Hotel Bristol (Bad Gastein)

Das Hotel Bristol in Bad Gastein war ursprünglich ein nach jüdisch-orthodoxem Ritus betriebenes Kurhaus.
Bau und Betrieb des Hauses bis 1938
Das Hotel Bristol in Bad Gastein wurde in zwei Etappen – 1912 und 1927 – erbaut. Es verfügte über drei Thermalbäder, 19 Einzel- und zwölf Zweibettzimmer und zahlreiche weitere Räumlichkeiten. Es war ein nach jüdisch-orthodoxem Ritus geführter Kurbetrieb und da es Betriebe dieser Art kaum gab, als solcher in Deutschland und Österreich sehr bekannt.
Ereignisse nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich
Das Hotel Bristol befand sich im Eigentum der jüdischen Familie Kokisch, deren Mitglieder die polnische Staatsbürgerschaft besaßen. Aus diesem Grund konnten die Nationalsozialisten nach dem "Anschluss" nicht gleich auf deren Besitz zugreifen und das Hotel blieb bis zur Sommersaison 1938 in Betrieb.
Um die Familie Kokisch zur Aufgabe des aus nationalsozialistischer Sicht unerwünschten, weil in jüdischer Hand befindlichen Betriebes zu bringen, wurde von verschiedenen Persönlichkeiten großer Druck ausgeübt. Darunter befand sich u.a. der damalige Bad Gasteiner Bürgermeister Josef Wörther. Zitat aus einem Gespräch, in dem der Bürgermeister und zwei Herren vom Arbeitsdienst auf die Eigentümer in entsprechender Weise einwirken wollten. Der Bürgemeister:
Ja, Sie müssen sich doch endlich darüber klar werden, dass Sie das Haus verkaufen müssen, denn ich werde Ihnen ja jetzt das Thermalwasser absperren und dazu sehen, das es immer weniger wert wird.
Um weiteren Druck auf die jüdischen Besitzer auszuüben, wurde der Weg der Zwangsversteigerung eingeschlagen. Obwohl die Familie Kokisch ihren Zahlungsverpflichtungen immer pünktlich nachgekommen war, klagte man eine pfandrechtlich sicher gestellte Schuld ein. Als nächstes erhielten die Hoteleigentümer einen Ausweisungsbefehl. Man nahm der Familie Kokisch die Reisepässe ab, zwang sie unter Aufsicht der SA auf der Stelle zu packen und schob die Familie binnen Stunden in das Salzburger Polizeigefängnis ab. Letztlich gelang der Familie unter Hintanlassung eines Teils ihres Gepäckes die Flucht nach Chile. Im Zuge des Novemberpogroms wurde im verlassenen Hotel alles kurz und klein geschlagen oder weggeschleppt.
Das Hotel Bristol wurde schließlich zwangsversteigert. Nach Intervention des Reichsführers SS Polizeiverwaltung wurde der Versteigerungstermin verschoben und andere Anbote vereitelt. So konnte das Hotel Bristol von der Polizeiverwaltung des Deutschen Reiches für das geringe Anbot von 194.100,00 Reichsmark erworben werden. Der eigentliche Wert der Immobilie lag bei mindestens ÖS 600.000,00. Denn schon im Jahr 1928 war der Real- und Betriebswert mit ÖS 534.000,00 beziffert worden. Das Hotel wurde nun unter dem Namen "Haus Ostmark" als Polizei-Kurlazarett geführt.
Das Hotel Bristol nach Ende des Zweiten Weltkrieges
Nach Kriegsende wurde das Haus 1945 und 1946 von amerikanischen Truppen, bzw. von der UNRRA[1] genutzt. Im Zuge des Rückstellungsverfahrens erstellte der Baumeister Gustav Fill 1950 ein Schätzgutachten über den Verkehrswert der Liegenschaft im Jahr 1939 und bezifferte diesen auf RM 296.012,00.
Nach mehrmaligem Besitzerwechsel, zuletzt wurde das Haus 2015 verkauft, ist das Hotel Bristol heute (2016) in Privatbesitz und der Hotelbetrieb ist eingestellt.
Quellen
- Albert Lichtblau: "Arisierungen", beschlagnahmte Vermögen, Rückstellungen und Entschädigungen in Salzburg. Wien München 2004, S. 69 bis 74
Einzelnachweise
- ↑ United Nations Relief and Rehabilitation Administration - siehe www.aeiou.at