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Version vom 16. April 2018, 20:14 Uhr
Das Konradinum ist eine betriebsähnliche Einrichtung des Landes Salzburg für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit schwerer geistiger oder mehrfacher Behinderung in Eugendorf.
Betriebsgegenstand
Betriebsgegenstand ist der Betrieb eines Tages- und Wohnheimes, d.h. das Bereitstellen und Erbringen von Hilfen zur sozialen Betreuung im Auftrag der Behindertenhilfe in Form von dauernder oder vorübergehender Unterkunft inklusive Verpflegung, Betreuung und Pflege. Insbesondere ist das Konradinum für Kleinkinder mit einer schweren geistigen und mehrfachen Behinderung ab der Geburt bestimmt.
Geschichte
Von der Gründung bis 1938
Seine Gründung geht zurück auf eine Initiative des Pfarrers Konrad Seyde, der im Jahr 1905 dem damaligen Herzogtum Salzburg sein Haus mit Garten sowie Wertpapiere für eine Stiftung zur „Verbesserung der öffentlichen Fürsorge für die Idioten und Kretinen“ schenkte.
Die Schenkung erfolgte unter der Bedingung, dass die Einrichtung den Namen „Conradinum“ trägt und „geistesschwachen, blödsinnigen und Idioten des Landes aller Grade, Unterkunft, Unterhalt, Erziehung, Fortbildung, Pflege und Beschäftigung bietet und sie nach Möglichkeit zu nützlichen und brauchbaren Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft heranbildet“.
Das Land Salzburg übertrug die Leitung des Heimes den Barmherzigen Schwestern des hl. Vinzenz von Paul. Es wurde am 15. Jänner 1907 eröffnet.
NS-Zeit
Unmittelbar nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland wurde das Konradinum aufgelöst und 1941 zugunsten der NSDAP enteignet. Aufzeichnungen über diese Auflösung, sowie die genaue Anzahl der zuletzt im Konradinum untergebrachten Behinderten sind nicht bekannt.
Rekonstruiert wurde folgendes: zehn Kinder nahm vorübergehend das Caritas-Kinderdorf St. Anton, damals Caritasanstalt Bruck an der Großglocknerstraße auf. 20 Personen wurden von den Schwestern nach Kramsach in Tirol in die Pflegeanstalt im Vinzentinerinnen-Kloster Mariathal übersiedelt. Weitere 13 Personen wurden auf Anweisung des Landrates nach Schernberg verlegt. Somit war das Konradinum menschenleer, konnte enteignet und von NS-Organisationen belegt werden.
Im April 1939 überstellten die Barmherzigen Schwestern fast alle Kinder und Jugendlichen, die von Eugendorf nach St. Anton verlegt worden waren, nach Mariathal. Sie alle wurden gemeinsam mit den anderen Heimbewohnerinnen am 23. Mai 1941 in zwei Autobusse verladen, nach Hartheim transportiert und dort ermordet. Nur wenige Kinder aus dem Konradinum konnten vor der Deportation bewahrt werden. Sie fanden bei Pongauer Familien in der Umgebung von Schwarzach im Pongau Unterschlupf.
Entwicklung ab 1945
1949 wurde das Konradinum entschädigungslos dem Land Salzburg zurückgegeben. Im Jahr 1950 übertrug die Landesregierung die Leitung des Heimes neuerlich der Kongregation der Barmherzige Schwestern des Hl. Vinzenz von Paul. Nach dem Ausscheiden der Kongregation im Jahr 1987 konnte mit diversen Zu- und Umbauten und der Sanierung des Altbestandes die Qualität des Hauses und somit auch die Lebensqualität der Bewohner erheblich verbessert werden. In dieser Zeit erfolgte auch die Umstellung auf Wohngruppen.
Im Jahr 2005 wurde das 100-jährige Jubiläum gefeiert und es erscheint die Festschrift "Konradinum Eugendorf: 100 Jahre: Chronik der Nächstenliebe". [1]
Anfang 2016 machte das Konradinum negative Schlagzeilen, als VetretungsNetz-Bewohnervertretung und Volksanwaltschaft auf Missstände im Heim aufmerksam machten. [2] Festgestellt wurden Missstände wie "mangelnde Intimsphäre bei der körperlichen Pflege, über Betten am Gang und mangelnder Barrierefreiheit im Gebäude bis zu fehlenden heilpädagogischen Förder- und Betreuungskonzepten." [3] Nach den öffentlichen Diskussionen und den Forderungen der Volksanwaltschaft und der Bewohnerinnen- und Bewohnervertretung vom Verein VertretungsNetz-Bewohnervertretung in Salzburg im Zusammenhang mit dem Konradinum Eugendorf hat das Landesgericht Salzburg in zwei Entscheidungen dem Rekurs des Landes Salzburg stattgegeben. Das Landesgericht hat bestätigt, dass es in den beiden vor Gericht getragenen Fällen zu keinen Freiheitsbeschränkungen der Bewohnerinnen und Bewohner gekommen ist. [4] ExpertInnen befürchten weiterhin, dass der Neubau des Konradinums nichts an der Situation der dort untergebrachten Menschen ändert und fordern eine konzeptionelle Umsetzung gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention. [5] Auch Reinhard Klaushofer vom Österreichischen Institut für Menschenrechte (ÖIM) stellte fest, dass ein Neubau alleine die massiven strukturellen Probleme nicht löse. [6]
Rechtsträger
Rechtsträger des Konradinum ist das Land Salzburg, vertreten durch das Amt der Salzburger Landesregierung (Abteilung 9).
Leiter
Der Leiter des Konradinum seit 2010 ist Andrea Huber.
Als Vorgänger bzw. frühere Leiter des Konradinum fungierten diese Persönlichkeiten:
- Dr. Alois Grüner, 1970 - 1987
- DGKS Barbara Kumpf, 1987 - 1993
- Ernestine Gappmaier, 1993 - 1999
- Kurt Wiesbauer, 1999 - 2009
Adresse
- Konrad-Seyde-Straße 12
- 5301 Eugendorf
- Telefon: 0 62 25 - 82 19
- Telefax: 0 62 25 - 82 19 - 6
- E-Mail: konradinum@salzburg.gv.at
Daten und Zahlen
Der Wirtschaftsplan und Dienstpostenplan des "Konradinum" sind Teil des ordentlichen Landeshaushalts[7] [8] [9]
| Wirtschaftsplan | LV2015 | LV2014 | RA2013 |
|---|---|---|---|
| Ausgaben | 2 228 | 2 088 | 2 052 |
| Einnahmen | 2 243 | 2 207 | 2 086 |
| Differenz | + 15 | + 119 | + 34 |
Die Ausgaben, im Wesentlichen für Personal, sind durch die Behindertenhilfe kostendeckend gegenfinanziert. Die Behindertenhilfe wird vom Rechtsträger Land als allgemeine Transferleistung an die Zivilgesellschaft aus allgemeinen Steuermitteln finanziert.
Bildgalerie
- Konradinum Schriftzug Balkon Süden.JPG
Konradinum - Ansicht von Süden
- Konradinum Eingang Osten.JPG
Konradinum - Ansicht von Osten
- Konradinum Ansicht Westen.JPG
Konradinum - Ansicht von Westen
- DSC 1987.JPG
Wandbild
Weblinks
- Infos über das Konradinum auf der Homepage des Landes Salzburg
- Konradinum und NS-Zeit
- aktuelle Meldungen über das Konradinum
- Artikel über die Geschichte des Konradinums auf der Homepage des Landes Salzburg
Quellen
- Homepage des Landes Salzburg
- Walter Reschreiter, Begleitpublikation zur Ausstellung >>Lebensunwert<<, Ausstellung zur NS-Euthanasie im Land Salzburg, HG Laube, Sozialpsychiatrische Aktivitäten GmbH, Hallein, 2007
- Mag. Thomas Schmiedbauer nach veröffentlichen bzw. freigegebenen Informationen des Amt der Salzburger Landesregierung, Abteilung Gesundheit
Literatur
- Eugendorfer Heimatbuch, 1987, Hrsg. Stiftspfarrer Andreas Radauer, Seite 175-176
- Konradinum Eugendorf, 100 Jahre: Chronik der Nächstenliebe, erschienen in der Schriftenreihe des Landespressebüros, Reihe Sonderpublikationen, Nr. 204, im September 2005
- http://bidok.uibk.ac.at/library/niedermoser-stoerfaktor.html, Alexandra Niedermoser, Erich Wahl
Fußnoten
- ↑ Landesmedienzentrum, Sonderpublikation Nr. 204, Festschrift "Konradinum Eugendorf: 100 Jahre Chronik der Nächstenliebe", September 2005, Österreichische Nationalbibliothek, AC04664433
- ↑ DerStandard 16. Februar 2016
- ↑ Behinderte sind (k)ein Störfaktor
- ↑ Salzburger Landeskorrespondenz, 01.07.2016
- ↑ Konradinum: Weiterhin Ankündigungen und fehlende Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
- ↑ Eugendorf: Konradinum wird wegen schwerer Mängel neu gebaut
- ↑ Landesvoranschlag 2015; Ausgaben Ansatz 1/41210 "Konradinum"
- ↑ Landesvoranschlag 2015; Einnahmen Ansatz 2/41210 "Konradinum"
- ↑ Landesvoranschlag 2015; Beilagen und Erlaeuterungen; Dienstpostenpläne, Seite 86 ff