Augustiner-Chorherrenstift Herrenchiemsee
Das Augustiner-Chorherrenstift Herrenchiemsee war ein Kloster der Salzburger Kirchenprovinz auf der Herreninsel im Chiemsee in Bayern. Es war zunächst ein Benediktinerkloster, das bald in ein Augustiner-Chorherrstift umgewandelt wurde.
Geschichte
Das älteste Kloster Bayerns
Das Kloster wurde der Tradition nach durch Herzog Tassilo III. von Bayern gegründet. Der tatsächliche Gründer war Eustasius, der Abt des Klosters Luxeuil (Burgund). Die Gründung erfolgte (nach neuesten, auch archäologischen Erkenntnissen) zwischen 620 und 629. Herrenwörth war damit das älteste bairische Kloster. Es entstand etwa siebzig Jahre vor der Gründung von St. Peter in Salzburg, welches lange als ältestes Kloster gegolten hatte. Archäologische Grabungen im 21. Jahrhundert im Innenhof des ehemaligen Augustiner-Chorherrstifts auf der Insel haben Beweise erbracht, dass auf der Insel bereits schon im frühen 7. Jahrhundert ein Kloster bestand. Somit wurde dieses Kloster früher gegründet als das Benediktinerstift St. Peter, von dem man bisher annahm, es sei das älteste Kloster im süddeutschen Raum (696 gegründet). Der Salzburger Historiker Dr. Heinz Dopsch stellte einen bemerkenswerten Fund fest: unter dem Kloster auf Herrenchiemsee fand man eine Schreibgriffel, die aus Irland stammt. Daraus schließt Dopsch, dass irische Mönche hier gelebt haben müssen[1].
Von der Gründung bis 1130 war es ein Benediktinerkloster, ab 1130 ein Stift der Augustiner-Chorherren. Der Neubau einer dreischiffigen, romanischen Basilika wurde 1158 vollendet. 1215 errichtete der Erzbischof von Salzburg das Bistum Chiemsee, der Bischof von Chiemsee residierte aber im Chiemseehof in der Stadt Salzburg. Das Augustinerchorherrenstift bildete das Domkapitel des Bistums Chiemsee. An der Spitze des Kapitels stand ein Dompropst, der seit 1218 zugleich Archidiakon des einzigen Archidiakonates der Diözese war. Die Klosterkirche, seit 1131 den Heiligen Sixtus und Sebastian geweiht, wurde zur Kathedrale erhoben.
1513 wurde die Dom- und Stiftskirche des Klosters Herrenchiemsee von Berthold Pürstinger geweiht.
Seine größte Blüte erlebte das Stift im 15. Jahrhundert. 1446 erlangte Propst Ulrich Häupl das Recht, die Pontifikalien zu tragen. Nach 1498 erlangte Propst Rupert Puetinger den Titel eines Pfalzgrafen des Lateran, der ihm das lukrative Recht verlieh, Wappenbriefe auszustellen. Misswirtschaft und Verschuldung führten dazu, dass das Stift zwischen 1552 und 1562 weltlicher Verwaltung unterstand. Erst unter Propst Arsenius Ulrich, der 1627 von Heilig Kreuz in Augsburg kam und das Inselstift bis 1653 leitete, erholte sich das Stift.
Der Chiemseeer Bischof Hieronymus Meitting führte mit dem Propst des Augustiner-Chorherrenstifts Herrenchiemsee, der zugleich Archidiakon von Chiemsee war, während seiner Amtszeit von 1536 bis 1557 langwierige Auseinandersetzungen um die Jurisdiktion.
1642 wurde ein Klosterneubau begonnen, der freilich erst 1731 vollendet war. 1676 bis 1678 wurde ein neuer Inseldom durch den Graubündner Baumeister Lorenzo Sciasca im prachtvollen Barock errichtet. 1700 bis 1704 wurde nach Plänen Antonio Rivas der Fürstenstock errichtet. 1727 bis 1730 folgte der Prälaturstock als letzter Bauabschnitt.
Das Kloster wurde 1803 im Zuge der Säkularisierung aufgelöst. Es kam in staatlichen Besitz und wurde im selben Jahr an den Mannheimer Kaufmann Carl von Lüneschloß verkauft. 1807 wurde der Dom des Bistums Chiemsee profaniert, 1808 das Bistum Chiemsee aufgehoben. Zwischen 1818 und 1820 ließ der Münchner Großkaufmann Alois von Fleckinger die Türme und den Chor des Doms abbrechen und richtete im ehemaligen Langhaus eine Brauerei ein. Der Hochaltar kam nach Rimsting, die Johann-Christoph-Egedacher-Orgel nach Tittmoning. Die Klostergebäude wurden in das (Alte) Schloss Herrenchiemsee umgestaltet. 1840 bis 1870 bewohnte Graf Paul Maria Vogt von Hunoltstein die Insel. Er verkaufte sie an eine württembergische Holzverwertungsgesellschaft, die eine komplette Abholzung der Waldbestände plante. König Ludwig II. von Bayern verhinderte dies und kaufte 1873 die ganze Insel für 350.000 Gulden, um ab 1878 hier sein Neues Schloss Herrenchiemsee zu errichten.
Im Konventstock des Alten Schlosses tagte vom 10. bis zum 23. August 1948 der Verfassungskonvent zur Vorbereitung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. An dieses Ereignis erinnert eine Ausstellung im Alten Schloss. Der ehemalige Dom soll auf Betreiben der Freunde von Herrenchiemsee wiederhergestellt werden.
Bildergalerie
Quellen
- Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia zum Thema "Augustiner-Chorherrenstift Herrenchiemsee"
- "Salzburger Nachrichten", 16. April 2011
Einzelnachweise
- ↑ Heinz Dopsch, Walter Brugger, Joachim Wild: Herrenchiemsee: Kloster − Chorherrenstift − Königsschloss, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, Bayern, 2011,ISBN 978-3-7917-2332-7