Zwangsarbeit

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Die Zwangsarbeit zur Zeit des Nationalsozialismus war auch im Land Salzburg verbreitet.

Allgemeines

Nach Edward Deuss waren im Jänner 1945 im Großdeutschen Reich 6 691 000 ausländische Arbeitskräfte tätig, davon ca. 4 795 000 ausländische Zivilarbeiter und etwa 1 873 000 Kriegsgefangene[1].

Zwangsarbeit im Land

NS-Zwangsarbeit am Beispiel Tauernkraftwerke Kaprun zeigt sehr deutlich, welche Ausmaße Zwangsarbeit im Land Salzburg angenommen hatte. Auch bei der Errichtung des Stausees Weißsee im Stubachtal waren hunderte Menschen unterschiedlicher Nationalität unter schwersten Bedingungen zur Zwangsarbeit gezwungen worden. Ebenso bei der Errichtung der Schleppbahn Kaprun. Am Bau der letzten Staatsbrücke in der Stadt Salzburg über die Salzach waren sowjetische Kriegsgefangene beteiligt, von denen einige zu Tode gekommen sind. Daran erinnert heute noch eine Tafel am rechten Brückenkopf.

Zwangsarbeiter-Lager

Neben dem Kriegsgefangenenlager "Markt Pongau" in St. Johann im Pongau existierten noch mehrere andere Lager. So befand sich das Kriegsgefangenenlager Paumannplatz im Salzburger Stadtteil Lehen. Ein anderes befand sich auf den Annahof-Gründen, ein weiteres in der Marktgemeinde Grödig, um nur einige zu nennen.

Der Historiker Thomas Weidenholzer entdeckte mehr oder weniger durch Zufall im Jahr 2011 im Zuge von Recherchen im Salzburger Landesarchiv die Pläne für das ehemalige NS-Arbeitserziehungslager an der Kleßheimer Allee in der Stadt Salzburg. Von diesem Lager wussten keine fünf Menschen, schilderte Weidenholzer. Weidenholzer ist der Meinung, dass Arbeitslager kaum Teil der Salzburger Erinnerungskultur seien, da diese Lager schlicht und einfach nicht wahrgenommen wurden. Dies gilt für die von der Gestapo betriebenen Baracken an der Kleßheimer Allee beim ehemaligen Areal der Struberkaserne ebenso wie für jene neben dem Salzburger Rüstungsbetrieb Glockengießerei Oberascher in Salzburg-Kasern, wo hunderte Zwangsarbeiter inhaftiert waren. Viele dieser Menschen starben auch im Verlauf ihrer Inhaftierung.

Rüstungsbetrieb Glockengießerei Oberascher

Schon im Juli 1939 hatte die Glockengießerei Oberascher auf die Produktion von Haubitzen-Geschossen und Granaten umgestellt. Das war noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs und war später damit ein wichtiger Lieferant für die Wehrmacht. Friedrich Thomas aus Nürnberg war damals zum Betriebsleiter bestellt worden. Im Oktober 1939 wurden bei Razzien im Unternehmen mehrere Arbeiter festgenommen. Von ihnen wurden später zehn wieder freigelassen, einer davon war der frühere Betriebsleiter.

Ab 1940 wurde auch der Glockengießereibetrieb von der Einberufungswelle erfasst und so musste der Mangel an heimischen Facharbeitern durch Fremdarbeiter ausgeglichen werden. Diese kamen zunächst aus den verbündeten Staaten, später aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion. Im Oktober 1942 trafen bei Oberascher die ersten 104 Ostarbeiter ein, etwa ein Drittel waren Frauen, die Mehrheit unter 20 Jahre alt. Bei den Männern war der Jüngste noch keine 15 Jahre alt gewesen. Eine ehemalige Zwangsarbeiterin erinnerte sich an verregnete, kalte Baracken, in denen sie wohnen mussten. Auch die Verpflegung war schlecht.

Weidenholzer berichtet von Exekutionen, die die Gestapo am 20. August 1943 an vier entflohenen "Ostarbeitern" vermeldete. Weidenholzer konnte über Recherchen über den Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen weitere Opfer in Erfahrung bringen. Und er ist der Meinung, dass es in diesem Betrieb weit mehr Tote gibt, als bekannt war bzw. man bisher angenommen hatte. Manche starben an den Folgen der Arbeit, andere wurden von der Glockengießerei in Konzentrationslager deportiert oder einfach vor Ort ermordet. So erging es der 17-jährigen Halina S. Kurz vor der Befreiung am 1. Mai 1945 durch die Amerikaner erlag sie ihren Schussverletzungen. Eine Untersuchung dieses Falles hat es nicht gegeben.

Friedrich Thomas setzte sich nach 1945 nach Deutschland ab, wo ihm aber kein Verfahren nach dem Kriegsverbrechergesetz gemacht wurde.

In einem Leserbrief[2] meldete sich der Zeitzeuge KR Helmut Ludescher zu Wort. Er berichtete darin, dass er als 16-jähriger im Sommer 1943 als Ferialpraktikant in der Firma Oberascher als Dreher an der Werkbank für Granaten tätig war. Eines Tages wurden alle Beschäftigten - auch vom RAD (Reichsarbeitsdienst) - in den Hof beordert. Als abschreckendes Beispiel wurde ein französischer Kriegsgefangener aufgehängt! Er dürfte entweder einen Fluchtversuch unternommen haben oder Sabotage. Es war mich als damals 16-Jähriger ein grausamer Anblick!

Staatsbrücken-Neubau 1940

1940 war die bis dahin letzte, 1877 fertiggestellte Stahlbrücke in derart schlechtem Zustand, dass eine Neuerrichtung noch während des Zweiten Weltkriegs notwendig wurde. Bei dem im Februar 1941 begonnenen Neubau wurde dem Arbeitskräftemangel mit Einsatz von Kriegsgefangenen begegnet. Die Anzahl der am Bau Beschäftigten wechselte laufend, jedoch waren fünfzig bis sechzig Kriegsgefangenen immer eingesetzt. Den Höchststand erreichte man mit 93 Zwangsarbeiten im Jahr 1942.

Der wirtschaftliche Vorteil des Einsatzes von Zwangsarbeitern für die Baufirma lag nicht nur im Ersatz fehlender (Fach)Arbeiter, sondern verringerte auch die Kosten erheblich.

Die Bedingungen für diese Zwangsarbeiter waren denkbar schlecht: Temperaturen bis zu -30 Grad, schlechter Unterkunft und mangelnde Verpflegung mussten Kriegsgefangene aus Frankreich und in der Folge Sowjetrussland ertragen.

Die Brücke wurde im November 1944 für den Verkehr freigegeben. Die Feiern zur endgültigen Fertigstellung inkl. der Ufersammler fanden am 1. Juli 1949 statt. In den Salzburger Nachrichten konnte man lesen: "Arbeiter vieler Nationen haben unter Leitung österreichischer Ingenieure das Werk vollbracht". In der offiziellen Urkunde zur Einweihung der Brücke heißt es: "In gemeinsamer Anstrengung haben Auftraggeber, Konstrukteure und opferbereite Arbeiter unter Nöten und Gefahren dieses Werk für die Heimat geschaffen".

Im Zuge einer Brückensanierung 2007 wurde eine Gedenktafel für die Zwangsarbeiter angebracht.

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise