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Bei der Nepomuk-Kapelle an der Urslaubrücke in Saalfelden stand ein Kiosk, an dem man die wichtigsten Lebensmittel einkaufen konnte; auch Karl Reinthaler kaufte dort ein. [[1938]] führte plötzlich eine andere Frau den Kiosk und ein Arbeitskollege verriet ihm, dass die Söhne der alten Betreiberin als Kommunisten verhaftet wurden und die Frau, als deren Mutter, daraufhin gezwungen worden war, den Kiosk aufzugeben. Mit dieser Geschichte nahm der Grund für Reinthalers Verhaftung seinen Anfang: Er erklärte sich in der Folge bereit, im Rahmen der "Roten Hilfe" für die Frau zu spenden. Diese regelmäßigen Spenden begründeten schließlich den Verdacht organisierter Tätigkeit und Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei und der Vorbereitung zum Hochverrat.
 
Bei der Nepomuk-Kapelle an der Urslaubrücke in Saalfelden stand ein Kiosk, an dem man die wichtigsten Lebensmittel einkaufen konnte; auch Karl Reinthaler kaufte dort ein. [[1938]] führte plötzlich eine andere Frau den Kiosk und ein Arbeitskollege verriet ihm, dass die Söhne der alten Betreiberin als Kommunisten verhaftet wurden und die Frau, als deren Mutter, daraufhin gezwungen worden war, den Kiosk aufzugeben. Mit dieser Geschichte nahm der Grund für Reinthalers Verhaftung seinen Anfang: Er erklärte sich in der Folge bereit, im Rahmen der "Roten Hilfe" für die Frau zu spenden. Diese regelmäßigen Spenden begründeten schließlich den Verdacht organisierter Tätigkeit und Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei und der Vorbereitung zum Hochverrat.
Verhaftung und Zuchthaus
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==Verhaftung und Zuchthaus==
    
Zu Beginn des Jahres [[1942]] wurde Karl Reinthaler gemeinsam mit anderen verhaftet, unter ihnen auch [[Josef Scherleitner]], bei dem er zwischen [[1936]] und [[1938]] wohnte und der zum Tode verurteilt und [[1943]] hingerichtet wurde. Seine Mutter bemühte sich um einen Rechtsanwalt, doch dieser meinte, die Urteile stünden vor Prozessbeginn bereits fest und jeder bekäme einen Pflichtverteidiger zugewiesen. Die Verhandlung sei letztlich nur eine Formalität. Karl Reinthaler wurde zu sechs Jahren Zuchthaus und Ehrverlust (= Verlust aller bürgerlichen Rechte) verurteilt.
 
Zu Beginn des Jahres [[1942]] wurde Karl Reinthaler gemeinsam mit anderen verhaftet, unter ihnen auch [[Josef Scherleitner]], bei dem er zwischen [[1936]] und [[1938]] wohnte und der zum Tode verurteilt und [[1943]] hingerichtet wurde. Seine Mutter bemühte sich um einen Rechtsanwalt, doch dieser meinte, die Urteile stünden vor Prozessbeginn bereits fest und jeder bekäme einen Pflichtverteidiger zugewiesen. Die Verhandlung sei letztlich nur eine Formalität. Karl Reinthaler wurde zu sechs Jahren Zuchthaus und Ehrverlust (= Verlust aller bürgerlichen Rechte) verurteilt.
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Der Transport ins Zuchthaus nach Amberg erfolgte über die beiden Stationen Regensburg und Straubing. Die Gefangenen wurden in umgebaute Personenwagen gepfercht, die Zeit für den Gang zur Toilette war reglementiert und kaum zu schaffen, die Fenster waren mit Blech verschlagen und nur durch einen Trichter konnte Luft ins Abteil strömen.
 
Der Transport ins Zuchthaus nach Amberg erfolgte über die beiden Stationen Regensburg und Straubing. Die Gefangenen wurden in umgebaute Personenwagen gepfercht, die Zeit für den Gang zur Toilette war reglementiert und kaum zu schaffen, die Fenster waren mit Blech verschlagen und nur durch einen Trichter konnte Luft ins Abteil strömen.
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Amberg galt als Lager für politische Häftlinge ("Vergeltungslager") und bestand bereits vor [[1938]]. In den Anfangsjahren des Nationalsozialismus wurde es noch vom Gefängnispersonal aus der Weimarer Republik geführt. Erst später übernahmen es SS- und SA-Männern. Ab 1938 wurden in diesem Lager auch ausländische, vor allem kommunistische Widerstandskämpfer inhaftiert.
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Amberg galt als Lager für politische Häftlinge ("Vergeltungslager") und bestand bereits vor [[1938]]. In den Anfangsjahren des Nationalsozialismus wurde es noch vom Gefängnispersonal aus der Weimarer Republik geführt. Erst später übernahmen es SS- und SA-Männer. Ab 1938 wurden in diesem Lager auch ausländische, vor allem kommunistische Widerstandskämpfer inhaftiert.
 
Als die Firma Zeiss begann, ihre MitarbeiterInnen aus dem Zuchthaus Amberg zu rekrutieren, konnte er aus der Schneiderei (TBC-Gefahr) in die Funktion eines Werkzeugmachers wechseln. Die Tatsache, dass er dort keinen Schichtdienst zu versehen hatte, bezeichnet er als einen Grund für sein Überleben. Immer wieder wurde er mit Sonderaufgaben betraut, die mit seinem gelernten Beruf des Schlossers in Verbindung standen. In diesem Zusammenhang schildert er in einem Interview ein Beispiel für die Unterstützung durch das Wachpersonal: Als er bei Schlosserarbeiten auf dem Lagergeländer unterwegs war, wurde er von seinem Bewacher in den Schweinestall gesperrt. Schnell erkannte er, warum dieser das tat: Er konnte sich dort mit frisch gekochten Kartoffeln (für die Schweine) satt essen! Ab den Weihnachtsproben 1943 war Reinthaler auch Mitglied des Gefangenenchors. Das Singen ermöglichte es ihm, Kraft zu schöpfen. Zudem gab es am Ende der Proben für die Weihnachtsfeier immer eine dicke Nudelsuppe. An diese musste er auch bei späteren Weihnachtsfesten denken.
 
Als die Firma Zeiss begann, ihre MitarbeiterInnen aus dem Zuchthaus Amberg zu rekrutieren, konnte er aus der Schneiderei (TBC-Gefahr) in die Funktion eines Werkzeugmachers wechseln. Die Tatsache, dass er dort keinen Schichtdienst zu versehen hatte, bezeichnet er als einen Grund für sein Überleben. Immer wieder wurde er mit Sonderaufgaben betraut, die mit seinem gelernten Beruf des Schlossers in Verbindung standen. In diesem Zusammenhang schildert er in einem Interview ein Beispiel für die Unterstützung durch das Wachpersonal: Als er bei Schlosserarbeiten auf dem Lagergeländer unterwegs war, wurde er von seinem Bewacher in den Schweinestall gesperrt. Schnell erkannte er, warum dieser das tat: Er konnte sich dort mit frisch gekochten Kartoffeln (für die Schweine) satt essen! Ab den Weihnachtsproben 1943 war Reinthaler auch Mitglied des Gefangenenchors. Das Singen ermöglichte es ihm, Kraft zu schöpfen. Zudem gab es am Ende der Proben für die Weihnachtsfeier immer eine dicke Nudelsuppe. An diese musste er auch bei späteren Weihnachtsfesten denken.
    
Beim Schleifen eines Werkstückes zog er sich eine Augenverletzung zu. Der Abteilungsleiter der Firma Zeiss ermöglichte es ihm, einen Facharzt aufzusuchen. Dieser suchte das Gespräch mit ihm und die Arzthelferin steckte ihm bei jedem Besuch eine Wurstsemmel zu. Sie ging als "der Schutzengel von Amberg" in die persönliche Lebensgeschichte Karl Reinthalers ein. In einem der Interviews schilderte er sehr eindringlich, dass er der festen Überzeugung ist, wären die Amerikaner 14 Tage später nach Amberg gekommen, hätte er die Haftzeit nicht überlebt, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits am Ende seiner Kräfte angelangt war.
 
Beim Schleifen eines Werkstückes zog er sich eine Augenverletzung zu. Der Abteilungsleiter der Firma Zeiss ermöglichte es ihm, einen Facharzt aufzusuchen. Dieser suchte das Gespräch mit ihm und die Arzthelferin steckte ihm bei jedem Besuch eine Wurstsemmel zu. Sie ging als "der Schutzengel von Amberg" in die persönliche Lebensgeschichte Karl Reinthalers ein. In einem der Interviews schilderte er sehr eindringlich, dass er der festen Überzeugung ist, wären die Amerikaner 14 Tage später nach Amberg gekommen, hätte er die Haftzeit nicht überlebt, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits am Ende seiner Kräfte angelangt war.
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Im Laufe seiner Haftzeit leistete er für sich den Schwur, sollte er das Zuchthaus überleben, in der weiteren Folge sein Leben der Allgemeinheit zu widmen.
 
Im Laufe seiner Haftzeit leistete er für sich den Schwur, sollte er das Zuchthaus überleben, in der weiteren Folge sein Leben der Allgemeinheit zu widmen.
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Nach seiner zwangsläufigen Pensionierung war es Karl Reinthaler ein großes Anliegen, bei besonderen Anlässen als Zeitzeuge aufzutreten. Er sprach zum 50. Jahrestag der Zweiten Republik, besuchte zahlreiche Schulen und diskutierte mit ehemaligen Wehrmachtssoldaten bei der Wehrmachtsausstellung [[1998]] in [[Salzburg]].  
 
Nach seiner zwangsläufigen Pensionierung war es Karl Reinthaler ein großes Anliegen, bei besonderen Anlässen als Zeitzeuge aufzutreten. Er sprach zum 50. Jahrestag der Zweiten Republik, besuchte zahlreiche Schulen und diskutierte mit ehemaligen Wehrmachtssoldaten bei der Wehrmachtsausstellung [[1998]] in [[Salzburg]].  
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Ein tragischer Unfall beendete am [[1. August]] [[2000]] sein Leben abrupt. Drei Tage später, am [[4. August]] [[2000]], wurde der Saalfeldener Ehrenbürger unter großer Anteilnahme der Saalfeldener Bevölkerung beerdigt.  
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Ein tragischer Unfall beendete am [[1. August]] [[2000]] sein Leben abrupt.  
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Drei Tage später, am [[4. August]] [[2000]], wurde der Saalfeldener Ehrenbürger unter großer Anteilnahme der Saalfeldener Bevölkerung beerdigt.  
    
[[Bild:Karl_Reinthaler_Haus.jpg|thumb|Karl-Reinthaler-Haus in Saalfelden]]
 
[[Bild:Karl_Reinthaler_Haus.jpg|thumb|Karl-Reinthaler-Haus in Saalfelden]]
    
== Karl Reinthalers Vermächtnis ==
 
== Karl Reinthalers Vermächtnis ==
Zweieinhalb Jahre später, setzte man ihm ein erstes Andenken: Die [[SPÖ]] Saalfelden kaufte jenes Gewerkschaftsheim, an dessen Gründung Reinthaler maßgeblich beteiligt war und benannte es nach ihm „dem Pionier der Arbeiterbewegung in Saalfelden“.
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Zweieinhalb Jahre später setzte man ihm ein erstes Andenken: Die [[SPÖ]] Saalfelden kaufte jenes Gewerkschaftsheim, an dessen Gründung Reinthaler maßgeblich beteiligt war, und benannte es nach ihm - „dem Pionier der Arbeiterbewegung in Saalfelden“.
    
Zudem veröffentlichten Mag. Alexander Neunherz (Politologe) und Mag. Sabine Aschauer-Smolik (Historikerin) Anfang [[2004]] das im Studienverlag erschienene Buch "Karl Reinthaler. Dagegenhalten.". Im Zuge dessen wurde auch eine umfassende Veranstaltungsreihe durchgeführt (Verleihung des 1.-Karl-Reinthaler-Preises, eine vierzehntägige Ausstellung über sein Leben und Wirken sowie ein Symposium zum Thema „Zivilcourage und widerständisches Verhalten“), die dem Saalfeldener Ehrenbürger gewidmet wurde.  
 
Zudem veröffentlichten Mag. Alexander Neunherz (Politologe) und Mag. Sabine Aschauer-Smolik (Historikerin) Anfang [[2004]] das im Studienverlag erschienene Buch "Karl Reinthaler. Dagegenhalten.". Im Zuge dessen wurde auch eine umfassende Veranstaltungsreihe durchgeführt (Verleihung des 1.-Karl-Reinthaler-Preises, eine vierzehntägige Ausstellung über sein Leben und Wirken sowie ein Symposium zum Thema „Zivilcourage und widerständisches Verhalten“), die dem Saalfeldener Ehrenbürger gewidmet wurde.  
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* Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.): ''Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934 - 1945, Eine Dokumentation'', 2 Bände.
 
* Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.): ''Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934 - 1945, Eine Dokumentation'', 2 Bände.
 
* Persönliche Aufzeichnungen und Dokumente Karl Reinthalers.
 
* Persönliche Aufzeichnungen und Dokumente Karl Reinthalers.
* Bildquellen: Verlassenschaft Karl Reinthaler, Mag. Alexander Neunherz;
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* Bildquellen: Verlassenschaft Karl Reinthaler, Mag. Alexander Neunherz.
    
[[Kategorie:Bürgermeister|Reinthaler, Karl]]
 
[[Kategorie:Bürgermeister|Reinthaler, Karl]]