Änderungen

46 Bytes hinzugefügt ,  12:33, 24. Mai 2022
Zeile 11: Zeile 11:     
Nach dem Ende der Monarchie beginnt ca. ab dem Jahr 1920 eine Expansionsphase der Stadt Salzburg mit einem Bevölkerungszuzug und einer ungesteuerten Siedlungsentwicklung in den Vororten, welche die Einwohnerzahl der Stadt Salzburg auf knapp unter 80.000 steigen ließ und nach dem 2. Weltkrieg setzt jene schleichende Zerstörung der noch weitgehend intakten Altstadtbezirke ein, gegen die sich später der Kunsthistoriker Hans Sedlmayr in seiner Streitschrift „Die demolierte Schönheit“ wendet<ref>Sedlmayr, Hans (1965): [[Die demolierte Schönheit]]. Ein Aufruf zur Rettung der Altstadt Salzburgs. Salzburg: Otto-Müller-Verlag, 40 S.</ref>. Auf Initiative von Landeshauptmann Hans Lechner konnte zwar mit dem Altstadterhaltungsgesetz 1967 dem sukzessiven Verfall vorerst Einhalt geboten werden, doch drohte in der Folge eine Kernausräumung der Altstadthäuser  und eine ebenso allmähliche Zerstörung der das Stadtbild prägenden Landschaftsräume.  
 
Nach dem Ende der Monarchie beginnt ca. ab dem Jahr 1920 eine Expansionsphase der Stadt Salzburg mit einem Bevölkerungszuzug und einer ungesteuerten Siedlungsentwicklung in den Vororten, welche die Einwohnerzahl der Stadt Salzburg auf knapp unter 80.000 steigen ließ und nach dem 2. Weltkrieg setzt jene schleichende Zerstörung der noch weitgehend intakten Altstadtbezirke ein, gegen die sich später der Kunsthistoriker Hans Sedlmayr in seiner Streitschrift „Die demolierte Schönheit“ wendet<ref>Sedlmayr, Hans (1965): [[Die demolierte Schönheit]]. Ein Aufruf zur Rettung der Altstadt Salzburgs. Salzburg: Otto-Müller-Verlag, 40 S.</ref>. Auf Initiative von Landeshauptmann Hans Lechner konnte zwar mit dem Altstadterhaltungsgesetz 1967 dem sukzessiven Verfall vorerst Einhalt geboten werden, doch drohte in der Folge eine Kernausräumung der Altstadthäuser  und eine ebenso allmähliche Zerstörung der das Stadtbild prägenden Landschaftsräume.  
Hans Sedlmayr veröffentlichte das Buch „Stadt ohne Landschaft“, mit dem er „das Ringen um die Erhaltung der Salzburger Stadtlandschaften einläutete“ <ref>Sedlmayr, Hans (1970): [[Stadt ohne Landschaft]]. Salzburgs Schicksal morgen. Salzburg: Otto-Müller-Verlag, 82 S.</ref>. Ein wesentlicher Anstoß dafür war die Präsentation des Stadtentwicklungsmodells von 1970, bei dem unter anderem die Verbauung der Flächen westlich und östlich der Hellbrunner Allee durch Wohnbauten für 40.000 Menschen sowie eine Campus-Universität auf den Wiesen von Freisaal vorgesehen war.<ref>Tschandl, S. Und S. Veigl (2008): Grünlandschutz versus Wohnungsnot in der Stadt Salzburg - In: H. Dachs und R. Floimair, Hrsg.: Salzburger Jahrbuch für Politik 1997, Salzburg: Residenz-Verlag, S. 68-85 </ref> Zusätzlich war eine hochrangige Verkehrsverbindung in Verlängerung der Michael-Pacher-Straße über eine im Bereich des heutigen Überfuhrstegs geplante Brücke zu einem Kapuzinerbergtunnel sowie nach Westen über die Freisaaler Wiesen in das Nonntal konzipiert („Süd-Ost-Tangente“).
+
Hans Sedlmayr veröffentlichte das Buch „Stadt ohne Landschaft“, mit dem er „das Ringen um die Erhaltung der Salzburger Stadtlandschaften einläutete“ <ref>Sedlmayr, Hans (1970): [[Stadt ohne Landschaft]]. Salzburgs Schicksal morgen. Salzburg: Otto-Müller-Verlag, 82 S.</ref>. Ein wesentlicher Anstoß dafür war die Präsentation des Stadtentwicklungsmodells von 1970, bei dem unter anderem die Verbauung der Flächen westlich und östlich der Hellbrunner Allee durch Wohnbauten für 40.000 Menschen sowie eine Campus-Universität auf den Wiesen von Freisaal vorgesehen war.<ref>Tschandl, Stefan und Stefan Veigl (2008): Grünlandschutz versus Wohnungsnot in der Stadt Salzburg - In: Herbert Dachs und Roland Floimair, Hrsg.: Salzburger Jahrbuch für Politik 1997, Salzburg: Residenz-Verlag, S. 68-85 </ref> Zusätzlich war eine hochrangige Verkehrsverbindung in Verlängerung der Michael-Pacher-Straße über eine im Bereich des heutigen Überfuhrstegs geplante Brücke zu einem Kapuzinerbergtunnel sowie nach Westen über die Freisaaler Wiesen in das Nonntal konzipiert („Süd-Ost-Tangente“).
 
Aus heutiger Sicht ist festzustellen, dass es sich beim Zeitraum zwischen 1951 bis 1981 um eine weitere Expansionsphase handelt, in welcher die Stadt Salzburg bis 1981 auf knapp 140.000 EinwohnerInnen anwuchs. Seitdem ist eine lediglich geringfügige Zunahme der Bevölkerung zu verzeichnen. Der Wohnungsbedarf bleibt jedoch ungebrochen auf hohem Niveau, was auf die Änderungen in den Haushaltsstrukturen (kleinere Haushalte, gestiegene Nachfrage nach periodischen Wohnsitzen) zurückzuführen ist.<ref>Dollinger 2021, S. 66</ref>  
 
Aus heutiger Sicht ist festzustellen, dass es sich beim Zeitraum zwischen 1951 bis 1981 um eine weitere Expansionsphase handelt, in welcher die Stadt Salzburg bis 1981 auf knapp 140.000 EinwohnerInnen anwuchs. Seitdem ist eine lediglich geringfügige Zunahme der Bevölkerung zu verzeichnen. Der Wohnungsbedarf bleibt jedoch ungebrochen auf hohem Niveau, was auf die Änderungen in den Haushaltsstrukturen (kleinere Haushalte, gestiegene Nachfrage nach periodischen Wohnsitzen) zurückzuführen ist.<ref>Dollinger 2021, S. 66</ref>  
   −
Insbesondere die geplante Errichtung der Campus-Universität mit allen vier Fakultäten in Freisaal war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und zur Gründung der Bürgerinitiative "Schützt unser Grünland" führte.<ref>Hörl, R. (2014): Die Salzburger Bürgerrevolte 1972-1982. Wie es begann und wie es uns dabei erging. Salzburg und Wien. Edition Tandem, 183 S.</ref>
+
Insbesondere die geplante Errichtung der Campus-Universität mit allen vier Fakultäten in Freisaal war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und zur Gründung der Bürgerinitiative "Schützt unser Grünland" führte.<ref>Hörl, Richard (2014): Die Salzburger Bürgerrevolte 1972-1982. Wie es begann und wie es uns dabei erging. Salzburg und Wien. Edition Tandem, 183 S.</ref>
Obwohl die Errichtung der Universitätsgebäude bereits politisch weitgehend fixiert war, erreichte die durch den Schauspieler Herbert Fux, den Bäckermeister Richard Hörl und den Richter Eckehart Ziesel gegründete Bürgerinitiative, dass sich neben dem eigentlichen „Vordenker“ Hans Sedlmayr weitere prominente Persönlichkeiten für den Erhalt der Freisaal-Wiesen einsetzten, z.B. Altlandeshauptmann und Altbundeskanzler Josef Klaus, Pater Thomas Michels OSB, einer der Gründer der Volluniversität im Jahr 1963, sowie auch der Dichter Peter Handke, welcher der Gegend zwischen Moosstraße und Hellbrunner Allee im Jahr 1983 auch ein literarisches Denkmal schenkte.<ref>Handke, P. (1983): Der Chinese des Schmerzes. Berlin: Suhrkamp-Verlag, Kapitel 1</ref>
+
Obwohl die Errichtung der Universitätsgebäude bereits politisch weitgehend fixiert war, erreichte die durch den Schauspieler Herbert Fux, den Bäckermeister Richard Hörl und den Richter Eckehart Ziesel gegründete Bürgerinitiative, dass sich neben dem eigentlichen „Vordenker“ Hans Sedlmayr weitere prominente Persönlichkeiten für den Erhalt der Freisaal-Wiesen einsetzten, z.B. Altlandeshauptmann und Altbundeskanzler Josef Klaus, Pater Thomas Michels OSB, einer der Gründer der Volluniversität im Jahr 1963, sowie auch der Dichter Peter Handke, welcher der Gegend zwischen Moosstraße und Hellbrunner Allee im Jahr 1983 auch ein literarisches Denkmal schenkte.<ref>Handke, Peter (1983): Der Chinese des Schmerzes. Berlin: Suhrkamp-Verlag, Kapitel 1</ref>
   −
Die Altstadt-Universität wurde so Realität. Als sich auch die Salzburger Nachrichten mit einem Leitartikel am 23. Juni 1977 kurz vor der Gemeinderatswahl auf die Seite der Grünlandschützer stellten, das „schwindlige Mikro-Manhattan beim Bahnhof als Spottgeburt aus Rücksichtslosigkeit und Beton“ bezeichneten und feststellten, dass sich „Salzburgs Murksokratie anschickte, dem vorstädtischen Mikro-Manhattan im Süden bei Hellbrunn ein Gegenstück zu verpassen“, schlug nach einem Leitartikel in den Salzburger Nachrichten von Clemens M. Hutter mit dem Titel „Die Salzburger Murksokratie“ auch die öffentliche Meinung um.<ref>Salzburger Nachrichten, 23. Juni 1077, S. 1f: Die Salzburger Murksokratie.</ref> Die Bürgerinitiative kandidierte für die Gemeinderatswahl 1977 und erreichte am 2. Oktober 1977 zwei Mandate. Bei der nächsten Gemeinderatswahl im Jahr 1983 wurden sogar sechs Mandate und ein Regierungssitz für die Bürgerliste erreicht.<ref>Straubinger, J. (2009): Sehnsucht Natur, Band 2: Ökologisierung des Denkens. Salzburg: Books on Demand, S. 170-195.</ref> Auf Initiative von Stadtrat Johannes Voggenhuber, der Ende April 1984 einen konkreten Diskussionsentwurf für eine Grünlanddeklaration vorlegte, wurde ein Expertengremium eingerichtet, dem neben Vertretern der Stadtgemeinde auch die Landesplanung, der Gemeindeverband, die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer, die Landwirtschaftskammer und der Regionalverband Salzburg Stadt und Umgebungsgemeinden angehörten.<ref>Jung, D. (2000): Das politische Tauziehen um den Grüngürtel für den Salzburger Ballungsraum von 1984 bis 1999 - eine raumordnungspolitische Fallstudie. Diplomarbeit Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg, S. 83.</ref> Im Rahmen des Expertengremiums wurde zwischen Herbst 1984 und Juni 1985 die Deklaration „Geschütztes Grünland“ fertig ausgearbeitet und am 28. Juni 1985 als „heiliger Schwur“ des Gemeinderates beschlossen.<ref>Voggenhuber, J. (1986): Deklaration geschütztes Grünland. - In: D. Steiner,  Hrsg.:  Das Salzburg-Projekt. Entwurf einer europäischen Stadt. Architektur -Politik - Öffentlichkeit. Wien: Falter-Verlag, S. 48-55.</ref> Die Politiker wollten dadurch 3&nbsp;500 Hektar gewidmetes Grünland auf Dauer erhalten und darin keine Bauten und Maßnahmen zulassen, die diesem Ziel widersprechen.
+
Die Altstadt-Universität wurde so Realität. Als sich auch die Salzburger Nachrichten mit einem Leitartikel am 23. Juni 1977 kurz vor der Gemeinderatswahl auf die Seite der Grünlandschützer stellten, das „schwindlige Mikro-Manhattan beim Bahnhof als Spottgeburt aus Rücksichtslosigkeit und Beton“ bezeichneten und feststellten, dass sich „Salzburgs Murksokratie anschickte, dem vorstädtischen Mikro-Manhattan im Süden bei Hellbrunn ein Gegenstück zu verpassen“, schlug nach einem Leitartikel in den Salzburger Nachrichten von Clemens M. Hutter mit dem Titel „Die Salzburger Murksokratie“ auch die öffentliche Meinung um.<ref>Salzburger Nachrichten, 23. Juni 1077, S. 1f: Die Salzburger Murksokratie.</ref> Die Bürgerinitiative kandidierte für die Gemeinderatswahl 1977 und erreichte am 2. Oktober 1977 zwei Mandate. Bei der nächsten Gemeinderatswahl im Jahr 1983 wurden sogar sechs Mandate und ein Regierungssitz für die Bürgerliste erreicht.<ref>Straubinger, Johannes (2009): Sehnsucht Natur, Band 2: Ökologisierung des Denkens. Salzburg: Books on Demand, S. 170-195.</ref> Auf Initiative von Stadtrat Johannes Voggenhuber, der Ende April 1984 einen konkreten Diskussionsentwurf für eine Grünlanddeklaration vorlegte, wurde ein Expertengremium eingerichtet, dem neben Vertretern der Stadtgemeinde auch die Landesplanung, der Gemeindeverband, die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer, die Landwirtschaftskammer und der Regionalverband Salzburg Stadt und Umgebungsgemeinden angehörten.<ref>Jung, Daniela (2000): Das politische Tauziehen um den Grüngürtel für den Salzburger Ballungsraum von 1984 bis 1999 - eine raumordnungspolitische Fallstudie. Diplomarbeit Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg, S. 83.</ref> Im Rahmen des Expertengremiums wurde zwischen Herbst 1984 und Juni 1985 die Deklaration „Geschütztes Grünland“ fertig ausgearbeitet und am 28. Juni 1985 als „heiliger Schwur“ des Gemeinderates beschlossen.<ref>Voggenhuber, Johannes (1986): Deklaration geschütztes Grünland. - In: Dieter Steiner,  Hrsg.:  Das Salzburg-Projekt. Entwurf einer europäischen Stadt. Architektur -Politik - Öffentlichkeit. Wien: Falter-Verlag, S. 48-55.</ref> Die Politiker wollten dadurch 3&nbsp;500 Hektar gewidmetes Grünland auf Dauer erhalten und darin keine Bauten und Maßnahmen zulassen, die diesem Ziel widersprechen.
    
=== Die Absicherung der Deklaration ===
 
=== Die Absicherung der Deklaration ===