| − | Brief aus Salzburg, 19.8. [1896], Fanni Spängler an Franz Spängler nach Krems [Umschlag ohne Marke, Stempel Krems 20.8.]: Liebster Mann! Zugleich mit deiner Karte, welche ich mit großer Freude empfing und für welche ich dir herzlichst danke, kam beifolgende Karte an Marie in meine Hände, welche die Nachricht von dem Tode ihrer Mutter enthält. Ich bitte dich, sage der armen Marie mit einiger Schonung und Vorsicht die traurige Nachricht, sonst erschrikt sie so, daß sie krank wird. Zugleich bitte ich dich, sorge ein wenig, daß sie doch etwas ißt und daß sie sich beim Putzen ordentlich helfen läßt. Ich glaiube, es wäre gut, wenn Marie so bald als möglich hieher kommt. Mir erbarmt Maria wirklich, weil sie ihre Mutter so lieb hatte. - Von uns kann ich dir sagen, daß wir gestern schon das zweite große Zimmer bekommen und nun recht gut untergebracht sind. Wäre das Wetter besser, so ginge es uns ganz gut. Gestern wollte ich Otto u. Luise [Louise Spängler] aufsuchen, doch waren sie in Achthal, dann ging ich zu Tante Pepi. Es war mir eigen, wieder die Wohnung deiner guten unvergeßlichen Mutter zu betreten, um so mehr, als die Eintheilung fast ganz gleich ist, wie unsere gute Mutter sie hatte. Tante Pepi ist wohl traurig, aber doch gefaßt und war sehr lieb mit mir und den Kindern. Ich hatte Franzi, Rosa und Bubi mit mir. – Heute Nacht wurde 3 mal geschossen, doch war nur ein unbedeutendes Feuer bei einem Selcher in d. Dreifaltigkeitsgaße. Heute habe ich im Mülle großes Badewaschen mit den Kindern gehalten, denn es ist wenig Hoffnung, daß wir schwimmen können. Wenn du nur schon bald kommen könntest! Hoffentlich bringst du dann beßeres Wetter, denn es ist schon kalt hier und die Salzach ziemlich groß. – Die Kinder sind selig bei den Tanten. Marie und Rose habe ich noch nicht gesehen, da sie ja in Plain sind. Paula Biebl ist nun auch die Braut eines Leutnants den sie schon lange liebte. Im November wird geheirathet. Ich schließe für heute, und bitte dich nur, mir bald zu schreiben und behalte lieb deine Alte. | + | Brief aus Salzburg, 19. August [1896], Fanni Spängler an Franz Spängler nach Krems [Umschlag ohne Marke, Stempel Krems 20. 8.]:<br /> ''Liebster Mann! Zugleich mit deiner Karte, welche ich mit großer Freude empfing und für welche ich dir herzlichst danke, kam beifolgende Karte an Marie in meine Hände, welche die Nachricht von dem Tode ihrer Mutter enthält. Ich bitte dich, sage der armen Marie mit einiger Schonung und Vorsicht die traurige Nachricht, sonst erschrikt sie so, daß sie krank wird. Zugleich bitte ich dich, sorge ein wenig, daß sie doch etwas ißt und daß sie sich beim Putzen ordentlich helfen läßt. Ich glaiube, es wäre gut, wenn Marie so bald als möglich hieher kommt. Mir erbarmt Maria wirklich, weil sie ihre Mutter so lieb hatte. - Von uns kann ich dir sagen, daß wir gestern schon das zweite große Zimmer bekommen und nun recht gut untergebracht sind. Wäre das Wetter besser, so ginge es uns ganz gut. Gestern wollte ich Otto u. Luise [Louise Spängler] aufsuchen, doch waren sie in Achthal, dann ging ich zu Tante Pepi. Es war mir eigen, wieder die Wohnung deiner guten unvergeßlichen Mutter zu betreten, um so mehr, als die Eintheilung fast ganz gleich ist, wie unsere gute Mutter sie hatte. Tante Pepi ist wohl traurig, aber doch gefaßt und war sehr lieb mit mir und den Kindern. Ich hatte Franzi, Rosa und Bubi mit mir. – Heute Nacht wurde 3 mal geschossen, doch war nur ein unbedeutendes Feuer bei einem Selcher in d. Dreifaltigkeitsgaße. Heute habe ich im Mülle großes Badewaschen mit den Kindern gehalten, denn es ist wenig Hoffnung, daß wir schwimmen können. Wenn du nur schon bald kommen könntest! Hoffentlich bringst du dann beßeres Wetter, denn es ist schon kalt hier und die Salzach ziemlich groß. – Die Kinder sind selig bei den Tanten. Marie und Rose habe ich noch nicht gesehen, da sie ja in Plain sind. Paula Biebl ist nun auch die Braut eines Leutnants den sie schon lange liebte. Im November wird geheirathet. Ich schließe für heute, und bitte dich nur, mir bald zu schreiben und behalte lieb deine Alte.'' |