Karl Rupitsch
Karl Rupitsch (* 17. November 1910 in Mühlbach am Hochkönig; † 28. Oktober 1944 im KZ Mauthausen) war ein Opfer des Nationalsozialismus und Schlüsselfigur einer als "Die Partisanen" bekannten Widerstandsgruppe.
Leben
Karl Rupitsch hatte das Bergbauerngut "Pauss" 1933 von seinen Eltern geerbt und es 1935 verkauft. Das Paussgut liegt auf 1 100 m ü. A. südlich des Ortes Mühlbach am Hochkönig mit wunderschönem Blick auf den Hochkönig.
Karl Rupitsch, Vater von vier Kindern, arbeitete als Holz- und Gelegenheitsarbeiter und war hauptsächlich im Sägewerk des Ortsgruppenleiters von Goldegg als Arbeiter beschäftigt. Er war aber gelernter Fleischer und belieferte über den Frachter Alois Buder einige St. Johanner mit schwarz geschlachtetem Fleisch. Seit 1938 war er öfters, vor allem wegen Viehdiebstahlsdelikten, mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Am 28. November 1943 wurde er wegen des Verdachts von Viehdiebstahls- bzw. Wildererdelikten und wegen seiner bekannt anti-nationalsozialistischen Haltung verhaftet. Er wurde in das Gericht St. Johann eingeliefert, konnte jedoch mit Hilfe seiner Freunde und Abnehmer und der Kerkermeisterin Anna Wimpissinger entweichen. Er flüchtete sich zu Kaspar Wind, dem politischen Kopf der Widerstandsgruppe, und weiter zu Buder, der ihn, im Frachtgut eines Lastkraftwagens verborgen, nach Taxenbach brachte. Von dort floh er weiter zum Unterdorfgut in der Gegend des Böndlsees in Weng, zum Heimatgut seiner Freundin Elisabeth Hochleitner.
Nach einigen Tagen erfuhr er, dass er zum Kriegsdienst einberufen worden war. Nun musste er sich entweder als entsprungener Häftling stellen oder als Fahnenflüchtiger untertauchen. Er wählte das letztere.
Karl Rupitsch hielt sich in den folgenden Monaten allein in der Gegend um den Böndlsee auf, wobei er von befreundeten Einwohnern mit Essen versorgt wurde. Er versuchte dabei auch, Freunde und enge Bekannte zu überreden, die Kriegsdienstleistung zu verweigern. Etliche Angesprochene lehnten das ab, ohne ihn jedoch zu verraten, andere schlossen sich ihm an. Im Wesentlichen bestand die Gruppe aus folgenden Männern: Karl Rupitsch, Gustl Egger, Richard Pfeiffenberger, Peter Ottino, Georg Köstner und Franz Unterkirchner. Da sie gelegentlich auch zu Viehdiebstahl griffen, um sich zu ernähren, wurde die Obrigkeit auf sie aufmerksam, aber zufolge ihres Rückhaltes in der Bevölkerung waren sie auch nach fast einem halben Jahr noch auf freiem Fuß.
Nun griff die Geheime Staatspolizei ein und begann mit Unterstützung eines Bataillons der Waffen-SS eine Großaktion. In der Nacht vom 1. zum 2. Juli 1944 kreisten ca. 1 000 Mann das gesamte Gebiet zwischen Mühlbach am Hochkönig und Dienten am Hochkönig ein und durchkämmten es systematisch. Der 24-jährige Scheiberbauer Peter Ottino aus Weng fiel beim "Seemoa" am Böndlsee im Kampf gegen die SS. Schließlich kamen die Schergen zum Unterdorfgut, wo Rupitsch sich im Haus versteckt hielt. Sie durchsuchten das Haus und folterten die anwesenden Mitglieder der Familie Hochleitner, konnten aber Rupitsch nicht finden. Daraufhin wurden die Brüder Simon und Alois Hochleitner erschossen. Bei einer nochmaligen Kontrolle der Räume fand man Rupitsch auf einem Bett liegend, neben sich zwei Revolver. Er hatte zwar zuvor mehrmals angekündigt, sich bei äußerster Gefahr das Leben zu nehmen, um das anderer nicht zu gefährden, brachte das aber nun nicht über sich und ergab sich.
Im Gestapo-Verhör brach Rupitsch zusammen und gab die Namen seine Unterstützer preis. In den Tagen nach den Verhören startete die Gestapo eine zweite Verhaftungswelle in der Region. Insgesamt wurden 50 Personen festgenommen, sei es wegen Fahnenflucht oder wegen Beihilfe. Von den Festgenommenen wurden später 25 wieder freigelassen, die übrigen nach Salzburg in Untersuchungshaft gebracht. Mehrere Frauen aus dem Unterstützerkreis wurden in das Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert. Zwei der Frauen haben die Lagerhaft nicht überlebt.
Die Deserteure Karl Rupitsch und Gustl Egger sowie ihre Unterstützer Kaspar Wind und Alois Buder wurden in das Konzentrationslager Mauthausen eingewiesen, wo Rupitsch am 28. Oktober 1944 erhängt wurde. Seine Mitstreiter wurden am selben Tag ebenfalls in Mauthausen exekutiert. Georg Köstner wurde im März 1945 in Glanegg erschossen. Nur Franz Unterkirchner hatte die Suchaktion in einem guten Versteck überstanden und war dem Unheil entgangen.
Staatspolitische Bedeutung der Wehrmachtsdeserteure
In der Außenministerkonferenz der Alliierten Mächte im Oktober 1943 berieten die Verbündeten über die Nachkriegsordnung Europas. In der "Moskauer Deklaration" anerkannten die Verbündeten Mächte Österreichs Annexion an Hitlerdeutschland als ungültig und stellten ein Unabhängiges Österreich nach dem Krieg in Aussicht. Dafür müsse Österreich aber auch einen eigenen Beitrag leisten.
Originaltext: Austria is reminded, however that she has a responsibility, which she cannot evade, for participation in the war at the side of Hitlerite Germany, and that in the final settlement account will inevitably be taken of her own contribution to her liberation.
Eine der Absichten dieser Passage war es gewesen, den Widerstand, Sabotage und Desertion in Österreich anzufachen. Nun ist es vielleicht ein Zufall, dass genau in diesen Tagen in Goldegg Karl Rupitsch sich entschloss, den Einberufungsbefehl zu ignorieren und sich zu verstecken. Nach dem Krieg, 1945-1946 sammelte die Österreichische Bundesregierung Berichte aus allen Gemeinden und Gendarmerieposten über solche Widerstandsdelikte. Auch der Bericht aus Goldegg und Mühlbach floss in dieses "Rot-Weiß-Rot-Buch" ein, das veröffentlicht wurde um ein "eigenen Beitrag" zur Befreiung nachzuweisen.
Bald geriet aber der Beitrag der Deserteure für die Wiederherstellung Österreichs in Vergessenheit. Die aus den Kriegsgefangenenlagern heimkehrenden Wehrmachtssoldaten dominierten den Diskurs in den Dörfern. Erst im Jahr 1999 begann eine Debatte um die Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure, die schließlich zum "Rehabilitierungs- und Anerkennungsgesetz" 2009 führte. Dieses Gesetz hebt nicht nur alle Urteile gegen Wehrmachtsdeserteure auf, die Republik würdigt in § 4 ausdrücklich die Deserteure und ihren Beitrag zur Verkürzung des Krieges und zu Wiederherstellung eine freien Österreich. Am 15. Oktober 2012 wurde Karl Rupitsch vom Landesgericht für Strafsachen Wien rehabilitiert.
Erinnerung
Da die Gemeinde Goldegg bis heute kein Denkmal für die Opfer des 2. Juli 1944 errichtet hat, pflanzten Rupitschs Tochter Brigitte Höfert, sein Sohn Engelbert Portenkirchner und Enkelin Johanna Doppler-Klausner im Juni 2012 in Gedenken an Vater und Großvater im Kreise von Verwandten und Freunden beim Ausflugsgasthaus "Paussbauer" in Mühlbach einen Kirschbaum. Die Wirtsleute vom "Pauss", Silvia und Peter Ammerer, sowie deren Eltern unterstützen die Initiative von Herzen.
- siehe auch: Verein Freunde des Deserteurdenkmals in Goldegg
Weblink
Quellen
- Mooslechner, Michael / Stadler, Robert: "St. Johann 1938–1945 – Das nationalsozialistische "Markt Pongau". Der "2. Juli 1944" in Goldegg – Widerstand und Verfolgung" (Eigenverlag 1986), S. 127-142.
- Salzburger Woche, Ausgabe Pongauer Nachrichten, 14. Juni 2012
- Michael Mooslechner privat