Grünlanddeklaration: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Akteure dieser Initiative, gegründet von Eugen Csepregy, Caius Dürfeld, Wolfgang Thünen und [[Christian Walderdorff]] , plakatierten im Jahr 1971 monatelang Unterschriftenlisten und eine Visialisierung der Satellitenstadt entlang der Hellbrunner Allee und sammelten 20.000 Unterschriften gegen das Vorhaben. Sie erreichten damit, dass die Politik im Vorfeld der Gemeinderatswahlen 1972 vom Bau eines neuen Stadtviertels abrückte.<ref>Hörl 2014, S 18</ref>
  
 
1975 gründete [[Herbert Fux]] mit Alfred Winter die "Aktion Salzburg", die eine überregionale Aufmerksamkeit erreichen konnte.  
 
1975 gründete [[Herbert Fux]] mit Alfred Winter die "Aktion Salzburg", die eine überregionale Aufmerksamkeit erreichen konnte.  

Version vom 27. Mai 2022, 19:04 Uhr

Wiesen nördlich von Schloss Leopoldskron.
Deklarationsflächen nach dem REK 2007.

Dieser Artikel berichtet über die sogenannte Grünlanddeklaration, die am 28. Juni 1985 vom Salzburger Gemeinderat beschlossen wurde.

Ziel der Grünlanddeklaration

Ihr Ziel ist die Erhaltung der bedeutenden Salzburger Stadtlandschaften. Das Gebiet der Deklaration wurde im Jahr 1999 auch in den Grüngürtel des Regionalverbandes "Die Stadt Salzburg und Umgebungsgemeinden" eingebracht. Zwischen 2005 und 2009 erfolgte eine umfassende Diskussion und Reform der Deklaration, im Rahmen derer nach Herausnahme von vier kleineren Flächen für den sozialen Wohnbau (z.B. die Bärgründe in Gneis) eine verfassungsrechtliche Absicherung der Deklaration erfolgte.[1]

Durch die Deklaration konnten im Wesentlichen trotz immer wieder auftauchender Begehrlichkeiten wegen explodierender Wohnungspreise bis heute die wesentlichen Freiflächen in der Stadt Salzburg erhalten werden. Die politischen Kontroversen bei der Vorbeteitung der Deklaration schildert Richard Hörl in seinem Buch.[2]

Geschichte

Die Entstehung der Deklaration

Stadtentwicklungsmodell 1970[3]

Nach dem Ende der Monarchie beginnt ca. ab dem Jahr 1920 eine Expansionsphase der Stadt Salzburg mit einem Bevölkerungszuzug und einer ungesteuerten Siedlungsentwicklung in den Vororten, welche die Einwohnerzahl der Stadt Salzburg auf knapp unter 80.000 steigen ließ und nach dem 2. Weltkrieg setzt jene schleichende Zerstörung der noch weitgehend intakten Altstadtbezirke ein, gegen die sich später der Kunsthistoriker Hans Sedlmayr in seiner Streitschrift „Die demolierte Schönheit“ wendet[4]. Auf Initiative von Landeshauptmann Hans Lechner konnte zwar mit dem Altstadterhaltungsgesetz 1967 dem sukzessiven Verfall vorerst Einhalt geboten werden, doch drohte in der Folge eine Kernausräumung der Altstadthäuser und eine ebenso allmähliche Zerstörung der das Stadtbild prägenden Landschaftsräume. Hans Sedlmayr veröffentlichte das Buch „Stadt ohne Landschaft“, mit dem er „das Ringen um die Erhaltung der Salzburger Stadtlandschaften einläutete“ [5]. Ein wesentlicher Anstoß dafür war die Präsentation des Stadtentwicklungsmodells von 1970, bei dem unter anderem die Verbauung der Flächen westlich und östlich der Hellbrunner Allee durch Wohnbauten für fast 40.000 Menschen sowie eine Campus-Universität auf den Wiesen von Freisaal vorgesehen war.[6] Zusätzlich war eine hochrangige Verkehrsverbindung in Verlängerung der Michael-Pacher-Straße über eine im Bereich des heutigen Überfuhrstegs geplante Brücke zu einem Kapuzinerbergtunnel sowie nach Westen über die Freisaaler Wiesen in das Nonntal konzipiert („Süd-Ost-Tangente“). Aus heutiger Sicht ist festzustellen, dass es sich beim Zeitraum zwischen 1951 bis 1981 um eine weitere Expansionsphase handelt, in welcher die Stadt Salzburg bis 1981 auf knapp 140.000 EinwohnerInnen anwuchs. Seitdem ist eine lediglich geringfügige Zunahme der Bevölkerung zu verzeichnen. Der Wohnungsbedarf bleibt jedoch ungebrochen auf hohem Niveau, was auf die Änderungen in den Haushaltsstrukturen (kleinere Haushalte, gestiegene Nachfrage nach periodischen Wohnsitzen) zurückzuführen ist.[7]

Insbesondere die geplante Errichtung der Campus-Universität mit allen vier Fakultäten in Freisaal und die Wohnstadt an der Hellbrunner Allee waren die Tropfen, die das Fass zum Überlaufen brachten und zur Gründung der Bürgerinitiative "Schützt Salzburgs Landschaft" führte.[8]

Plakat der Bürgerinitiative "Schützt Salzburgs Landschaft"[9]

Die Akteure dieser Initiative, gegründet von Eugen Csepregy, Caius Dürfeld, Wolfgang Thünen und Christian Walderdorff , plakatierten im Jahr 1971 monatelang Unterschriftenlisten und eine Visialisierung der Satellitenstadt entlang der Hellbrunner Allee und sammelten 20.000 Unterschriften gegen das Vorhaben. Sie erreichten damit, dass die Politik im Vorfeld der Gemeinderatswahlen 1972 vom Bau eines neuen Stadtviertels abrückte.[10]

1975 gründete Herbert Fux mit Alfred Winter die "Aktion Salzburg", die eine überregionale Aufmerksamkeit erreichen konnte. Obwohl die Errichtung der Universitätsgebäude bereits politisch weitgehend fixiert war, erreichten die durch den Schauspieler Herbert Fux, den Bäckermeister Richard Hörl und den Richter Eckehart Ziesel vereinigten Bürgerinitiativen, dass sich neben dem eigentlichen „Vordenker“ Hans Sedlmayr weitere prominente Persönlichkeiten für den Erhalt der Freisaal-Wiesen einsetzten, z.B. Altlandeshauptmann und Altbundeskanzler Josef Klaus, Pater Thomas Michels OSB, einer der Gründer der Volluniversität im Jahr 1963, sowie auch der Dichter Peter Handke, welcher der Gegend zwischen Moosstraße und Hellbrunner Allee im Jahr 1983 auch ein literarisches Denkmal schenkte.[11]

Die Altstadt-Universität wurde so Realität. Als sich auch die Salzburger Nachrichten mit einem Leitartikel am 23. Juni 1977 kurz vor der Gemeinderatswahl auf die Seite der Grünlandschützer stellten, das „schwindlige Mikro-Manhattan beim Bahnhof als Spottgeburt aus Rücksichtslosigkeit und Beton“ bezeichneten und feststellten, dass sich „Salzburgs Murksokratie anschickte, dem vorstädtischen Mikro-Manhattan im Süden bei Hellbrunn ein Gegenstück zu verpassen“, schlug nach einem Leitartikel in den Salzburger Nachrichten von Clemens M. Hutter mit dem Titel „Die Salzburger Murksokratie“ auch die öffentliche Meinung um.[12] Die Bürgerinitiative kandidierte für die Gemeinderatswahl 1977 und erreichte am 2. Oktober 1977 zwei Mandate. Bei der nächsten Gemeinderatswahl im Jahr 1983 wurden sogar sechs Mandate und ein Regierungssitz für die Bürgerliste erreicht.[13] Auf Initiative von Stadtrat Johannes Voggenhuber, der Ende April 1984 einen konkreten Diskussionsentwurf für eine Grünlanddeklaration vorlegte, wurde ein Expertengremium eingerichtet, dem neben Vertretern der Stadtgemeinde auch die Landesplanung, der Gemeindeverband, die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer, die Landwirtschaftskammer und der Regionalverband Salzburg Stadt und Umgebungsgemeinden angehörten.[14] Im Rahmen des Expertengremiums wurde zwischen Herbst 1984 und Juni 1985 die Deklaration „Geschütztes Grünland“ fertig ausgearbeitet und am 28. Juni 1985 als „heiliger Schwur“ des Gemeinderates beschlossen.[15] Die Politiker wollten dadurch 3 500 Hektar gewidmetes Grünland auf Dauer erhalten und darin keine Bauten und Maßnahmen zulassen, die diesem Ziel widersprechen.

Die Absicherung der Deklaration

1998 wurde die Deklaration inhaltlich und räumlich konkretisiert, die Deklarationsflächen wurden wesentlich erweitert. Die erweiterte Deklaration wurde 1999 von der Stadt Salzburg zur Gänze in den Grüngürtel für den Salzburger Ballungsraum eingebracht und im Jahr 2001 Bestandteil des Räumlichen Entwicklungskonzepts (REK 2001) der Stadt Salzburg. Da das REK aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht ohne fachliche Begründung abgeändert werden kann, wurde damit der Schutzstatus auf eine höhere Ebene gehoben und ist damit wesentlicher Bestandteil der Stadtentwicklung.

Die Reform der Deklaration

In den Jahren 2005 und 2006 wollte die Stadtpolitik kleinere Teilbereiche der Grünlanddeklaration evaluieren lassen und für den sozialen Wohnbau zur Verfügung stellen. Dies führte nach medialen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppen und der Wiedergründung der „Aktion Grünland“ zu einer Reform der Deklaration, mit der als Ausgleich für die Herausnahme mehrerer kleiner Flächen für Projekte des sozialen Wohnbaus eine verfassungsrechtliche Absicherung im Rahmen des Stadtrechts vom Landtag im Jahr 2009 beschlossen wurde. Zukünftig kann eine Änderung der Grünland-Deklaration nur mit Dreiviertelmehrheit im Gemeinderat und, wenn kein Flächenausgleich erfolgt, nur mit einer Bürgerabstimmung durchgeführt werden.

Quelle

  1. Dollinger, Franz (2021): Das Dilemma und die Paradoxien der Raumplanung. Eine Exkursion im Bereich von Stadt und Land Salzburg unter der Führung von Don Quijote und Sancho Panza. Erstes Buch. Wien: LIT-Verlag, S. 63-68
  2. Hörl, Richard (2014): Die Salzburger Bürgerrevolte 1972-1982. Wie es begann und wie es uns dabei erging. Salzburg und Wien. Edition Tandem, 183 S.
  3. Braumann, Christoph (2006): 50 Jahre Raumplanung in Salzburg. 50 Jahre Salzburger Raumordnungsgesetz. Salzburg: (Materialien zur Raumplanung, Bd. 19), S.69
  4. Sedlmayr, Hans (1965): Die demolierte Schönheit. Ein Aufruf zur Rettung der Altstadt Salzburgs. Salzburg: Otto-Müller-Verlag, 40 S.
  5. Sedlmayr, Hans (1970): Stadt ohne Landschaft. Salzburgs Schicksal morgen. Salzburg: Otto-Müller-Verlag, 82 S.
  6. Tschandl, Stefan und Stefan Veigl (2008): Grünlandschutz versus Wohnungsnot in der Stadt Salzburg - In: Herbert Dachs und Roland Floimair, Hrsg.: Salzburger Jahrbuch für Politik 1997, Salzburg: Residenz-Verlag, S. 68-85
  7. Dollinger 2021, S. 66
  8. Hörl 2014, S 17.
  9. Hörl 2014, S. 18
  10. Hörl 2014, S 18
  11. Handke, Peter (1983): Der Chinese des Schmerzes. Berlin: Suhrkamp-Verlag, Kapitel 1
  12. Salzburger Nachrichten, 23. Juni 1077, S. 1f: Die Salzburger Murksokratie.
  13. Straubinger, Johannes (2009): Sehnsucht Natur, Band 2: Ökologisierung des Denkens. Salzburg: Books on Demand, S. 170-195.
  14. Jung, Daniela (2000): Das politische Tauziehen um den Grüngürtel für den Salzburger Ballungsraum von 1984 bis 1999 - eine raumordnungspolitische Fallstudie. Diplomarbeit Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg, S. 83.
  15. Voggenhuber, Johannes (1986): Deklaration geschütztes Grünland. - In: Dieter Steiner, Hrsg.: Das Salzburg-Projekt. Entwurf einer europäischen Stadt. Architektur -Politik - Öffentlichkeit. Wien: Falter-Verlag, S. 48-55.