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| | [[1940]] verstarb jedoch Wolfgangs Vater, Simon Baron von Hagenauer, in Wien. So wurde der vierzehnjährige Wolfgang in die Schweiz auf das St. Gallener Internat "Institut auf dem Rosenberg" gesandt, um ihn dem Wunsch seines verstorbenen Vaters entsprechend der NS-Propaganda und dem Antikatholizismus zu entziehen. Mitten im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] besuchten Schüler aus 18 verschiedenen Nationen (wie Amerikaner, Engländer, Italiener, Russen, Dänen, Ungarn, Deutsche, Österreicher, Schweizer etc.) dieses internationale schweizer Internat. Die meisten seiner lebenslangen Freunde stammten aus dieser für Baron Wolfgang (VI.) stark prägenden Schweizer Zeit. Dort befreundete er sich auch mit den drei Brüdern Andréewitch, die Griechen russischer Abstammung waren, und von denen einer später seine Cousine in Wien heiraten sollte. Während eines Urlaubs im Dezember 1943 in Wien war Wolfgang Hagenauer auf Grund eines nach Berlin gesandten Spitzelberichtes, ''"Hagenauers politische Einstellung entspräche nicht nationalsozialistischen Intentionen und er verkehre in St. Gallen mit Juden"'', die Ausreise aus dem "Deutschen Reichsgebiet" verboten worden. Kurz darauf erhielt er die Einberufung zur Stellung. Nachdem somit seine Rückreise in das Schweizer Internat unmöglich geworden war, legte Wolfgang die Matura gezwungenermaßen auf "deutschem Boden" im Benediktinergymnasium des Klosters Ettal (Garmisch-Partenkirchen, Bayern) ab. | | [[1940]] verstarb jedoch Wolfgangs Vater, Simon Baron von Hagenauer, in Wien. So wurde der vierzehnjährige Wolfgang in die Schweiz auf das St. Gallener Internat "Institut auf dem Rosenberg" gesandt, um ihn dem Wunsch seines verstorbenen Vaters entsprechend der NS-Propaganda und dem Antikatholizismus zu entziehen. Mitten im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] besuchten Schüler aus 18 verschiedenen Nationen (wie Amerikaner, Engländer, Italiener, Russen, Dänen, Ungarn, Deutsche, Österreicher, Schweizer etc.) dieses internationale schweizer Internat. Die meisten seiner lebenslangen Freunde stammten aus dieser für Baron Wolfgang (VI.) stark prägenden Schweizer Zeit. Dort befreundete er sich auch mit den drei Brüdern Andréewitch, die Griechen russischer Abstammung waren, und von denen einer später seine Cousine in Wien heiraten sollte. Während eines Urlaubs im Dezember 1943 in Wien war Wolfgang Hagenauer auf Grund eines nach Berlin gesandten Spitzelberichtes, ''"Hagenauers politische Einstellung entspräche nicht nationalsozialistischen Intentionen und er verkehre in St. Gallen mit Juden"'', die Ausreise aus dem "Deutschen Reichsgebiet" verboten worden. Kurz darauf erhielt er die Einberufung zur Stellung. Nachdem somit seine Rückreise in das Schweizer Internat unmöglich geworden war, legte Wolfgang die Matura gezwungenermaßen auf "deutschem Boden" im Benediktinergymnasium des Klosters Ettal (Garmisch-Partenkirchen, Bayern) ab. |
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| − | [[Datei: Berta Baronin von Hagenauer.jpg|miniatur|hochkant|Berta Baronin von Hagenauer (* Graz 1903, † Wien 1972)]] Während der Abwesenheit ihres Sohnes Wolfgang (in der [[Schweiz]], in [[Deutschland]] und Italien) hatte Baronin Hagenauer öfters Jüdinnen geholfen und auch in ihrer Wiener Wohnung versteckt. Ebenso hatte sie immer wieder als Bridge-Abende getarnte Treffen ehemaliger österreichischer Politiker (spätere Gründungsmitglieder der [[ÖVP]]) organisiert, die im Widerstand arbeiteten. Unter diesen befanden sich auch Lois Weinberger (später Vizebürgermeister von Wien), Leopold Figl (später Bundeskanzler) und Felix Hurdes (später Unterrichtsminister und Nationalratspräsident). Man plante dort den Widerstand gegen das NS-Regime und die Zukunft Österreichs nach Beendigung des Krieges. Die geheimen Treffen wurden aber von der Gestapo entdeckt und [[1944]] wurde die verwitwete Baronin Hagenauer als Mitglied des katholisch-konservativen Lagers in Wien wegen „Hochverrats“ von der Gestapo verhaftet und inhaftiert. Sie überlebte die Gefangenschaft trotz Folter und erlittener Herzinfarkte, von denen sie sich nie mehr ganz erholen sollte. Nach einem Bombentreffer des Gefängnis-Gebäudes Anfang April [[1945]] wurde sie in den letzten Kriegstage aus der Haft entlassen und es gelang ihr mit Hilfe von Freunden in einem Spital aufgenommen zu werden. Dort wurde sie in den folgenden Monaten auf ihre in Gefangenschaft erlittenen Infarkte behandelt. Aus der Familie selbst war aber nicht nur Wolfgangs Mutter von den Nationalsozialisten verhaftet worden, sondern auch Wolfgangs Onkel Adolf Proksch. Dr. Adolf Proksch, Ehemann seiner Tante Sabine (geb. Baroness von Hagenauer), war als ehemaliger Finanzberater des Bundeskanzlers Kurt von Schuschnigg gleich nach dem Einmarsch der deutschen Truppen verhaftet und als "Hochverräter" mit dem ersten österreichischen „Prominenten-Transport“ 1938 ins KZ Dachau gebracht worden. ''"Das Schicksal von Proksch war besonders tragisch-grotesk: Wegen der zufälligen Namensgleichheit mit dem „Reichstreuhänder der Arbeit“, Proksch, wurde er 1945 gleich nach der Befreiung von den Amerikanern wieder eingesperrt."'' Ein weiteres Familienmitglied der Hagenauer, Ministerialrat Max Vladimir Freiherr von Allmayer-Beck, wurde im Februar 1940 als Mitglied des katholisch-konservativen Lagers von der Gestapo verhaftet (Erkennungsdienstliche Kartei der Gestapo Wien). Dem Sohn von Hersilie Freifrau von Beck, geborene von Hagenauer der italienischen Linie, warf man legitimistische Betätigung (Standpunkt der Unabsetzbarkeit des K.u.K. Herrscherhauses) vor. | + | [[Datei: Berta Baronin von Hagenauer.jpg|miniatur|hochkant|Berta Baronin von Hagenauer (* Graz 1903, † Wien 1972)]] Während der Abwesenheit ihres Sohnes Wolfgang (in der [[Schweiz]], in [[Deutschland]] und Italien) hatte Baronin Hagenauer öfters Jüdinnen geholfen und auch in ihrer Wiener Wohnung versteckt. Ebenso hatte sie immer wieder als Bridge-Abende getarnte Treffen ehemaliger österreichischer Politiker (spätere Gründungsmitglieder der [[ÖVP]]) organisiert, die im Widerstand arbeiteten. Unter diesen befanden sich auch Lois Weinberger (später Vizebürgermeister von Wien), Leopold Figl (später Bundeskanzler) und Felix Hurdes (später Unterrichtsminister und Nationalratspräsident). Man plante dort den Widerstand gegen das NS-Regime und die Zukunft Österreichs nach Beendigung des Krieges. Die geheimen Treffen wurden aber von der Gestapo entdeckt und [[1944]] wurde die verwitwete Baronin Hagenauer als Mitglied des katholisch-konservativen Lagers in Wien wegen „Hochverrats“ von der Gestapo verhaftet und inhaftiert. Sie überlebte die Gefangenschaft trotz Folter und erlittener Herzinfarkte, von denen sie sich nie mehr ganz erholen sollte. Nach einem Bombentreffer des Gefängnis-Gebäudes Anfang April [[1945]] wurde sie in den letzten Kriegstage aus der Haft entlassen und es gelang ihr mit Hilfe von Freunden in einem Spital aufgenommen zu werden. Dort wurde sie in den folgenden Monaten auf ihre in Gefangenschaft erlittenen Infarkte behandelt. Aus der Familie selbst war aber nicht nur Wolfgangs Mutter von den Nationalsozialisten verhaftet worden, sondern auch Wolfgangs Onkel Adolf Proksch. Dr. Adolf Proksch, Ehemann seiner Tante Sabine (geb. Baroness von Hagenauer), war als ehemaliger Finanzberater des Bundeskanzlers Kurt von Schuschnigg gleich nach dem Einmarsch der deutschen Truppen verhaftet und als "Hochverräter" mit dem ersten österreichischen „Prominenten-Transport“ 1938 ins [[Konzentrationslager Dachau|KZ Dachau]] gebracht worden. ''"Das Schicksal von Proksch war besonders tragisch-grotesk: Wegen der zufälligen Namensgleichheit mit dem „Reichstreuhänder der Arbeit“, Proksch, wurde er 1945 gleich nach der Befreiung von den Amerikanern wieder eingesperrt."'' Ein weiteres Familienmitglied der Hagenauer, Ministerialrat Max Vladimir Freiherr von Allmayer-Beck, wurde im Februar 1940 als Mitglied des katholisch-konservativen Lagers von der Gestapo verhaftet (Erkennungsdienstliche Kartei der Gestapo Wien). Dem Sohn von Hersilie Freifrau von Beck, geborene von Hagenauer der italienischen Linie, warf man legitimistische Betätigung (Standpunkt der Unabsetzbarkeit des K.u.K. Herrscherhauses) vor. |
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| − | [[Datei:Baron wolfgang hagenauer partisanen-ausweis.jpg|miniatur|hochkant|Wolfgang Baron von Hagenauer (* Wien 1925, † Krems 2012) - Widerstandskämpfer in Italien]]Im März 1944, gleich nach seiner Matura in Bayern, inskribierte Baron Wolfgang Medizin an der Universität in Wien. Er wurde danach sofort zur [[Deutsche Wehrmacht|Wehrmacht]] nach [[Augsburg]] eingezogen. Nach einer kurzen Ausbildung zum Fliegerfunker in [[München]] wurde er nach Novi Ligure (Provinz Alessandria) in Norditalien verlegt. Dort entkam er mit Hilfe des italienischen Bauern Andrea Cerai, mit dem er sich angefreundet hatte, und der ihn zu den Partisanen brachte. Baron von Hagenauer schloss sich Widerstandskämpfern (Resistenza) der Brigata Val Lemme Capurro der IV. Division "Pinan-Cichero" (Divisione Garibaldi) an. Bei den italienischen Partisanen leistete er in den Bergen Liguriens (Nordwestitalien) bewaffneten Widerstand gegen das faschistische und das [[NS]]-Regime. Dort erhielt er den Decknamen "Partigiano Picin" (der Kleine), abgeleitet von dem italienischen Wort piccino - "der Kleine", obwohl oder weil er mit über 1,90 m Körperlänge der Größte war. Er kämpfte an der Seite einer christlich-demokratischen Widerstandsgruppe (Tessera Nr. 28, VI Zona Guardin) der Division Garibaldi, worunter sich auch Familienmitglieder berühmter italienischer Geschlechter wie der Grafen Spinola oder der Grafen Gramatica befanden. Mit ihnen sollte ihn später eine lebenslange Freundschaft verbinden. Die Wehrmachtsjustiz ging mit erbarmungsloser Härte gegen so genannte Fahnenflüchtige vor, wobei 22.750 zum Tode verurteilt wurden und man viele noch in den letzten Kriegstagen umgebracht hatte. Nach dem Ende des Krieges verbrachte Baron Wolfgang einige Zeit auf dem Castello di Tassarolo bei der Familie seines Freundes Marchese Paolo Spinola (der später Filmregisseur werden sollte). Danach wurde er als ehemaliger Partisane bei der U.S.Army beim Kommando der 88. Division (den sogenannten „blue devils“) eingesetzt. Schließlich verbrachte er auf Grund einer schweren Hepatitis einige Zeit in einem Spital in Bozen, wobei sich sein Jugendfreund Graf von Brandis immer wieder um ihn kümmerte, da dessen Eltern im nur 25 km entfernten südtiroler Lana (südlich von Meran) Besitzungen hatten. 1946 kehrte Baron von Hagenauer mit einem Gefangentransport nach Graz zurück. Von dort reiste er mit Hilfe des mit der Familie befreundeten Grazer Politikers Dr. Alfons Gorbach (spätere österreichische Bundeskanzler 1961 - 1964) nach Wien, der mit Wolfgangs Onkel Dr. Adolph Proksch ebenfalls mit dem „Prominententransport“ im KZ Dachau und KZ Flossenbürg inhaftiert gewesen war. | + | [[Datei:Baron wolfgang hagenauer partisanen-ausweis.jpg|miniatur|hochkant|Wolfgang Baron von Hagenauer (* Wien 1925, † Krems 2012) - Widerstandskämpfer in Italien]]Im März 1944, gleich nach seiner Matura in Bayern, inskribierte Baron Wolfgang Medizin an der Universität in Wien. Er wurde danach sofort zur [[Deutsche Wehrmacht|Wehrmacht]] nach [[Augsburg]] eingezogen. Nach einer kurzen Ausbildung zum Fliegerfunker in [[München]] wurde er nach Novi Ligure (Provinz Alessandria) in Norditalien verlegt. Dort entkam er mit Hilfe des italienischen Bauern Andrea Cerai, mit dem er sich angefreundet hatte, und der ihn zu den Partisanen brachte. Baron von Hagenauer schloss sich Widerstandskämpfern (Resistenza) der Brigata Val Lemme Capurro der IV. Division "Pinan-Cichero" (Divisione Garibaldi) an. Bei den italienischen Partisanen leistete er in den Bergen Liguriens (Nordwestitalien) bewaffneten Widerstand gegen das faschistische und das [[NS]]-Regime. Dort erhielt er den Decknamen "Partigiano Picin" (der Kleine), abgeleitet von dem italienischen Wort piccino - "der Kleine", obwohl oder weil er mit über 1,90 m Körperlänge der Größte war. Er kämpfte an der Seite einer christlich-demokratischen Widerstandsgruppe (Tessera Nr. 28, VI Zona Guardin) der Division Garibaldi, worunter sich auch Familienmitglieder berühmter italienischer Geschlechter wie der Grafen Spinola oder der Grafen Gramatica befanden. Mit ihnen sollte ihn später eine lebenslange Freundschaft verbinden. Die Wehrmachtsjustiz ging mit erbarmungsloser Härte gegen so genannte Fahnenflüchtige vor, wobei 22.750 zum Tode verurteilt wurden und man viele noch in den letzten Kriegstagen umgebracht hatte. Nach dem Ende des Krieges verbrachte Baron Wolfgang einige Zeit auf dem Castello di Tassarolo bei der Familie seines Freundes Marchese Paolo Spinola (der später Filmregisseur werden sollte). Danach wurde er als ehemaliger Partisane bei der U.S.Army beim Kommando der 88. Division (den sogenannten „blue devils“) eingesetzt. Schließlich verbrachte er auf Grund einer schweren Hepatitis einige Zeit in einem Spital in Bozen, wobei sich sein Jugendfreund Graf von Brandis immer wieder um ihn kümmerte, da dessen Eltern im nur 25 km entfernten südtiroler Lana (südlich von Meran) Besitzungen hatten. 1946 kehrte Baron von Hagenauer mit einem Gefangentransport nach Graz zurück. Von dort reiste er mit Hilfe des mit der Familie befreundeten Grazer Politikers Dr. Alfons Gorbach (spätere österreichische Bundeskanzler 1961 - 1964) nach Wien, der mit Wolfgangs Onkel Dr. Adolph Proksch ebenfalls mit dem „Prominententransport“ im [[Konzentrationslager Dachau|KZ Dachau]] und KZ Flossenbürg inhaftiert gewesen war. |
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| | Die Wohnung von Baronin Hagenauer war seit 1944 durch ihre NS-Gefangenschaft und während ihres darauffolgenden mehrmonatigen Spitalaufenthaltes, bei dem sie sich von den Folgen der Folter in NS-Gefangenschaft auskurieren musste, für lange Zeit verwaist geblieben. Während ihres Spitalaufenthaltes (seit April 1945) war im Zuge der Befreiung Wiens die offenbar verlassene Wohnung von russischen Soldaten besetzt und dabei stark in Mitleidenschaft gezogen worden. 1946 hatte ihr deswegen Bundesminister Dr. Felix Hurdes, ein alter Freund und Mitstreiter aus der Zeit des Widerstands während der NS-Zeit, eine neue Wohnung im nunmehrigen britischen Sektor organisiert. Allerdings mussten bei der damals unter großen Schwierigkeiten durchgeführten Übersiedlung viele der bereits zerstörten Familienstücke (Ölgemälde, Mobiliar, Familienarchiv mit alten wertvollen Urkunden etc.) zurück gelassen werden, die später durch Diebstahl und Vandalismus (das Archiv wurde großteils eingeheizt) endgültig verloren gingen. | | Die Wohnung von Baronin Hagenauer war seit 1944 durch ihre NS-Gefangenschaft und während ihres darauffolgenden mehrmonatigen Spitalaufenthaltes, bei dem sie sich von den Folgen der Folter in NS-Gefangenschaft auskurieren musste, für lange Zeit verwaist geblieben. Während ihres Spitalaufenthaltes (seit April 1945) war im Zuge der Befreiung Wiens die offenbar verlassene Wohnung von russischen Soldaten besetzt und dabei stark in Mitleidenschaft gezogen worden. 1946 hatte ihr deswegen Bundesminister Dr. Felix Hurdes, ein alter Freund und Mitstreiter aus der Zeit des Widerstands während der NS-Zeit, eine neue Wohnung im nunmehrigen britischen Sektor organisiert. Allerdings mussten bei der damals unter großen Schwierigkeiten durchgeführten Übersiedlung viele der bereits zerstörten Familienstücke (Ölgemälde, Mobiliar, Familienarchiv mit alten wertvollen Urkunden etc.) zurück gelassen werden, die später durch Diebstahl und Vandalismus (das Archiv wurde großteils eingeheizt) endgültig verloren gingen. |