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| − | + | Schon am Anfang des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] begann man in Österreich mit der Errichtung von Kriegsgefangenenlager. Neu-Anif bestand damals noch nicht, es gab nur den Namen [[Niederalm]] als Ortsbezeichnung. Das Lager I wurde bereits Ende 1914 entworfen und von der Baufirma [[Heuberger]] aus [[Thalgau]] ab [[2. Jänner]] [[1915]] errichtet. In diesem Lager waren vor allem Russen und Serben untergebracht. Daher erhielt dieses Lager auch den Namen ''Russenlager'' und daher rührt der heutige Name des [[Russenfriedhof (Neu Anif)|Russenfriedhof]]. Das mit einem zwei Meter hohen Stacheldrahtzaun umgrenzte Lager I umfasste zunächst 50 Wohnbaracken für jeweils 300 Gefangene. Es erstreckte sich vom Bahnhof Grödig der [[Salzburger Lokalbahn]] ([[Rote Elektrische]]) – [[Sankt Leonhard (Grödig)|Sankt Leonhard]] linker Hand der Niederalmer Straße bis hin zum kleinen Goishügel. | |
| − | + | Bereits am [[3. März]] 1915 begann man mit der Errichtung des Lagers II, das sich nordwestlich des [[Almkanal]]s zwischen Grödig und dem [[Drachenloch]] erstreckte. Lager III wurde östlich des bereits bestehenden Lagers I angebaut an den kleinen Gois gegen [[Überackerhof]] und Niederalm. Es war für Evakuierte und Flüchtlinge gedacht. Die Gesamtkosten für den Lagerbau betrugen 2,5 Millionen Kronen. | |
| − | + | Lager I und II waren für Kriegsgefangene, Lager II war für Flüchtlinge aus den Gebieten der östlichen Donaumonarchie (Galizien und der Bukowina) vorgesehen. Das im Endausbau bis zu 40 000 Gefangene beherbergende k & k Kriegsgefangenenlager Grödig hatte zwei Wachbataillone zugeteilt gehabt und bestand aus etwa 290 Baracken. Darunter waren eine Theaterbaracke, es gab eine Bibliothek mit Lesehalle, eine katholische, evangelische und eine orthodoxe Kirche sowie einen jüdischen Tempel und einen muslimischen Gebetsraum. Die Lagerkinder wurden in einer russischen, einer ukrainischen und einer jüdischen Schule unterrichtet. | |
| − | + | Schon im Winter 1914/15 trafen die ersten Gefangenen in Grödig ein und wurden vor der Fertigstellung des Lagers in [[Glanegg]] untergebracht.Mit [[28. April]] 1915 kamen die ersten Gefangenentransporte an, etwa 2 000 Personen mit der Lokalbahn am [[Bahnhof Grödig]] ein. Später führte vom Bahnhof ein Schleppgleis bis in die Lager. Die Lagerstadt zählte zur Zeit des Höchstbelages bei einer Fläche von 598 000 m² an die 40 000 Menschen und war damit größer als die Landeshauptstadt Salzburg (35 000). | |
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| − | + | Neben Menschen aus dem Osten und dem Balkan waren auch Italiener inhaftiert. Obwohl es eine Kanalisation und eine Trinkwasserleitung vom [[Untersberg]] her gab, traten immer wieder Infektionskrankheiten auf wie Blattern, Ruhr, Cholera und Typhus. An manchen Tagen starben daran bis zu 40 Menschen. Mehr als 2 000 Lagerinsassen verloren in dieser Zeit ihr Leben. Dennoch waren Fluchtversuche waren selten. Am [[1. April]] [[1918]] brach im Lager ein Aufstand aus, an dem sich 3 000 Lagerinsassen aus den Reihen der Zivilflüchtlinge beteiligten. Dieser wurde unter Militäreinsatz ohne Blutvergießen beendet. Ab dem Februar desselben Jahres kam es zum ersten Rücktransport der Flüchtlinge. Im November 1918 begannen die Entlassungen und die Heimtransporte der Kriegsgefangenen und ab dem [[15. Jänner]] 1919 die Schließung der Lager I und II. Im Lager III zogen Obdachlose ein. Aufgrund der Zunahme von Bettelei, Holzdiebstählen und Milchlieferungen forderte im Jänner 1919 die Gemeinde Anif den zuständigen Landesrat in einem Schreiben auf, die Lagerbewohner direkt von der Landesregierung mit allen Lebensmitteln zu versorgen. | |
| − | == | + | ===Lehrlingserholungsheim Niederalm - Grödig=== |
| − | + | Um 1930 wurden Teile des ehemaligen Lagers Niederalm als ''Lehrlingserholungsheim Niederalm - Grödig'' genutzt. Nach [[1938]] war dort eine "Führerschule" für die Hitlerjugend. In den Jahren [[1944]]/[[1945]] wurden wiederum Flüchtlinge in den noch bestehenden Baracken untergebracht. In dieser Zeit erhielt die Barackensiedlung den Namen ''Schwabenlager''. | |
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==Quellen== | ==Quellen== | ||
* Anifer Chronik [[Anif, Niederalm, Neu-Anif, Kultur, Geschichte und Wirtschaft]] | * Anifer Chronik [[Anif, Niederalm, Neu-Anif, Kultur, Geschichte und Wirtschaft]] | ||
* Schautafel am Russenfriedhof | * Schautafel am Russenfriedhof | ||
| + | * [[Salzburger Woche]], Ausgabe 23. Mai 2013: Harald Saller: ''Gedenken einer schlimmen Zeit'' | ||
[[Kategorie:Geschichte|Niederalm, Lager]] | [[Kategorie:Geschichte|Niederalm, Lager]] | ||
[[Kategorie:Flachgau|Niederalm, Lager]] | [[Kategorie:Flachgau|Niederalm, Lager]] | ||
[[Kategorie:Anif|Niederalm, Lager]] | [[Kategorie:Anif|Niederalm, Lager]] | ||
Version vom 23. Mai 2013, 10:28 Uhr
Das Lager Niederalm befand sich auf dem Gebiet des heutigen Anifer Ortsteil Neu-Anif sowie auf Teilen der heutigen Marktgemeinde Grödig.
Geschichte
Schon am Anfang des Ersten Weltkriegs begann man in Österreich mit der Errichtung von Kriegsgefangenenlager. Neu-Anif bestand damals noch nicht, es gab nur den Namen Niederalm als Ortsbezeichnung. Das Lager I wurde bereits Ende 1914 entworfen und von der Baufirma Heuberger aus Thalgau ab 2. Jänner 1915 errichtet. In diesem Lager waren vor allem Russen und Serben untergebracht. Daher erhielt dieses Lager auch den Namen Russenlager und daher rührt der heutige Name des Russenfriedhof. Das mit einem zwei Meter hohen Stacheldrahtzaun umgrenzte Lager I umfasste zunächst 50 Wohnbaracken für jeweils 300 Gefangene. Es erstreckte sich vom Bahnhof Grödig der Salzburger Lokalbahn (Rote Elektrische) – Sankt Leonhard linker Hand der Niederalmer Straße bis hin zum kleinen Goishügel.
Bereits am 3. März 1915 begann man mit der Errichtung des Lagers II, das sich nordwestlich des Almkanals zwischen Grödig und dem Drachenloch erstreckte. Lager III wurde östlich des bereits bestehenden Lagers I angebaut an den kleinen Gois gegen Überackerhof und Niederalm. Es war für Evakuierte und Flüchtlinge gedacht. Die Gesamtkosten für den Lagerbau betrugen 2,5 Millionen Kronen.
Lager I und II waren für Kriegsgefangene, Lager II war für Flüchtlinge aus den Gebieten der östlichen Donaumonarchie (Galizien und der Bukowina) vorgesehen. Das im Endausbau bis zu 40 000 Gefangene beherbergende k & k Kriegsgefangenenlager Grödig hatte zwei Wachbataillone zugeteilt gehabt und bestand aus etwa 290 Baracken. Darunter waren eine Theaterbaracke, es gab eine Bibliothek mit Lesehalle, eine katholische, evangelische und eine orthodoxe Kirche sowie einen jüdischen Tempel und einen muslimischen Gebetsraum. Die Lagerkinder wurden in einer russischen, einer ukrainischen und einer jüdischen Schule unterrichtet.
Schon im Winter 1914/15 trafen die ersten Gefangenen in Grödig ein und wurden vor der Fertigstellung des Lagers in Glanegg untergebracht.Mit 28. April 1915 kamen die ersten Gefangenentransporte an, etwa 2 000 Personen mit der Lokalbahn am Bahnhof Grödig ein. Später führte vom Bahnhof ein Schleppgleis bis in die Lager. Die Lagerstadt zählte zur Zeit des Höchstbelages bei einer Fläche von 598 000 m² an die 40 000 Menschen und war damit größer als die Landeshauptstadt Salzburg (35 000).
Neben Menschen aus dem Osten und dem Balkan waren auch Italiener inhaftiert. Obwohl es eine Kanalisation und eine Trinkwasserleitung vom Untersberg her gab, traten immer wieder Infektionskrankheiten auf wie Blattern, Ruhr, Cholera und Typhus. An manchen Tagen starben daran bis zu 40 Menschen. Mehr als 2 000 Lagerinsassen verloren in dieser Zeit ihr Leben. Dennoch waren Fluchtversuche waren selten. Am 1. April 1918 brach im Lager ein Aufstand aus, an dem sich 3 000 Lagerinsassen aus den Reihen der Zivilflüchtlinge beteiligten. Dieser wurde unter Militäreinsatz ohne Blutvergießen beendet. Ab dem Februar desselben Jahres kam es zum ersten Rücktransport der Flüchtlinge. Im November 1918 begannen die Entlassungen und die Heimtransporte der Kriegsgefangenen und ab dem 15. Jänner 1919 die Schließung der Lager I und II. Im Lager III zogen Obdachlose ein. Aufgrund der Zunahme von Bettelei, Holzdiebstählen und Milchlieferungen forderte im Jänner 1919 die Gemeinde Anif den zuständigen Landesrat in einem Schreiben auf, die Lagerbewohner direkt von der Landesregierung mit allen Lebensmitteln zu versorgen.
Lehrlingserholungsheim Niederalm - Grödig
Um 1930 wurden Teile des ehemaligen Lagers Niederalm als Lehrlingserholungsheim Niederalm - Grödig genutzt. Nach 1938 war dort eine "Führerschule" für die Hitlerjugend. In den Jahren 1944/1945 wurden wiederum Flüchtlinge in den noch bestehenden Baracken untergebracht. In dieser Zeit erhielt die Barackensiedlung den Namen Schwabenlager.
Quellen
- Anifer Chronik Anif, Niederalm, Neu-Anif, Kultur, Geschichte und Wirtschaft
- Schautafel am Russenfriedhof
- Salzburger Woche, Ausgabe 23. Mai 2013: Harald Saller: Gedenken einer schlimmen Zeit