Dienstbote: Unterschied zwischen den Versionen
| Zeile 13: | Zeile 13: | ||
Das Auskundschaften des richtigen Fensters erforderte einige Erfahrung, denn wenn man das falsche Fenster erwischte, konnte es schon passieren, dass man von einer heftigen Schimpfkanonadade des Bauern oder der Bäuerin empfangen wurde. | Das Auskundschaften des richtigen Fensters erforderte einige Erfahrung, denn wenn man das falsche Fenster erwischte, konnte es schon passieren, dass man von einer heftigen Schimpfkanonadade des Bauern oder der Bäuerin empfangen wurde. | ||
| − | Es gab aber auch Bauersleute, die sich insgeheim sehr erhofften, dass sich für die To(ö)chter oder Mägde bei deren Fenster Bewerber einfanden (vor allem, wenn es jemand war, der auch den | + | Es gab aber auch Bauersleute, die sich insgeheim sehr erhofften, dass sich für die To(ö)chter oder Mägde bei deren Fenster Bewerber einfanden (vor allem, wenn es jemand war, der auch den Bauersleuten recht war). |
| − | Oft war zum | + | Oft war zum Erklimmen des Fensters eine Leiter notwendig und es galt, eine solche am Hof nächtens zu finden. Das Fensterln begann mit einem leisen Klopfen an das Kammerfenster und einem möglichst zärtlichen aber leisen Ruf des betreffenden Mädchennamens. Hatte das Mädchen am Kontakt kein Interesse, so stellte es sich meistens schlafend. Aber in den meisten Fällen gab es eher eine erfreute Reaktion. Nicht selten wurden aber solche Treffen schon bei früheren kürzeren Kontakten ausgemacht, wie z. B. bei Hochzeiten, Wallfahrten, wo man auch erfahren konnte, wo sich richtige Fenster befand. |
| − | Es ergab sich ab und zu, dass sich während des | + | Es ergab sich ab und zu, dass sich während des Fensterlns ein weiterer "Bewerber" einfand. Im Flachgau war es üblich, dass nach dreimaligem Ausspruch des Wortes "Platz" die Leiter von Ersterem frei gegeben wurde. Oder es kam zu einer Rauferei, bei der eben der Stärkere das Recht erzwang, weiterhin beim Fenster bleiben zu können. |
| − | Die Gespräche am Kammerfenster zweifellos oft überaus reizvoll und beglückend, eben so schön, wie es | + | Die Gespräche am Kammerfenster waren zweifellos oft überaus reizvoll und beglückend, eben so schön, wie es beim Flirt sein kann. Und es erforderte von den Burschen einigen Mut, allein auf sich gestellt Fensterln zu gehen. |
| − | Bösartige oder enttäuschte Freier ließen ab und | + | |
| + | Bösartige oder enttäuschte Freier ließen ab und eine Leiter beim Kammerfenster stehen, denn es galt früher am Land als Schande, wenn am Morgen dort noch eine Leiter lehnte. Immerhin ließ dies auch Vermutung zu, dass sich der Bursch noch in der Mädchenkammer befand. | ||
| − | Erst später, wenn die Beziehung schon | + | Erst später, wenn die Beziehung dann schon festeren Rahmen hatte, war es üblich, das Haus durch die Haustüre zu betreten. |
| − | + | Mit dem Beginn der allgemeinen Motorisierung und weil vielfach auch schon die Burschen Autos hatten, hat sich das Kennenlernen weg vom Fensterln in gemeinsame Fahrten zu Besuchen von Kinos oder Discos u. sonstigen Veranstaltungen verlagert. | |
| − | + | ||
| − | |||
| − | |||
Rund 300.000 Dienstboten gab es in den [[1930er]] Jahren noch Österreich. | Rund 300.000 Dienstboten gab es in den [[1930er]] Jahren noch Österreich. | ||
Version vom 1. August 2009, 12:08 Uhr
Dienstboten waren einst, vor allem am Land, besitzlose Knechte und Mägde.
Geschichte
Franz Innerhofer, Sohn einer Magd in Krimml im Oberpinzgau, schildert in seinen Büchern den harten und trostlosen Alltag von Dienstboten im Salzburger Land, wie man ihn noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erleben konnte.
Darin schreibt er u. a. dass Pfarrer von der Kanzler in ihren Predigten gegen vorehelichen Geschlechtsverkehr wetterten und dabei nur die Dienstboten anschauten. Selbst die Kirche betrachtete sie nicht als Christen in dem Sinne, denn sie gingen nur zur Messe, weil sie von ihren Dienstherren dazu gezwungen wurden. Kirchgangverweigerung hätte dazu geführt, dass der Bauern die Person verhungern hätte lassen oder sie am selben Tag noch vom Hof verjagt hätte.
Besonders die Frauen litten unter Rechtlosigkeit der Dienstboten. Mägde durften in den allermeisten Fälle nicht heiraten, weil sie als Arbeitskräfte notwendig waren. Nur heimlich konnten sie Liebschaften haben. Nahm beispielsweise eine Magd das Taschenmesser eines Knechts beim Jausnen, so konnte man davon ausgehen, dass der Knecht noch am selben Abend sie in ihrer Kammer besuchte.
Fensterln
Unter Fensterln verstand man am Land früher nächtliche Freierbesuche beim Schlafzimmerfenster der Mädchen im heiratsfähigen Alter. Für gewöhnlich befand sich das Schlafgemach der Bauerntöchter oder auch der Mägde in ersten Stock und vielfach waren gerade die in Frage kommende Fenster vergittert. Manchmal erkannte man das richtige Fenster, weil die Fensterkreuze verbogen waren.
Das Auskundschaften des richtigen Fensters erforderte einige Erfahrung, denn wenn man das falsche Fenster erwischte, konnte es schon passieren, dass man von einer heftigen Schimpfkanonadade des Bauern oder der Bäuerin empfangen wurde.
Es gab aber auch Bauersleute, die sich insgeheim sehr erhofften, dass sich für die To(ö)chter oder Mägde bei deren Fenster Bewerber einfanden (vor allem, wenn es jemand war, der auch den Bauersleuten recht war).
Oft war zum Erklimmen des Fensters eine Leiter notwendig und es galt, eine solche am Hof nächtens zu finden. Das Fensterln begann mit einem leisen Klopfen an das Kammerfenster und einem möglichst zärtlichen aber leisen Ruf des betreffenden Mädchennamens. Hatte das Mädchen am Kontakt kein Interesse, so stellte es sich meistens schlafend. Aber in den meisten Fällen gab es eher eine erfreute Reaktion. Nicht selten wurden aber solche Treffen schon bei früheren kürzeren Kontakten ausgemacht, wie z. B. bei Hochzeiten, Wallfahrten, wo man auch erfahren konnte, wo sich richtige Fenster befand.
Es ergab sich ab und zu, dass sich während des Fensterlns ein weiterer "Bewerber" einfand. Im Flachgau war es üblich, dass nach dreimaligem Ausspruch des Wortes "Platz" die Leiter von Ersterem frei gegeben wurde. Oder es kam zu einer Rauferei, bei der eben der Stärkere das Recht erzwang, weiterhin beim Fenster bleiben zu können.
Die Gespräche am Kammerfenster waren zweifellos oft überaus reizvoll und beglückend, eben so schön, wie es beim Flirt sein kann. Und es erforderte von den Burschen einigen Mut, allein auf sich gestellt Fensterln zu gehen.
Bösartige oder enttäuschte Freier ließen ab und eine Leiter beim Kammerfenster stehen, denn es galt früher am Land als Schande, wenn am Morgen dort noch eine Leiter lehnte. Immerhin ließ dies auch Vermutung zu, dass sich der Bursch noch in der Mädchenkammer befand.
Erst später, wenn die Beziehung dann schon festeren Rahmen hatte, war es üblich, das Haus durch die Haustüre zu betreten.
Mit dem Beginn der allgemeinen Motorisierung und weil vielfach auch schon die Burschen Autos hatten, hat sich das Kennenlernen weg vom Fensterln in gemeinsame Fahrten zu Besuchen von Kinos oder Discos u. sonstigen Veranstaltungen verlagert.
Rund 300.000 Dienstboten gab es in den 1930er Jahren noch Österreich.
Quelle
- Salzburger Geschichten, Herausgeber SalzburgerLand Tourismus Gesellschaft, Datum unbekannt