Gaisberg Radar Forschungsstation
Die Gaisberg Radar Forschungsstation am Hausberg der Salzburger, dem Gaisberg, war geheime Kommandosache im Zweiten Weltkrieg.
Die Voraussetzungen
Die Gaisbergspitze als fast Plateaufläche hatte bereits in den 1920er-Jahren das Interesse des österreichischen Militärs erregt. Man hatte den Hotellier des Hotels Gaisbergspitze beauftragt, allfällige einfliegende Flugzeuge telefonisch zu melden.
Mit Kriegsbeginn 1. September 1939 erklärte die Deutsche Wehrmacht den Gaisberg zum militärischen Sperrgebiet. In Folge wurden am Gipfelplateau eine Luftraumüberwachungsstation mit dem Decknamen Giraffe errichtet, die mit einem Freya-Funkmess-Radargerät ausgerüstet war. Außerdem wurde eine Außenstelle des Ferdinand-Braun-Instituts eingerichtet, die die Weiterentwicklung der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Radar-Technologie weiter entwickeln sollte.
Einer der beiden Verfasser der Quelle, Ing. Kurt Pervesler, war während der letzten Kriegsjahre Mitarbeiter an dieser geheimen Kommandosache Gaisberg. Er berichtet, dass in den Jahren 1939 und 1940 eine Reihe von militärisch-nachrichtentechnischen Einrichtungen am Gaisberg installiert wurde. Während der Wintermonaten sorgten drei Räumfahrzeuge für die freie Zufahrt. Die Verpflegung der Mannschaften wurde in der Küche am Flugplatz Maxglan zubereitet und mit einem Luftwaffen-LKW, einem klapprigen Opel-Blitz-Planenwagen (wie Zeitzeuge Josef Mareš, seinerzeit Gefreiter, berichtet), in Wärme isolierten Behältern angeliefert. Nur die Techniker des Ferdinand-Braun-Instituts durften zum Mittagessen zur Zistelalm oder Mitteregg absteigen, im Winter mit Skiern.
Die Luftraumüberwachung verfügte über eine hölzerne Hütte als Unterstand. Erst nach dem einzigen "Angriff" auf den Gaisberg, am 17. Dezember 1943, es waren zwei amerikanische P-38 "Lightning", wurde auch ein Vierlings-Maschinengewehr am Gipfel installiert. Dieses musste vom Personal des Instituts turnusweise "betreut" werden, was naturgemäss bei den Mitarbeitern keine Freude hervorrief.
Die Überwachung selbst erfolgte mittels Doppelfernglas, Bussole und Landkarte. Ausgebildet wurden die Mannschaften in Vöcklabruck, OÖ., und waren dem III. Luftnachrichten-Regiment 227 mit Sitz in Innsbruck, Nordtirol, zugeteilt gewesen. Daneben galt es noch die zivile Wetterdienst-Funkstelle für den Flughafen Maxglan zu betreuen. Der 48 m hohe Sendemast allerdings war schon seit Kriegsbeginn nicht mehr in Betrieb, sondern diente als geschätzte Blitzableiter (siehe Gaisberg Blitz Forschungsanstalt).
Freya Gerät
Das Freya-Gerät wurde erst um 1941/1942 am Gaisberg installiert und gehörte zu den ersten serienmäßigen Typen der Funkmessgeräte. Es trug den Codenamen Giraffe und gehörte zu den Stellungen Taube (am Traunstein, Traunsee, Oberösterreich), Schimmel auf der Schmittenhöhe und dem Hund südlich des Hochtor-Tunnels an der Großglockner Hochalpenstraße.
Radar Forschungsstelle
Nach einem unangenehmen Angriff Anfang 1942 auf ein deutsches U-Boot durch einen britischen Bomber und dem Fund eines für die Deutschen technisch bis dahin unbekannten Funk-Peilgeräts in einem am 3. Februar 1943 bei Rotterdam, Niederlande, abgeschossenen britischen Bomber, wurde mit Hochdruck auf deutscher Seite an der Weiterentwicklung von Radargeräten gearbeitet.
Erst auf Initiative vom Chef des Nachrichten-Verbindungswesens der Luftwaffe, General Wolfgang Martini, am 8. August 1943, begannen wieder die von Hitler lang gehemmten Forschungen. Dabei konnte General Martini auch etwa 9 000 deutsche Funkspezialisten von Fronteinsätzen loseisen und in die Forschung eingliedern.
Das bestehende Institut der "Reichsstelle für Hochfrequenzforschung" im Reichsluftfahrtministerium in Berlin wurde auf einen Militärflugplatz nach Landsberg am Lech in Bayern übersiedelt. Der Leiter dieses Instituts, Prof. Dr. Ing. Paul von Handel, verlangte für seine Forschungen unbedingt einen erhöhten Standort und so wurde der Gaisberg ins Spiel gebracht.
Der Name des Instituts, Ferdinand-Braun-Institut, geht auf den Erfinder der "Braun'schen Röhre" zurück, den Physiker Karl Ferdinand Braun (* 6. Juni 1850 in Fulda, Deutschland; † 20. April 1918 in New York, Vereinigte Staaten von Amerika).
In Salzburg am Gaisberg wurde die Außenstelle des Instituts von Dipl.-Ing. Reinmiedl geleitet.
Die Aufgabe des Instituts lag darin, eine Radarortung des Gegners zu unterlaufen bzw. deren Radarstrahlen abzulenken. In der Praxis versuchte man es mit verschiedenen Schutzanstrichen von Flugzeugen, schräg angebrachten Blechplatten und anderen Ideen. Erstmals verwendeten dann die Alliierten beim Anflug ihres Bomberverbandes auf Hamburg in der Nacht vom 24. auf 25. Juli 1943 enorme Mengen von Aluminiumstreifen - mit Erfolg. Sobald diese bestrahlt wurden wirkten sie aufgrund einer physikalischen Grundlage ablenkend und brachten somit keine verwendbare Messergebnisse.
Das Forschungssende
Der Gaisberggipfel wurde erst zwei Tage nach der Einnahme der Stadt Salzburg, am 6. Mai 1945, durch vier amerikanische Soldaten in einem amerikanischen Willys-Jeep "besetzt". Nach der Kontrolle der Anlagen erfolgte die eigentliche Übernahme durch eine amerikanische Nachrichteneinheit bestehend aus etwa sechs Fahrzeugen. Am 3. September 1947 wurden die letzten auf dem Gaisberg davon verbliebenen Stahlgerüste entfernt.
Quelle
- Schriftenreihe des Vereins Freunde der Salzburger Geschichte, Band 22, Beitrag Geheime Kommandosache Gaisberg, Wolfgang und Kurt Pervesler