| Zeile 1: |
Zeile 1: |
| | [[Datei:Johannes Rupert Franz.jpg|thumb|[[Johannes Rupert Franz]] als Hanswurst am [[Rupertikirtag]]]] | | [[Datei:Johannes Rupert Franz.jpg|thumb|[[Johannes Rupert Franz]] als Hanswurst am [[Rupertikirtag]]]] |
| − | Der '''Salzburger Hanswurst''' (oder auch: Hanswurscht) ist eine Brauchtumsfigur, ein "Narr", den man sofort an seinem fröhlich bunten Äußeren erkennt. Verkörpert wird er seit mehreren Jahrzehnten von [[Johannes Rupert Franz]]. Seinen größten Auftritt hat er jedes Jahr beim [[Rupertikirtag]], der rund um den Rupertitag am [[24. September]] rund um den [[Domplatz]] stattfindet | + | Der '''Salzburger Hanswurst''' (oder auch nur ''Hanswurscht'') ist eine Brauchtumsfigur, ein "Narr", den man sofort an seinem fröhlich bunten Äußeren erkennt. Verkörpert wird er seit mehreren Jahrzehnten von [[Johannes Rupert Franz]]. Seinen größten Auftritt hat er jedes Jahr beim [[Rupertikirtag]], der rund um den [[Rupertitag]] am [[24. September]] rund um den [[Domplatz]] stattfindet |
| | | | |
| | ==Aussehen== | | ==Aussehen== |
| Zeile 6: |
Zeile 6: |
| | | | |
| | ==Herkunft== | | ==Herkunft== |
| − | Der Salzburger Hanswurscht ist eine Figur, dessen Wurzeln ins [[Mittelalter|Hochmittelalter]] zurückreichen. Damals war er eine, im Brauchtum mit vielschichtigen Aufgaben betraute Begleitfigur vor allem bei den Schwerttänzen. Diese Funktion hat sich auch bis heute erhalten. Heute ist der Hanswurst noch immer eine unverzichtbare Figur beim historischen Salzburger Bindertanz, dem [[Zunft- und Handwerkstänze|Zunfttanz]] der Fassbinder, der als [[Küfertanz|Reiftanz]], geflochten aus immergrünen Buchsbaumzweigen gebunden, ausgeführt wird. Dieser Männertanz hat sich geschichtlich aus einer Tagesversion des besonders feierlichen nächtlichen Schwerttanzes entwickelt. In der Tradition des Schwerttanzes selbst findet man den Hanswurscht heute z.B. auch noch beim [[Böcksteiner Schwerttanz]] ([[Bad Gastein|Gastein]]), auch wenn er sich dort einfach Narr nennt, in rot/weiß (die traditionellen Kultfarben) gewandet ist, wie er auch statt der Pritsche ein "Narrenzepter" hat. | + | Der Salzburger Hanswurscht ist eine Figur, dessen Wurzeln ins [[Mittelalter|Hochmittelalter]] zurückreichen. Damals war er eine, im Brauchtum mit vielschichtigen Aufgaben betraute Begleitfigur vor allem bei den Schwerttänzen. Diese Funktion hat sich auch bis heute erhalten. Heute ist der Hanswurst noch immer eine unverzichtbare Figur beim historischen [[Salzburger Bindertanz]], dem [[Zunft- und Handwerkstänze|Zunfttanz]] der Fassbinder, der als [[Küfertanz|Reiftanz]], geflochten aus immergrünen Buchsbaumzweigen gebunden, ausgeführt wird. Dieser Männertanz hat sich geschichtlich aus einer Tagesversion des besonders feierlichen nächtlichen Schwerttanzes entwickelt. In der Tradition des Schwerttanzes selbst findet man den Hanswurscht heute z.B. auch noch beim [[Böcksteiner Schwerttanz]] ([[Bad Gastein|Gastein]]), auch wenn er sich dort einfach Narr nennt, in rot/weiß (die traditionellen Kultfarben) gewandet ist, wie er auch statt der Pritsche ein "Narrenzepter" hat. |
| | | | |
| − | Später, bis weit in das [[18. Jahrhundert]] hinein, war der Hanswurst von den Jahrmarktbesuchern heiß geliebter Begleiter der Ärzte und Quacksalber auf den "Arztständlbühnen". Dort suchte er als "Lustigmacher" auf den Pawlatschen der Jahrmärkte die Patienten und Zuschauer von den oft durchaus schmerzlichen Geschehnissen der vor Ort auf der Bühne hinter einem Sichtschutz Behandelten, noch lautstärker mit seinem Klamauk und seinen Possen abzulenken. Vor allem hatte er die Aufgabe, die Neugier der Jahrmarkt-/Kirtagsbesucher auf die Heilkünste des Behandlers, des Arztes, Baders, Wundarztes, Wund- und Steinschneiders, Zahnbrechers etc. zu lenken. Damals mußte sich der Arzt noch am freien Markt gegen viele Mitbewerber behaupten. Von den Arztständlbühnen, aber auch vom Schiffertheater ist der Salzburger Hanswurscht Anfang des 18. Jahrhunderts durch [[J. A. Stranitzky]] ([[1676]] – [[1726]]), selbst immatrikulierter Zahnarzt und begnadeter Stegreifkomödiant, in Sprache und äußerem Erscheinungsbild inspiriert von den [[Sauschneider|Lungauer Sauschneidern]], auf die Theaterbühne des Wiener Kärntnertortheaters, und damit auch auf die Bühnen des deutschen Volkstheaters, gekommen. Dort trug er stets sein Herz auf der Zunge, sprach spontan aus was er dachte und nahm sich dabei auch kein Blatt vor dem Mund. Dort erklärte er auch immer, "ein Salzburger Bauer" zu sein, vom "Geschlecht der Sauschneider", daher der Bezug zum Salzburger [[Lungau]], abzustammen oder er stellte sonst einen Bezug zu seiner Salzburger Herkunft her. | + | Später, bis weit in das [[18. Jahrhundert]] hinein, war der Hanswurst von den Jahrmarktbesuchern heiß geliebter Begleiter der Ärzte und Quacksalber auf den "Arztständlbühnen". Dort suchte er als "Lustigmacher" auf den Pawlatschen der Jahrmärkte die Patienten und Zuschauer von den oft durchaus schmerzlichen Geschehnissen der vor Ort auf der Bühne hinter einem Sichtschutz Behandelten, noch lautstärker mit seinem Klamauk und seinen Possen abzulenken. Vor allem hatte er die Aufgabe, die Neugier der Jahrmarkt-/Kirtagsbesucher auf die Heilkünste des Behandlers, des Arztes, Baders, Wundarztes, Wund- und Steinschneiders, Zahnbrechers etc. zu lenken. Damals mußte sich der Arzt noch am freien Markt gegen viele Mitbewerber behaupten. Von den Arztständlbühnen, aber auch vom Schiffertheater ist der Salzburger Hanswurscht Anfang des 18. Jahrhunderts durch [[Josef Anton Stranitzky]] (* 1676, † 1726), selbst immatrikulierter Zahnarzt und begnadeter Stegreifkomödiant, in Sprache und äußerem Erscheinungsbild inspiriert von den [[Sauschneider|Lungauer Sauschneidern]], auf die Theaterbühne des Wiener Kärntnertortheaters, und damit auch auf die Bühnen des deutschen Volkstheaters, gekommen. Dort trug er stets sein Herz auf der Zunge, sprach spontan aus was er dachte und nahm sich dabei auch kein Blatt vor dem Mund. Dort erklärte er auch immer, "ein Salzburger Bauer" zu sein, vom "Geschlecht der Sauschneider", daher der Bezug zum Salzburger [[Lungau]], abzustammen oder er stellte sonst einen Bezug zu seiner Salzburger Herkunft her. |
| | | | |
| − | Der Salzburger Hanswurscht, vor allem auch im deutschen Volkstheater, dem Kärnertortheater, sprach auch immer aus, wo dem einfachen Volk der Schuh drückte. Die Obrigkeit hatte den Vorteil, daßss sie mit ihm eine unverzichtbare Informationsquelle hatte, seine ehrlich unverblümten Sager hingegen mit einem "lasst ihn nur reden, den Hanswurschten" abtun konnte. Eine Redewendung, die bis heute eine geflügelte blieb. Gleichzeitig hatten die einfachen Leut', die Bürger, das Volk am Land, eine Art Ventil. Somit war der Salzburger Hanswurscht auch immer ein gesellschaftlich äußerst wichtiges Bindeglied im Volk und vor allem auch zwischem dem Volk und "denen da oben". Viele Menschen konnten sich, wie auch ihr geheimstes Denken und Fühlen, in ihm wiedererkennen. | + | Der Salzburger Hanswurscht, vor allem auch im deutschen Volkstheater, dem Kärntnertortheater, sprach auch immer aus, wo dem einfachen Volk der Schuh drückte. Die Obrigkeit hatte den Vorteil, dass sie mit ihm eine unverzichtbare Informationsquelle hatte, seine ehrlich unverblümten Sager hingegen mit einem "lasst ihn nur reden, den Hanswurschten" abtun konnte. Eine Redewendung, die bis heute eine geflügelte blieb. Gleichzeitig hatten die einfachen Leut', die Bürger, das Volk am Land, eine Art Ventil. Somit war der Salzburger Hanswurscht auch immer ein gesellschaftlich äußerst wichtiges Bindeglied im Volk und vor allem auch zwischem dem Volk und "denen da oben". Viele Menschen konnten sich, wie auch ihr geheimstes Denken und Fühlen, in ihm wiedererkennen. |
| | | | |
| | ==Hanswurscht und Papageno== | | ==Hanswurscht und Papageno== |
| − | Schließlich gelangte er sogar noch in der Figur des Erdverbundenen, alles irdische und "fleischliche", Mädchen, gutes Essen sowie Trinken und Plaudereien Liebenden, mit allen menschlichen Schwächen aber auch Liebenswürdigkeiten versehenen, ebenso gutgläubigen wie bauernschlauen, liebenswerten und frohsinnigen Freigeist und farbenfrohen Vogel ("Freiheits")menschen Papageno durch die Oper ([[Wolfgang Amadeus Mozart|W.A. Mozart]] – Zauberflöte) auf die Weltbühnen und zu weltweiter Bekanntheit! Nicht selten hört man, wenn er sich zur [[Salzburger Festspiele|Festspieleröffnungszeit]] ([[Fackeltanz|Salzburger Fackeltanz]]) unters Volk gen [[Residenzplatz]] mischt, "schau, der Papageno". Daran erkennt man auch wie authentisch diese Figur, von [[Emanuel Schikaneder]] (* 1751, † 1812) librettistisch und von Mozart musikalisch in der Zauberflöte beschrieben ist; auch wenn er ihn in der Oper ein Federkleid schmückt. Auch sind diese Reaktionen ein Beleg für die gemeinsamen archaischen Wurzeln des Salzburger Hanswurschtes und des Papagenos. Schikaneder selbst spielte bei der Uraufführung, [[1791]] im "Schikanedertheater" wie es die Wiener bald nannten, dem Freihaustheater (Theater an der Wieden), das er von 1789 bis [[12. Juni]] [[1801]] (Abschiedsvorstellung mit der Zauberflöte) leitete, den Papageno, Mozart dirigierte und dessen Frau [[Constanze Mozart|Constanze]] spielte und sang damals am [[30. September]] die Königin der Nacht. Allein im Kärntnertortheater, das J.A. Stranitzky [[1711]] als der Hanswurst, Pritschenmeister wie man ihn, den Prinzipal, heute Theaterdirektor, nannte und als Begründer des deutschen Volkstheaters groß machte, und in dem Schikaneder auch (ab [[1785]]) spielte, wurde die Zauberflöte von [[1801]] (Ende von Schikaneders Freihaustheater) bis [[1812]] knapp 140 Mal aufgeführt. Auch Don Giovanni (Libretto von Da Ponte) nannte seinen Diener Leporello am Ende der 12. Szene des 3. Aktes "Oh, veccio buffonissimo! = Oh, alter Hanswurst!", einen "Hanswurst" als dieser vor der Inschrift unter Statue des Kompturs, des späteren steinernen Gastes, erschauderte. | + | Schließlich gelangte er sogar noch in der Figur des Erdverbundenen, alles irdische und "fleischliche", Mädchen, gutes Essen sowie Trinken und Plaudereien Liebenden, mit allen menschlichen Schwächen aber auch Liebenswürdigkeiten versehenen, ebenso gutgläubigen wie bauernschlauen, liebenswerten und frohsinnigen Freigeist und farbenfrohen Vogel ("Freiheits")menschen [[Papageno]] durch die Oper ([[Wolfgang Amadeus Mozart|W.A. Mozart]] – Zauberflöte) auf die Weltbühnen und zu weltweiter Bekanntheit! Nicht selten hört man, wenn er sich zur [[Salzburger Festspiele|Festspieleröffnungszeit]] ([[Fackeltanz|Salzburger Fackeltanz]]) unters Volk gen [[Residenzplatz]] mischt, "schau, der Papageno". Daran erkennt man auch wie authentisch diese Figur, von [[Emanuel Schikaneder]] (* 1751, † 1812) librettistisch und von Mozart musikalisch in der Zauberflöte beschrieben ist; auch wenn er ihn in der Oper ein Federkleid schmückt. Auch sind diese Reaktionen ein Beleg für die gemeinsamen archaischen Wurzeln des Salzburger Hanswurschtes und des Papagenos. Schikaneder selbst spielte bei der Uraufführung, [[1791]] im "[[Emanuel Schikaneder|Schikanedertheater]]" wie es die Wiener bald nannten, dem Freihaustheater (Theater an der Wieden), das er von 1789 bis [[12. Juni]] [[1801]] (Abschiedsvorstellung mit der Zauberflöte) leitete, den Papageno, Mozart dirigierte und dessen Frau [[Constanze Mozart|Constanze]] spielte und sang damals am [[30. September]] die Königin der Nacht. Allein im Kärntnertortheater, das Josef Anton Stranitzky [[1711]] als der Hanswurst, Pritschenmeister wie man ihn, den Prinzipal, heute Theaterdirektor, nannte und als Begründer des deutschen Volkstheaters groß machte, und in dem Schikaneder auch (ab [[1785]]) spielte, wurde die Zauberflöte von [[1801]] (Ende von Schikaneders Freihaustheater) bis [[1812]] knapp 140 Mal aufgeführt. Auch ''[[Don Giovanni]]'' (Libretto von Da Ponte) nannte seinen Diener Leporello am Ende der zwölften Szene des dritten Aktes "Oh, veccio buffonissimo! = Oh, alter Hanswurst!", einen "Hanswurst" als dieser vor der Inschrift unter Statue des Kompturs, des späteren steinernen Gastes, erschauderte. |
| | | | |
| | ==Wiederbelebung des Hanswurst-Brauchtums== | | ==Wiederbelebung des Hanswurst-Brauchtums== |
| Zeile 27: |
Zeile 27: |
| | * [http://www.jungalpenland.at/index.php?page=salzburger-hans-wurst Aufsatz über den Hanswurst vom Verein Jung Alpenland] | | * [http://www.jungalpenland.at/index.php?page=salzburger-hans-wurst Aufsatz über den Hanswurst vom Verein Jung Alpenland] |
| | | | |
| | + | |
| | + | [[Kategorie:Kultur und Bildung]] |
| | + | [[Kategorie:Kultur]] |
| | + | [[Kategorie:Volskultur]] |
| | [[Kategorie:Brauchtum]] | | [[Kategorie:Brauchtum]] |