Hagengebirge
Das Hagengebirge ist Teil der Nördlichen Kalkalpen und wird innerhalb derselben zur Gruppe der Salzburger Kalkalpen im allgemeinen wie der Berchtesgadener Alpen im besonderen gerechnet.
Allgemeines
Es befindet sich etwa zu gleichen Teilen im Tennengau und im Pongau. Es ist Teil vom Naturschutzgebiet Kalkhochalpen und Landschaftsschutzgebiet.
Charakteristik und Geographie
Der Gebirgsstock umfasst eine Gesamtfläche von immerhin fast einhundert Quadratkilometern und erstreckt sich in nordsüdlicher Längsrichtung zwischen Bluntautal und Blühnbachtal bzw. in östwestlicher Querrichtung zwischen dem Bundesland Salzburg mit dem tiefeingeschnittenen Tal der Salzach und dem bayerisch-deutschen Grenzbezirk. In seinen westlichen Randbereichen ist das Hagengebirge Teil des Nationalparkes Berchtesgaden, der weitaus größte Teil des ausgedehnten Plateaugebirges befindet sich jedoch auf salzburgischem Boden und gehört dem Naturschutzgebiet Kalkhochalpen an.
Die höchsten Gipfel des Hagengebirges sind allgemein in dessen südlichem Randbereich gelegen und erreichen im Großen Teufelshorn (2363 m) im Südwesten und Kahlersberg (2350 m) im zentralen Westteil ihre Kulminationspunkte. Weitere bekannte Gipfel des Hagengebirges sind der von der Tauernautobahn weithin sichtbare Riffelkopf (2254 m) im Südosten sowie Tristkopf (2110 m) und Schneibstein (2277 m) im nördlichen Gebirgsteil. Die geographischen Grenzen bilden das Torrener Joch mit dem Carl-von-Stahl-Haus im Norden, welches das Hagengebirge vom Massiv des Hohen Göll scheidet, sowie die Felsenscharte des Blühnbachtörls, das es im Süden gegen das Steinerne Meer abgrenzt. Der Königssee im Westen bzw. Salzachtal im Osten bilden seine natürlichen Grenzen.
Geognosie
Wie alle Kalkberge ist das Hagengebirge aus abgelagerten Sedimentschichten, abgestorbenen Muschelkalken und mächtigen Korallenriffen ursprünglich im Meer entstanden. Ungeheuren Auffaltungsprozessen während des Erdmittelalters vor etwa 165 Mio. Jahren sowie den Vorgängen während der Glazialzeiten verdankt es seine heutige Gestalt. Das Gebirge besteht in seinem Kern aus zwar harten, gleichwohl oftmals fragilen Dolomitgesteinen (Ramsaudolomit) und wird von stark gebankten Dachsteinkalken überlagert. Ein häufiges Charakteristikum der berchtesgadnischen Plateaugebirge findet in den steilen Südabstürzen, wo der erosions- und korrosionsfähige Dachsteinriffkalk jenen kühnen und schroffen Formenreichtum ausbildet, der uns an den Kalkalpen vorzüglich charakteristisch erscheint, seinen Ausdruck; einen ähnlichen Aufbau erkennen wir z. B. auch an Untersberg, Tennengebirge, Hochkönig, Reiter Alm und dem flächenmäßig größten jener Plateaugebirge, dem Steinernen Meer. Im Hagengebirge befinden sich ferner einige der größten, bekannten Höhlensysteme überhaupt, so etwa die berühmte Tantalhöhle oberhalb des Jagdschlosses Blühnbach oder die Eishöhle am Jägerbrunntrog.
Tier- und Pflanzenwelt
Das Hagengebirge gilt als eines der am wenigsten erforschten Gebirge der gesamten Region und verfügt über keinen festen Stützpunkt. Dieser Umstand, zusammen mit einer ausgeprägten Humusdecke im nördlichen, niedriger gelegenen Teil des Gebirges hat bewirkt, dass sich hier noch seltene Vertreter unserer heimischen Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten vermochten. Darüber hinaus kommen im Hagengebirge so gut wie alle bekannten Tier- und Pflanzenarten des nördlichen Alpenraumes in ungewohnter Fülle vor. In dem kleinen Vorderschlumsee etwa besitzt das Hagengebirge eine biotopische Rarität. Das Hagengebirge verfügt überdies über die größte Population von Steinböcken in diesem Teil des Alpenraumes. In gewissen Teilen des Gebirges existieren noch mehr oder weniger geschlossene Zirbenbestände. Ein Großteil der einstigen, extensiven Almwirtschaft wurde eingestellt, wovon die zahlreichen, aufgelassenen Almböden und verfallenen Sennereien ein beredtes Zeugnis geben; die Rennangeralm im nordöstlichen Teil nahe der Grazspitze gilt denn auch als die einzige, noch intakte Almwirtschaft des gesamten Gebirges.
Geschichte
Das Hagengebirge ist eines der ältesten Jagdgebiete des Bundeslandes Salzburg. Bereits im ausgehenden Mittelalter veranstalteten die Salzburger Erzbischöfe daselbst große Jagden, ehe Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau während der Jahre 1603 - 1607 das Jagdschloss Blühnbach errichten ließ. Über die Erschließungsgeschichte des Hagengebirges ist wenig bekannt; der große Alpinist Hermann von Barth hat dieses im Jahre 1873 besucht und im Rahmen seiner Wanderungen einige nicht unbedeutende Messungen zur orographischen und hypsometrischen Strukturerfassung des Gebirges durchgeführt. Die Resultate seiner Forschungen erzählt er uns eindrucksvoll in seinem berühmten Alpinklassiker Aus den nördlichen Kalkalpen.
Heute wird das Hagengebirge, die Interessen von Jagd- und Forstwirtschaft ausgenommen, vorzugsweise von Wanderern aufgesucht, die mit den vorzufindenden topographischen Gegebenheiten vertraut sind und auf seltene Erscheinungen unserer alpinen Fauna und Flora zu treffen hoffen. Der markierten Wanderwege im Hagengebirge sind wenige, und selbst diese befinden sich im Gegensatz zu jenen vieler anderer, benachbarter Gebiete in einem nur sehr mäßigen Zustande. Das Hagengebirge wird übrigens auch von der Hochspannungsleitung überquert, welche den Strom von den Stauwerken Kapruns in die nördlichen Gaue unseres Landes transportiert.
Literatur
- Hermann von Barth: Aus den nördlichen Kalkalpen. Alpine Verlagsanstalt München, 1926, Antiquariat