgestalten, die Kinder holen oder in den Abgrund reißen, wenn sie sich unfolgsam zu weit vom Haus entfernen.

Neben diesen rational begründbaren Gefahren waren möglicherweise auch Reste alten Geister- und Aberglaubens der eigentliche Hintergrund solcher Warnungen. In diesen oft dunkel und unheimlich wirkenden, unwegsamen Gräben standen ja insbesondere vor den modernen Möglichkeiten der Holzernte mittels Seilbringung Jahrhunderte alte Bäume, die vor Ort weder gefällt noch aufgearbeitet werden konnten. Diese beherbergten real und wohl auch in der Fantasie allerlei Getier wie beispielsweise den Kauz, der als Totenvogel galt und im Unterpinzgau "Auwei" genannt wurde. Der Schrei des "Auwei" stand für die Schreckgestalt der kinderholenden Habergeiß. Auch waren derart alte Bäume Zeitzeugen über Generationen von Menschen hinweg und mögen allerhand Dunkles "erlebt" und "in Erinnerung behalten" haben.

Theresia Oblasser erinnert sich daran, dass ihre Großmutter oft gegen Abend, wenn es dämmerte und aus dem nahen Graben der Ruf des "Auwei" zu hören war, vor dem Grabenputz und vor der Habergeiß gewarnt hat, als würden sie die Kräfte der Finsternis und die ihr innewohnende vorchristliche Geisterwelt verkörpern.

Bildergalerie

Quellen

  • Eigenartikel von Christina Nöbauer
  • Duden, Band 10, Das Bedeutungswörterbuch, 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, HG Dudenredaktion, Dudenverlag Mannheim – Leipzig – Wien – Zürich 2002, S. 437 (Graben) und S. 878 (Tal)
  • Deutschsprachige Wikipedia, Stichwort Schlucht
  • Deutschsprachige Wikipedia, Stichwort Tal
  • Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Walter de Gruyter & Co., Berlin 1989, S. 273
  • Karl Krainer, Nationalpark Hohe Tauern Geologie, Universitätsverlag Carinthia, S. 135, HG Nationalparkrat, Matrei in Osttirol 2005
  • Oblasser, Theresia (Gespräch über die wirtschaftliche Nutzung von Gräben, sowie über Gräben als Teil der "Anderswelt")
  • Lahnsteiner, Josef, Unterpinzgau, S. 267, Eigenverlag, Hollersbach 1960