Reisekonzern Thomas Cook

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Der Reisekonzern Thomas Cook war mit 178 Jahren das älteste Pauschalreiseunternehmen der Welt, bevor die Thomas Cook Group plc in der Nacht vom 22. zum 23. September 2019 die Zwangsliquidation beantragen musste.

Geschichtliche Übersicht

Am 5. Juli 1841 organisierte Thomas Cook die Eisenbahnreise von 570 Aktivisten der Abstinenzbewegung von Leicester ins nahegelegene Loughborough zum Sonderpreis von einem Schilling pro Person. Die Extrafahrt, eine Bahnfahrt 3. Klasse ohne Sitzgelegenheit, in offenen Waggons der Midland Railway wurde nicht zum Geldverdienen organisiert, sondern sollte die Menschen weg von der Ginflasche und hinaus an die frische Luft bringen. Thomas Cook organisierte 1845 die ersten Reisen nach Liverpool und 1855 die erste Europa-Rundreise für britische Touristen und begann damit die Ära des Pauschaltourismus.

Thomas Cook (* 22. November 1808 in Melbourne, Derbyshire, England; † 18. Juli 1892 in Leicester, Leicestershire) war ein baptistischer Geistlicher und britischer Tourismus-Pionier sowie Gründer des gleichnamigen Reiseunternehmens, der Thomas Cook Group. Auf ihn geht das System der Pauschalreisen zurück.

Im Jahr 1900 wurde Thomas Cook and Son weltweit Marktführer in der Reisebranche. 1919 vertrieb das Unternehmen die ersten Flugtickets.

Die Thomas Cook Group plc war ein börsennotierter Tourismuskonzern mit Sitz in London, Großbritannien. Er entstand 2007 durch den Zusammenschluss der Thomas Cook AG mit der MyTravel Group. Die Thomas Cook Group betrieb eigene Fluglinien, zu ihren im deutschsprachigen Raum tätigen Tochtergesellschaften zählten unter anderem Neckermann-Reisen, Condor Flugdienst und die Bucher Reisen & Öger Tours GmbH.

Thomas Cook in Österreich

In Österreich war Thomas Cook der drittgrößte Anbieter von Pauschalreisen nach TUI und Rewe Austria Touristik, mit rund einer Viertelmillion Reisenden jährlich. Ende 2017 beteiligte sich der Konzern mit seiner Airline Condor auch im Verfahren um die insolvente Fluglinie Fly Niki, und kooperierte später mit dem erfolgreichen Bieter Laudamotion.

Die deutsche Thomas Cook GmbH hatte am 23. September 2019 auf Notgeschäftsführung umgestellt, aber noch keinen Insolvenzantrag gestellt. Thomas Cook Austria AG ist eine Tochtergesellschaft von ihr. Nach dem Pauschalreisegesetz ist jede gebuchte Pauschalreise in Österreich gegen solche Ereignisse abgesichert. Laut GISA-Auszug beträgt Absicherungssumme der Thomas Cook Austria AG 21,960 Mio. EUR.[1]

Nach zwei Tagen Beratungen mit Partnern und Investoren sah sich die deutsche Veranstaltersparte der ehemaligen Thomas Cook Group mit den Marken Neckermann Reisen, Öger Tours und Bucher Reisen, die Chance auf eine Zukunft hat, am 25. September dazu gezwungen einen Insolvenzantrag zu stellen. Die Thomas Cook Austria AG, die eng mit den deutschen Gesellschaften und deren Infrastruktur verflochten ist, sah sich nun auch gezwungen, diesem Schritt zu folgen.[2]

Der Masseverwalter im Konkursverfahren von Thomas Cook Austria, Günther Hödl, rechnet "zu 99,9 Prozent mit einem Schließungsfall und einer Liquidierung". Laut dem Antrag auf das Konkursverfahren sei seitens der Thomas Cook Austria AG keine Sanierung angedacht. Diese habe hohe Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen wie etwa der deutschen Muttergesellschaft, womöglich auch gegenüber der britischen Großmuttergesellschaft, so Anwalt Hödl zur APA.[3]

Millionen Schulden und noch mehr Unklarheit

Mit Schulden von 36 Mill. Euro schlitterte nach der Milliarden-Pleite des englischen Mutterkonzerns auch Thomas Cook Austria in die Insolvenz. Zwar gibt es Aktiva von 41 Mill. Euro, das sind laut Kreditschützern allerdings vor allem konzerninterne Forderungen. Mehr als 10.000 Gläubiger dürften betroffen sein, Klarheit wird allerdings erst die erste Konkurstagsatzung am 16. Dezember bringen. Laut eigenen Angaben war Thomas Cook Austria fast ausschließlich im Auslandsgeschäft und nicht im Incoming tätig. Den alpinen Bereich betreute vor allem die Schweizer Cook-Tochter.

Für Pauschalreisende aus Österreich hat Thomas Cook Austria eine Versicherung mit einer Gesamtdeckung von 22 Mill. Euro bei Swiss Re Corporate Solutions. Das sollte aller Voraussicht nach ausreichend sein, heißt es beim zuständigen Abwickler Allianz Partners AWP.

Schlimm sei auch die Unklarheit für österreichische Hoteliers und Gastwirte. Viele Betriebe hätten auch für den Winter 2019/2020 bereits Kontingente an Cook vergeben. Den Incoming-Bereich hat aber nicht die schon in die Pleite geschlitterte Thomas Cook Austria über, sondern die Cook-Tochter in der Schweiz, und die ist noch nicht pleite. Es müssen also bestehende Verträge erfüllt werden.

30 Prozent der 1 500 heimischen Spitzenhotels, meist aus der Vier- und Fünf-Sterne-Kategorie, hätten Verträge mit Thomas Cook oder Töchtern wie Neckermann, rechnet auch die Hoteliervereinigung ÖHV vor, die die Großen in der Branche vertritt. "Wir brauchen dringend Klarheit", sagt Sprecher Martin Stanits. Davon freilich ist man weit entfernt. Nicht einmal wie viele Gäste Thomas Cook als drittgrößter Veranstalter hinter TUI und Rewe nach Österreich gebracht hat, ist klar. 100 000 Gäste (nicht Nächtigungen) habe man heuer bisher mit Cook nach Österreich gebracht, heißt es bei der Verkehrsbüro-Incoming-Tochter Eurotours. Auch die Pinzgauer Touralpin Touristik hat nach eigenen Angaben fast ebenso viele Buchungen vermittelt. Daneben haben viele Hoteliers direkte Verträge mit Thomas Cook oder einer Tochter, meist über die Schweiz.

Doch auch die Liste der Gläubiger von Thomas Cook Austria umfasse mehr als 10 000 Namen - darunter sehr viele Hotels, sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform. "Nachfolgepleiten sind da zu befürchten."

Thomas Cook und Salzburg

1976/77 übernahm Karstadt über eine Mehrheitsbeteiligung den angeschlagenen Neckermann-Konzern. 1981 übernahm die Karstadt NUR ganz und 1982/83 wurde zur Schaffung einer neuen Corporate Identity aus Neckermann und Reisen die neue Dachmarke "NUR Touristic". 1984/85 verkaufte "NUR Touristic" ihre Auslandsbeteiligung "Neckermann Österreich" an die Salzburger Reisebürokette REISEN+FREIZEIT. REISEN+FREIZEIT war darüber hinaus in Teilbereichen mit dem Einkauf für Neckermann Deutschland im Salzburger Land zuständig. Bis zur Beantragung der Zwangsliquidation bot Neckermann Urlaube im Salzburger Land an.

2018 hatten in Salzburg etwa 13 000 Passagiere Thomas Cook Reisen mit Abflug vom Flughafen Salzburg gebucht, teilte Alexander Klaus, Sprecher der Salzburger Flughafengesellschaft m.b.H. gegenüber den Salzburger Nachrichten am 23. September 2019 mit. Die Fluglinie von Thomas Cook, Condor, fliege Salzburg zwar nicht direkt an. Aber das Unternehmen habe Kontingente in anderen Flügen gebucht. Der Flughafen Salzburg verzeichnete im letzten Jahr 1,8 Millionen Passagiere.

Etwa zehn Anfragen waren beim Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Salzburg am Montagmorgen, den 23. September 2019, bereits eingetroffen. Welche Rechte haben Reisende, die bei Thomas Cook gebucht haben und nun von der Pleite indirekt betroffen sind? "Bei einer Pauschalreise, deren Reiseveranstalter Thomas Cook ist, sind sowohl Rückholung als auch die Anzahlungen abgesichert", sagt Thomas Flöckner vom Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Salzburg. Das betreffe keine Reisen, bei denen zum Beispiel nur ein Hotel gebucht wurde, ohne Beförderung; also keine Pauschalreise im herkömmlichen Sinne.

Von den rund 730 000 Sommerübernachtungen in der Fremdenverkehrsgemeinde Saalbach-Hinterglemm seien rund 100 000 auf Thomas Cook und hier wiederum vor allem auf die Konzern-Tochter Neckermann zurückzuführen.[4]

Pinzgauer bangt um 300.000 Euro

Der 59-Jährige Heimo Wallner aus Bruck an der Großglocknerstraße betreibt seit 1990 die Hauptagentur von Thomas Cook in Österreich, Touralpin Touristik in Maishofen. Er bucht die Kontingente von 380 Hotels in Österreich, 112 davon in Salzburg, mit Thomas-Cook- oder Neckermann-Kunden voll. Bis vor Kurzem war der Anteil des Reiseveranstalters an seinem Umsatz 80 Prozent, 100 000 Buchungen führte Wallner pro Jahr durch. Seit Bekanntwerden des Konkurses läutet bei ihm ständig das Telefon, da die Hoteliers wollen wissen, ob sie die Buchungen bezahlt bekommen, die seit 20. August offen sind. 30 bis 40 Prozent der Betten hätten die Gastronomen für den britischen Reiseveranstalter reserviert, sagt Wallner. Die ausständigen Rechnungen müssten sie nun wahrscheinlich abschreiben.

Ihn selbst trifft das ebenso: 300.000 Euro ist Thomas Cook dem Maishofener schuldig. Geschäfte hatte er mit dem Schweizer Ableger des Reiseveranstalters gemacht, der jedoch zur deutschen Tochter des Konzerns gehört. Er meint, dass er diese Forderungen abschreiben wird müssen, wird aber überleben. Ob er seine 25 Mitarbeiter behalten könne, wisse er aber noch nicht.

Weitere Salzburger Details

Von einem großen Schaden für die Touristiker in Salzburg spricht auch Walter Veit. Er ist Hotelier in Obertauern und Vizepräsident der Hoteliersvereinigung. In diesem Sommer hatten Gäste allein in Saalbach-Hinterglemm 100 000 Nächtigungen über den Reiseveranstalter gebucht - ein Siebtel der gesamten Übernachtungen.

Nur acht seiner 52 Zimmer im Großarler Familienbetrieb Vier-Sterne-Hotel Alte Post hat Anton Toni Knapp über den englischen Reisekonzern Thomas Cook vermarktet. Seit 15. Juni 2019 aber hat der nicht mehr bezahlt - trotz mehrmaliger Nachfrage. Mehr als 50.000 Euro Außenstände haben sich bisher angehäuft (Stand 28. September 2019). Dazu kommen Gäste, die im Haus sind, und weitere, die in den nächsten Tagen anreisen.

"Die Cook-Pleite hat sich zu einer Insolvenz entwickelt, wie sie der heimische Tourismus noch nicht erlebt hat", sagt auch Petra Nocker-Schwarzenbacher, Tourismus-Obfrau in der Wirtschaftskammer. 250 Betroffene hätten sich bei der Kammer bereits gemeldet. "Da geht es meist um Summen zwischen 10.000 und 80.000 Euro, für einzelne Betriebe sind es aber auch weit über 100.000 Euro." Geld, das die Hoteliers - anders als die betroffenen Urlauber, die mit Thomas Cook im Ausland unterwegs sind - wohl nicht mehr sehen dürften. Letztere sind laut Pauschalreiseverordnung gegen eine Pleite abgesichert.

Frühere Reiseveranstalterkonkurse, von denen auch Salzburger betroffen waren

Arena Reisen (1994) und Griechenland-Reiseveranstalter ITAS (mit Spanien-Veranstalter Paco Leone) im Jahr 1996. Mehr über beide Konkurse im Artikel Reisebüro.

Quellen

Weblink

Einzelnachweise

  1. Quelle www.tip-online.at, 24. September 2019
  2. Quelle www.tip-online.at, 25. September 2019
  3. Quelle www.tip-online.at, 26. September 2019
  4. Quelle Salzburger Nachrichten vom 24. September 2019