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| | ==Leben und Wirken== | | ==Leben und Wirken== |
| | ===Kaiserzeit=== | | ===Kaiserzeit=== |
| − | Hans Prodinger besuchte die Volks-, Bürger- und Handelsschule und machte 1901 bis 1904 eine kaufmännische Lehre bei der Fa. [[Gehmacher]] in Salzburg. | + | Hans Prodinger, Sohn eines Schneidermeisters<ref>Vierhaus aaO</ref> besuchte die Volks-, Bürger- und Handelsschule und machte 1901 bis 1904 eine kaufmännische Lehre bei der Fa. [[Gehmacher]] in Salzburg. |
| − | Er arbeitete als Handelsangestellter von 1904 bis 1906 in Salzburg und von 1906 bis 1913 in Zürich, Deutschland, Innsbruck und Klagenfurt. Insbesondere war er Auslagendekorateur. | + | |
| | + | Er arbeitete als Handelsangestellter von 1904 bis 1906 in Salzburg und von 1906 bis 1913 in Zürich, Deutschland, Innsbruck und Klagenfurt. Insbesondere war er Auslagendekorateur<ref>Quelle: Parlamentshomepage<br/>• http://www.parlament.gv.at/WW/DE/PAD_01312/pad_01312.shtml,<br/>• http://www.parlament.gv.at/BE/PGEB/ENTBEG/VOR/show.psp?P_TEXT=10&P_MEHR=J</ref>. |
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| | Sehr früh betätigte er sich in der deutschnationalen Arbeiterbewegung. Als im Jahr 1904 der „Gau Salzburg“ des Deutschen Handels- und Industrieangestelltenverbandes (DHV) gegründet wurde, war der junge Hans Prodinger einer der Mitbegründer. | | Sehr früh betätigte er sich in der deutschnationalen Arbeiterbewegung. Als im Jahr 1904 der „Gau Salzburg“ des Deutschen Handels- und Industrieangestelltenverbandes (DHV) gegründet wurde, war der junge Hans Prodinger einer der Mitbegründer. |
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| | Anfang Jänner 1922 wählte der DNSAP-Landesparteitag Hans Prodinger zum Landesparteiobmann. | | Anfang Jänner 1922 wählte der DNSAP-Landesparteitag Hans Prodinger zum Landesparteiobmann. |
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| − | Prodingers politische Position war dadurch geschwächt, dass er sich als Gewerkschafter insbesondere bei den großdeutschen Unternehmern durch seinen harten Verhandlungsstil äußerst unbeliebt gemacht hatte und somit mit der ideologisch nahestehenden bürgerlichen Gruppierung keine Gesprächsbasis mehr bestand. Für die Landtagswahlen am 9. April 1922 schloss sich die DNSAP mit der [[Christlichsoziale Partei|Christlichsozialen Partei]] und dem [[Landbund|Freiheitlichen Salzburger Bauernbund]] zur „Christlich-nationalen Wahlgemeinschaft“ zusammen. Als Architekt dieses Bündnisses gilt Prodinger, der einerseits beim Unternehmerflügel der Großdeutschen, des anderen möglichen Bündnispartners, sehr unbeliebt war, andererseits als Mitglied der Heim(at)wehr gute Kontakte zu den Christlichsozialen hatte. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen und des Wahlergebnisses musste die DNSAP allerdings auf zwei der drei von ihr erzielten Landtagsmandate verzichten. Die DNSAP wurde dafür entschädigt, dass ein Nationalsozialist mit Hilfe der Christlichsozialen in die Landesregierung gewählt wurde; Dies war aber nicht der – von den Sozialdemokraten und Großdeutschen heftig abgelehnte – DNSAP-Obmann Prodinger, sondern [[Otto Troyer]], Prodinger war fortan der einzige DNSAP-Landtagsabgeordnete; die Parteibasis quittierte diesen zweifelhaften Erfolg im Herbst desselben Jahres mit der Abwahl Prodingers als Parteiobmann. | + | Prodingers politische Position war dadurch geschwächt, dass er sich als Gewerkschafter insbesondere bei den großdeutschen Unternehmern durch seinen harten Verhandlungsstil äußerst unbeliebt gemacht hatte und somit mit der ideologisch nahestehenden bürgerlichen Gruppierung keine Gesprächsbasis mehr bestand.<ref>Voithofer, Dissertation aaO</ref> Für die Landtagswahlen am 9. April 1922 schloss sich die DNSAP mit der [[Christlichsoziale Partei|Christlichsozialen Partei]] und dem [[Landbund|Freiheitlichen Salzburger Bauernbund]] zur „Christlich-nationalen Wahlgemeinschaft“ zusammen. Als Architekt dieses Bündnisses gilt Prodinger, der einerseits beim Unternehmerflügel der Großdeutschen, des anderen möglichen Bündnispartners, sehr unbeliebt war, andererseits als Mitglied der Heim(at)wehr gute Kontakte zu den Christlichsozialen hatte. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen und des Wahlergebnisses musste die DNSAP allerdings auf zwei der drei von ihr erzielten Landtagsmandate verzichten. Die DNSAP wurde dafür entschädigt, dass ein Nationalsozialist mit Hilfe der Christlichsozialen in die Landesregierung gewählt wurde; Dies war aber nicht der – von den Sozialdemokraten und Großdeutschen heftig abgelehnte – DNSAP-Obmann Prodinger, sondern [[Otto Troyer]], Prodinger war fortan der einzige DNSAP-Landtagsabgeordnete; die Parteibasis quittierte diesen zweifelhaften Erfolg im Herbst desselben Jahres mit der Abwahl Prodingers als Parteiobmann. |
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| | Im Laufe des Jahres 1920 hatte Hitler, der in München lebte, immer mehr die Führung der dortigen NSDAP an sich gerissen. Bald hatte er infolge seiner außerordentlichen Rednergabe und seines charismatischen Auftretens auch bei den österreichischen Nationalsozialisten großen Einfluss. Die österreichischen Nationalsozialisten betrachteten die deutsche Schwesterpartei grundsätzlich mit Sympathie, auch Hans Prodinger machte zunächst keine Ausnahme. Er trat in Deutschland als Redner für die NSDAP auf, nahm an deren Reichsparteitagen und Großkundgebungen, sie dem „Marsch auf Coburg“ von 1922 teil. Als Hitlers Putschversuch 1923 scheiterte, bereitete Prodinger etlichen geflohenen Putschisten in Salzburg eine Zuflucht. Am 12. Mai 1924 besuchte er Hitler im Gefängnis, worüber er im „Deutschen Volksruf“ einen begeisterten Bericht veröffentlichte. | | Im Laufe des Jahres 1920 hatte Hitler, der in München lebte, immer mehr die Führung der dortigen NSDAP an sich gerissen. Bald hatte er infolge seiner außerordentlichen Rednergabe und seines charismatischen Auftretens auch bei den österreichischen Nationalsozialisten großen Einfluss. Die österreichischen Nationalsozialisten betrachteten die deutsche Schwesterpartei grundsätzlich mit Sympathie, auch Hans Prodinger machte zunächst keine Ausnahme. Er trat in Deutschland als Redner für die NSDAP auf, nahm an deren Reichsparteitagen und Großkundgebungen, sie dem „Marsch auf Coburg“ von 1922 teil. Als Hitlers Putschversuch 1923 scheiterte, bereitete Prodinger etlichen geflohenen Putschisten in Salzburg eine Zuflucht. Am 12. Mai 1924 besuchte er Hitler im Gefängnis, worüber er im „Deutschen Volksruf“ einen begeisterten Bericht veröffentlichte. |
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| | Für die Nationalratswahlen von 1930 bildete sich der „Schoberblock“, der den parteilosen Bundeskanzer Schober unterstützte und aus länderweise unterschiedlichen Wahlallianzen. In Salzburg kandidierte eine Liste „Nationale Wirtschaftsblock und Landbund“, auf der nach dem nominellen Spitzenkandidaten Hans Prodinger als eigentlicher Salzburger Spitzenkandidat stand. Gesamtösterreichisch erzielte der Schoberblock bescheidene 19 Mandate, die Salzburger Liste konnte mit knapp 13 % zufrieden sein. Prodinger zog wieder in den Nationalrat ein. Er trat zur Großdeutschen Volkspartei über und wurde 1931 auch in deren Führungsgremien gewählt. | | Für die Nationalratswahlen von 1930 bildete sich der „Schoberblock“, der den parteilosen Bundeskanzer Schober unterstützte und aus länderweise unterschiedlichen Wahlallianzen. In Salzburg kandidierte eine Liste „Nationale Wirtschaftsblock und Landbund“, auf der nach dem nominellen Spitzenkandidaten Hans Prodinger als eigentlicher Salzburger Spitzenkandidat stand. Gesamtösterreichisch erzielte der Schoberblock bescheidene 19 Mandate, die Salzburger Liste konnte mit knapp 13 % zufrieden sein. Prodinger zog wieder in den Nationalrat ein. Er trat zur Großdeutschen Volkspartei über und wurde 1931 auch in deren Führungsgremien gewählt. |
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| − | Das Jahr 1933 sah im Deutschen Reich die Machtergreifung Hitlers, in Österreich den Staatsstreich der Regierung Dollfuß. Die Großdeutsche Volkspartei, deren Wähler und Mitglieder zunehmend zur NSDAP überliefen, fand sich genötigt, ein „Kampfbündnis“ mit der NSDAP (Hitlerbewegung) gegen das autoritäre Dollfuß-Regime einzugehen, in dem sich die Großdeutsche Volkspartei allerdings völlig der NSDAP unterordnete. Prodinger trug diesen Kurs mit. | + | Das Jahr 1933 sah im Deutschen Reich die Machtergreifung Hitlers, in Österreich den Staatsstreich der Regierung Dollfuß. Die Großdeutsche Volkspartei, deren Wähler und Mitglieder zunehmend zur NSDAP überliefen, fand sich genötigt, ein „Kampfbündnis“ mit der NSDAP (Hitlerbewegung) gegen das autoritäre Dollfuß-Regime einzugehen, in dem sich die Großdeutsche Volkspartei allerdings völlig der NSDAP unterordnete. Prodinger trug diesen Kurs mit und sprach sich auch öffentlich für Hitler aus. |
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| − | 1933 stand Prodinger auch als Vorstand des österreichischen DHV zwischen den Fronten. Im Deutschen Reich wurde der DHV von einem Nationalsozialisten übernommen. Aber erst nachdem die Bundesregierung am 19. Juni 1933 über die NSDAP ein Betätigungsverbot verhängt hatte, löste Prodinger die Zugehörigkeit zum deutschen Mutterverband. Dies trug ihm Kritik aus den eigenen Reihen ein. | + | Im weiteren Verlauf des Jahres 1933 stand Prodinger als Vorstand des österreichischen DHV zwischen den Fronten. Im Deutschen Reich wurde der DHV von einem Nationalsozialisten übernommen. Aber erst nachdem die Bundesregierung am 19. Juni 1933 über die NSDAP ein Betätigungsverbot verhängt hatte, löste Prodinger die Zugehörigkeit zum deutschen Mutterverband. Dies trug ihm Kritik aus den eigenen Reihen ein, vermochte aber seine Stellung als Vorstand nicht zu erschüttern. |
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| − | Nach dem Übergang zur Ständestaatsdiktatur der Jahre 1934 bis 1838 integrierte sich Prodinger in das neue System und dessen Einheitspartei, die Vaterländische Front. 1934 wurde der DHV aufgelöst, seine Mitglieder in die neugegründete Gewerkschaft der Handelsangestellten übernommen, deren Obmann Prodinger bis 1938 war. 1936 bis 1938 war er auch Obmann der Angestelltenversicherungsanstalt. | + | Nach dem Übergang zur Ständestaatsdiktatur der Jahre 1934 bis 1838 integrierte sich Prodinger überraschend in das neue System und dessen Einheitspartei, die Vaterländische Front. 1934 wurde der DHV aufgelöst, seine Mitglieder in die neugegründete Gewerkschaft der Handelsangestellten übernommen, deren Obmann Prodinger bis 1938 war. 1936 bis 1938 war er auch Obmann der Angestelltenversicherungsanstalt. |
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| | Seinen mit diesen Positionen verbundenen Einfluss nützte er auch, um hilfsbedürftige Gewerkschaftsfunktionäre, darunter jüdische, zu unterstützen. | | Seinen mit diesen Positionen verbundenen Einfluss nützte er auch, um hilfsbedürftige Gewerkschaftsfunktionäre, darunter jüdische, zu unterstützen. |
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| | Er ist einer der zwölf österreichischen Parlamentarier, die als Opfer des Nationalsozialismus ihr Leben lassen mussten und an die eine Gedenktafel im Parlamentsgebäude (rechts vom Haupteingang) erinnert.<ref>http://www.nachkriegsjustiz.at/vgew/1010_parlament.php</ref> | | Er ist einer der zwölf österreichischen Parlamentarier, die als Opfer des Nationalsozialismus ihr Leben lassen mussten und an die eine Gedenktafel im Parlamentsgebäude (rechts vom Haupteingang) erinnert.<ref>http://www.nachkriegsjustiz.at/vgew/1010_parlament.php</ref> |
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| − | ==Quellen== | + | ==Literatur== |
| | + | * Michael Stickler, ''Die Abgeordneten zum österreichischen Nationalrat 1918-1975 und die Mitglieder des österreichischen Bundesrates 1920-1975.'' Herausgegeben von der Parlamentsdirektion, 1975. |
| | + | {{Quelle Franz Martin}} |
| | + | * Rudolf Vierhaus (Hrsg.), [http://books.google.at/books?id=IG3Rp8NAO8EC&pg=PA89&lpg=PA89 Deutsche biographische Enzyklopädie 8 (S. 89), 2. Aufl. Walter de Gruyter 2007.] ISBN 359825038X, ISBN 9783598250385 |
| | + | * Isabella Ackerl, ''Die Großdeutschen und der Anschluß''. In: Wien 1938 (= Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 2), 1978, S. 162. |
| | + | * [[Ernst Hanisch]], |
| | + | ** ''Hans Prodinger, 1887 bis 1938.'' In: Neue Deutsche Biographie, Band 20, Berlin 2001, S. 737 f, |
| | + | ** ''Prodinger Hans.'' In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950, Band 8, Wien 1983, S. 299. |
| | + | ** Zur Frühgeschichte des Nationalsozialismus in Salzburg (1913-1925), in: [[Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde]] 117 (1977), Salzburg 1978, S. 371-410, insb. 376 f, 382 f, 388 f. |
| | * [[Richard Voithofer]], | | * [[Richard Voithofer]], |
| − | ** ''Hans Prodinger (1887-1938). Natonalsozialist zwischen [[Erklärungen früherer Bezeichnungen und Ausdrücke#S|Ständestaat]] und Konzentrationslager'', in: [[Franz Schausberger]] (Hg.), Geschichte und Identität. Festschrift für Robert Kriechbaumer zum 60. Geburtstag (= Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der [[Wilfried_Haslauer_senior|Dr.-Wilfried-Haslauer]]-Bibliothek Salzburg, Band 35), Wien-Köln-Weimar 2008. [http://books.google.at/books?id=L4Z568v6D2MC&pg=PA149&lpg=PA149 S.149-159;] | + | ** ''Politische Eliten in Salzburg. Ein biografisches Handbuch. 1918 bis zur Gegenwart. Verlag Böhlau. Wien 2007. Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der der [[Wilfried_Haslauer_senior|Dr.-Wilfried-Haslauer]]-Bibliothek, Band 32. ISBN 978-3-205-77680-2 S. 170 f. |
| | + | ** ''Hans Prodinger (1887-1938). Nationalsozialist zwischen [[Erklärungen früherer Bezeichnungen und Ausdrücke#S|Ständestaat]] und Konzentrationslager'', in: [[Franz Schausberger]] (Hg.), Geschichte und Identität. Festschrift für Robert Kriechbaumer zum 60. Geburtstag (= Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek Salzburg, Band 35), Wien-Köln-Weimar 2008. [http://books.google.at/books?id=L4Z568v6D2MC&pg=PA149&lpg=PA149 S. 149-159;] |
| | ** ''»Drum schließt Euch frisch an Deutschland an ...« Die Geschichte der Großdeutschen Volkspartei in Salzburg 1920-1936'', Wien 2000 (= Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, [http://books.google.at/books?id=l_epwaB5q98C Band 9;] | | ** ''»Drum schließt Euch frisch an Deutschland an ...« Die Geschichte der Großdeutschen Volkspartei in Salzburg 1920-1936'', Wien 2000 (= Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, [http://books.google.at/books?id=l_epwaB5q98C Band 9;] |
| − | * [[Ernst Hanisch]], Zur Frühgeschichte des Nationalsozialismus in Salzburg (1913-1925), in: [[Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde]] 117 (1977), Salzburg 1978, S. 371-410, insb. 376 f, 382 f, 388 f.
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| − | ==Fußnoten== | + | ==Quellen, Fußnoten== |
| | + | Quellen: Voithofer und Hanisch in MGSLK, wie oben zitiert, und namentlich |
| | <references/> | | <references/> |
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