Ferdinand Piëch
Dipl.-Ing. Dr. h.c. Ferdinand Piëch (* 14. April 1937 in Wien) ist ein Enkel von Ferdinand Porsche, dessen Tochter Louise den Wiener Anwalt Anton Piëch heiratete.
Er ist unter anderem Aufsichtsratsvorsitzender des Volkswagen Konzerns (VW) und Geschäftsführer der größten europäischen Autovertriebsgesellschaft, der Porsche Holding, in Salzburg.
Vorgestellt
Macht, dein Name ist Piëch. Wenn ein langgedienter Manager aus dem Volkswagenkonzern sagt, "früher, als wir noch mehr Angst vor ihm hatten", dann klingt das nach einer längst ausgestorbenen Gattung von Chef. Doch wer den mächtigsten Automanager der Welt, Ferdinand Piëch, je persönlich erlebt hat, hat zumindest eine Ahnung davon bekommen, dass dieser Mann einem wirklich Angst machen kann. Er sagt nicht viel, das wenige aber oft mit beißender Schärfe.
Als sich dieses Jahr Magna anschickte, Opel zu kaufen, was dem Patriarchen aus Salzburg gar nicht passte, raunte Piëch Magna-Chef Siegfried Wolf bei einem Treffen in Wien giftig zu: "Ich höre, Sie wollen Ihre Aufträge an uns zurückgeben." Wolf konterte übermütig, dass es sich ja nur um sechs Prozent des Umsatzes handle. Opel ging zwar bekanntermaßen nicht an Magna, doch Ende 2009 wurden Porsche-Aufträge an Magna aufgelöst.
2009, mit 72 Jahren, in einem Alter, in dem die meisten schon mindestens ein Jahrzehnt in der Pension hinter sich haben, steht der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch nach einem unglaublichen Machtkampf innerhalb der eigenen Familie vor der Vollendung seines Lebenswerks – eines integrierten Automobilkonzerns, der von Kleinwagen über Luxusautos bis hin zu Lkw alles bietet und der die Nummer eins der Welt werden soll. In einer strategischen Meisterleistung hat der "Alte", wie sie ihn im Konzern nennen, es geschafft, dass Volkswagen den Sportwagenbauer Porsche schluckt, obgleich der Plan seines Cousins Wolfgang Porsche genau umgekehrt gewesen war. Natürlich kam Piëch dabei die Wirtschaftskrise zu Hilfe. Der "Nicht-Namensträger", wie sein Cousin Wolfgang Porsche Ferdinand Piëch bisweilen herabwürdigend zu betiteln pflegt, hat die Familienstämme nicht nur zum Verkauf des profitabelsten Autobauers der Welt an VW gebracht, sondern gleich auch noch dazu, die größte europäische Autovertriebsgesellschaft, die Porsche Holding in Salzburg, einzusetzen. Beide Unternehmen standen beziehungsweise stehen noch im Besitz der Familien Piëch und Porsche. Doch schon bald werden sie im integrierten Autokonzern Volkswagen aufgehen, dessen Lenker Piëch eben ein Ziel hat: Größter Autobauer der Welt zu werden. 2018 soll es so weit sein. Dann wird Piëch 81 Jahre alt sein. Ermutigend, wenn man auch im fortgeschrittenen Alter noch solche Pläne hat. Aber wer Piëch kennt, kann davon ausgehen, dass er das Ziel ohnehin früher erreichen wird.
Was hebt Ferdinand Piëch aus den Reihen seiner eigenen Autodynastie, aus der Reihe der Automanager dieser Welt heraus? "Er ist der einzige Automanager, der selbst ein Auto bauen kann", antwortet ein langjähriger Mitarbeiter. Man habe einmal ein Problem mit Türen gehabt, Legionen an Technikern seien nicht hinter die Ursache gekommen. Piëch fand es heraus. Er fährt seine Autos selbst zum Service, um mit den Mechanikern reden zu können. Als VW Anteile von Scania kaufte, hat einer seiner Manager ihn gefragt, ob er nun auch alles über Lkw lernen müsse. Piëch griff wortlos und langsam in die Innentasche seines Sakkos und holte einen Führerschein für alle Lkw-Arten bis hin zum Bus heraus. Den hat er als damaliger Vorstandsvorsitzender des VW-Konzerns so nebenbei gemacht.
Bei Aufsichtsratssitzungen schreibt Piëch, der öffentlich zu seiner Legasthenie steht, alles selbst mit. Er sei stets hellwach, sagen die Manager. Einmal habe er bei einer Präsentation nach Folie Nummer 50 trocken angemerkt, die passe aber nicht zur ersten Folie.
Selbst jene, die ihn beruflich lang kennen, sagen, Piëch lasse einen emotional nicht einmal in seine Nähe kommen, Nähe gebe es nur auf fachlicher Ebene. Manager, die ihm nicht genügen, feuert er mit Eiseskälte. Die Liste ist lang. Wenn er einen Raum oder Saal betritt, weichen die Menschen vor ihm links und rechts zur Seite. Das zu beobachten, ist stets beeindruckend. Selbst seine Kritiker sprechen anerkennend von seiner Aura. Die pflegt der öffentlichkeitsscheue Piëch auch, indem er öffentlich oft nur Halbsätze sagt, die der freien Interpretation viel Raum lassen. So meinte er kürzlich, zwölf sei eine bessere Zahl als zehn. Viele Kommentatoren lasen daraus, Piëch würde sich nicht mit nun zehn Marken im VW-Konzern begnügen, er wolle zwölf. Und manche verstiegen sich gar zu dem Vergleich, dass zwölf eine magische Zahl sei, weil es zwölf Apostel gab, König Arthurs Tafelrunde zwölf Ritter zählte und das Jahr zwölf Monate hat. Wer auf dem Olymp steht, und sei es nur jener der Autobranche, hat es also in den magischen Olymp nicht weit. Übrigens: Piëch hat eigenen Angaben nach zwölf Kinder.
Die Beschreibungen von Piëch ähneln einander: kalt, detailversessen, technisch brillant. Nur wenn jemand über sein Verhältnis zu seiner Frau Ursula spricht, klingt es anders. "Er ist unglaublich nett, zuvorkommend und höflich zu ihr", erzählt ein langgedienter Mitarbeiter Piëchs. Es scheine, als genieße er ihre warme, herzliche, offene Art, die so konträr zu ihm selbst ist. Piëch scheint generell Achtung und Respekt vor Frauen zu haben. In seiner Autobiografie (Hoffmann und Campe) beschreibt er eine Autopanne bei Schönbrunn, da dürfte er etwa vier Jahre alt gewesen sein. "Der Wagen hängt so komisch schief, weil er aufgebockt ist; ich steh daneben, Hände in den Hosentaschen, und bin stolz auf meine Mutter. Sie kann ganz allein Rad wechseln."
Die Eigenschaften nett und höflich würden andere wiederum wohl kaum in Verbindung mit Piëch bringen. Als er 2008 im Prozess um Lustreisen und Bordellbesuche von VW-Betriebsräten aussagte, korrigierte er einen Anwalt, der die Edelkarosse Lamborghini als Lambordschini ausgesprochen hatte. "Jeder, der sich einen Lamborghini kauft, kann den Namen aussprechen wie er will, Wer sich ihn aber nicht leisten kann, soll es richtig sagen. "
In Salzburg, wo er einen Gutteil seiner Zeit lebt, bewegt sich Piëch wie jeder andere normale Bürger. Man sieht ihn und seine Familie beim Essen in Gasthäusern und Restaurants. Wer ihn nicht kennt, wird an nichts erkennen, dass er der mächtigste Automanager der Welt ist; keine Bodyguards, keine Allüren, keine Sonderwünsche.
Man darf gespannt sein, was der begnadete Techniker und Stratege noch für Überraschungen parat hat. Auch wenn er im Stil längst veralteter Manager agiert, ist es ihm zuzutrauen, Antworten darauf zu finden, wie moderne Mobilität von morgen ausschaut. Wie sagt ein Vertrauter über ihn: "Er gewinnt immer."
Weiterführend
Für Informationen zum Thema Ferdinand Piëch, die über den Bezug zu Salzburg hinausgehen, siehe zum Beispiel den Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia zum selben Thema.
Quelle
- Salzburger Wirtschaft, 9. Jänner 2009
- Salzburger Nachrichten (Karin Zauner), 24. Dezember 2009