Swap-Affäre die Urteilssprüche
Am 19. Prozesstag in der Swap-Affäre der Stadtgemeinde Salzburg fällte Richterin Anna-Sophia Geisselhofer die Urteilssprüche.
Einleitung
Zunächst wurde das Urteil für den frühen Nachmittag am Freitag, den 28. Juli 2017 erwartet. Die Urteilsverkündung wurde dann von 14 auf 15 Uhr und schließlich auf frühestens 17 Uhr verschoben. Kurz nach 18 Uhr war es dann soweit. Der Schöffensenat - bestehend aus zwei Berufs- und zwei Laienrichtern - hatte sich um 10 Uhr für Beratungen zurückgezogen.
Die Urteile
Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) erhielt wegen Beihilfe zur Untreue eine Strafe von drei Jahren Haft, eines davon unbedingt.
Neben Bürgermeister Schaden wurden auch alle sechs Mitangeklagten wegen der Übertragung von sechs negativ bewerteten Zinstauschgeschäften der Stadt Salzburg an das Land im Jahr 2007 verurteilt worden. Der jetzige Finanzdirektor der Stadt Salzburg Axel Maurer, der zum Übertragungszeitpunkt der Swaps Mitarbeiter in der städtischen Finanzabteilung war, erhielt wie der Bürgermeister eine Strafe von drei Jahren, ein Jahr davon unbedingt. Ex-Landesfinanzreferent Othmar Raus (SPÖ) und Ex-Finanzabteilungsleiter Eduard Paulus bekamen jeweils zwei Jahre Haft, 18 Monate davon bedingt.
Die damalige Budget-Referatsleiterin des Landes, Monika Rathgeber – sie hatte im Verfahren als einzige ihre Schuld eingestanden – erhielt auf ihre bereits bestehenden Verurteilungen ein Jahr Zusatzstrafe bedingt. Ihr ehemaliger Mitarbeiter im Referat erhielt ebenfalls ein Jahr bedingt. Auch der damalige Sekretär des Bürgermeisters und heutige Magistratsdirektor der Stadt fasste ein Jahr bedingt aus.
Alle - bis auf Rathgeber - bekämpfen dieses Urteil seither und haben Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung eingelegt.
Die Einsprüche
Die Generalprokuratur hatte Mitte Mai 2019 nach vier Monaten ihre Stellungnahme zum Swap-Urteil aus Salzburg an den Obersten Gerichtshof übermittelt. Für die Angeklagten schwinden die Chancen auf einen Freispruch.
Der Oberste Gerichtshof hat nun das letzte Wort - das vorletzte gehört der obersten Staatsanwaltschaft der Republik, der Generalprokuratur. Sie hat die Aufgabe, das Recht zu wahren. Und als solche hat ihre Empfehlung Gewicht.
Die Generalanwälte kommen in ihrem "Croquis" auf 101 Seiten zum Schluss, dass es keinen Grund gebe, den Nichtigkeitsbeschwerden Folge zu leisten. "Zusammengefasst liegen weder Verfahrensmängel noch nichtigkeitsbedrohte Begründungsdefizite vor; auch Fehler betreffend die rechtliche Beurteilung sind nicht festzustellen", sagt Generalanwalt Martin Ulrich, Sprecher der Generalprokuratur. Kurz gesagt: "Das Urteil wäre im Wesentlichen zu bestätigen."
Die Verteidiger haben nun zwei Wochen Zeit, eine Stellungnahme abzugeben. Dann liegt der Ball endgültig beim Obersten Gerichtshof. Das Höchstgericht ist nicht an diese Empfehlung der Generalanwälte gebunden - folgt ihr aber sehr oft. Selbst für Rechtsexperten schrumpfen jetzt die Chancen für Heinz Schaden und die anderen Verurteilten. Wann der OGH entscheidet, steht noch nicht fest. Der Fünf-Richter-Senat wird in Bälde einen Termin dafür festlegen.
Bei einer rechtskräftigen Verurteilung wird es im Schloss Mirabell ein Erdbeben geben. Dann müssten wohl Finanzdirektor als auch Magistratsdirektor neu besetzt werden. Den beiden Spitzenbeamten und Ex-Stadtchef Heinz Schaden würde auch ein finanzielles Horrorszenario drohen. Denn unmittelbar nach Schadens Rücktritt wurde ein einstimmiger Beschluss gefasst, dass das Trio die Anwalts- und Verfahrenskosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro zurückzahlen muss. Wobei niemand davon ausgeht, dass das freiwillig geschieht. Die Stadt müsste also gegen ihre Beamten und früheren Bürgermeister prozessieren.
Auch beim Land Salzburg wartet man auf ein rechtskräftiges Urteil durch den OGH. Denn das Land will von der Stadt jene Summe zurück, die durch die Übernahme der Swaps entstanden ist. Laut Urteil sind das zumindest drei Millionen Euro. Eine Klage ruht. "Ob die Klage aufrecht erhalten wird und wenn ja, welche Höhe wir zurückfordern, hängt von der OGH-Entscheidung ab", sagt LH-Stv. Christian Stöckl.
Welche Möglichkeiten der Entscheidung der "Oberste Gerichtshof" hat
Laut Universitätsprofessor Hubert Hinterhofer, Fachbereichsleiter für Straf- und Strafverfahrensrecht an der juridischen Fakultät in Salzburg, "folgt der Oberste Gerichtshof der Empfehlung der Generalprokuratur doch recht häufig. Bei der Generalprokuratur sind ja auch Spitzenjuristen am Werk".
Dem Strafrechtsprofessor zufolge kann der OGH nach Erhalt der Empfehlung der Generalprokuratur "nun drei Entscheidungen treffen":
1. Der OGH folgt der Rechtsansicht der Generalprokuratur (= höchste staatsanwaltliche Behörde), verwirft alle Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten und bestätigt somit die erstinstanzlichen Schuldsprüche. Also sämtliche Verurteilungen an sich. Ist dies der Fall, dann geht der Akt zum Oberlandesgericht (OLG) Linz. "Dort", erklärt Hinterhofer, "muss sich ein Drei-Richter-Senat mit den Strafberufungen der Angeklagten sowie des Staatsanwalts befassen. Also mit der Frage der endgültigen Strafhöhe bzw. des endgültigen Strafmaßes". Das heißt: Die erstinstanzlich verhängten Strafen über alle Angeklagten könnten vom OLG bestätigt werden, aber auch reduziert werden. Im Fall der drei Angeklagten Schaden, Raus und Paulus ist aber durchaus auch eine Straferhöhung möglich: Im Fall dieses Trios legte nämlich Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic Strafberufung ein - und fordert höhere Haftstrafen.
2. Das Höchstgericht folgt der Empfehlung der Generalprokuratur nicht und gibt vielmehr den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten bzw. deren Verteidiger (aller, mehrerer oder zumindest einer Nichtigkeitsbeschwerde ) Folge. Hinterhofer: "Ich halte diese Variante zwar für möglich, aber - spätestens jetzt - doch für eher unwahrscheinlich." In diesem Fall würde der OGH das Urteil erster Instanz aufheben und die Causa zur Neuverhandlung an die erste Instanz, also an das Landesgericht Salzburg, zurückverweisen. Mit anderen Worten: Zurück an den Start - ein neu besetzter Schöffensenat müsste komplett neu verhandeln.
3. Für "ziemlich unwahrscheinlich" hält Hinterhofer die Variante, "dass der OGH das Urteil aufhebt und dann gleich selbst in der Sache neu entscheidet". Dies sei auch nur dann möglich, "wenn der OGH einen materiell-rechtlichen Fehler sieht. Ortet er hingegen nur verfahrensrechtliche Fehler, so muss er zurückverweisen an die erste Instanz".
OGH hat entschieden: Heinz Schaden und fünf weitere Angeklagte sind schuldig
Nach einer öffentlichen Verhandlung am 1. Oktober 2019 verkündete der OGH am 2. Oktober, dass er sämtliche vorgebrachte Nichtigkeitsbeschwerden verworfen hat. Das heißt, dass alle sechs Angeklagten schuldig gesprochen wurden. Das Urteil bei Heinz schaden bleibt daher bei drei Jahren Haft, davon ein Jahr unbedingt. Der OGH sah Schaden als "Urheber", wertete aber mildernd, dass er nun seine Pensionsansprüche verliere.
In zwei Punkten hat der OGH das Strafausmaß aus erster Instanz korrigiert. Der Senat hat die Strafe beim Finanzdirektor der Stadt Salzburg auf zwei Jahre herabgesetzt (davon 18 Monate bedingt). Bei Ex-Finanzlandesrat Othmar Raus wurde die Strafe von zwei auf 2,5 Jahre erhöht (davon 20 Monate bedingt). Raus sei in der Weisungskette als Landeshauptmann-Stellvertreter und Finanzreferent ganz oben gestanden. Das Wissen von Raus um die Geschäfte sei korrekt und ausführlich dokumentiert. Außerdem habe Raus dienstrechtlich Untergeordnete angestiftet. Der Finanzdirektor der Stadt Salzburg, der damals Sachbearbeiter war, sei vergleichsweise nur ein kleines Rädchen gewesen.
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Quellen
- Abschnitt "Die Einsprüche": Salzburger Nachrichten in der Ausgabe vom 14. Mai 2019, ein Beitrag von Heidi Huber und Andreas Widmayer
- Salzburger Nachrichten vom 2. Oktober 2019, OGH hat entschieden: Heinz Schaden und fünf weitere Angeklagte sind schuldig