Arno Fischer: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Arno Fischer''' (* [[1898]], † [[1982]]) war Maschinenbautechniker und hatte hohe Funktionen im NS-Regime.
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'''Arno Fischer''' (* [[1898]], † [[1982]]) war Maschinenbautechniker und hatte hohe Funktionen im [[Nationalsozialismus|NS-Regime]].
  
 
==Arno Fischer und Salzburg==
 
==Arno Fischer und Salzburg==
Arno Fischer, gelernter Maschinenschlosser, NSDAP-Mitglied mit goldenem Parteiabzeichen, machte in der NS-Zeit Karriere und brachte es zum SA-Sturmbannführer (äquivalenter Wehrmachtsrang: Major) und Ministerialdirektor im Bayerischen Staatsministerium des Inneren und außerdem zum Leiter der Gruppe „Wasserkraftnutzung und Energieversorgung“. Arno Fischer wollte unter Zuhilfenahme der Macht der [[NSDAP]] für den Bau von Flusskraftwerken sein Kraftwerkskonzept des sogenannten "Unterwasserkraftwerkes" (überflutbares Wehrkraftwerk) durchsetzen, obwohl es von der Fachwelt als unwirtschaftlich abgelehnt wurde. Das erste Kraftwerk dieser Art entstand in Rostin an der Persante in Pommern (heute Rościno an der Parseta in Polen) und wurde im August 1936 in Betrieb genommen. Es war noch mit Propellerturbinen und gekapselten Generatoren der AF-Bauweise I ausgestattet. Arno Fischer hatte in Franz Schwede-Coburg, dem Gauleiter von Pommern, eine mächtige Stütze.
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Arno Fischer, gelernter Maschinenschlosser, [[NSDAP]]-Mitglied mit goldenem Parteiabzeichen, machte in der NS-Zeit Karriere und brachte es zum SA-Sturmbannführer (äquivalenter Wehrmachtsrang: Major) und Ministerialdirektor im Bayerischen Staatsministerium des Inneren und außerdem zum Leiter der Gruppe „Wasserkraftnutzung und Energieversorgung“. Arno Fischer wollte unter Zuhilfenahme der Macht der [[NSDAP]] für den Bau von Flusskraftwerken sein Kraftwerkskonzept des sogenannten "Unterwasserkraftwerkes" (überflutbares Wehrkraftwerk) durchsetzen, obwohl es von der Fachwelt als unwirtschaftlich abgelehnt wurde. Das erste Kraftwerk dieser Art entstand in Rostin an der Persante in Pommern (heute Rościno an der Parseta in Polen) und wurde im August 1936 in Betrieb genommen. Es war noch mit Propellerturbinen und gekapselten Generatoren der AF-Bauweise I ausgestattet. Arno Fischer hatte in Franz Schwede-Coburg, dem Gauleiter von Pommern, eine mächtige Stütze.
  
 
In der Folge entstanden an der Iller und am Lech mehr als ein Dutzend Kraftwerke nach der verbesserten Bauweise II. Dabei wurden  Propellerturbinen mit Außenkranzgeneratoren eingesetzt, für die schon der US-Amerikaner Leroy F. Harza im Jahre 1919 ein Patent erhielt. Gegenüber [[Viktor Kaplan|Kaplanturbinen]] hatten sie, wie auch bei der Bauweise I, den Nachteil aller Propellerturbinen mit fixen Schaufeln, nämlich eines schlechten Wirkungsgradverlaufes bei verminderter Wasserdarbietung. Man brauchte daher zur Anpassung an schwankende Wassermengen für ein Kraftwerk bei gleicher Leistung eine größere Zahl von AF-Turbinen, als bei Ausrüstung mit Kaplanturbinen. Außerdem gab es bei den AF-Turbinen der Bauweise II große Probleme mit der Abdichtung der Generatoren. Auch das Konzept des Wehrkraftwerkes, das schon in Rostin verwirklicht wurde, war nicht neu, denn bereits 1910 war am Patapsco-River in Maryland (USA) eine Anlage nach dem US-Patent von Howard L. Coborn aus dem Jahre 1906 errichtet worden.  
 
In der Folge entstanden an der Iller und am Lech mehr als ein Dutzend Kraftwerke nach der verbesserten Bauweise II. Dabei wurden  Propellerturbinen mit Außenkranzgeneratoren eingesetzt, für die schon der US-Amerikaner Leroy F. Harza im Jahre 1919 ein Patent erhielt. Gegenüber [[Viktor Kaplan|Kaplanturbinen]] hatten sie, wie auch bei der Bauweise I, den Nachteil aller Propellerturbinen mit fixen Schaufeln, nämlich eines schlechten Wirkungsgradverlaufes bei verminderter Wasserdarbietung. Man brauchte daher zur Anpassung an schwankende Wassermengen für ein Kraftwerk bei gleicher Leistung eine größere Zahl von AF-Turbinen, als bei Ausrüstung mit Kaplanturbinen. Außerdem gab es bei den AF-Turbinen der Bauweise II große Probleme mit der Abdichtung der Generatoren. Auch das Konzept des Wehrkraftwerkes, das schon in Rostin verwirklicht wurde, war nicht neu, denn bereits 1910 war am Patapsco-River in Maryland (USA) eine Anlage nach dem US-Patent von Howard L. Coborn aus dem Jahre 1906 errichtet worden.  

Version vom 23. Januar 2011, 16:15 Uhr

Arno Fischer (* 1898, † 1982) war Maschinenbautechniker und hatte hohe Funktionen im NS-Regime.

Arno Fischer und Salzburg

Arno Fischer, gelernter Maschinenschlosser, NSDAP-Mitglied mit goldenem Parteiabzeichen, machte in der NS-Zeit Karriere und brachte es zum SA-Sturmbannführer (äquivalenter Wehrmachtsrang: Major) und Ministerialdirektor im Bayerischen Staatsministerium des Inneren und außerdem zum Leiter der Gruppe „Wasserkraftnutzung und Energieversorgung“. Arno Fischer wollte unter Zuhilfenahme der Macht der NSDAP für den Bau von Flusskraftwerken sein Kraftwerkskonzept des sogenannten "Unterwasserkraftwerkes" (überflutbares Wehrkraftwerk) durchsetzen, obwohl es von der Fachwelt als unwirtschaftlich abgelehnt wurde. Das erste Kraftwerk dieser Art entstand in Rostin an der Persante in Pommern (heute Rościno an der Parseta in Polen) und wurde im August 1936 in Betrieb genommen. Es war noch mit Propellerturbinen und gekapselten Generatoren der AF-Bauweise I ausgestattet. Arno Fischer hatte in Franz Schwede-Coburg, dem Gauleiter von Pommern, eine mächtige Stütze.

In der Folge entstanden an der Iller und am Lech mehr als ein Dutzend Kraftwerke nach der verbesserten Bauweise II. Dabei wurden Propellerturbinen mit Außenkranzgeneratoren eingesetzt, für die schon der US-Amerikaner Leroy F. Harza im Jahre 1919 ein Patent erhielt. Gegenüber Kaplanturbinen hatten sie, wie auch bei der Bauweise I, den Nachteil aller Propellerturbinen mit fixen Schaufeln, nämlich eines schlechten Wirkungsgradverlaufes bei verminderter Wasserdarbietung. Man brauchte daher zur Anpassung an schwankende Wassermengen für ein Kraftwerk bei gleicher Leistung eine größere Zahl von AF-Turbinen, als bei Ausrüstung mit Kaplanturbinen. Außerdem gab es bei den AF-Turbinen der Bauweise II große Probleme mit der Abdichtung der Generatoren. Auch das Konzept des Wehrkraftwerkes, das schon in Rostin verwirklicht wurde, war nicht neu, denn bereits 1910 war am Patapsco-River in Maryland (USA) eine Anlage nach dem US-Patent von Howard L. Coborn aus dem Jahre 1906 errichtet worden.

Die Innkraftwerke in Bayern gaben dem Druck Fischers, der auch vor KZ-Androhung nicht zurückscheute, nicht nach und bauten Flusskraftwerke mit Kaplanturbinen nach bisheriger Bauweise, wogegen die Städtischen Elektrizitätswerke Salzburg unter der Betriebsführung der Württembergischen Elektrizitäts AG Stuttgart sich den Forderungen Fischers fügten. Die Betriebsführung hatte die Stadtgemeinde Salzburg als Folge der gewaltigen Finanzkrise, in welche die junge Republik 1922 geraten war und die einem Staatsbankrott gleichkam, 1922 an die Württemberger übertragen, um u.a. auch die Finanzierung des Strubklammwerkes zu sichern. Der Betriebsführungsvertrag (vereínbarte Dauer bis 1962)wurde 1945 mit Genehmigung der Militärregierung Österreichs vorzeitig gelöst.

Arno Fischer wollte auch das bereits vor dem Zweiten Weltkrieg für Kaplanturbinen geplante Donaukraftwerk Ybbs- Persenbeug nach seinem System errichten, wofür die Umplanungsarbeiten 1942 begannen. Der Verlauf des Krieges verhinderte die nach Meinung der Fachwelt „wahnwitzige“ Idee.

Der Aufruhr der Experten (Professoren technischer Hochschulen und Ingenieure von Turbinenfabriken) führte dazu, dass Arno Fischer, der sich auch an den Kraftwerksbauten bereichert hatte, im Auftrag Hitlers sein Amt zurücklegen musste. Nach dem Krieg wurde Fischer in einem Verfahren der Spruchkammer München zu harten Strafen verurteilt. Schon vorher wurde er von namhaften Ingenieuren und Wirtschaftsfachleuten als der „größte und gefährlichste Kohlenklau der Geschichte“ bezeichnet.

Kraftwerk Rott

Zum Schutz der im Jahre 1860 über die Saalach errichteten Eisenbahnbrücke der Strecke Salzburg - München war dicht unterhalb eine Grundwehr angeordnet. Diese wurde beim Hochwasser 1940 so arg zerstört, dass die nunmehr ungezügelte Saalach infolge erhöhter Wassergeschwindigkeit die Standfestigkeit der Brücke durch Unterspülung ihrer Pfeiler gefährdete. Man musste dringend eine Abhilfe schaffen, wobei der Plan einer Verbindung der Wehranlage mit einer Wasserkraftnutzung nahe liegend war. Man plante das Kraftwerk nach dem aufgezwungenen System des so genannten „Unterwasserkraftwerkes“ nach Arno Fischer und begann 1941 mit der Errichtung.

Bei Kriegsende waren vom Kraftwerk Rott erst zwei Drittel des Bauwerkes erstellt. Erst 1951 konnte der Betrieb aufgenommen werden. Nachdem es mit drei AF-Turbinen unter hohem Wartungsaufwand bis 2004 in Betrieb war, wurde die Anlage umgebaut und mit zwei Kaplan - Pit-Turbinen (Rohrturbinen) ausgerüstet.

Vorteile von AF-Turbinen

Es darf aber nicht übersehen werden, dass das AF-Konzept auch eine positive Seite hatte. Durch die heftigen Diskussionen, die um dieses geführt wurden und infolge der Erfahrungen mit den Unterwasserkraftwerken, sowie durch die vielen Versuche in den Turbinenlaboratorien mit den vielfältigen Konstruktionsdetails, ergaben sich wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung der Rohrturbinen.

Scriptor 07:54, 22. Apr. 2010 (UTC)==Quellen und Literatur==

  • Literatur: Gschwandtner, Martin: Es war einmal ein "Kohlenklau". Technik unter dem Joch der NS-Diktatur.Arno Fischer und der Irrweg der "Unterwasserkraftwerke" in der Zeit von 1933 - 1945, Hof bei Salzburg, 2009, 161 S.(mit Recherche-Protokoll).
  • Gschwandtner, Martin: Die Macht des Geldes.Die Krisen-Republik und die Geschichte von Auguste Caroline Lammer und ihrer kleinen Regionalbank 1920 -1937. Diplomarbeit Salzburg 2003.
  • Gschwandtner, Martin: Gold aus den Gewässern. Viktor Kaplans Weg zur schnellsten Wasserturbine. München, Ravensburg 2007, S. 271- 275.(Teilw. zugl. Diss. Salzburg 2006).
  • Leitich, Friedrich: Salzburger Stadtwerke. Geschichte der städtischen Versorgungs-und Verkehrsbetriebe. Salzburg 1990.
  • Rückl, Josef/ Bukowsky, R./ Breymann, H.: Kraftwerksbau im „Grenzbereich“. Neubau des Saalachkraftwerkes Rott-Freilassing. Vortragsmanuskript, Salzburg 2004.
  • Gschwandtner, Martin: Es war einmal ein Kohlenklau. Technik unter dem Joch der NS-Diktatur.

München, Ravensburg 2010 (ohne Recherche-Protokoll).