Fensterln

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Fensterln

Unter Fensterln verstand man am Land früher nächtliche Freierbesuche beim Schlafzimmerfenster der Mädchen im jugendlichen Alter. Für gewöhnlich befand sich das Schlafgemach der Bauerntöchter oder auch der Mägde in ersten Stock und vielfach waren gerade die in Frage kommende Fenster vergittert. Manchmal erkannte man das richtige Fenster, weil die Fensterkreuze verbogen waren.

Das Auskundschaften des richtigen Fensters erforderte einige Erfahrung, denn wenn man das falsche Fenster erwischte, konnte es schon passieren, dass man von einer heftigen Schimpfkanonadade des Bauern oder der Bäuerin empfangen wurde.

Es gab aber auch Bauersleute, die sich insgeheim sehr erhofften, dass sich für die To(ö)chter oder Mägde bei deren Fenster Bewerber einfanden (vor allem, wenn es jemand war, der auch den Bauersleuten recht war).

Oft war zum Erklimmen des Fensters eine Leiter notwendig und es galt, eine solche am Hof nächtens zu finden. Das Fensterln begann mit einem leisen Klopfen an das Kammerfenster und einem möglichst zärtlichen aber leisen Ruf des betreffenden Mädchennamens. Hatte ein Mädchen am Kontakt kein Interesse, so stellte es sich nicht selten schlafend. Aber in den meisten Fällen gab es eher eine erfreute Reaktion. Nicht selten wurden aber solche Treffen schon bei früheren kürzeren Kontakten vereinbart, z. B. bei Hochzeitstänzen, Wallfahrten, wo man auch erfahren konnte, wo sich richtige Fenster befand.

Ab und zu ergab es sich, dass während des Fensterlns ein weiterer "Bewerber" eintraf. Im Flachgau war es üblich, dass nach dreimaligem Ausspruch des Wortes "Platz" die Leiter von Ersterem frei zu geben war. Oder es kam zu einer Rauferei, bei der der Stärkere erreichen konnte, weiterhin beim Fenster bleiben zu können.

Die Gespräche am Kammerfenster enthielten oft die ganze Bandbreite von Unterhaltung und Versuchen auf möglichsten Sympathiegewinn, wie es eben zum Flirt dazu gehört. Und es von den Burschen einiger Mut vonnöten, allein auf sich gestellt das Glück zu versuchen.

Bösartige oder enttäuschte Freier ließen manchmal eine Leiter beim Kammerfenster stehen, denn es galt früher am Land als Schande, wenn am Morgen dort noch eine Leiter lehnte. Immerhin ließ dies auch Vermutung zu, dass sich der Bursch noch in der "Mentscherkammer" befand.

Später dann, wenn eine Beziehung schon festeren Rahmen hatte, war es üblich, das Haus durch die Haustüre zu betreten. Damit war in der Beziehung auch zugleich die Phase des "Fensterlns" beendet.

Mit dem Beginn der allgemeinen Motorisierung am Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts kam der Brauch des Fensterlns mehr und mehr ab. Vielfach hatten auch schon die Burschen eigene Motorräder, dann Autos, damit hatte sich das Kennenlernen weg vom Fensterln in gemeinsame Fahrten zu Besuchen von Kinos oder Discos u. sonstigen Veranstaltungen verlagert. Das echte Kennenlernen spielte sich dann auch in den Autos ab. Aus heutiger Sicht ist aber zu bemerken, dass mit dem Ende des Fensterlns eine sehr positive Art des jugendlichen Kennenlernens verloren ging.