Zirbe
Die in die Gattung der Kiefern gehörende Zirbe kommt in Salzburg vor allem in den Hohen Tauern vor und zählt damit auch zu den Bäumen im Nationalpark Hohe Tauern. Sie bildet dort in Höhenlagen bis über 2 000 m ü. A. größere Bestände, in der Regel in Gemeinschaft mit der Lärche ("Lärchen-Zirbenwald"). Der Lärchen-Zirbenwald ist in den Alpen im Bestand gefährdet, und daher vor allem im Nationalpark als ausgewiesenen Natura 2000-Schutzgebiet gemäß der FFH-Richtlinie der EU (Anhang I) streng geschützt.
Zirben-Schutz im Nationalpark Hohe Tauern
Im Sommer 2013 wurde aufgrund eines Antrages auf Genehmigung von 480 Hubschrauberflügen im Krimmler Achental, die zwecks Bringung von Zirbenholz im unwegsamen Gelände erforderlich sind, eine heftige Diskussion ausgelöst. Es ging dabei um privaten Waldbesitz innerhalb des Nationalparks Hohe Tauern, in dem die Schlägerung einer größeren Anzahl von Zirben geplant war.
Die am Erhalt der Zirben-Bestände im des Nationalpark interessierten Naturschützer sehen das Kernproblem auch im geltenden österreichischen Forstgesetz, das nicht EU-konform sei. Denn die Lärchen-Zirben-Bestände unterliegen als gefährdeter Lebensraum dem EU-Recht, solche Bestände sind daher auch im Nationalpark Hohe Tauern als Natura 2000-Schutzgebiet, grundsätzlich zu schützen. Die Schlägerungsgenehmigungen werden zwar nach dem Forstgesetz erteilt, das aber bisher keinen ausdrücklichen Bezug zur Schutzgebietsform Natura 2000 und zum EU-Recht kennt. Eine Berücksichtigung des EU-Rechtes erfolgte daher bisher nicht. In diesem Fall ist nach der geltenden Rechtslage allerdings grundsätzlich das EU-Recht unmittelbar anzuwenden, weil Österreich diese EU-Rechtsbestimmungen der EU vollinhaltlich anerkennt.
Landesumweltanwalt Wolfgang Wiener stellte zudem klar, dass man nicht auf eine Änderung des Forstgesetzes warten müsse, um die Zirben-Bestände zu retten. Man könne seiner Ansicht nach Zirben-Sonderschutzgebiete ausweisen, die zum Schutz der ohnehin wenigen größeren Zirben-Bestände geeignet wären. Nationalparkdirektor Wolfgang Urban erwartet sich einen flächendeckenden Zirben-Schutz nur durch eine Änderung des Forstgesetzes. Damit wären dann auch die Zirben-Bestände außerhalb des Nationalparks geschützt. In Vorbereitung befand sich bereits eine Novelle des Nationalparkgesetzes, durch die u. a. die Verankerung von EU-Richtlinien (Vogelschutzrichtlinie, Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie), sowie eine Verwaltungsvereinfachung garantiert wird.
2021: Neuerliche Streit um Zirben im Krimmler Achental
Die Grundbesitzer im Nationalpark wurden unzufrieden, die die bei der Gründung des Parks zugesicherten Rechte fielen mit dem EU-Beitritt Österreichs den geltenden EU-Gesetzen zum Opfer. Georg Altenberger ist Landwirt in Mittersill und Obmann der Schutzgemeinschaft der Grundbesitzer im Nationalpark. Er sagte Anfang Jänner 2022 gegenüber den Salzburger Nachrichten, dass in Zukunft alle in Österreich anerkannten Naturschutzorganisationen Parteistellung hätten, wenn es um die Nutzung von Zirben im Nationalpark gehe. Das sind 57. "Vier Pfoten im Burgenland kann einen Einspruch machen, wenn in Krimml Zirben gefällt werden sollen." Bisher hätten die Naturschutzorganisationen hier "nichts" zu sagen gehabt. "Vier Pfoten" ist aber keineswegs nur im Burgenland tätig. Einsprüche sind außerdem nur dort zu erwarten, wo Fachkräfte vor Ort mit hoher Detailkenntnis konkrete Einwände vorbringen können.
Der Salzburger Anteil des Nationalparks ist heute großteils in Privateigentum und wird seit langem von den Landwirten genutzt, was diese Natur- und Kulturlandschaft geprägt hat. Schützen und Nutzen sind im 1983 in Kraft getretenen Salzburger Nationalparkgesetz in Teilbereichen gleichwertig. Vorrang sind aber die "für das Gebiet charakteristischen Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensräume" zu bewahren (§2 des Gesetzes). Für die normale Forstwirtschaft ist in der Außenzone keine Bewilligung nach dem Nationalparkgesetz nötig, und damit ist mangels Verfahren auch kein Einspruch in einem solchen möglich. Allerdings braucht es, wenn mehr als ein halber Hektar betroffen ist, bei der Fällung von Zirben eine Zustimmung der Forstbehörde, damit zum Beispiel die Aufforstung und die Schutzfunktion des Waldes garantiert sind. Und das war der Auslöser der anstehenden Änderung. Nachdem ein Landwirt in Krimml von der Forstbehörde 2014 die Bewilligung für die Entnahme von rund 100 Festmetern Zirben im Nationalpark erhalten hatte, erhob der Umweltdachverband 2017 Beschwerde gegen den Bescheid der Forstbehörde. Das Landesverwaltungsgericht wies die Beschwerde zurück, weil der Umweltdachverband im Forstgesetz, das Bundessache ist, keine Parteistellung habe. Der übergeordnete Verwaltungsgerichtshof beurteilte das 2019 aber anders. Alpine Lärchen-Zirben-Wälder sind nach der FFH-Richtlinie der EU geschützte Lebensräume und Unionsrecht steht über nationalem Recht. Es muss geprüft werden, ob eine Fällung von Zirben dem Schutz des Lebensraums zuwiderläuft. Und dabei muss auch das Aarhus-Abkommen angewendet werden, mit dem anerkannte Naturschutzorganisationen in Umweltverfahren die Parteistellung erhalten, die sie im Forstgesetz nicht haben.
Novelle des Nationalparkgesetzes steht bevor
Das Landwirtschaftsministerium beabsichtigte, die Umsetzung der FFH-Richtlinie und von Aarhus ins Forstgesetz aufzunehmen. Aber der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts sieht die Materie nicht im Forstwesen, sondern im Umwelt- und Naturschutz, der Landessache ist. Das teilte er im August dem Land mit. Die Folge: Die Umweltprüfung muss in das Nationalparkgesetz des Landes eingearbeitet werden. Die Zirbennutzung wird damit auch nach dem Nationalparkgesetz bewilligungspflichtig und die NGOs haben Parteistellung.
In der Region spricht man von einem Paradigmenwechsel im Nationalparkgesetz, der im Gegensatz zum 1983 Versprochenen stehe. Aber es gibt angesichts der klaren Zielsetzungen des Nationalparkgesetzes keine Alternative. Das Land arbeitet bereits an der Novelle des Nationalparkgesetzes, die noch im Jänner in Begutachtung gehen soll. Entscheidend ist die Formulierung: Naturgemäß bleibt ein gewisser Freiraum, es wird wohl kaum jede einzelne Zirbe zum Gegenstand eines vielleicht jahrelangen Verfahrens.
Die Nationalpark-Landesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) sagt, man sei bei der Umsetzung des EU-Rechts säumig und müsse es jetzt machen. Sie verstehe den Unmut der Landwirte, aber die Natur sei unter großem Druck. Laut Gutschi soll zum Beispiel die Zirbennutzung für den Eigenbedarf bewilligungsfrei bleiben. Und es sei eine Verordnung in Arbeit, die bei der Versagung der Bewilligung Entschädigungen für die Landwirte vorsehe. Mehr könne man nicht tun.
Weblink
Quellen
- naturkundliches Informationssystem
- Thomas Hödlmoser, Zirbenschützer wollen die EU einschalten, Salzburger Nachrichten vom 19. August 2013, Lokalteil, Seite 5
- www.sn.atEU-Recht im Nationalpark Hohe Tauern - urige Zirbenstube ist bald Vergangenheit, ein Beitrag von Anton Kaindl, 7. Jänner 2022