Linde in Faistenau

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Im Juni mit der Pfarrkirche
Im Frühling
Primiz von Karl Kronlachner am 15. Juli 1900 (Foto: Archiv Kramerwirt Faistenau)
Juni 2009
Im Winter (Südansicht)
Der Stamm mißt 4½ Umgriff oder 27 Fuß.

Die Linde in der Faistenau ist das Wahrzeichen der Gemeinde Faistenau im Flachgau. Sie wächst seit Jahrhunderten auf dem Faistenauer Dorfplatz. Der innen begehbare Stamm hat einen Umfang von 9,10 Metern, die Krone eine Höhe von ca. 20,5 Metern. Die sogenannte "Tausendjährige Linde" steht als Naturdenkmal unter Schutz.

Geschichte

Durch die relativ späte Besiedlung der Gegend im 12. Jahrhundert kann angenommen werden, dass sie von den ersten Siedlern als Tanzlinde gepflanzt wurde. Sie wächst seither auf der Gschwandt, womit das durch Schwenden gerodete Dorf gemeint ist.

Erst danach, im Jahre 1324, stifteten die Edlen von Thurn die Kirche.

Sie ist eine im Wachsen so geleitete Linde, dass ein kreisförmiges Podest angebracht werden konnte, um auf diesem in der Baumkrone im Ring zu tanzen. Die Tanzpodeste sind längst verschwunden, während die "verwachsene Linde" immer noch auf der "Schwandtn" steht, womit eine "Rodungsinsel" gemeint war; damals ein gerodeter Berg im Auwald von Faistenau. Inmitten dieser "Gschwandt" betrieb eine Familie neben der Linde einen Bauernhof und ein Gasthaus, den "Gasthof auf der Gschwandt", später "Postwirt" und zurzeit "Gasthof Alte Post". Anscheinend wurde der Familienname der Betreiber dieses Wirtshauses durch den Flurnamen "Berg" und vom "Ringtanz" auf der Tanzlinde gebildet. Der Begriff "Tanz" war damals nur im Adelsstand üblich, Bürgerliche nannten ihn "Reigen". Allerdings waren in Faistenau immer wieder Adelige "auf der Gschwandt" zugegen, nachweislich die Brüder Jakob, Hartneid, Hermann und Ulrich von Thurn, die 1324 die Kirche in der Faistenau stifteten mit dem Recht, jährlich eine Dult abzuhalten. Durch die Anwesenheit der Adeligen von Thurn bei der Dult zum "Tanz" auf dem "Berg", der sicher eine Bewirtschaftung durch die ansässigen Bauersleute erfuhr, hat sich vermutlich deren Familienname "Tanzberger" eingebürgert.[1] Diese scheinen bis 1724 als Besitzer des "Gasthauses auf der Geschwandt" auf. Dann heiratet die Witwe Maria Tanzberger (geb. Kerschbaumer, 1690–1762) Herrn Joseph Grill aus St. Gilgen und nimmt seinen Namen an.[2]

Beschreibung der Linde 1863

In einem Artikel im Salzburger Kirchenblatt wird auch die Linde beschrieben, die den Jesuiten anlässlich der Volksmission zwischen 25. Oktober und 2. November 1863 bei Predigten als Kanzel diente: "[…] Ein Gegenstand allgemeiner Bewunderung war die große Linde auf dem Platze vor der Kirche – sie mißt 4½ Umgriff oder 27 Fuß –, an der die Kanzel angebracht war; mit sehr geringer Mühe wurde ein ganz bequemer Aufgang von 9 Stufen durch die sehr schön verwachsene Höhlung der Linde hergestellt, so daß der Prediger aus dem Innern des Baumes auf die Kanzel heraustrat. – Die 9tägige Gnadenzeit war vom herrlichsten Wetter begünstigt, so daß aus den 26 Predigten 19 im Freien gehalten werden konnten. […]".[3]

Bedeutung

Zu bestimmten Anlässen finden Veranstaltungen und Gottesdienste unter ihrer Krone statt. Alle drei Jahre wird unter ihr z.B. der Jedermann aufgeführt, die nächste Staffel ist für den Sommer 2022 vorgesehen.[4]

Primiz 1900

Der am 15. Juli 1900 zum Priester geweihte Karl Kronlachner[5] aus Salzburg (* 1877; † 1951) feierte seine Primiz unter der Faistenauer Dorflinde. In der Zeitschrift Das interessante Blatt erschien dazu unter dem Titel: Die Primizfeier unter einer 800jährigen Linde in Faistenau bei Salzburg ein Artikel mit einem Photo des feierlichen Gottesdienstes unter der Linde.[6]

Eintreffen der Linder-Orgel 2018

Um die Mittagszeit des 5. Juni 2018 traf die neue Kirchenorgel bei Glockengeläut und Böllerschüssen unter der Tausendjährigen Linde in Faistenau ein. Die Belegschaft der Firma Linder-Orgelbau aus Nußdorf am Inn wurde von Pfarrer Clement Temba, Bürgermeister Josef Wörndl, dem Vorsitzenden des Faistenauer Orgelkomitees, Herrn Ing. Matthias Klaushofer, und weiteren Personen willkommen geheißen.

Gedicht

Pfarrer Friedrich Pesendorfer hat ein Gedicht über die Linde verfasst, das 1912 im Linzer Volksblatt veröffentlicht wurde.[7]

Die Linde von Faistenau.
Ich bin des Dorfes Linde,
Die Linde von Faistenau,
Mein Stamm mit morscher Rinde
Ragt hoch in des Himmels Blau.
Viel hundert Jahre steh’ ich,
Ein uralter Lindenbaum,
Und die Geschlechter seh’ ich,
Sie kommen und geh’n wie im Traum.
Und kommt vorbei an der Linde
Ein Täufling ins Gotteshaus,
So sprech’ ich über dem Kinde
Auch meinen Segen aus.
Naht sich zur Hochzeitsfeier
Die Braut im Myrtenkranz,
So tanzt sie mit ihrem Freier
Um mich den Hochzeitstanz.
Dem zarten Menschenkindlein,
Dem Mann in Sturm und Streit,
Dem Greis im letzten Stündlein
Geb’ ich mein treu’ Geleit’.
Und senkt an der Friedhofsmauer
Ein Herz man zur letzten Ruh’,
So deck’ ich in stiller Trauer
Das Grab mit Blüten zu.
Auch schlagen wird meine Stunde,
Dann bricht mein morscher Bau,
Und die Sage bringt noch die Kunde
Von der Linde von Faistenau.

Bilder

 Linde in Faistenau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Quellen

Einzelnachweise

  1. Roman Schmeißner / Walburga Tanzberger: Herkunft des Familiennamens Tanzberger (spekulativ). In: Erbhof Großbichl. Eigentümerchronik und Stammlinie der Familie Tanzberger, Eigenverlag, Faistenau 2021, S. 24f.
  2. Roman Schmeißner / Walburga Tanzberger: Stammlinie Tanzberger ab 1633. In: Erbhof Großbichl. Eigentümerchronik und Stammlinie der Familie Tanzberger, Eigenverlag, Faistenau 2021, S. 27–36, hier S. 29.
  3. Salzburger Kirchenblatt, Nr. 45 vom 3. November 1863, S. 371f (ANNO).
  4. Digitalisat
  5. Regesta Ecclesiastica Salisburgensia (RES), Eintrag Kronlachner, Karl (1877-1951)
  6. Das interessante Blatt, 19. Jg., Nr. 32, Wien, S. 2. Digitalisat
  7. Linzer Volksblatt, Ausgabe vom 21. Jänner 1912, Seite 24 (ANNO)