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Version vom 24. Mai 2020, 08:21 Uhr
Der Almkanal stellt eine der interessantesten technischen Meisterleistungen der Vergangenheit in der Wasserversorgung der Stadt Salzburg dar.
Einleitung
Sein Stiftsarmabschnitt durch den Mönchsberg ist das älteste mittelalterliche Stollensystem Mitteleuropas und steht heute unter Denkmalschutz. Es diente zur Versorgung der Stadt mit Nutz-, Trink- und Löschwasser sowie dem Mühlenbetrieb.
Verlauf
Bei Hangendenstein-Pass, kurz nach der deutsch-österreichischen Grenze, wird der Almkanal von der Königsseeache abgeleitet. [1] Er verläuft über Grödig, Eichet, Eichethofsiedlung, Gneis - in früheren Zeiten an zahlreichen, heute nur mehr wenigen Mühlen vorbei - bis etwa östlich des Leopoldskroner Weihers, wo er sich beim Kraftwerk Pulvermühle in den Müllner- und den Stiftsarm gabelt.
- Der Stiftsarm, der zweitälteste Teil des Almkanals, führt geradewegs durch den Stiftsarmstollen im Mönchsberg etwa auf Höhe des Bürgermeisterlochs hindurch und erreicht die Altstadt vor der Stiftsbäckerei St. Peter im St.-Peter-Bezirk.
- Vor dem Stiftsarmstollen zweigt der Nonntalarm nach Nordosten ab und fließt durch das erzbischöfliche Brunnhaus und um den Nonnberg herum und mündet nördlich der Karolinenbrücke in die Salzach.
Im St.-Peter-Bezirk teilt sich der Stiftsarm im Bereich der Stifstbäckerei (von Süden nach Norden) weiter auf:
- in einen Arm, der sich unter dem Kapitelplatz teilt in
- den Unteren Kapitelarm, der etwa bei der Gewerbeschule Salzburg in die Salzach mündet;
- den Höllbräuarm, der beim ehemaligen Höllbräu, heute Hotel Altstadt Radisson Blu, in die Salzach mündet;
und in
- den Oberen Kapitelarm, aus St. Peter direkt auf den Kapitelplatz führt, wo er die Kapitelschwemme und die Häuser am Kapitelplatz versorgte;
sowie in
- den St. Peter-Arm, der durch die Benediktiner-Erzabtei St. Peter führt, dann entlang zum Hofmarstall, wo er sich teilt in
- den Gamperarm, der unter dem Wilhelm Furtwängler-Garten und Universitätsplatz (wo man ihn heute wieder sehen kann), der Getreidegasse und Ferdinand-Hanusch-Platz fließt, wo er in die Salzach mündet;
- den Hofstallarm, der nördlich am Sigmundstor vorbeifließt und früher das Bürgerspital St. Blasius versorgte; er erreicht die Salzach in zwei Armen auf Höhe des heutigen Hauses der Natur unter dem Rot-Kreuz-Parkplatz.
- Der Müllner Arm zweigt in der Riedenburg beim Kraftwerk Pulvermühle vom Stiftsarm ab, von dem
- der Neutorarm in der äußeren Riedenburg abzweigt. Er führt nördlich vom Sigmundstor, etwa unterhalb vom Wasserturm am Mönchsberg, durch den Mönchsberg hindurch und versorgte die Gstättengasse, bevor er in der Nähe der Ursulinenkirche St. Markus in die Salzach mündet;
- Der Müllner Arm selbst fließt weiter nach Mülln, wo er früher die Mühlen mit Wasser versorgte und nahe der Eisenbahnbrücke die Salzach erreicht.
Heute sind in der Altstadt von Salzburg an folgenden Stellen Almkanal-Zweige zu sehen:
- Im Gebäude der Talstation der Festungsbahn – siehe Tipp –,
- bei der Pfisterei der Erzabtei St. Peter (Mühle) der Stiftsbäckerei von St. Peter,
- am Max-Reinhardt-Platz beim Zugang zur Großen Aula,
- am Universitätsplatz vor der Kollegienkirche,
- am Anton-Neumayr-Platz vor dem republic café,
- in Mülln bei der Augustinergasse,
- sowie die Einmündungen in die Salzach.
Geschichte
Anfänge
Die Anfänge des Almkanals reichen in das 8. Jahrhundert zurück. Das ältestes Teilstück, der Mühlgraben, führte damals schon bis nach Mülln, wo das Wasser Mühlen antrieb und diese dem damaligen Dorf und heutigen Stadtteil Mülln seinen Namen gab.
Zunächst bezog der Almkanal sein Wasser nur aus bestehenden Bächen im Gebiet des Leopoldskroner Moores. Ab 1160 wurde Wasser von diesem Moor in den nahe vorbei fließenden Rosittenbach über Rohre geleitet.
Salzburg besaß im frühen Mittelalter innerhalb der Stadtmauern auch Felder, zB zwischen Klausentor und Gstättentor, sowie den Frauengarten. Diese mussten bewässert werden, aber auch die wachsende Bevölkerung brauchte mehr Wasser. Das waren neben dem Stadtbrand 1127 die Überlegungen, die zum Bau eines Stollens durch den natürlichen Schutzwall der Stadtberge führten.
An der schmalsten Stelle zwischen Festungsberg und Mönchsberg ließen die beiden Bauherren, das Domkapitel und das Stift St. Peter, unter Erzbischof Konrad I. in den Jahren 1137 bis 1143 den 400 m langen Stollen (“Stiftsarmstollen”) durch den Berg schlagen.
Erst 1286 wurde mit der Genehmigung Kuno von Gutrats zum Bau eines fünf Kilometer langen Durchstichkanals vom Rosittenbach durch den Wald von Kattenau (Gartenau) bis zur Königsseeache – auch Alm oder Almfluss genannt – begonnen. Damit gelang eine für die weitere Stadtentwicklung entscheidende Verbesserung der Wasserversorgung. Die dazu notwendigen Wehranlagen führten jedoch in Folge zu Überschwemmungen, weshalb die Abzweigung etwas flussaufwärts nach Hangendenstein-Pass verlegt wurde, wo sie sich noch heute befindet.
Mitte des 14. Jahrhunderts gestattete Erzbischof Friedrich III. von Leibnitz den Bürgern der Stadt, für ihren Wasserbedarf im nördlichen Stadtbereich einen zweiten Stollen durch den Mönchsberg zu schlagen. Am Stollenausgang, heute etwa bei der Pferdeschwemme, nutzten das Bürgerspital St. Blasius, zahlreiche Mühlen, Walken, Schleifereien, Schmieden und Sägen, sowie das Städtische Brunnhaus die Wasserkraft. Rund um das Gstättentor entwickelte sich ein Zentrum des städtischen Gewerbes.
Ende des Mittelalters
Das 1548 erbaute Brunnhaus, ein mit Almwasser betriebenes Grundwasserhebewerk, versorgte zahlreiche Stadthäuser und Brunnen sogar am gegenüberliegenden Salzachufer. Zusätzlich lieferten vom Stiftsarmstollen ausgehende hölzerne Almbrunnleitungen an über 80 Ausläufen Wasser für Brunnen, Waschhäuser, Bäder, Pferdeschwemmen und Fischkalter. Das 1664 am Südhang des Festungsberges errichtete Wasserpumpwerk des Erzbischöflichen Brunnhauses förderte mit hohem Druck Wasser für die Fontäne des Residenzbrunnens und für die höher gelegenen Häuser im Nonntal und im Kaiviertel.
Es gab nun schon vier Arme des Almkanals, die die Altstadt durchflossen. Die Stadt wurde einmal die Woche durch gestautes Almkanalwasser "gereinigt" (was bis ins 19. Jahrhundert üblich war) und um den Ausbruch von Seuchen zu erschweren siedelte Fürsterzbischof Wolf Dietrich die städtischen Fleischbänke „am Gries“ (heute Ferdinand-Hanusch-Platz) an.
Ab 1566 erklärte sich die Erzbischöfliche Kammer als dritter "Almherr" neben dem Stift St. Peter und dem Domkapitel bereit, ein Drittel der Erhaltungskosten des Kanalsystemes zu bestreiten, da die groß angelegten bischöflichen Fischteiche Leopoldskroner Weiher und Glanegger Geiselweiher und der Ausbau neuer Wasserleitungen zu den Residenzgebäuden zu einem erheblichen Anwachsen des Wasserbedarfes und des Instandhaltungsaufwands geführt hatten.
Vom 16. bis ins 19. Jahrhundert entwickelte sich der Almkanal immer mehr zur Lebensader für Gewerbe und Fabriken innerhalb und außerhalb der Stadt. Der Köckablass im Thumegger-Bezirk lieferte zusätzliches Triebwasser für die Mühlen an einem Hellbrunnerbach. Über den Kreuzbrücklbach und den Ganshofbach wurde in Maxglan die Wasserführung von Glanbach und Glanmühlbach aufgebessert. Mühlen, Sägen, Walken, Schleifereien, Polierwerke, Kugelmühlen, Schmieden, Hammerwerke, Wasserpumpwerke, Bleiweiß- und Lederfabriken, Gewürz- und Lehmstampfe, Pulverfabriken, Malzmühlen, Brauereien und Feigenkaffeefabriken wurden betrieben, zahlreiche Teiche für die Eisgewinnung (siehe Bier) wurden angelegt. Grödig war Zentrum der Eisenverarbeitung und der Zementindustrie.
Neuzeit
Im Zuge der Säkularisierung übernahm der Staat 1803 von den drei kirchlichen Almherrnhöfen auch die Verwaltung und Erhaltungspflicht für das Kanalsystem. Zur wirtschaftlichen Blütezeit des Almkanales wurden Ende des 19. Jahrhunderts 63 Werke mit über 100 Wasserrädern und einer Gesamtleistung von nahezu 2000 PS sowie 353 sonstige Wasserrechte registriert.
Der Erste Weltkrieg und die darauf folgende Wirtschaftskrise, aber auch der Ausbau des Stromnetzes führten zur Stillegung vieler Anlagen und zum fortschreitenden Verfall des Kanalsystemes. 1937 zog sich der Staat als Almkanalbetreiber zurück und bestimmte mit einem speziellen Bundesgesetz die Wasserwerksgenossenschaft Almhauptkanal, die Wasserwerksgenossenschaft Stiftsarm und die Stadt Salzburg für den Neutorarm zu den neuen Erhaltungsträgern. Mit der technischen Leitung des Gesamtsystemes wurde ein "Almmeister" betraut. Aber auch diese Konstellation konnte den langsamen Verfall des Kanalsystemes nach dem Zweiten Weltkrieg nicht entscheidend aufhalten.
Seit 1970
Anfang der 1970er-Jahre war das Kanalsystem bereits so desolat, dass die Wasserführung reduziert werden musste und sich die noch bestehenden Betriebe in ihrer Existenz gefährdet sahen. Wasseraustritte und Überflutungen, insbesondere in den aufgedämmten Kanalabschnitten, waren an der Tagesordnung. Angesichts einer Uferlänge des Almhauptkanales von rund 24 km reichten die bescheidenen Genossenschaftsmittel nicht einmal für die notwendigsten Reparaturen der meist hölzernen, großteils völlig vermorschten Uferverbauungen aus. Kurz vor einer endgültigen Auflassung und der drohenden Zuschüttung der Kanäle fiel 1979 nach langwierigen Verhandlungen die Entscheidung für eine aus öffentlichen Mitteln geförderte Generalsanierung. So konnte glücklicherweise der Fortbestand des Salzburger Almkanales, eines in Mitteleuropa einzigartigen Kulturdenkmals historischer Wasserbaukunst, gesichert werden.
Am 7. und am 26. Jänner 1985 kam es zu einem Eisstau bei Eichet, der von der Freiwilligen Feuerwehr Gnigl gemeistert wurde.
Im Frühjahr 2011 wurde im Gebiet von Gneis eine künstliche Almkanal-Welle für Wassersportfreunde des Wellenreitens um 30.000 Euro[2] eingerichtet und bietet Gelegenheit zum Riversurfen.
Daten
Der Almkanal erreicht von Hangendenstein-Pass eine Länge von 11,8 km, bevor er in Mülln die Salzach erreicht. Die Gesamtlänge des Almnetzes beläuft sich auf 18 km. Das Gesamtgefälle auf dieser Strecke beträgt 45 m, die durchschnittliche Neigung 1 – 3,5 ‰, der Hauptkanal führt etwa 5,5 m³/sek., womit sich eine theoretische Leistung von 3 342 Roh-PS ergäbe. Der Hauptkanal hat einen Rechteckquerschnitt von 1,5 – 1,5 m × 5 m.
Der Almkanal versorgt auch sechs Teiche mit einer Fläche von 130 000 m² mit Wasser.
Besichtigungstipp
Geht links von der Talstation der Festungsbahn auf die Festung Hohensalzburg in das Schmuckgeschäft, ganz nach hinten durch; dort kann man den Austritt dieses Arms aus dem Berg sehen und eine kleine Schau informiert recht anschaulich rund um den Almkanal.
Almabkehr
- Hauptartikel Almabkehr
Alljährlich wird der Almkanal für einige Tage im September wasserlos, damit er gereinigt und Schäden repariert werden können.
Kraftwerke am Almkanal
Insgesamt liegen 17 Kraftwerke am Almkanal. Die Stromerzeugung dient zur Eigenversorgung und Einspeisung ins öffentliche Netz. Die Jahreserzeugung entspricht dem Stromverbrauch von 2 400 Haushalten. Damit kann die Verbrennung von 2,8 Mill. Litern Heizöl oder 6 000 Tonnen CO2 ersetzt werden.
Kraftwerk Eichetmühle
- Hauptartikel: Kraftwerk Eichetmühle
Das Kraftwerk Eichetmühle in der Marktgemeinde Grödig (Flachgau) ist das älteste Laufkraftwerk Salzburgs, das noch im Betrieb ist.
Kraftwerk Müllnerbräu
- Hauptartikel: Kraftwerk Müllnerbräu
Seit Herbst 2009 verfügt das Augustiner Bräu über ein eigenes Kraftwerk, das die Wasserkraft des Almkanals nützt.
Wasserrad in der Erzabtei St. Peter
Ein Wasserrad ist noch neben der Stiftsbäckerei der Erzabtei St. Peter in Betrieb. Es handelt sich dabei um ein so genanntes "Oberschlächtiges" Wasserrad, das die Kraftwerksnummer 15 am Almkanal trägt. Der Raddurchmesser beträgt vier Meter, die Breite zwei Meter und es macht sechs Umdrehungen in der Minute. Die Leistung beträgt 10 kW bei einem Verbrauch von 400 l/sec.
Notstromaggregat Münzgasse
Im Innenhof des Hauses Münzgasse 1 in der Salzburger Altstadt erzeugt ein Notstromaggregat seit 1904 etwa 60 Kilowatt. Das Gebäude hieß früher „Städtisches Kühlhaus“ und verkaufte auch Kunsteis. Es handelt sich bei der Turbine um eine Francisturbine, die über ein Druckrohr mit 7,5 Metern Fallhöhe und einer Wassermenge von 1 400 Litern pro Sekunde versorgt wird. Während der alljährlich im September stattfindenden Almabkehr stehen zwei Dieselaggregate zur Notstromerzeugung bereit.
Der Einlauf zum Kraftwerk befindet sich hinter dem Gstättentor. Im Jahr 2010 betrug die Jahresleistung des Kleinkraftwerkes 424 000 Kilowattstunden Strom.
Den Großteil des Stroms nimmt die Salzburg AG ab. Mit dem Rest werden das Landes- und Salzburger Marionettentheater sowie das Mozarteum versorgt. Dort wird bei einem Stromausfall die Notbeleuchtung mit Strom aus der Münzgasse versorgt.
Kopfweiden am Almkanal
- Hauptartikel Europaschutzgebiet Almkanal
Am Hauptarm des Almkanales in der Riedenburg und in Gneis befindet sich der einzige alte Kopfweidenbestand des Landes Salzburgs, der mit seinen über 500 Bäumen auch in Österreich und dem angrenzenden südbayrischen Raum einzigartig ist. In der kulturellen Tradition lässt sich dieser Kopfweidenbestand bis ins Mittelalter zurückverfolgen.
Siehe auch
Bildergalerie
Almkanalwehr in Salzburg-Gneis für die Praxmayermühle
Tafel beim Stiftsarmstollen, Inschrift: Stiftsarmstollen errichtet 1137-1143
1. Salzburger Dauerkleingartensiedlung in Thumegg neben dem Almkanal
Schacht zum Bürgermeisterloch während der Almabkehr
Weitere Bilder
Almkanal – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im SALZBURGWIKI
Almkanal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons
Literatur
- Franz V. Zillner: Die Wasserleitung der Alm, in: MGSLK 4, 1864, S. 5-128
Quellen
- www.stiftsarm.at
- Historischer Atlas der Stadt Salzburg, Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg, Nr. 11, 1999
- Bundesgesetz über den Salzburger Almkanal, BGBl. Nr. 420/1937, [3]
- "Salzburger Nachrichten", 12. September 2009 und 9. Mai 2011
- Salzburgwiki-Beiträge
Einzelnachweise
- ↑ Siehe SAGIS
- ↑ Quelle Salzburger Nachrichten, April 2011
- ↑ www.ris.bka.gv.at/Geltende Fassung