Steinmetzzeichen

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Steinmetzzeichen am Portal des Läuthauses (Wallfahrtskirche St. Wolfgang)
Straßburger Bauhüttenzeichen am Nordportal
Steinmetzzeichen, die in der Wallfahrtskirche St. Wolfgang zu finden sind.

Steinmetzzeichen sind Markierungen, die Steinmetze ab dem Mittelalter an ihren Arbeiten anbrachten.

Allgemeines

Bei aufmerksamer Betrachtung historischer Bauten stößt man auf Zeichen, auf Spuren, auf die Sprache der Steine im Laufe der Geschichte. Wenn man diese richtig zu lesen versteht, eröffnen sich faszinierende Blicke in unsere Vergangenheit.

Vermutlich unter dem Einfluss Kaiser Friedrich I. Barbarossa beginnt um 1155, weniger als Hilfe für die Stücklohnverrechung, sondern vielmehr als Selbstdarstellung und Ehrenbezeugung der Steinmetze, eine neue Persönlichkeitsbildung. In den mittelalterlichen Handwerkern, den Steinmetzen, erwachte der "Zunftstolz". Natursteinfassungen bei sakralen und profanen Bauten werden auf der Sichtseite werkmäßig bearbeitet und meist beim Zusammenstoß der Flächen mit geometrischen Marken versehen, sogenannten Steinmetz- oder Hüttenzeichen, deren Anwendung erstmals beim Bau der Pfalz Barbarossas im 12. Jahrhundert bekannt wurde.

Der mittelalterliche Steinmetz bearbeitet mit Schlag-, Spitz-, Zahneisen, Keil und Holzklipfel den rohen Stein. Die Verwendung der Zahnfläche, die Breite des Randschlages, die in Muster gesetzten Hiebe der Fläche und die Bearbeitung der Bossen zu Buckeln sind Ausdruck künstlerischer Gestaltung des 12. und 13. Jahrhunderts. Die Steinmetzzeichen entwickeln eine eigene Sprache in Stein: so wurden Farben durch verschiedene Strich- und Punktierungen dargestellt und wurde ein Kontrast entwickelt, auch Pelze wie Hermelin, Feh und Damaste wurden durch eigene Mustermeisselungen und Schraffierungen, besonders in der Heraldik hervorgehoben. Die Verschönerung und Verzierung des Steines lag in den Händen der Bildhauer. Sie schlugen wiederum mit Schlageisen und Holzklipfel in die steinmetzmäßig bearbeiteten Bossen und Quader, Profile, Zierfriese, Kapitelle, Maßwerk und Figuren.

Auch in St. Wolfgang am Abersee, innerhalb des ehemaligen mittelalterlichen Burgfrieds, findet der aufmerksame Betrachter viele solcher Steinmetzzeichen und Bildhauerarbeiten aus der Frühzeit des Kirchenbaues, des Priorates und der Entstehung des Ortes. "Wer viel Wunder will sehen, muß nach St. Wolfgang gehen", Heiligenverehrung ist ein Ausdruck der Volksfrömmigkeit. Heilige Orte sind Heilung versprechende Plätze. Als Zeichen der Dankbarkeit gelten die Spenden der zahlreichen Pilger, die Kunstentwicklung im Zusammenklang vieler Künstler und Handwerker durch all die Epochen ermöglicht haben.

Auf dem Nordportal, dem ältesten der Wallfahrtskirche St. Wolfgang, welches im Tympanon das Lamm mit Fahne und Kelch trägt, jetzt aber zugemauert ist, werden solche geometrische Zeichen beschrieben. Sehr gut zu sehen sind diese Steinmetzzeichen an der fünfstufigen Leibung des frühgotischen Südportals um 1350, das im Tympanon das älteste bildliche Zeugnis der Wolfgangverehrung am Abersee bringt (Hl. Wolfgang mit Stab, Kirche, ohne Beil). Auch am Westportal, im Tympanon des Antlitzes Christi und der kleinen gotischen Tür im Ostchor sind diese Andreaskreuze ähnlichen Zeichen gut zu erkennen. Am Portal der Sakristei mit einer schönen gotischen Verstäbung und auslaufender Kreuzblume sind solche interessante Zeichen an den Randleisten und im oberen Bereich an den Konsolen zu sehen. An den Eckpfeilern des späten angebauten Chores findet man sehr eigenwillige Hüttenzeichen eingemeißelt. Beim Eingang in den sogenannten Klosterbereich oder Priorat von Mondsee, vom Weißen Rössl kommend, ist eine sehr schöne Steinmetzarbeit mit dem Gütesiegl der Handwerker zu sehen, die uns das Wappen des Klosters Mondsee mit der Jahreszahl 1535 zeigt.

Von den Profanbauten sei das Portal des "Blind oder Stephan Schwarz Haus Nr. 2" erwähnt, (es ist dies der erste Eingang neben dem Schloss) neben der Wappenkartusche mit drei Rüben, im gotischen Torbogen ist die Jahreszahl 1523 und beim Zusammenstoß der schön profilierten Rundbogen ein geometrisches Handwerkszeichen eingeritzt.

Am ehemaligen "Stroblhaus" - heute Bäckerei Gandl Markt 84 - finden wir noch sehr schöne gotische Fensterleibungen aus Adneter Rotscheck, der gerade von 1350 bis 1550 große Mode in St. Wolfgang war. Diese Arbeiten zeugen vom großen Kunstsinn und der Wohlhabenheit der Bürger von St. Wolfgang.

Unmittelbar vor dem Eintritt in die Wallfahrtskirche vom Markt her kommend, steht der vom Mondseer Abt Wolfgang Haberl erbaute Wolfgangibrunnen. Das Brunnenhaus, ein Rundbogenbau, wird als ältester Renaissancebau Österreichs bezeichnet. Hier wiederum finden sich Steinmetzarbeiten mit dem Wappen des Abtes und einer Jahreszahlkartusche nach der Fertigstellung des kleinen Tempelhauses mit vier Säulen und Kapitellen um 1518. Auch im heutigen Schloss Markt 1, dem ehemaligen Pilgerhaus des Klosters, befindet sich ein Namensstein des Abbas Wolfgangus.

Noch eine Rarität sei angeführt: es ist dies eine Zunftplatte aus Stein heute links neben dem Eingang der Sparkasse unter dem Hotel "Weißer Bär" − ehemals "Peinsteiner oder Ackerhaus", seit 1540 als Gastgeb bezeichnet − eingemauert und nach dem Umbau erhalten. Bei aufmerksamem Betrachten dieser Steinkartusche‚ die in volkstümlicher Weise einen springenden Steinbock zeigt und die Anfangsbuchstaben "M.S." mit der Jahreszahl 1618 aufweist, ahnt man freilich die interessanten Zusammenhänge vergangener Zeit. Friedrich Barth führt in seinem Heimatbuch St. Wolfgang an, dass ein Melchior Steinböck 1618 dieses Anwesen erworben hat und daselbst das Gast- und Herbergswesen ausübte. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass es sich hier um das Hauswappen des Michael Steinböck handelt.

Die Kunst, diese alten Schriftzeichen in Stein einzuordnen und ihre Zugehörigkeit zu bestimmen, erfordert ein eigenes Studium. Herr Hofrat Dr. Benno Ulm, mit dem Adele Sungler aus der Jugend in Freistadt im Mühlviertel, eine persönliche Freundschaft verband, hat sich besonders mit diesen frühen Selbstdarstellungszeichen in vielen Arbeiten zur Kunst- und Kulturgeschichte Oberösterreichs und des Mühlviertels beschäftigt. Zur Landesausstellung 1976 in St. Wolfgang leistete Dr. Ulm viele wertvolle Hinweise, die ihren fruchtbaren Niederschlag in vielen Arbeiten als Leiter der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte des Bundesdenkmalamts OÖ gefunden haben. Dr. Ulm war sehr interessiert an einer Zusammenstellung der oberösterreichischen Bauinschriften und einer Aufnahme der Steinmetzzeichen in ein Konzept einer Kunst- und Kulturgeschichte Oberösterreichs im Rahmen der wissenschaftlichen Landeskunde. So ergaben die sprechenden Steine in St. Wolfgang Hinweise auf Bauhütten aus Straßburg, Ulm, Passau und Wien für die Herstellung der kunstvollen Steinmetzarbeiten. Sie haben viele Brände des Ortes überdauert und sind heute noch namhafte Nachweise und Zeugnis des Mittelalters.

Die Ausbildung der Steinmetze erfolgte im Verband der Bauhütte, ihre durch Erfahrungen erworbenen Kenntnisse wurden mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln strengstens gehütet. Die Tradition, vermittelt durch die Lehre bei einem bedeutendem Baumeister, gibt die Befähigung. Nach fünfjähriger Steinmetzlehrzeit geht der Geselle zwei Jahre auf Wanderschaft, dann begibt er sich in ein ordentliches Anstellungsverhältnis zu einem Steinmetzmeister in einer Hütte oder Zunft. Zur Selbständigkeit muss er als Meisterknecht zusätzlich bei einem Baumeister arbeiten. Nach weiteren zwei Jahren endet die Lehrzeit mit einem Meisterstück. Er muss das Bildhauerhandwerk, das Visieren, das heißt das Anfertigen von Planrissen verstehen. Planrisse sind seit dem 13. Jahrhundert aus vielen Kathedralen, z. B. in der Stadt Salzburg, Straßburg, Köln, Ulm, Prag, Wien, Passau und vor allem in Klöstern erhalten. So hat die beeindruckende Tradition der Steinmetze von der Antike bis in unsere Jahrhunderte überdauert und bleibt nach wie vor eine große Orientierungshilfe.

Steinmetzzeichen in Salzburg

Steinmetzzeichen kann man heute noch an alten Baudenkmälern sehen, beispielsweise am Portal der Kirche Mariae Himmelfahrt (Abtei Nonnberg).

Verfasser

Dieser Artikel wurde von Adele Sungler verfasst und als Word-Dokument an das Salzburgwiki gesandt. Alle Bilder stammen aus dem Archiv Adele Sungler.

Quellen

  • Michelsen: Die Hausmarke, Jena 1853
  • K. Friedrich:Die Steinbearbeitung, Augsburg 1932
  • Dr. Ignaz Zibermayer: Wolfganglegende
  • Dr. Benno Ulm: Bauhütten, Steinmetzzeichen
  • Günther Binding: Der romanische Baubetrieb
  • Die gotische Bauhütte 1972
  • Friedrich Barth: St. Wolfgang
  • Pers. Aufzeichnungen zur Fremdenführerprüfung 1978
  • www.stein-lienbacher.at in der Geschichte der Lienbacher-Familie