Veronika Kreer
Veronika Kreer (* 5. Mai 1967 im Pongau) ist Projektleiterin bei "Ärzte ohne Grenzen".
Leben
Veronika Kreer wuchs in Hüttschlag mit 14 Geschwistern auf. "Als Zweitälteste, da lernt man, Verantwortung zu übernehmen." Die gelernte Anästhesieschwester wechselte ins Krankenhaus Schwarzach. 2004 startete sie im Sudan ihren ersten Hilfseinsatz mit "Ärzte ohne Grenzen", viele weitere in Nigeria, Pakistan, Darfur, dem Irak, Indonesien, dem Jemen und Sri Lanka folgten. Ihr prägendstes Erlebnis: "Der Einsatz in Nepal 2007. Da war ich ganz auf mich allein gestellt."
Vorgestellt
Von einer Stunde auf die andere die Koffer packen und monatelang in Krisengebieten schwer verwundeten Menschen helfen – sieben Jahre lang war das seit 2004 der Job von Veronika Kreer. Erst Ende Februar 2011 kam sie aus Nigeria zurück.
Die Pongauerin erinnert sich noch gut an ihren ersten Einsatz. "Im Sudan 2004 operierten wir nur zu zweit. Wir hatten nicht einmal Sauerstoff, kaum medizinische Geräte." Ein Erlebnis hat sich seit damals eingebrannt: "Wir hatten einen Burschen über acht Stunden lang operiert. Ich wusste nicht, wie sich die Narkose bei einer so langen OP auswirkt. Ich habe nach der OP noch eine Stunde lang nachbeatmet – ohne Maschine, ganz allein", sagt Veronika Kreer. "Das war zwei Wochen vor Weihnachten. Als er am 24. Dezember dann zum ersten Mal aufstehen konnte, war das mein schönstes Weihnachtsgeschenk."
Es sind aber nicht nur schöne Erlebnisse, die sie in Erinnerung behalten hat. "Nach dem Sudan dachte ich mir, das Schlimmste habe ich jetzt schon gesehen. Und dann kam der Tsunami in Indonesien", sagt sie. Drei Mal war Veronika Kreer mit "Ärzte ohne Grenzen" in Nigeria stationiert. Durch die ethnischen Konflikte im Land sind es vor allem Schussverletzungen, die sie zu behandeln hatte. Die kulturellen Unterschiede waren völlig neu. "Wir hätten einem Mann das Bein amputieren müssen. Aber in Nigeria gilt man dann als Krimineller, weil das Scharia-Gesetz das Abhacken von Gliedmaßen für Straftaten vorsieht. Der Patient wollte nicht, dass wir ihm das Bein amputieren. Er hat nur gemeint, vorher stirbt er lieber", sagt Kreer. "Da kannst du noch so gute medizinische Entscheidungen treffen – du musst auch das Kulturelle berücksichtigen. Am Anfang habe ich das nicht verstanden."
Ob man bei all dem vielen Leid jemals zum Nachdenken kommt, während man selbst in Zelten schläft und das Beste hofft? "Nein, dazu hast du keine Zeit. Und du willst es auch nicht. Da funktioniert man einfach." Dass sie von einem ihrer Einsätze nicht zurückkommen könnte, daran dachte sie nie. "Ja, man muss damit rechnen, dass einem etwas passiert. Aber ich habe immer gewusst, dass ich wieder heimkomme."
Und daheim in St. Veit will sie sich jetzt ein anderes Leben aufbauen. "Sieben Jahre bei Katastropheneinsätzen sind genug. Ich widme mich jetzt der Alternativmedizin."
Quelle
- Salzburger Nachrichten (Heidi Huber)