Helma Schimke
Helma Schimke (* 16. Februar 1926 in Seekirchen am Wallersee) ist eine Salzburger Pionierin des Frauenbergsteigens und Architektin.
Sie ist verwitwet und war mit dem Salzburger Richter Konrad Schimke verheiratet. Aus dieser Ehe stammen eine Tochter und zwei Söhne (mit fünf Enkelkindern).
Leben
Helma Schimke blickt auf eine für Frauen der Zwischenkriegszeit eigenwillige Biografie zurück. Sie besucht die Staatsgewerbeschule in Salzburg und studiert nach dem Krieg in Wien Architektur an der Akademie der bildenden Künste unter anderem bei Prof. Clemens Holzmeister.
Neben der ungewöhnlichen Berufswahl ist auch ihre große Leidenschaft, das Bergsteigen, gegen den Zeitgeist. Was sie auszeichnet, ist eine Kombination aus Willensstärke, Ausdauer und Durchsetzungskraft. Diese Eigenschaften benötigt sie aus mehrerlei Gründen. Als Frau in den 1950er Jahren in einem Männer dominierten Berufsfeld wie Architektur zu arbeiten, ist eine Herausforderung. 1954 baut sie ihr erstes Einfamilienhaus in Obertrum. Dass die Auftraggeberin eine Frau war, ist sicher kein Zufall.
Neben ihrer beruflichen Karriere ist das Bergsteigen ihr Lebensmittelpunkt. Mit fünf brennt sie im Lungau durch und besteigt einen kleinen Berg. An ihrem zwanzigsten Geburtstag steht sie zum hundertsten Mal auf dem Gipfel des Salzburger Untersbergs. Sie betreibt den Bergsport nicht, um Gipfel "zu bezwingen" oder berühmt zu werden, sondern weil sie die Berge und das Bergsteigen liebt. Das Gehen in die Berge ermöglicht ihr, Ruhe zu finden, bei sich selbst zu sein und zu denken. Wenn sie Problem beladen zu einer Bergtour aufbricht, so kommt sie leichter und zuversichtlicher zurück.
In den 1950er Jahren beginnt sie gemeinsam mit Bergsteigerfreunden wie Marcus Schmuck, Hermann Buhl oder dem Wiener Rudolf Bardodej mit schweren Klettertouren, zuerst in den heimischen Kalkalpen, etwa in der Leuchsturm-Südwand im Wilden Kaiser. Als erste Frau begeht sie die Maukspitze-Westwand oder die Fleischbank-Südostverschneidung. Die Ausrüstung ist mit den heutigen sicherheitstechnischen Standards nicht vergleichbar. Es gibt keinen Sitzgurt, keine reißfesten Seile und keine Bohrhaken. Geklettert wird ohne Helm und mit großen Hakenabständen, gesichert wird mit dem Seil über die Schulter. Der sechste Schwierigkeitsgrad ist zu diesem Zeitpunkt das obere Limit des Kletterns.
Schon bald zieht es sie in die Westalpen, sie fährt mit dem Motorroller nach Frankreich und in die Schweiz. Sie begeht den Peuterey-Grad am Mont Blanc oder die Via Ratti in der Westwand der Aguille Noire. Die Frage danach, ob sie für diese Touren auch ausreichend trainiert habe, beantwortet Helma Schimke mit einem freundlichen Lächeln. Für Training findet sie in diesen Jahren kaum Zeit. Sie ist verheiratet, berufstätig und Mutter von drei Kindern. Wann immer es ihr knappes Zeitbudget zulässt, verbringt sie die Zeit in den Bergen, meist mit ihrem Ehemann Konrad Schimke.
Bergsteigerin zu sein, war für Helma Schimke nicht immer einfach. Des Öfteren gab es Kritik an ihrer Gipfelsucht.
Besonders schmerzlich war diese, als ihr Mann, der Richter Konrad Schimke, im Jahr 1961 in der Watzmann-Ostwand von einer Lawine in den Tod gerissen wurde und sie danach wieder in die Berge ging. Weil sie drei kleine Kinder zu Hause hatte, musste sie sich immer wieder vorwerfen lassen, dass dies unverantwortlich sei. Heute weiß sie, dass es die richtige Entscheidung war.
Später waren dann der Jesuitenpater Fred Ritzhaupt und die Skirennläuferin und Olympiasiegerin Christl Haas ihre Seilpartner. Im fortgeschrittenen Alter kletterte sie noch schwierige Alpintouren, etwa die Schleierkante, die Tofana-Südwand oder die Agnerkante. Immerhin die längste derartige Kletterei in den Dolomiten. Und sie gibt ihre Erfahrung auch weiter. Seit mehreren Jahrzehnten sitzt sie bereits im Ältestenrat des Salzburger Alpenvereins.
Seit 2002 gibt es einen Film über das Leben der Salzburger Bergpionierin: Über allem der Berg (von Annette Mäser und Ulli Gschwandtner) wurde unter anderem beim 13. Bergfilmfestival im Das Kino im November 2006 zu Schimkes 80. Geburtstag aufgeführt.
Literatur
- Auf steilen Wegen, Verlag "Das Bergland-Buch", 1961
- Über allem der Berg, Verlag Das Bergland-Buch, 1964
- Helma Schimke (Hg.): Berge: auf Wegen zu sich selbst, Otto Müller Verlag 1986, ISBN 3-7013-0708-3
O-Ton
In den Tagen vor dem ersten Weihnachtsfest nach dem Tod ihres Mannes besteigt sie den winterlichen Untersberg. In ihrem Buch "Über allem der Berg" notiert sie ihre damaligen Gedanken und Gefühle: Hier aber, auf dem Berg, auf dieser Glücksinsel meiner Jugend, erfuhr ich von einer Welt über der Welt, hier bekam ich den Begriff von höherer Freiheit und tieferer Freude. Hier habe ich das große Gesetz auf meine Art verstehen gelernt, das Gesetz von Notwendigkeit und Zufall, Willkür und Vernunft, Wille und Glauben. Wie dankbar bin ich dafür, jetzt am Beginn eines neuen Lebensabschnittes.
Als ich das erste Mal nach jener Katastrophe in der Watzmann-Ostwand wieder kletterte, war es eine wertvolle Befreiung.
Quelle
- Salzburger Nachrichten (Alfred Pfeiffenberger und Ulli Gschwandtner)