Traunerl
Das Traunerl ist ein historischer, kielloser, kastenförmiger Bootstyp aus Holz, der im Salzkammergut verbreitet war.
Allgemeines
Ein Traunerl ist ca. zwölf bis 15 Meter lang, 1,5 bis zwei Meter breit und wiegt leer um die 400 bis 500 Kilogramm. Dass es am vorderen Ende, dem "Kranzer", sehr weit nach oben gebogen ist, hat zur Folge, dass sich so die Manövrierfähigkeit des Bootes sehr verbessert. Unterschiedliche "Kranzerhöhen" sind an den Salzkammergutseen wie in Altaussee und Hallstatt ein besonderes Merkmal. Das Holz ist meist Lärche, doch wurden für verschiedene Zwecke alle heimischen Hölzer verwendet.
Leider sind immer weniger von diesen uralten, traditionsreichen Gefährten an den Seen zu finden, schon alleine das stehende Rudern, wie das Navigieren und Steuern mit der Schaufel ist für viele ein Problem. Am großen Traunerl zum raschen Transport der Pilger, waren vier stehende Ruderknechte für die Fahrt nach St. Wolfgang verantwortlich, zwei am Kranzer und zwei im hinteren Bootsbereich. Der Erhalt und die Weitergabe der alten Handwerkstechniken an die nächste Generation sollen aber nicht in Vergessenheit geraten.
Mit der Einführung der Dampfschiffe und dem Bau der Eisenbahn hörten alle Salz-, Eisen- und sonstigen Transport- und Schiffsfrachtzüge mit Pilgern auf, da die neuen Verkehrsmittel eine viel raschere und billigere Beförderung ermöglichten. Aber es ging damit auch ein Stück Poesie auf unseren Seen und Flüssen für immer verloren. Die jahrhundertelange Erfahrung in der traditionellen Holzwirtschaft, des Bootbauens im Salzkammergut, hat auch Vorbildcharakter für die Zukunft.
Geschichte
Das Leben der Menschen am Aber- oder Wolfgangsee war eng mit der Lebensader des Sees und den Naturgewalten des Wassers verbunden. Bootbauer im Salzkammergut übten eines der ältesten Handwerke aus. Sie bauten reparierten und warteten Einbäume, Transportschiffe (Plätten) für die Wallfahrer, Traunerl, Botenschiffe, Fischerkähne und Salzzillen, wobei nicht nur Waren, Gegenstände und Tiere, sondern auch Personen befördert wurden.
In Strobl am Ostufer des Wolfgangsees entwickelte sich im 14. Jahrhundert bei dem "Gut am Schober" und den zum Salzburger Domkapitel gehörenden Gütern ein Stützpunkt, für das aus der Steiermark weiter über den See zu verschiffende Eisen, mit einer Taverne, welche im Altar Michael Pachers von 1481 auf dem Tafelbild "Eigenhändiger Kirchenbau des Heiligen Wolfgang" dokumentiert ist. Da diese Einrichtungen über 150 Jahre samt der Verwaltung der dem Domkapitel gehörenden Gütern in der Hand der wohlhabenden Familie Strobl lag, erhielt der Ort selbst auch den Namen Strobl.
Die Holztradition im Wolfgangland geht auf die Schenkung des "Abersee Forstes" im Jahre 829 durch König Ludwig den Deutschen an das Kloster Mondsee zurück. Zum Bau von Transport- und Proviantschiffen wie zum Schlagen von Brücken, anlässlich eines Kreuzzuges Karls V. um 1542 gegen die Türken, wurden im Wolfgangland am Schafberg mächtige Stämme geschlägert. Für Holzarbeiter, Bauern, Bootbauer und Fuhrleute war dieser Verdienst ein willkommenes Zubrot. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gab es in St. Wolfgang noch viele Salzschiff- und Kufenbauer. Auch dafür wurden riesige Mengen an Holz herbeigeschafft.
Das richtige Holz für Schiffbau und Kufen der Salzfässer auszuwählen oblag den Pflichten der Holzmeister. Schon 1604 bis 1637 nennt die Chronik von St. Wolfgang einen Holzmeister namens Michael Raudaschl, vom "Holzmeister Raudaschlgut" in Schwarzenbach 10.
Neben dem Verkehr auf der Straße war der Schiffsverkehr auf der Traun und den Salzkammergutseen schon seit frühesten Zeiten bedeutend. Ein wichtiger Erwerbszweig waren vor allem die unentbehrlichen "Moosstopfer" oder "Schopper", weil das wasserdichte Ausschoppen der Fugen zwischen den kräftigen Holzbohlen mit Moos eine der wichtigsten Dichtungsarbeiten beim Schiffsbau für Funktion und Haltbarkeit war. Von einer richtigen Schoppung der Abdichtung hing daher der Wert, die Sicherheit und die Tüchtigkeit eines Schiffes ab mit dem zu den Hochzeiten der Wallfahrt bis zu 45 Personen von Hüttenstein oder Strobl nach St. Wolfgang und zurück transportiert wurden.
Die Ränder der Bretter wurden beim Bootbau nur fest nebeneinander gelegt und die verbleibenden Fugen nachher mit weichem Moos ausgestopft. Das Moos wurde durch Hämmern so fest gefügt, dass es sich beinhart anfühlte, zuletzt wurden auf beiden Seiten die so gedichteten Fugen mit leichten Holzleisten überdeckt und mit Holzdübeln fixiert. Da Moos der Fäulnis fast völlig widersteht bildet es, in dieser Weise zusammengepresst, dem Wasser eine undurchlässige Dichtung, die selbst nach Jahrzehnten, wenn das Schiff schon baufällig wurde, noch unversehrt, fast wie neu war. Diese Art der Fugendichtung wurde auch beim Blockhüttenbau verwendet und ist bei so mancher gezimmerten Almhütte im Salzkammergut noch gut zu sehen. Auch in mittelalterlichen Häusern des Marktes St. Wolfgang findet man in den Obergeschossen Blockbauwände welche mit Moos verstopft wurden.
Schon im Wappenbrief des Marktes St. Wolfgang vom 17. März 1567, durch Kaiser Maximilian verliehen, ist "das aufrecht stehende Mannsbild mit einem Ruder, welches das Schiffl durch die wuelende See geleitet" in einem Traunerl festgehalten. Urwüchsige, abgehärtete, gestandene Männer, Ruderknechte, die mit Wind und Wetter am See vertraut waren, ruderten die Wallfahrer über den See. In dieser Zeit konnten diese Männer meist noch nicht schwimmen und viele Zeugnisse, Bildstöcke, Marterln, und Gedenktafeln erinnern an Schicksale und Schiffsunglücke der Wallfahrer wie des Baders von St. Wolfgang, die auf ihren Pilgerfahrten ertranken. Mitunter arteten diese Fahrten freilich auch in Zank, Streit und Prügelei aus, wie aus den Aufzeichnungen hervorgeht. Wenn die Männer des Obersees (St. Gilgen – Fürberg (St. Gilgen)) mit den Wolfgangern freundschaftlich zusammenarbeiteten ging in der Regel alles gut, aber wehe, wehe... bei Streit und Hader schoben sie einander die Schuld zu, ja sogar die Leichen, wo immer sie nur konnten. Denn so manche Fuhre war bei hohem Wellengang sehr mühselig.
Es ist wenigen bekannt, dass die große Monarchin Königin Victoria von England nach dem Tod ihres Gatten im Jahre 1868 den Wunsch äußerte, das stehende Rudern eines Traunerl am Wolfgangsee im österreichischem Salzkammergut zu erlernen. Aus Staatsräson wurde ihr die Reise nach Österreich untersagt, doch durfte die Queen "a private and largly secret visit to the lake in Switzerland" an den Luzerner See mit ihren Töchtern Louise und Beatrice unternehmen, an dem ihr Herzenswunsch, das stehende Rudern eines Traunerls, in Erfüllung ging. Victoria hielt diese für sie so beachtlichen Ereignisse in einem reizenden unveröffentlichten Sketchbook, in Watercolours, Aquarellzeichnungen und Briefen fest. Im Osborne House auf der Isle of White (Insel in der Irischen See) kann man die Aquarelle mit der stehend Traunerl rudernden Queen auf Wunsch besichtigen. Die Königin fühlte sich sehr wohl in den Bergen und am See, sie bezeichnet den Aufenthalt mit dem Rudernerlernen als "eine wundervolle Bereicherung in ihrem Leben."
Über die Jahrhunderte entwickelten sich hier am See viele verschiedene Holzboottypen, auch für den täglichen Gebrauch. Historisch bewiesen ist auch eine Bootbauerei in der Berau am Bürglstein in Strobl. Einer der letzten Boot- Plätten- Fährboot und Traunerlbauer mit Moosstopfung und handwerklicher Meisterschaft war der erfahrene "Loitz Michael" der liebevoll das Lerchenholz auswählte, ja sogar noch die Ruder nach der Größe des Ruderknechtes anpasste. Er war der Vater des legendären Segelweltmeisters Hubert Raudaschl der in Ried bei St. Wolfgang eine weltweit bekannte Segelmacherei betreibt.
Literaturhinweise
- Queen Victoria made a private and largely secret visit to Switzerland in 1868 in: 'Journal, (watercolors and sketches) a genuine work of research. The documentation is enormous', "Sunday Telegraph"
- Barth, Friedrich: Heimatbuch St.Wolfgang
- von Frisch, Karl: Fünf Häuser am See
- Nagl, Leo: Das Salzkammergut, 1898
- Noe, Heinrich: Seenbuch, Wolfgangsee
- Kegele, Leo: Das Salzkammergut; 1898
- Rasmo, Nicolo: Der Altar Michael Pacher 1481, Tafelbild Erbauung der Kirche, mit Strobl und der Eisenniederlassung, wie auch der Transportschiffe im Hintergrund; Michael Pacher Verlag C. H. Beck
Verfasser
- Dieser Artikel wurde von Adele Sungler verfasst und als Word-Dokument an das Salzburgwiki gesandt.