Lager Grödig
Das Lager Grödig befand sich auf dem Gebiet des heutigen Anifer Ortsteil Neu-Anif sowie auf Teilen der heutigen Marktgemeinde Grödig im Salzburger Flachgau.
Name
Die genaue Bezeichnung ist noch nicht restlos geklärt. Dopsch bezeichnet es in der Anifer Chronik Lager Niederalm, andere Quellen wiederum nennen es nur Barackenlager, Barackenlager Grödig oder auch Barackenlager Grödig-Niederalm[1]. Das Salzburger Volksblatt berichtete in seiner Ausgabe vom 11. Februar 1920, dass "im Barackenlager Niederalm bei Grödig am 9. Februar ein Brand ausgebrochen war.[2] Niederalm gehörte jedoch zu diesem Zeitpunkt längst schon zu Anif. Zuvor, am 18. April 1917, hatte das Salzburger Volksblatt von Fällen von Infektionskrankheiten im Lager Niederalm berichtet.[3]
Diese Beispiele legen den möglichen Schluss nahe, dass man einerseits von einem Lager Grödig sprach, wenn es um die grundsätzliche Nennung der drei Teillager sprach, andererseits bei einzelnen Ereignisse zumindest zwischen den Lagerteilen in Niederalm und in Grödig (wo sich ja zwei der drei Teile befanden) unterschied.
Geschichte
Schon am Anfang des Ersten Weltkriegs begann man in Österreich mit der Errichtung von Kriegsgefangenenlager. Neu-Anif bestand damals noch nicht, es gab nur den Namen Niederalm als Ortsbezeichnung. das zu Anif gehörte. Das Lager I wurde bereits Ende 1914 entworfen und von der Baufirma Heuberger aus Thalgau ab 2. Jänner 1915 errichtet. In diesem Lager waren vor allem Russen und Serben untergebracht. Daher erhielt dieses Lager auch den Namen Russenlager und daher rührt der heutige Name des Lagerfriedhofs, der Russenfriedhof genannt wird.
Ende 1914 begannen die Arbeiten auf einem Gelände von 598 000 Quadratmetern. Bis zu 45 000 Menschen sollten dort in 290 Holzbaracken leben. Mit 40 000 Einwohnern wurde der Höchststand erreicht - um 4 .000 mehr, als die Landeshauptstadt Salzburg in der Zählung von 1910 aufwies. Die Gesamtkosten für den Lagerbau betrugen 2,5 Millionen Kronen. Das k.u.k Kriegsgefangenenlager Grödig hatte zwei Wachbataillone zugeteilt gehabt, 2 000 österreichisch-ungarische Wachsoldaten hielten russische Armeeangehörige hinter zweieinhalb Meter hohem Stacheldrahtzaun gefangen. Galt es anfangs durch Kriegsgefangenschaft dem Feind möglichst viele Soldaten zu entziehen, so sorgte der ungeplant immer länger werdende Krieg für Arbeitskräftemangel. Frauen rückten in Rüstungsbetriebe nach und viele Kriegsgefangene sollten den Arbeitskräftemangel ausgleichen. Im damaligen Kronland Salzburg wurden sie, weil große Rüstungsbetriebe fehlten, vornehmlich in der Landwirtschaft und im Straßenbau eingesetzt. Die sogenannte „Russenstraße“ in Thalgau erinnert heute noch daran.
Die Lagerabschnitte
Das Lager I umfasste zunächst 50 Wohnbaracken für jeweils 300 Gefangene. Es erstreckte sich südöstlich des Bahnhofs Grödig der Salzburger Lokalbahn (Rote Elektrische) an der Niederalmer Straße bis hin zum kleinen Goishügel.
Bereits am 3. März 1915 begann man mit der Errichtung des Lagers II, das sich nordwestlich des Almkanals zwischen St. Leonhard im Süden von Grödig und dem Drachenloch erstreckte. Lager III wurde östlich des bereits bestehenden Lagers I errichtet an den kleinen Gois gegen den Überackerhof und Niederalm. Es war für Evakuierte und Flüchtlinge gedacht.
Lager I und II waren für Kriegsgefangene, Lager III war für Flüchtlinge aus den Gebieten der östlichen Donaumonarchie (Galizien und der Bukowina) vorgesehen. Es gab eine Theaterbaracke, eine Bibliothek mit Lesehalle, eine katholische, evangelische und eine orthodoxe Kirche sowie einen jüdischen Tempel und einen muslimischen Gebetsraum und eine eigene Feuerwehr. Sie konnte allerdings 1916 einen Großbrand im Lager nicht verhindern. Die Lagerkinder wurden in einer russischen, einer ukrainischen und einer jüdischen Schule unterrichtet.
Weiterer geschichtlicher Verlauf des Lagers
Schon im Winter 1914/15 trafen die ersten Gefangenen in Grödig ein und wurden vor der Fertigstellung des Lagers in Glanegg untergebracht. Mit 28. April 1915 kamen die ersten Gefangenentransporte an, etwa 2 000 Personen mit der Lokalbahn am Bahnhof Grödig ein. Später führte vom Bahnhof ein Schleppgleis bis in die Lager. Etwa 900 Gefangene wurden in einem Außenlager in Thalgau für Arbeiten in der Gemeinde (u. a. zur Errichtung der Russenstraße) untergebracht.
Neben Menschen aus dem Osten und dem Balkan waren auch Italiener inhaftiert. Obwohl es eine Kanalisation und eine Trinkwasserleitung vom Untersberg her gab, traten immer wieder Infektionskrankheiten auf wie Blattern, Ruhr, Cholera und Typhus. An manchen Tagen starben daran bis zu 40 Menschen. Rund 2 000 Lagerinsassen verloren in dieser Zeit ihr Leben und fanden ihre letzte Ruhe auf dem sogenannten Russenfriedhof. Dennoch waren Fluchtversuche selten. Am 1. April 1918 brach im Lager ein Aufstand aus, an dem sich 3 000 Lagerinsassen aus den Reihen der Zivilflüchtlinge beteiligten. Dieser wurde unter Militäreinsatz ohne Blutvergießen beendet. Ab dem Februar desselben Jahres kam es zum ersten Rücktransport der Flüchtlinge. Im November 1918 begannen die Entlassungen und die Heimtransporte der Kriegsgefangenen und ab dem 15. Jänner 1919 die Schließung der Lager I und II. Im Lager III zogen Obdachlose ein. Aufgrund der Zunahme von Bettelei, Holzdiebstählen und Milchlieferungen forderte im Jänner 1919 die Gemeinde Anif den zuständigen Landesrat in einem Schreiben auf, die Lagerbewohner direkt von der Landesregierung mit allen Lebensmitteln zu versorgen.
Lehrlingserholungsheim Niederalm - Grödig
Um 1930 wurden Teile des ehemaligen Lagers Grödig als Lehrlingserholungsheim Niederalm–Grödig genutzt. Nach 1938 war dort eine "Führerschule" für die Hitlerjugend.[4] Ab 1940 wurden wiederum Umsiedler und Flüchtlinge in den noch bestehenden Baracken untergebracht. In dieser Zeit erhielt die Barackensiedlung den Namen Schwabenlager.[5]
Name
Die genaue Bezeichnung ist noch nicht restlos geklärt. Dopsch bezeichnet es in der Anifer Chronik Lager Niederalm, andere Quellen wiederum nennen es nur Barackenlager, Barackenlager Grödig oder auch Barackenlager Grödig-Niederalm[6]. Das Salzburger Volksblatt berichtete in seiner Ausgabe vom 11. Februar 1920, dass "im Barackenlager Niederalm bei Grödig am 9. Februar ein Brand ausgebrochen war.[7] Niederalm gehörte jedoch zu diesem Zeitpunkt längst schon zu Anif. Zuvor, am 18. April 1917, hatte das Salzburger Volksblatt von Fällen von Infektionskrankheiten im Lager Niederalm berichtet.[8]
Diese Beispiele legen den möglichen Schluss nahe, dass man einerseits von einem Lager Grödig sprach, wenn es um die grundsätzliche Nennung der drei Teillager sprach, andererseits bei einzelnen Ereignisse zumindest zwischen den Lagerteilen in Niederalm und in Grödig (wo sich ja zwei der drei Teile befanden) unterschied.
Weblink
- "Das russische Gefangenenlager in Grödig bei Salzburg vom Untersberg aus", Bild vom Lager Niederalm
- * www.rainerregiment.at, ein Beitrag über Leutnant Bruno Westreicher und die Geschichte des Lagers
- www.sn.at wo-sich-vor-hundert-jahren-die-groesste-stadt-des-landes-befand
Quellen
- Dopsch, Heinz; Ewald Hiebl (Hrsg.): "Anif. Kultur, Geschichte und Wirtschaft von Anif, Niederalm und Neu-Anif", Gemeinde Anif, 2003
- Schautafel am Russenfriedhof
- Salzburger Woche, Ausgabe 23. Mai 2013: Harald Saller: Gedenken einer schlimmen Zeit
- Salzburger Landeskorrespondenz vom 11. November 2018
Einzelnachweise
- ↑ Beispiel ANNO, Salzburger Wacht, Ausgabe vom 30. Mai 1915
- ↑ ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 11. Februar 1920, Seite 4
- ↑ ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 18. April 1917, Seite 4
- ↑ ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 15. Juli 1939, Seite 18
- ↑ ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 7. Dezember 1940, Seite 11
- ↑ Beispiel ANNO, Salzburger Wacht, Ausgabe vom 30. Mai 1915
- ↑ ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 11. Februar 1920, Seite 4
- ↑ ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 18. April 1917, Seite 4