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| | Für die Feierstunde im Parlament hat sie folgenden Text vorbereitet (hier Auszüge): | | Für die Feierstunde im Parlament hat sie folgenden Text vorbereitet (hier Auszüge): |
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| − | "Es war im Sommer [[1942]], als Pfarrer Balthasar Linsinger aus [[Weißbach bei Lofer]] nach Salzburg kam und im [[Künstlerhaus]] vorsprach, ob nicht ein Maler des [[Kunstverein]]s so lieb sein könne, in seiner Wallfahrtskirche die Decke neu auszumalen. | + | <cite>"Es war im Sommer [[1942]], als Pfarrer Balthasar Linsinger aus [[Weißbach bei Lofer]] nach Salzburg kam und im [[Künstlerhaus]] vorsprach, ob nicht ein Maler des [[Kunstverein]]s so lieb sein könne, in seiner Wallfahrtskirche die Decke neu auszumalen. Für ein 'Vergelts Gott', Geld sei keines da. Niemand wollte umsonst diese Aufgabe übernehmen, mein Vater aber, der Maler Eduard Bäumer, wollte dieses Deckenfresko malen. Es sollte ein Heiliger Geist sein. Ganz in der Tradition der barocken Wallfahrtskirche. Der Pfarrer bot Quartier für den Maler und uns Kinder, Angelica und Michael. Wir blieben den Sommer über und mein Vater malte den Heiligen Geist. Abends saßen wir am großen Bauerntisch, aßen alle aus einer Schüssel und Pfarrer Linsinger spürte die Sorgen meines Vaters. Und als er erfahren hatte, was mein Vater zu Recht, wie sich später herausstellte, befürchtete, dass die sich anbahnenden Judenverfolgungen verstärkt würden, und dass sie auch die eigene Familie treffen könnten, sagte Pfarrer Linsinger: 'Dann kommen sie einfach alle zu mir.'" |
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| − | Für ein 'Vergelts Gott', Geld sei keines da. Niemand wollte umsonst diese Aufgabe übernehmen, mein Vater aber, der Maler Eduard Bäumer, wollte dieses Deckenfresko malen. | |
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| − | Es sollte ein Heiliger Geist sein. Ganz in der Tradition der barocken Wallfahrtskirche. Der Pfarrer bot Quartier für den Maler und uns Kinder, Angelica und Michael. Wir blieben den Sommer über und mein Vater malte den Heiligen Geist. Abends saßen wir am großen Bauerntisch, aßen alle aus einer Schüssel und Pfarrer Linsinger spürte die Sorgen meines Vaters. Und als er erfahren hatte, was mein Vater zu Recht, wie sich später herausstellte, befürchtete, dass die sich anbahnenden Judenverfolgungen verstärkt würden, und dass sie auch die eigene Familie treffen könnten, sagte Pfarrer Linsinger: 'Dann kommen sie einfach alle zu mir.'" | |
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| | Bereits im Juli [[1940]] wurden in Salzburg mehrere Pfarrer, darunter Balthasar Linsinger, von der Gestapo festgenommen. Sie waren, laut Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, wegen "Verrichtung kirchlicher Funktionen über den gewöhnlichen Werktagsgottesdienst hinaus" in Haft. | | Bereits im Juli [[1940]] wurden in Salzburg mehrere Pfarrer, darunter Balthasar Linsinger, von der Gestapo festgenommen. Sie waren, laut Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, wegen "Verrichtung kirchlicher Funktionen über den gewöhnlichen Werktagsgottesdienst hinaus" in Haft. |
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| | Angelica Bäumer: "Es muss Ende [[1943]] oder Anfang [[1944]] gewesen sein, da wurde es wirklich ernst. Wir bekamen auf unsere Ausweise ein dickes 'J' gestempelt, erhielten weniger Lebensmittelmarken als die anderen Bürger, durften nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, nicht in die Luftschutzbunker, die in den [[Mönchsberg]] gesprengt worden waren. Und ich durfte nicht mehr ins Gymnasium gehen." | | Angelica Bäumer: "Es muss Ende [[1943]] oder Anfang [[1944]] gewesen sein, da wurde es wirklich ernst. Wir bekamen auf unsere Ausweise ein dickes 'J' gestempelt, erhielten weniger Lebensmittelmarken als die anderen Bürger, durften nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, nicht in die Luftschutzbunker, die in den [[Mönchsberg]] gesprengt worden waren. Und ich durfte nicht mehr ins Gymnasium gehen." |
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| − | Pfarrer Linsinger wurde am [[1. August]] [[1943]] nach Großarl versetzt, "aber er stand zu seinem Wort und als die ersten Bomben auf [[Salzburg]] fielen, brachte meine Mutter schweren Herzens das jüngste Kind, die dreijährige Bettina, in die Großarler Pfarre, wo die Pfarrköchin, die Kaisermama, rührend für das kleine Mädchen sorgte. Und als eines Nachts, im Sommer [[1944]], ein Freund der Familie, der Arzt Dr. Rudolf Peyrer Heimstätt, zu uns kam, uns weckte und drängte, sofort zu fliehen, da nahmen wir so gut wie nichts mit. Unsere Ausweise mit dem verräterischen 'J' verbrannten wir. Der [[Hauptbahnhof]] war bereits bombardiert, Dr. Peyrer wusste aber, dass ein Flüchtlingszug in [[Aigen]] stand, den galt es zu erreichen." Tage später fand eine große Razzia statt. Die Nazis machten Jagd auf Juden. | + | Pfarrer Linsinger wurde am [[1. August]] [[1943]] nach Großarl versetzt, "aber er stand zu seinem Wort und als die ersten Bomben auf [[Salzburg]] fielen, brachte meine Mutter schweren Herzens das jüngste Kind, die dreijährige Bettina, in die Großarler Pfarre, wo die Pfarrköchin, die Kaisermama, rührend für das kleine Mädchen sorgte. Und als eines Nachts, im Sommer [[1944]], ein Freund der Familie, der Arzt Dr. Rudolf Peyrer Heimstätt, zu uns kam, uns weckte und drängte, sofort zu fliehen, da nahmen wir so gut wie nichts mit. Unsere Ausweise mit dem verräterischen 'J' verbrannten wir. Der [[Hauptbahnhof]] war bereits bombardiert, Dr. Peyrer wusste aber, dass ein Flüchtlingszug in [[Aigen]] stand, den galt es zu erreichen." Tage später fand eine große Razzia statt. Die Nazis machten Jagd auf Juden. |
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| | ==Quellen== | | ==Quellen== |