Ölbergsingen

Aus Salzburgwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Beim Ölbergsingen gedenken Bauern und "Dorfer" (die Bürger des Marktes) in der Pongauer Marktgemeinde Großarl am Gründonnerstag und Karfreitag dem Leiden Jesu Christi.

Allgemeines

Beim Ölbergsingen in Großarl handelt es sich um einen einzigartigen Osterbrauch, wobei zwei Chöre zu je rund dreißig Männern die ganze Nacht hindurch Passionslieder zu Ehren Jesu Christi singen. Am Gründonnerstag die Bauern beim Ölbergsingen und am Karfreitag die "Dorfer" beim Leiden-Christi-Singen.

Der Chronist Matthias Laireiter schreibt, dass der Gründonnerstag und der Karfreitag nirgends im Bundesland so bibelnah gefeiert wird, wie in Großarl. Die Leute wollen mit ihrer Nachtwache die Verschlafenheit der Jünger Jesu in der Leidensnacht gut machen.

Das Ölbergsingen und das Leiden-Christi-Singen in Großarl sind inzwischen weitum bekannt. Viele Besucher begleiten die beiden Gruppen zumindest in den Abendstunden auf deren Weg. Nach Mitternacht sind die sängerischen Nachtwachen in Großarl zumeist mit sich allein.

2020 konnte das Ölbergsingen erstmals seit 300 Jahren aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Der Markt Großarl stand zum Zeitpunkt der Osterwoche noch unter Quarantäne.[1]

Ablauf des Ölbergsingens

Wenn das helle Glockengeläut am Donnerstag der Karwoche verstummt und das Knarren der Ratschen zu hören ist, dann treffen sich in der Dämmerung 25 bis 30 Bauern vor dem Pfarrhof zum Ölbergsingen. Zu jeder vollen Stunde zwischen acht Uhr abends und vier Uhr morgens singen sie zum Gedenken des Leidensweges Christi. Der Vorsänger stimmt an: "Merkt auf, ihr Herren und lasst euch sag'n, 's hat acht Uhr g'schlag'n.". Der Chor setzt nun zweistimmig ein und singt die volkstümlich einfache aber ergreifende Melodie in die Stille der Nacht.

Um zwei Uhr etwa heißt der Liedtext: "Am Stamme des Kreuzes tut Jesus schon hangen, der niemals kein Übel, kein Sünd' hat begangen; nur unsere Sünden tun ihn ans Kreuz binden. Betracht' Christi Pein allein! Hat zwei Uhr g'schlag'n."

Nach jeder Strophe spricht der Vorsänger die Worte: "Gelobt sei Jesus Christus", die Gruppe antwortet mit "In Ewigkeit. Amen."

Die jeweilige Strophe wird nach dem Pfarrhof auch in der Beiwangkehre, vor dem Haus Christian, am Marktplatz und vor dem Neuwirt gesungen, ehe es wieder hinauf geht zum Pfarrhof. Zwischendurch sind die Männer zu Speis und Trank in Häusern eingeladen, die an ihrer Wegstrecke liegen.

Das Ölbergsingen ist nach den Liedern um vier Uhr früh zu Ende.

Am Karfreitag Abend treten kurz vor acht Uhr abends aus dem Haus des Kaufmanns Christian 25 bis 30 "Dorfer". Dort treffen sich die Passionssänger traditionell zum "Leiden-Christi-Singen". Auch sie beginnen vor dem Pfarrhof mit ihrer Nachtwache. Aufgestellt im dichten Kreis singen sie Stunde für Stunde ihr Lied, das sich aber von jenem der Bauern im Text unterscheidet. Nur der Eingang ist derselbe: "Merkt auf, ihr Herren und lasst euch sag'n, 's hat acht Uhr g'schlag'n.". Um zehn Uhr abends etwa heißt es: "Um zehn Uhr betrachtet was Trübsal und Schmerzen, die Liebhaber Jesus gefühlt im Herzen. Da sie so viel Wunden an ihm hab'n gefunden, auf mit Christi Freund, alle weint."

Das Lied wurde durch ein Flugblatt im 18. Jahrhundert verbreitet. Der Dichter ist unbekannt.

Auch die "Dorfer" wandern stündlich vom Pfarrhof die Gasse hinunter bis zum Gemeindeamt und singen bei den bekannten Stationen, ehe sie nach einer Stärkung wieder hinauf zur Pfarrkirche pilgern.

Quelle

Salzburger Woche, Ausgabe Pongauer Nachrichten, 5. April 2012

Einzelnachweis