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| − | Nach der Blütezeit des Edelmetallbergbaus in Gastein im [[16. Jahrhundert]] (mit einer Höchstausbeute von 830 kg Gold und 2723 kg Silber im Jahr 1557) wurde der Bergbau 1616 verstaatlicht. Die Produktion war durch die vorangehende privatwirtschaftliche Exploitation der vorhandenen Erzmittel am Nullpunkt angelangt. Das Erzbistum Salzburg war fortan der einzige Gewerke (Bergbauunternehmer) und betrieb den Bergbau weiter, wohl zu einem Gutteil nur deshalb, um "einer armen Bevölkerung Arbeit zu geben". Dieser "ärarische" (staatliche) Bergbau ging bis 1865. In der Folge taten sich private Gewerken zusammen und gründeten 1866 die Firma namens "Union Gewerkschaft", die dann in die [[''"Erste Gewerkschaft Rathausberg"'']] und anschließend in die [[''"Zweite Gewerkschaft Rathausberg"'']], diese unter [[Dipl.-Ing. Dr. Karl Imhof]], überging. Im Jahr 1939 begann der Edron Trust, eine in London ansässige englische Bergbaufirma, mit Prospektionsarbeiten. Sie wurde Ende März von der deutschen Preuß-AG abgelöst. Diese gewann im Nassfeld hauptsächlich Arsen und etwas Edelmetall. In ein zweites großes Projekt sollte Risikokapital fließen. Man schlug nahe Böckstein in einer Höhe von 1280 m einen Erschließungsstollen von West nach Ost in den Radhausberg und stieß im Inneren, besonders bei ca. Laufmeter 1880, auf eine Hitzekluft. Aus bergmännischer Sicht war der Stollen ein totaler Fehlschlag, denn man fand kaum Erz, geschweige denn Edelmetall. Man fand aber andererseits etwas, mit dem niemand zuvor gerechnet hatte: Radongas in der Stollenluft und eine Temperatur, die weit über jener lag, die aufgrund der geothermischen Tiefenstufe zu erwarten gewesen wäre. In der weiteren Folge und nach dem Rückzug der PreußAG teilte sich die "(Zweite) Gewerkschaft Rathausberg" auf, zum einen in die "Erzbergbau Radhausberg" (-nun sprachgeschichtlich korrekt mit >d<-) und, ab 1952, in die "Gasteiner Heilstollen-Betriebsgesellschaft", so bis heute. | + | Nach der Blütezeit des Edelmetallbergbaus in Gastein im [[16. Jahrhundert]] (mit einer Höchstausbeute von 830 kg Gold und 2723 kg Silber im Jahr 1557) wurde der Bergbau 1616 verstaatlicht. Die Produktion war durch die vorangehende privatwirtschaftliche Exploitation der vorhandenen Erzmittel am Nullpunkt angelangt. Das Erzbistum Salzburg war fortan der einzige Gewerke (Bergbauunternehmer) und betrieb den Bergbau weiter, wohl zu einem Gutteil nur deshalb, um "einer armen Bevölkerung Arbeit zu geben". Dieser "ärarische" (staatliche) Bergbau ging bis 1865. In der Folge taten sich private Gewerken zusammen und gründeten 1866 die Firma namens "Union Gewerkschaft", die dann in die [[Erste Gewerkschaft Rathausberg]] und anschließend in die [[Zweite Gewerkschaft Rathausberg]], diese unter [[Dipl.-Ing. Dr. Karl Imhof]], überging. Im Jahr 1939 begann der Edron Trust, eine in London ansässige englische Bergbaufirma, mit Prospektionsarbeiten. Sie wurde Ende März von der deutschen Preuß-AG abgelöst. Diese gewann im Nassfeld hauptsächlich Arsen und etwas Edelmetall. In ein zweites großes Projekt sollte Risikokapital fließen. Man schlug nahe Böckstein in einer Höhe von 1280 m einen Erschließungsstollen von West nach Ost in den Radhausberg und stieß im Inneren, besonders bei ca. Laufmeter 1880, auf eine Hitzekluft. Aus bergmännischer Sicht war der Stollen ein totaler Fehlschlag, denn man fand kaum Erz, geschweige denn Edelmetall. Man fand aber andererseits etwas, mit dem niemand zuvor gerechnet hatte: Radongas in der Stollenluft und eine Temperatur, die weit über jener lag, die aufgrund der geothermischen Tiefenstufe zu erwarten gewesen wäre. In der weiteren Folge und nach dem Rückzug der PreußAG teilte sich die "(Zweite) Gewerkschaft Rathausberg" auf, zum einen in die "Erzbergbau Radhausberg" (-nun sprachgeschichtlich korrekt mit >d<-) und, ab 1952, in die "Gasteiner Heilstollen-Betriebsgesellschaft", so bis heute. |
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| | Radongas, Wärme, Hohe Luftfeuchtigkeit | | Radongas, Wärme, Hohe Luftfeuchtigkeit |
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| | Die Temperatur der sogenannten "Stationen" variiert von 37°C bis 41,5°C; Station I ist die "kühlste". Der Radongehalt in der Luft ("Emanation") wird mit 44 kBq/m³ angegeben; die Halbwertszeit beträgt ca. 30 Minuten. Nachdem man die abschließende Ruhephase absolviert hat, ist der Körper wieder völlig frei von Radon und man kann die Duschen aufsuchen. | | Die Temperatur der sogenannten "Stationen" variiert von 37°C bis 41,5°C; Station I ist die "kühlste". Der Radongehalt in der Luft ("Emanation") wird mit 44 kBq/m³ angegeben; die Halbwertszeit beträgt ca. 30 Minuten. Nachdem man die abschließende Ruhephase absolviert hat, ist der Körper wieder völlig frei von Radon und man kann die Duschen aufsuchen. |
| | Als Indikationen gelten alle Formen des Rheumatismus. Am bekanntesten - und beliebtesten! - ist der Heilstollen unter Patienten, die an Morbus Bechterew leiden. Sie berichten, dass im Nachklang einer Heilstollenkur die Einnahme von Medikamenten minimiert oder ganz unterlassen werden kann; allerdings berichten sie auch, dass die Schmerzen oft nach ungefähr einem Jahr wieder auftreten, sodass die Stollenkur wiederholt werden muss. Die Gattin des Verfassers hat 37 Stollenkuren hinter sich! | | Als Indikationen gelten alle Formen des Rheumatismus. Am bekanntesten - und beliebtesten! - ist der Heilstollen unter Patienten, die an Morbus Bechterew leiden. Sie berichten, dass im Nachklang einer Heilstollenkur die Einnahme von Medikamenten minimiert oder ganz unterlassen werden kann; allerdings berichten sie auch, dass die Schmerzen oft nach ungefähr einem Jahr wieder auftreten, sodass die Stollenkur wiederholt werden muss. Die Gattin des Verfassers hat 37 Stollenkuren hinter sich! |
| − | Chefarzt Dr. Otto Henn nannte folgende Symptome: Steifheit in den Gelenken am Morgen, Schmerzen in mindestens einem Glied, ärztlich beobachtete Schwellung eines Gelenkes, symmetrische Gelenkanschwellungen im Bereich der Extremitäten, subkutana Knötchen in der Gelenkgegend, typische röntgenologische Knochenentkalkungen, Nachweis durch "Rheumafaktor". Sind drei der Symptome vorhanden, gilt die Diagnose "Polyarthritis" (chronisch-entzündlicher Gelenksrheumatismus) als wahrscheinlich. Die zweite große Gruppe nach Dr. Otto Henn betrifft die degenerativ rheumatischen Erkrankungen. Henn nennt "das große Gebiet der Spondylosen und Spondylarthrosen mit cervikalen, brachialgiformen und lumbalen Syndromen (Diskopathien und Lumbago)". In jüngerer Zeit finden auch Asthmatiker gute Besserung. Erschöpfend Auskunft gibt die Broschüre, die die Direktion der Heilstollen-Gesellschaft speziell für Ärzte herausgebracht hat. | + | Chefarzt Dr. Otto Henn nannte folgende Symptome: Steifheit in den Gelenken am Morgen, Schmerzen in mindestens einem Glied, ärztlich beobachtete Schwellung eines Gelenkes, symmetrische Gelenkanschwellungen im Bereich der Extremitäten, subkutana Knötchen in der Gelenkgegend, typische röntgenologische Knochenentkalkungen, Nachweis durch "Rheumafaktor". Sind drei der Symptome vorhanden, gilt die Diagnose "Polyarthritis" (chronisch-entzündlicher Gelenksrheumatismus) als wahrscheinlich. Die zweite große Gruppe nach Dr. Otto Henn betrifft die degenerativ rheumatischen Erkrankungen. Henn nennt "das große Gebiet der Spondylosen und Spondylarthrosen mit cervikalen, brachialgiformen und lumbalen Syndromen (Diskopathien und Lumbago)". In jüngerer Zeit finden auch Asthmatiker gute Besserung. Erschöpfend Auskunft gibt die hervorragende Broschüre, die die Direktion der Heilstollen-Gesellschaft speziell für Ärzte herausgebracht hat. |
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| | * [[Fritz Gruber|Gruber, Fritz]]: ''Vom Gold zum Radon-Heilstollen: Niedergang und Neuanfang des Edelmetallbergbaus in den Hohen Tauern zwischen dem 16. und dem 20. Jahrhundert'', in: Der Anschnitt 68, Bochum 2016/H. 1-2, S. 14- 34. Mit weiterf+ührender Literatur. | | * [[Fritz Gruber|Gruber, Fritz]]: ''Vom Gold zum Radon-Heilstollen: Niedergang und Neuanfang des Edelmetallbergbaus in den Hohen Tauern zwischen dem 16. und dem 20. Jahrhundert'', in: Der Anschnitt 68, Bochum 2016/H. 1-2, S. 14- 34. Mit weiterf+ührender Literatur. |
| | * [[Fritz Gruber|Gruber, Fritz]]: ''[[Mosaiksteine zur Geschichte Gasteins und seiner Salzburger Umgebung. Bergbau - Badewesen - Bauwerke - Ortsnamen - Biografien - Chronologie]]'', Bad Gastein 2012 | | * [[Fritz Gruber|Gruber, Fritz]]: ''[[Mosaiksteine zur Geschichte Gasteins und seiner Salzburger Umgebung. Bergbau - Badewesen - Bauwerke - Ortsnamen - Biografien - Chronologie]]'', Bad Gastein 2012 |
| − | * [[Peter Deetjen & Albrecht Falkenbach et. al.|Deetjen, Peter & Falkenbach, Albrecht et al.]]: Radon als Heilmittel. Therapeutische Wirksamkeit, biologischer Wirkungsmechanismus und vergleichende Risikobewertung (HIPPOKRATES Medizinische Forschungsergebnisse Bd. 67), Verlag Dr. Kovač, Hamburg 2005. | + | * [[Peter Deetjen & Albrecht Falkenbach et. al.|Deetjen, Peter & Falkenbach, Albrecht et al.]]: Radon als Heilmittel. Therapeutische Wirksamkeit, biologischer Wirkungsmechanismus und vergleichende Risikobewertung (HIPPOKRATES Medizinische Forschungsergebnisse Bd. 67), Verlag Dr. Kovač, Hamburg 2005. (Deetjen und Falkenbach waren Forscher bzw. Ärzte im Heilstollen.) |
| | * [[Hermann Greinwald|Greinwald, Hermann]]: ''Die Gasteiner Kur. Therme und Heilstollen'' (Gasteiner Bücherei Bd. 8), Bad Gastein 1986 | | * [[Hermann Greinwald|Greinwald, Hermann]]: ''Die Gasteiner Kur. Therme und Heilstollen'' (Gasteiner Bücherei Bd. 8), Bad Gastein 1986 |
| | * [[Ferdinand Scheminzky|Scheminzky, Ferdinand]]: ''Der Thermalstollen von Badgastein-Böckstein, seine Geschichte, Erforschung und Heilkraft'' (Forschungen und Forscher der Tiroler Ärzteschule, Bd. V), Innsbruck 1965 | | * [[Ferdinand Scheminzky|Scheminzky, Ferdinand]]: ''Der Thermalstollen von Badgastein-Böckstein, seine Geschichte, Erforschung und Heilkraft'' (Forschungen und Forscher der Tiroler Ärzteschule, Bd. V), Innsbruck 1965 |